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Jährlich werden knapp 15 Millionen Tonnen Synthesekautschuk produziert – Tendenz steigend. PKW-Reifen stellen dabei mit etwa 70 Prozent den Hauptmarkt für Synthesekautschuk dar. Die benötigten Ausgangsstoffe – die Monomere Butadien, Styrol und Isopren – werden aktuell fast ausschließlich auf Basis von Erdöl hergestellt.

Mit der Erschöpfung fossiler Ressourcen und der dringenden Notwendigkeit, CO₂-Emissionen in der Umwelt zu reduzieren, besteht weltweit für Kautschukproduzenten ein enormer Bedarf an nachhaltigen Alternativen. Darüber hinaus ergeben sich aus dem gesamtgesellschaftlichen Ziel, die Mobilität nachhaltiger zu gestalten, auch neue Anforderungen an Autoreifen. Diese erfordern fortgeschrittene Materialien, Design- und Fertigungstechnologien.

Allianz aus vier Fraunhofer-Instituten

Unter Federführung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP erschließen nun vier Fraunhofer-Institute alternative, biobasierte Rohstoffquellen für Synthesekautschuk, die völlig neue Kautschuktypen für Autoreifen ermöglichen werden. Das dreijährige Projekt mit dem Titel „Nachhaltige Biomonomere für Synthesekautschuke mit anwendungsbezogenen einstellbaren viskoelastischen Eigenschaften – NaMoKau“ wird durch die Fraunhofer-Gesellschaft mit 3,25 Mio. Euro finanziert und startet im April 2024. Neben dem IAP sind die Fraunhofer-Institute für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM und für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT beteiligt.

Kautschuk-Monomere aus biobasierten Alkoholen

„In dem Projekt stellen wir die Kautschuk-Monomere Butadien, Isopren und Dimethylbutadien aus biobasierten Alkoholen her“, erklärt Barbara Zeidler-Fandrich vom Fraunhofer UMSICHT. „Damit dieser Prozess funktionieren kann, ist es essenziell, einen möglichst aktiven und selektiven Katalysator einzusetzen. Dafür entwickeln wir neuartige Materialien auf der Basis von Tonmineralien.“

„Insbesondere die Herstellung von nachhaltigem Dimethylbutadien ist ein herausragendes Merkmal des Projekts, da dieses Monomer im technischen Maßstab bisher nicht verfügbar war und folglich nicht in der Kautschukproduktion verwendet wird“, ergänzt NaMoKau-Projektleiter Ulrich Wendler, Polymerexperte am Fraunhofer IAP.
„Wir werden Dimethylbutadien für die Kautschuksynthese zugänglich machen. Kombiniert mit den Synthesebausteinen Butadien und Isopren werden wir neuartige Polymerstrukturen mit einzigartigen mechanischen und thermischen Eigenschaften synthetisieren. Auf diese Weise entstehen völlig neue biobasierte Kautschuktypen mit Materialeigenschaften, die bisher nicht realisierbar waren und äußerst systematisch eingestellt werden können“, so Wendler.

Auf dem Weg zu Autoreifen mit bisher unerreichten Eigenschaften

Eine der großen Herausforderungen bei der Entwicklung von Autoreifen besteht darin, einen idealen Ausgleich zwischen den drei Faktoren Rollwiderstand, Nassgriff und Abrieb zu finden. Zur Verbesserung dieser Parameter werden Füllstoffe, Verarbeitungshilfsmittel und andere Additive dem Kautschuk zugesetzt. Diese beeinflussen die Lauffläche des Autoreifens maßgeblich. „Unser Ziel ist es, auf Basis der Kautschuktypen, die wir im Projekt erforschen werden, neue Mischungen für PKW-Laufflächen mit bisher nicht erreichbaren Eigenschaftsprofilen zu entwickeln. Das wird der Reifenindustrie neue Perspektiven eröffnen“, erklärt Mario Beiner vom Fraunhofer IMWS.

