Aktuelle Veranstaltungen

In Bayern ist der Startschuss für eine neue Runde beim Businessplanwettbewerb PlanB für die Nutzung nachwachsender Rohstoffe gefallen. Mit der von der Bayrischen Landesregierung mitinitiierten Ausschreibung sollen Existenzgründer mit grünen Ideen in der Region gefördert werden. Mit Workshops und individueller Beratung werden die Projekte mit dem größten Potenzial bis Ende des Jahres von Experten bei der Umsetzung eines tragfähigen Geschäftsmodells unterstützt. Die Sieger des Wettbewerbes werden im Januar 2017 bei einem Finalisten-Pitch ermittelt und mit einem Preisgeld in Höhe von insgesamt 14.000 Euro prämiert. Vorschläge können seit Mai online beim Businessplanwettbewerb PlanB eingereicht werden.

Auf dem Weg zu einer biobasierten Wirtschaft sind neue Ideen gefragt, um die weitverbreitete industrielle Nutzung der Ressource Erdöl zu drosseln. Ein großes Potenzial liegt hier in der effizienten Nutzung  biologischer Ressourcen in Verbindung mit moderner Technologien. Mit der "Nationalen Forschungsstrategie  BioÖkonomie 2030" hat die Bundesregierung die Weichen dafür gestellt.  Seither gibt es auch auf Landesebene verstärkte Bestrebungen, grüne Ideen mit Know how und Geld voranzutreiben. Mit dem Businessplanwettbewerb PlanB hat Bayern ein solches Förderpaket mit dem Fokus auf Nachwachsende Rohstoffe geschnürt. „Mit PlanB fördern wir Existenzgründer aus dem Bereich Biomasse und nachwachsende Rohstoffe. So eröffnen wir nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen neue Marktchancen“, betont Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer. Der Wettbewerb wird vom BioCampus Straubing organisiert und der bayrischen Landesregierung unterstützt.

Vom Biopolymer zum Designermöbel

Gefördert werden nicht nur Geschäftsmodelle, die den energetischen Einsatz von Biomasse anstreben, sondern auch für deren stoffliche Nutzung vom Biopolymer bis hin zum Designermöbel. „Von der Hofraffinerie, über den Händler für abbaubare Kaffeebecher bis zum enzymdesignenden Chemiker kann in diesem Wettbewerb jeder teilnehmen, der zeigt, wie wir uns vom Erdöl unabhängiger machen und Wertschöpfung in unserem Land schaffen“, sagt Andreas Löffert, Geschäftsführer des Wettbewerbsorganisators BioCampus Straubing GmbH.

Sieger nach Live-Pitch gekürt

Seit Mitte Mai können Projektskizzen online beim Businessplanwettbewerb PlanB eingereicht werden. In einem ersten Schritt werden Ideen von einer Expertengruppe geprüft und die Besten in die Coachingphase übergeführt. Mit individuellen Beratungsangeboten und Wochenend-Intensivworkshops werden die Gründer dann auf ihrem Weg von der Idee zum tragfähigen Businessplan begleitet, der bis Dezember 2016 vorliegen muss. Höhepunkt des Wettbewerbs ist die Abschlussveranstaltung im Januar 2017 mit einem Finalisten-Pitch, in dessen Anschluss die Sieger prämiert werden.

Innovationsanreiz schaffen

Neben einem Preisgeld in Höhe von insgesamt 14.000 Euro können die Gründer ein Jahr intensives Businesscoaching und die Aufnahme in das PlanB-Netzwerk gewinnen. Die Veranstalter wollen damit auch bisher wenig innovative Bereiche aus der Region wie die Land- und Forstwirtschaft, aber auch in der industriellen Biotechnologie und der grünen Chemie zur Teilnahme motivieren. „Wir wünschen uns Ideen, die den Rohstoffwandel und die Energiewende in den Städten und insbesondere auch im ländlichen Raum voranbringen können“, so Löffert.

