Bienen als Erdbeer-Doktor im Bio-Anbau

Bienen als Erdbeer-Doktor im Bio-Anbau

Bienen sind als Bestäuber von Blüten für die Landwirtschaft unverzichtbar. Nun haben sich die emsigen Insekten auch als fliegende Retter einer drohenden Pilzkrankheit bei Bio-Erdbeeren bewährt.

Bienen sollen als "fliegender Doktor" Erdbeeren vor Schimmelbefall schützen.
Bienen sollen als "fliegender Doktor" Erdbeeren vor Schimmelbefall schützen.

Der Grauschimmel-Pilz ist der größte Feind der Erdbeere. Jedes Jahr aufs Neue müssen vor allem Biobauern um die Ernte bangen, weil sie ohne konventionelle Pflanzenschutzmittel  dem Pilzbefall hilflos ausgesetzt sind. Jetzt naht Rettung und zwar aus luftiger Höhe. Bienen könnten zukünftig als so genannte „Flying Doctors“ bei ihrer Nektarsuche gleichzeitig Erdbeerpflanzen mit unschädlichen Pilzsporen bestäuben und sie so vor Schädlingen schützen. Zu diesem Ergebnis kommt ein EU-Projekt, an dem Wissenschaftler des Instituts für Bienenkunde im Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Celle beteiligt waren. Darin hatten die Forscher die therapeutischen Fähigkeiten der emsigen Helfer untersucht. 

Herkömmliche Pflanzenschutzmittel sind für Biobauern tabu. Erdbeerpflanzen werden daher aus Mangel an alternativen Pflanzenschutzmitteln in größeren Abständen in die Erde gebracht, um so Übertragungen von Krankheiten zu verhindern. Dieser einfache Anbautrick kann jedoch nicht gänzlich verhindern, dass die Beeren von der Pilzkrankheit befallen werden und die Früchte verrotten. Die Natur scheint jedoch eine Waffe gegen den gefährlichen Grauschimmel namens Botrytis cinerea parat zu haben. Das legen zumindest Untersuchungen nahe, die in den vergangenen drei Jahren unter der Leitung finnischer Forscher von Wissenschaftlern aus sieben Ländern im ERA-NET Core Organic II  durchgeführt wurden und an denen auch deutsche Forscher vom Institut für Bienenkunde im Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Celle beteiligt waren.

Bienen "impfen" bei Bestäubung Erdbeeren gegen Pilzbefall

Demnach qualifizieren sich Bienen offenbar als „Flying Doctors“, wenn sie gezielt hierfür eingesetzt werden. Das Prinzip: Beim Verlassen des Bienenstocks passieren die Insekten einen sogenannten Dispenser am Nestausgang, in dem Sporen antagonistisch wirkender Pilze platziert sind. Dieses für Erdbeerpflanzen unschädliche Pilzpulver wird von den Bienen beim Nektarsammeln in die Blüte injiziert. Die Erdbeerpflanzen werden also bei der Bestäubung gleichzeitig auf natürliche Weise von den Bienen mit dem vor Grauschimmel schützenden gutartigen Pilz „geimpft“. Wie die Forscher zeigen konnten, hat sich in Finnland mit dieser Methode nicht nur der Schimmelbefall bei Bio-Erdbeeren drastisch reduziert. Auch die Ernte der Ökobauern war doppelt so hoch wie auf unbehandelten Feldern. „Das Konzept mit Bienen als Flying Doctors funktioniert“, bestätigt auch Otto Boecking, der entsprechende Versuche am LAVES in Celle durchgeführt hat.

Effektivere Bestäubung bei kleineren Bienenvölker

Der deutsche Beitrag zum EU-Projekt wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert. Das Team in Celle untersuchte dabei, wie sich die Bestäubungsquote durch Bienen verbessern lässt und damit auch die Verbreitung der schützenden Pilzsporen gegen Grauschimmelbefall. Dabei zeigte sich, dass die Größe der Bienenvölker eine entscheidende Rolle spielt und kleinere Bienengruppen bei der Bestäubung effektiver waren als größere Völker. „Allerdings ist die Erhebung der Daten ausgesprochen schwierig. Für konkrete Praxis-Empfehlungen bedarf es weiterer Forschung“, ergänzt Boecking.

Auch Hummeln eignen sich 

Innerhalb des Konsortiums wurden viele weitere Teilaspekte bearbeitet. Belgische Forscher hatten an der Trägersubstanz aus Maismehl gearbeitet, um die Aufnahme der Pilzsporen zu verbessern. Italienische Wissenschaftler bauten wiederum eine Passagen-Konstruktion für deren spezielle Nester, während ein Team in Slowenien mit der Frage beschäftigt war, wie sich Honigbienen in der Passage verhalten und wie sich die Pulververteilung in der Fläche nachweisen lässt. In Estland und der Türkei wurde schließlich das System mit Hummeln ausprobiert, was ebenfalls erste positive Ergebnisse in Freilandversuchen ergab.