Um die Markteinführung des Kautschuks so schnell wie möglich zu erreichen, ist der Einsatz digitaler Methoden im Materialdesign unverzichtbar – etwa um die Eigenschaften der komplexen Kautschukcomposite vorherzusagen. „Mittels datengestützter Simulationen machen wir möglichst zielgerichtete Vorschläge für Versuche zur Synthese und zur Materialcharakterisierung. Dafür entwickeln wir einen Softwareprototypen zur modellbasierten Vorhersage, Unsicherheitsbewertung und Versuchsplanung“, sagt Michael Bortz vom Fraunhofer ITWM.

Schlussendlich wird aus den entwickelten Materialien ein vollständig testbarer Reifen-Demonstrator entstehen. „Die gesamte Wertschöpfungskette vom Monomer über das Polymer bis zum Kautschukcompound im Demonstrator wird mit einem Life Cycle Assessment begleitet. Durch diese systematische Analyse sind wir in der Lage, den ökologischen Fußabdruck ISO-konform zu ermitteln und zur Grünen Chemie beizutragen“, erläutert Markus Hiebel vom Fraunhofer UMSICHT.

pg

Pflanzen vermitteln ihre Wechselwirkungen mit der Umwelt über chemische Signale. Ein Beispiel dafür ist das Alkaloid Gramin, das von Gerste, einer der weltweit am häufigsten angebauten Getreideart, produziert wird. Gramin bietet Schutz vor pflanzenfressenden Insekten und Weidetieren und hemmt das Wachstum anderer Pflanzen. Insbesondere in den grünen Pflanzenteilen wie Blättern und Halmen ist der Giftstoff präsent, kaum jedoch in den Körnern, die für die Lebensmittelherstellung bedenkenlos genutzt werden können. Für Wiederkäuer kann der Verzehr der grünen Pflanzenteile jedoch toxisch sein, dies schränkt die Nutzung der Gerste als Futtermittel ein.

Bisher war die genetische Grundlage der Gramin-Biosynthese nicht geklärt, daher konnte die Produktion nicht gesteuert und diese Möglichkeit nicht für die Züchtung genutzt werden. Nun ist es Forschungsgruppen des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) und der Leibniz Universität Hannover gelungen, den kompletten Biosyntheseweg von Gramin zu entschlüsseln. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht.

Zweites Schlüssel-Gen für die Biosynthese aufgespürt

Trotz langjähriger Forschung war das Schlüssel-Gen für die Bildung von Gramin bislang nicht bekannt. Die Forschenden entdeckten in der Gerste nun ein Cluster von zwei Genen für die Gramin-Biosynthese. Das erste Gen (HvNMT) war bereits vor 18 Jahren gefunden worden. In seiner Studie hat das Team vom IPK und der Leibniz-Universität Hannover jetzt ein zweites Schlüsselgen für die Biosynthese identifiziert. Es kodiert für das Enzym AMI-Synthase und liegt auf demselben Chromosom wie HvNMT. Damit ist jetzt der gesamte Stoffwechselweg von Gramin beschrieben.

„Wir haben entdeckt, dass AMIS ein Oxidase-Enzym ist, das eine ungewöhnliche kryptische oxidative Umlagerung von Tryptophan durchführt. Damit können wir die bisherige Theorie zur Gramin-Biosynthese aus den 1960er Jahren revidieren“, sagt John D'Auria, Leiter der IPK-Arbeitsgruppe Metabolische Diversität. Jakob Franke, Leiter der Arbeitsgruppe Biochemie sekundärer Pflanzenstoffe an der Leibniz-Universität Hannover, ergänzt: „Der bisher unbekannte Enzym-Mechanismus, über den Gramin gebildet wird, hat uns sehr überrascht. Gleichzeitig bietet sich dadurch nun die Möglichkeit, biologisch aktive Alkaloide mit nachhaltigen biotechnologischen Methoden zu produzieren.“

Gramin in Hefe und Modellpflanzen hergestellt

Die Forscherinnen und Forscher konnten damit Gramin in Hefe und Modellpflanzen (Nicotiana benthamiana, Arabidopsis thaliana) herstellen. „Anders als bei vielen anderen pflanzlichen Abwehrstoffen sind zur Bildung von Gramin nur zwei Gene erforderlich. Dadurch lassen sich unsere Erkenntnisse relativ leicht praktisch nutzen“, hebt Ling Chuang von der Leibniz-Universität hervor. „Zudem ist es uns durch gentechnische Veränderung auch gelungen, Gramin in einer nicht graminproduzierenden Gerstensorte herzustellen und umgekehrt, die Graminproduktion in einer graminproduzierenden Gerstensorte durch Genom-Editierung zu unterbinden“, sagt Sara Leite Dias von der International Max Planck Research School geförderte Wissenschaftlerin am IPK. Beteiligt an der Studie war auch Robert Hoffie, der auf bioökonomie.de in der Porträtreihe „Die Biopioniere“ vorgestellt wurde.