Ideenwettstreit zu Cellulosefasern

Nicht jeder, der eine gute Idee hat, um nachwachsende Rohstoffe einzusetzen, möchte aber auch ein Unternehmen gründen. Deshalb bietet PlanB auch ein Ideenwettbewerb-Special an. „Mit – PlanB – 100 % Cellulosefasern neu gedacht – werden kluge Köpfe gesucht, die neue Anwendungsideen für Spezialfasern aus dem Naturstoff Viskose haben“, erläutert Projektleiterin Claudia Kirchmair.

Obst und Gemüse mit kleinen Makeln sind für den Handel  meist zu hässlich und werden aussortiert. Gegen diese Lebensmittelverschwendung will das Berliner Startup „Querfeld“ etwas tun. Die Firma war eine von 19 nachhaltigen Geschäftsideen, die beim diesjährigen GreenTec Award auf dem Siegertreppchen standen.  Ebenfalls ausgezeichnet wurden Forscher und Unternehmer, die Altpapier als Material für den Hausbau einsetzen oder Phosphor aus Abfall gewinnen. Der europäische Umwelt- und Wirtschaftspreis wurde zum neunten Mal am 29. Mai  2016 bei einer feierlichen Gala in München vergeben, die den festlichen Auftakt zur internationalen Abwassermesse IFAT bildete. Diese findet noch bis zum 3. Juni in der Messe statt, mehr als 130.000 Besucher werden hier erwartet.

Die offizielle Verleihung des nunmehr 9. GreenTec Awards fand am 29. Mai im Rahmen einer großen Gala in München statt, die den Auftakt zur 50. IFAT bildete. Die IFAT versteht sich als Weltleitmesse für Wasser- Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft und findet alle zwei Jahre über eine Woche lang in der Messe Münschen statt. In diesem Jahr sind wieder über 3.000 Aussteller vertreten, bis zum 3. Juni werden insgesamt mehr als 130.000 Besucher erwartet.

Preisträger mit intelligenten Ideen zur Abfallverwertung

Bei den GreenTec Awards wurden in diesem Jahr insgesamt Geschäftsideen in 14 Kategorien und 5 Sonderpreise prämiert, darunter auch viele mit biobasierten Ansätzen. Die jüngsten Gewinner gehen noch zur Schule. Unter dem Motto "Energie aus Abfall" enwickelten die Oberstufenschüler Simon Lange und Jorma Görns eine Kleinbiogasanlage, die Bioabfälle aus der Schul-Cafeteria effektiv, sauber und umweltfreundlich in qualitativ hochwertiges Methan umwandelt – für die Verwendung zum Kochen oder Heizen. Sie wurden mit dem WWF Galileo Green Youngster Awards ausgezeichnet.

Phosphorrecycling aus Klärschlamm

Bei den bereits erwachsenen Preisträgern war das Spektrum der Ideen sehr breit gestreut. In der Kategorie Wasser & Abwasser überzeugten Forscher der Universität Kassel mit ihrem dezentralen Ansatz bei der Wasserversorgung in  armen und katastrophenreichen Gebieten. In der Kategorie Recycling & Ressourcen ging wiederum die Firma Remondis als Sieger hervor. Sie setzte sich mit einem Ansatz zum Phosphorrecycling aus Klärschlamm durch.

Die Schweizer Firma Ecocell wiederum hat den GreenTec Award in der Kategorie Bauen & Wohnen gewonnen. Das Unternehmen  hat ein Bausystem erfunden, bei dem komplett auf Beton, Kies oder Sand verzichtet werden kann. Gebaut wird stattdessen mit Altpapier. Diese Technologie ermöglicht nicht nur den nachhaltigen Hausbau, sondern ist darüber hinaus noch günstig.

Lebensmittelverschwendung Kampf ansagen

Auch im Lebensmittelbereich wurden etliche Preise verliehen. Darunter auch an das Berliner Startup Querfeld, das der Lebensmittelverschwendung den Kampf angesagt hat. Vor allem Obst und Gemüse mit Makeln soll zu einer zweiten Chance verholfen werden. Allein zehn Millionen Tonnen essbarer Nahrungsmittel werden in Deutschland jährlich weggeworfen. Das Berliner Start-up bezieht seine nicht-perfekte Ware direkt vom Erzeuger und verkauft sie an Schulkantinen in Berlin und München weiter. "Die Bauern freuen sich, wenn sie die angebauten Produkte nicht unterpflügen müssen. Sie haben diese ja schließlich mit viel Aufwand produziert", berichtet Geschäftsführer Frederic Goldkorn. Bislang arbeitet das Jungunternehmen nur mit Bio-Bauern zusammen. Eine Kooperation mit konventionellen Landwirten wird aber nicht ausgeschlossen.

Festliche Preisverleihung als Auftakt der IFAT

Die GreenTec Awards wurden 2008 von den beiden Diplom-Ingenieuren Marco Voigt und Sven Krüger mit dem Ziel gegründet, einen Umweltpreis mit einer großen internationalen Tragweite ins Leben zu rufen. Über die Nominierten und Sieger im Wettbewerb entscheidet eine interdisziplinäre Jury, die sich aus Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Medien zusammensetzt. Bundesminister Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramtes, begleitet und unterstützt die GreenTec Awards bereits seit mehreren Jahren. Die Verleihung erfolgt im Rahmen einer glamourösen und klimaneutralen Gala mit 1.000 geladenen Gästen und in Anwesenheit von rund 100 Pressevertretern. Seit 2014 wird hier mit der Messe München und der Weltleitmesse für Wasser- Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft IFAT kooperiert, die im zweijährlichen Turnus stattfindet. Die Bewerbungsphase für den kommenden Wettbewerb 2017 startet am 1. Juli und läutet das zehnjährige Jubiläum des Umweltpreises ein.

bb

Die Bionnale ist zum wichtigsten Networking-Termin zum Thema Life Sciences in der Hauptstadt avanciert: Die 14. Ausgabe der Bionnale am 25. Mai hat mehr als 800 Teilnehmer aus 28 Ländern nach Berlin gelockt. Die vom Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg organisierte Veranstaltung legt traditionell  den Schwerpunkt auf Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik. Doch auch der Bioökonomie war eine eigene Vortragsreihe gewidmet. Viele Teilnehmer nutzten die Bionnale zudem, um sich in Einzelgesprächen oder bei Kurzpräsentationen von Start-ups und Forschungsinstituten aus Berlin und Brandenburg auf den neuesten Stand zu bringen.

Biobasierte Technologien für die Gesundheitsindustrie – die meisten denken hier an Biopharmazeutika wie Antikörper und Impfstoffe. Doch das Potenzial von Mikroorganismen und Enzymen reicht noch viel weiter, wie in einer eigenen Bionnale-Session klar wurde. Klaus Pellengahr von Organobalance betonte, welch großes Potenzial für die Bioindustrie in der natürlichen Vielfalt der Mikroorganismen steckt. In den Bioarchiven des Berliner Biotech-Unternehmens lagern viele hundert Hefestämme. „Von der Bierhefe Saccharomyces cerevisiae gibt es rund 600 Wildstämme in unserer Sammlung“, so Pellengahr. Einige davon haben bereits Fähigkeiten entwickelt, auf denen sich für die Produktion von Fein- und Spezialchemikalien weiter aufbauen lässt. Pellengahr nannte die Synthese von Terpenoiden für die Kosmetik und Pharmabranche als Beispiel. Mithilfe biotechnischer Verfahren wurden diese Naturtalente noch zusätzlich für die effiziente Produktion optimiert, etwa für die Herstellung der Substanz Squalen.