„Die Ergebnisse ermöglichen die Herstellung von Gramin in Organismen, die eigentlich nicht die Fähigkeit haben, es selbst zu synthetisieren“, erklärt John D‘Auria. „Umgekehrt kann Gramin nun aus Gerste und anderen Gräsern eliminiert werden, um die Toxizität für Wiederkäuer zu verringern“, sagt der IPK-Wissenschaftler. „Unter dem Strich bilden die Ergebnisse die Grundlage für die Verbesserung der Gerste, um ihre Resistenz gegen Schädlinge künftig weiter zu erhöhen, ihre Toxizität für Wiederkäuer zu verringern und einen Beitrag zur nachhaltigen Unkrautbekämpfung zu leisten.“

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Plants mediate their interactions with the environment via chemical signals. One example of this is the alkaloid gramine, which is produced by barley, one of the world's most widely cultivated cereals. Gramine provides protection against herbivorous insects and grazing animals and inhibits the growth of other plants. The toxin is particularly present in the green parts of the plant, such as leaves and stalks, but hardly ever in the grains, which can be safely used for food production. However, eating the green parts of the plant can be toxic to ruminants, which limits the use of barley as animal feed.

Until now, the genetic basis of gramine biosynthesis had not been clarified, so production could not be controlled and this possibility could not be utilised for breeding. Now, research groups from the Leibniz Institute of Plant Genetics and Crop Plant Research (IPK) and Leibniz University Hannover have succeeded in deciphering the complete biosynthetic pathway of gramine. The results have been published in the journal "Science" .

Second key gene for biosynthesis discovered

Despite many years of research, the key gene for the formation of gramine was previously unknown. The researchers have now discovered a cluster of two genes for gramine biosynthesis in barley. The first gene (HvNMT) had already been found 18 years ago. In their study, the team from the IPK and Leibniz University Hannover has now identified a second key gene for biosynthesis. It codes for the enzyme AMI synthase and is located on the same chromosome as HvNMT. This means that the entire metabolic pathway of gramine has now been described.

"We have discovered that AMIS is an oxidase enzyme that carries out an unusual cryptic oxidative rearrangement of tryptophan. This allows us to revise the previous theory of gramine biosynthesis from the 1960s," says John D'Auria, head of the IPK Metabolic Diversity research group. Jakob Franke, head of the Biochemistry of Secondary Plant Compounds research group at Leibniz University Hannover, adds: "We were very surprised by the previously unknown enzyme mechanism by which gramine is formed. At the same time, this now opens up the possibility of producing biologically active alkaloids using sustainable biotechnological methods."

Gramine produced in yeast and model plants

The researchers were thus able to produce gramine in yeast and model plants (Nicotiana benthamianaArabidopsis thaliana). "Unlike many other plant defences, only two genes are required to produce gramine. This makes it relatively easy to put our findings to practical use," emphasises Ling Chuang from Leibniz University. "In addition, we have also succeeded in producing gramine in a non-gramine-producing barley variety through genetic modification and, conversely, in preventing gramine production in a gramine-producing barley variety through genome editing," says Sara Leite Dias from the International Max Planck Research School, a scientist funded by the IPK. Robert Hoffie, who was featured on bioökonomie.de in the "Biopioneers" portrait series , was also involved in the study.

"The results enable the production of gramine in organisms that do not actually have the ability to synthesise it themselves," explains John D'Auria. "Conversely, gramine can now be eliminated from barley and other grasses to reduce toxicity to ruminants," says the IPK scientist. "All in all, the results form the basis for improving barley in order to further increase its resistance to pests in the future, reduce its toxicity to ruminants and contribute to sustainable weed control."

pg

Pflanzen brauchen Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor zum Wachsen. Die konventionelle Landwirtschaft setzt daher meist auf Kunstdünger, die Ökosysteme und Umwelt gleichermaßen belasten. Im Ökolandbau sind synthetische Dünger verboten. Forschende vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) setzen auf einen urinbasierten Recyclingdünger, der Rohstoffe und Umwelt gleichermaßen schont. Dass der Dünger aus menschlichem Urin das Pflanzenwachstum genauso fördert wie konventionelle Dünger, wurde bereits im Rahmen des Citizen-Science-Projekts „urban cycles“ in Berliner Gemeinschaftsgärten erfolgreich erprobt. Nun soll der Dünger im Nachfolgeprojekt „U-Cycle“ deutschlandweit in 100 Stadtgärten getestet werden, um Gärtnerinnen und Gärtner von der Innovation zu überzeugen.

Das Citizen-Science-Projekt, das im Februar gestartet ist und bis April 2026 läuft, wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert und vom IGZ und dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. durchgeführt. Noch bis Mitte April können sich Interessierte für die Teilnahme an dem Projekt anmelden. Mitmachen können Klein-, Gemeinschafts-, Schul- und Heimgärtnerinnen und -gärtner.

Pflanzen haben im Laufe der Evolution Mechanismen entwickelt, um sich vor Bedrohungen wie Viren zu schützen. Dieser Abwehrprozess in den Pflanzenzellen ist jedoch nicht immer optimal. Gegen das sogenannte Gurkenmosaikvirus sind viele Nutzpflanzen wie Kürbisse, Gurken, Getreide sowie Heil- und Gewürzpflanzen machtlos. Forschende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben nun einen Wirkstoff entwickelt, der das Immunsystem der Pflanzen gegen dieses weitverbreitete Virus stärkt, in dem er die pflanzliche Abwehr in die richtige Richtung lenkt.

Neues Verfahren identifiziert und bündelt Viren-siRNA 

„Bei einer Virusinfektion entstehen sehr viele verschiedene siRNA-Moleküle, von denen nur die wenigsten eine Schutzwirkung haben“, erklärt Sven-Erik Behrens vom Institut für Biochemie und Biotechnologie der MLU. Diese siRNA-Moleküle (small interfering RNAs) sind zerkleinerte Virus-RNAs, die in der Pflanzenzelle von speziellen Enzym-Scheren zerschnitten werden und sich in den Pflanzenzellen wieder ausbreiten. Das Team um Behrend hat eine Methode entwickelt, um diese siRNA-Moleküle gezielt zu identifizieren und zu bündeln.

Wie die Forschenden in der Fachzeitschrift Nucleic Acids Research berichten, lassen sich mithilfe des Verfahrens verschiedene dieser effizienten siRNA-Moleküle weiterverarbeiten und in Form effizienter doppelsträngiger RNA-Moleküle (edsRNAs) zu einem Paket schnüren, „das in den Pflanzenzellen wieder in die antiviral wirksamen siRNAs zerlegt wird“. „RNA-Viren wie das Gurkenmosaikvirus sind gefährlich, weil sie sich schnell weiterentwickeln können. Außerdem besteht das Erbgut dieses Virus aus drei separaten Teilen, was die Chance auf neue Mutationen weiter erhöht. Um einen maximalen Schutz gegen das Virus zu erreichen, setzen unsere Substanzen deshalb an verschiedenen Stellen des Erbguts an“, sagt Behrens.

edsRNA-Wirkstoff wirkt zuverlässig gegen Virus

Im Rahmen der Studie wurde der neue edsRNA-Wirkstoff erfolgreich an der Modellpflanze Nicotania benthamiana erprobt. Das MLU-Team konnte zeigen, dass die Substanz Pflanzen zuverlässig gegen das Gurkenmosaikvirus schützte. Waren die Pflanzen behandelt, überlebten demnach 80 % bis 100 % die Infektion. Darüber hinaus haben die Forschenden das Verfahren so optimiert, dass der Wirkstoff innerhalb von zwei bis drei Wochen an mögliche Mutationen angepasst werden kann. Behrens zufolge ist der Ansatz auch auf andere Krankheitserreger übertragbar. Bis der neue RNA-Wirkstoff zur Bekämpfung des gefürchteten Gurkenmosaikvirus zum Einsatz kommt, wird jedoch noch einige Zeit vergehen. „Wir sind aber davon überzeugt, dass unser Ansatz auch in der Praxis funktionieren kann. Das erste Pflanzenschutzmittel auf der Basis eines RNA-Wirkstoffes ist kürzlich in den USA zugelassen worden“, sagt Behrens.