Innovatives aus Mikroben und Enzymen

Auch Martin Langer von der seit Jahresbeginn börsennotierten Brain AG verdeutlichte, wie die Mannigfaltigkeit der Natur zu innovativen und nachhaltigen Verwertungsstrategien führen kann. In der vom Bundesforschungsministerium geförderten strategischen Industrieallianz ZeroCarbFP ist es gelungen, Pilze aufzuspüren, die den in der Biodiesel-Industrie in großen Mengen anfallenden Reststoff Glycerin in Äpfelsäure umwandeln können. „Im Labor können die Pilze die zu den Top-12-Industriechemikalien zählende Verbindung bereits sehr effizient herstellen“, berichtete Langer. Marc Struhalla vom Leipziger Enzymhersteller c-Lecta wiederum erläuterte, wie sein Team Biokatalysatoren designt, die komplexe Milchzucker-Moleküle produzieren können. Solchen Milcholigosacchariden wird eine schützende Wirkung vor Infektionskrankheiten nachgesagt, weswegen sich die Lebensmittelindustrie sehr für die Herstellung der Naturstoffe interessiert. Bei dem Projekte arbeiten die Leipziger mit der Dänischen Glycom, einer Nestlé-Tochter, zusammen.

Nachhaltigkeit im Biohotel

Eine andere wirtschaftliche Perspektive auf das Thema Wellness und Nachhaltigkeit eröffnete der Unternehmer Michael Stober. Er ist Inhaber des nahe dem brandenburgischen Nauen gelegenen Hotelkomplexes „Landgut Stober“. Im 19. Jahrhundert hatte die Industriellenfamilie Borsig hier einst auf 3000 Hektar einen agrarischen Musterbetrieb auf dem neuesten Stand der Technik aufgebaut, um die Mitarbeiter ihrer Lokomotivwerke zu versorgen. Im Jahr 2000 kaufte Stober die als nicht mehr restaurierbar erachtete Backstein-Ruine, und setzte mit einigem Wagemut seine Vision um: Einen modernen Hotel- und Veranstaltungsstandort, in dem Nachhaltigkeit groß geschrieben wird. Und so gibt es eine eigene Stromversorgung über Biogasanlage, eine Holzpellet-Heizung, WC-Spülung mit Regenwasser. 2012 wurde das mehrfach zertifizierte Biohotel eröffnet.

Barcelona und Berlin: Translation in Superinstituten

Über neue Entwicklungen in der Medizin – insbesondere aus der Perspektive von Berliner und Brandenburger Unternehmen – wurde auf der Bionnale ausführlich berichtet. Im Fokus: die Translation von Forschungsergebnissen aus dem Biomedizinlabor in die klinische Praxis. Matthias Gottwald von Bayer Pharma betonte in seinem Abendvortrag die hohe Bedeutung von kooperativen Ansätzen. Wie auch Rolf Zettl, seit März Administrativer Vorstand des Berlin Institute of Health (BIH). Obwohl man über das ungeheuere Potenzial der Fusion von Charité Universitätsmedizin und Max-Delbrück-Centrum nicht lange nachdenken müsse, seien viele Forscher anfangs doch sehr verhalten und zögerlich gewesen. „Doch jetzt hat das Institut kräftig Fahrt aufgenommen“, sagte Zettl. Den hohen Erwartungen an die translationale Forschung, die am BIH mit einem öffentlichen Jahresbudget von 80 Millionen Euro geleistet werden soll, ist er sich bewusst: „Wir müssen liefern“, sagte er. Entsprechend breit will man sich aufstellen, sowohl therapeutische als auch diagnostische Ansätze voranbringen und die Expertise aus dem klinischen Umfeld der Charité sowie den direkten Zugang zu Patienten effizient nutzen. Ein ähnliches Translations-Superzentrum wie das BIH ist in Spanien entstanden: das Barcelona Institute of Science and Technology (BIST). Dessen Direktor Montserrat Vendrell stellte das BIST in Berlin vor. Es vereint seit einem Jahr sechs außeruniversitäre Spitzenzentren in Katalonien.

Forschung wird mit Kokospralinen greifbar

Für informative Häppchen am Abend sorgte auch in diesem Jahr der Speed Lecture Award. Sechs Nachwuchsforscher warben in dreiminütigen Vorträgen um die Gunst des Publikums. Besonders punkten konnte Anja Schenk von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin: In drei Minuten erläutete die Biotechnologin, wie sie an einem nachhaltigen und mehrstufigen Biokatalysator tüftelt. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in der Fördermaßnahme "Biotechnologie2020+" gefördert. Plastisch machte sie das mithilfe von Kokospralinen, offenbar ganz nach dem Geschmack des Publikums, das ihr die meisten Punkte für ihre Präsentation gab.