Die Entwicklung des Wirkstoffs wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Land Sachsen-Anhalt gefördert.

bb

Der Verkehrssektor spielt eine große Rolle für die bis 2045 geplante Treibhausgasneutralität Deutschlands. Zuletzt hatte er jedoch seine verbindlichen Klimaschutzziele nicht erreicht. Das soll sich ändern: Im Rahmen des Projektes Pilot-SBG entstand auf dem Gelände des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) in Leipzig eine Pilotanlage zur Herstellung von erneuerbarem Methan und grünem Wasserstoff. Am 18. März wurde die neue Forschungsanlage offiziell in Betrieb genommen.

Skalierung der Technologie

In der neuen Pilotanlage wandeln bewährte und innovative Technologien biogene Reststoffe, Nebenprodukte, Abfälle und grünen Wasserstoff in erneuerbares Methan um. Letzteres ist das Hauptprodukt – wertige Nebenprodukte entstehen ebenfalls. Das Biomethan wird dann als komprimiertes erneuerbares Erdgas für die Fahrzeuge des DBFZ genutzt. „Ohne erneuerbare Kraftstoffe werden sich die Klimaziele im Verkehrssektor kaum erreichen lassen. Wir benötigen dafür innovative Lösungen, wie sie im Projekt Pilot-SBG entwickelt werden“, sagte Hartmut Höppner, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bei der Eröffnung der Pilotanlage. Ziel ist es, das Gesamtkonzept weiterzuentwickeln sowie dessen Skalierung hin zum kommerziellen Maßstab zu begleiten und zu unterstützen.

Deutschlandweit einzigartig

Die Pilotanlage wurde auf einer rund 800 Quadratmeter großen Geländefläche des Forschungszentrums errichtet. Mit ihren technischen Möglichkeiten ist die Anlage in dieser Größenordnung laut DBFZ deutschlandweit einzigartig. Bereits der Bau der Anlage wurde vom BMDV unterstützt. Die Betriebsphase bis 2027 wird nun mit weiteren 8,76 Mio. Euro gefördert. In dieser Zeit sind vier Kampagnen zum Biogasprozess mit den Ausgangsstoffen Stroh und Gülle sowie Bioabfall und Grünschnitt geplant. Danach soll die Pilotanlage von einer Forschungs- und Entwicklungs-Technologieplattform für weitere Vorhaben genutzt werden.

lh/bb

Methanol ist eine begehrte Chemikalie, die unter anderem zur Treibstoffproduktion genutzt wird und aus fossilen Rohstoffen besteht. Das Start-up Icodos – eine Ausgründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) – hat eine umweltfreundliche Alternative zur Herstellung der Allzweckchemikalie entwickelt: Statt Erdöl und Erdgas wird Biogas aus Abfallströmen wie Klärschlamm als Rohstoffquelle in Verbindung mit erneuerbarem Strom zur Erzeugung von Biomethan und e-Methanol genutzt. Im Mannheimer Klärwerk wurde am 24. März die erste Demonstrationsanlage zur Herstellung von klimaneutralem Methanol als Schiffstreibstoff feierlich eröffnet.

Kombiniertes Verfahren zur Herstellung von e-Methanol

Bei herkömmlichen Verfahren zur Herstellung von sogenanntem e-Methanol erfolgt die CO₂-Abscheidung und die Methanolsynthese getrennt. Um das Methanol als Treibstoff nutzen zu können, muss das Gas aufwendig aufbereitet werden. Mit der von Icodos entwickelten Technologie kann das aus dem Abwasser der Kläranlage erzeugte Biogas zu hochwertigem Biomethan aufbereitet und gleichzeitig aus dem anfallenden CO₂ grünes e-Methanol hergestellt werden. Dafür wird Kohlenstoffdioxid (CO₂) aus dem Biogas abgetrennt und mit zusätzlichem grünem Wasserstoff (H₂) aus einer Wasserelektrolyse in einem kombinierten Verfahren zu Methanol umgewandelt. Icodos zufolge ist diese Methode die derzeit „effizienteste CO₂-Abscheidungstechnologie“.

Kläranlagen für Kraftstoffproduktion nutzen

„Mit unserer Technologie gewinnen wir aus einer vorhandenen Quelle einen hochwertigen Energieträger“, erklärt Vidal Vazquez, Mitgründer von Icodos. „Das aktuelle Projekt zeigt, dass Kläranlagen als Herzstück einer nachhaltigen Kraftstoffproduktion dienen können – ein Potenzial, das bislang ungenutzt geblieben ist.“ Rund 9.000 Klärwerke gibt es in Deutschland. Vazquez zufolge könnten diese allein jährlich mehrere Millionen Tonnen nachhaltiges Methanol produzieren. 

Praxisnahe Lösung für die nachhaltige Transformation

„Die neue Anlage demonstriert eindrucksvoll, wie Forschung und Unternehmergeist praxisnahe Lösungen für die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft hervorbringen können“, sagte Thomas Hirth, Vizepräsident Transfer und Internationales des KIT bei der Eröffnung der Anlage.  Bundesverkehrsminister Volker Wissing verwies auf die Notwendigkeit solcher Innovationen, damit Deutschland von Energieimporten unabhängiger wird. „Dieses Projekt kann beispielgebend für viele weitere Standorte in Deutschland und Europa sein.“

Mithilfe der Icodos-Technologie, die Biogas und CO₂ als Rohstoffquellen nutzt, können neben Kraftstoffen auch nachhaltige und klimaneutrale Chemikalien erzeugt werden. Aufgrund seiner kompakten und skalierbaren Bauweise sei das Verfahren besonders für die dezentrale Umsetzung geeignet, heißt es. Dem Start-up zufolge gibt es bereits erste Gespräche mit anderen Klärwerken zur Errichtung einer Produktionsanlage.

bb

Methanol is a sought-after chemical that is used for fuel production, among other things, and is made from fossil raw materials. The start-up Icodos - a spin-off of the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) - has developed an environmentally friendly alternative for the production of this all-purpose chemical: instead of crude oil and natural gas, biogas from waste streams such as sewage sludge is used as a raw material source in combination with renewable electricity to produce biomethane and e-methanol. The first demonstration plant for the production of climate-neutral methanol as a marine fuel was officially opened at the Mannheim sewage treatment plant on March 24.

Combined process for the production of e-methanol

In conventional processes for the production of so-called e-methanol, CO2 capture and methanol synthesis take place separately. In order to be able to use the methanol as a fuel, the gas has to be processed at great expense. With the technology developed by Icodos, the biogas produced from the wastewater of the sewage treatment plant can be processed into high-quality biomethane and at the same time green e-methanol can be produced from the CO2 produced. To do this, carbon dioxide (CO2) is separated from the biogas and converted into methanol with additional green hydrogen (H2) from water electrolysis in a combined process. According to Icodos, this method is currently the “most efficient CO2 capture technology”.

Using wastewater treatment plants for fuel production

“With our technology, we are extracting a high-quality energy resource from an existing source,” explains Vidal Vazquez, co-founder of Icodos. “The current project shows that wastewater treatment plants can serve as the heart of sustainable fuel production - a potential that has so far remained untapped.” There are around 9,000 wastewater treatment plants in Germany. According to Vazquez, these alone could produce several million tons of sustainable methanol every year.

Practical solution for sustainable transformation

“The new facility impressively demonstrates how research and entrepreneurial spirit can produce practical solutions for the sustainable transformation of our economy,” said Thomas Hirth, Vice President Transfer and International Affairs at KIT, at the opening of the facility. Federal Minister of Transport Volker Wissing referred to the need for such innovations to make Germany less dependent on energy imports. “This project can set an example for many other locations in Germany and Europe.”

The Icodos technology, which uses biogas and CO2 as raw material sources, can be used to produce sustainable and climate-neutral chemicals in addition to fuels. Due to its compact and scalable design, the process is particularly suitable for decentralized implementation, they say. According to the start-up, initial talks are already underway with other sewage treatment plants to set up a production plant.

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