Insgesamt 240 Teilnehmer waren der Einladung des Wissenschaftscampus Halle-Pflanzenbasierte Bioökonomie (WCH) sowie des Spitzenclusters BioEconomy nach Halle (Saale) gefolgt, um aktuelle Herausforderungen der Bioökonomie zu diskutieren. Die zweittägige "International Bioeconomy Conference" fand Anfang Juni zum fünften Mal statt, in diesem Jahr gab es zudem einen Fokus auf biobasiertes Wirtschaften in den Benelux-Länder. Mit der Konferenz unterstreicht der 2011 ins Leben gerufene Wissenschaftscampus seine Rolle als wichtiger Akteur der Bioökonomie  - auf nationaler sowie internationaler Ebene. Der Verbund von vier regionalen Leibniz-Instituten und der Martin-Luther-Universität kann inzwischen langfristig planen.  Nachdem die Leibniz-Gemeinschaft ihre Förderung bis 2018 ausgebaut hat, hat das Land Sachsen-Anhalt nun eine Unterstützung bis ins Jahr 2022 in Aussicht gestellt.

Die Konferenz warf Schlaglichter auf wichtige Themen der pflanzenbasierten Bioökonomie wie Pflanzenproduktivität, Wertschöpfungsketten bis hin zu sozioökonomischen Aspekten. Die Veranstaltung unterstrich auch die politische Bedeutung der Bioökonomie für Mitteldeutschland. Hans-Joachim Hennings, Abteilungsleiter Forschung, Innovation und Europa im sachsen-anhaltischen Wirtschaftsministerium betonte das landesweite Potenzial: "Sachsen-Anhalt hat sich zu einem Zentrum der Biomassenutzung in Anbau und Verwertung entwickelt. Das Land Sachsen-Anhalt hat im Jahr 2014 zudem die "Chemie und Bioökonomie" zu einem seiner fünf Leitmärkte erklärt. Die Bioökonomie bietet neue Märkte und Wachstumschancen, die wir nutzen wollen." Wie bioökonomie.de erfuhr, will das Land die Förderung für den Hallenser Wissenschaftscampus bis ins Jahr 2022 ausweiten.

Wirtschaftsethiker nehmen Agrar-Mythen ins Visier

Der Wirtschaftsethiker Ingo Pies von der Universität Halle machte deutlich, dass die soziale Akzeptanz des Konzepts Bioökonomie bislang in der Forschung kaum adressiert wurde. Aus Sicht der Ethik spielt sich die Bioökonomie in einem Rechtsrahmen, in einem moralischen Rahmen und in einem technologischen Rahmen ab. Bei der Grünen Gentechnik habe man gesehen, wie ein Diskurs scheitere, wenn eine auf emotionale Vorurteile zugespitzten Debatte eine rationale und balancierte Diskussion verhindere. „Wir wollen nun in einem neuen Forschungsprojekt landwirtschaftliche Mythen aus ethischer und agrarökonomischer Sicht betrachten“, sagte Pies. Die Herangehensweise des Hallenser Forschers wird ordonomische Wirtschaftsethik genannt: Sie betrachtet die wechselseitige Abhängigkeit von Sozialstruktur und Semantik. 

Die Bioökonomie in Deutschland vermessen

In Halle wurde zudem die Bedeutung von Daten und Fakten zur Bioökonomie diskutiert. In bisher nicht dagewesener Tiefe Daten zur Bioökonomie in Deutschland ermitteln, darauf zielt der Holzmarktexperte Holger Weimar vom Thünen-Institut in Hamburg ab. Sein Team wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium damit beauftragt, zum Bioökonomie-Projekt „Monitoring Pilot“ beizutragen. Dazu werden die Forscher Informationen zur Ressourcenbasis von Bioökonomie-relevanten Branchen in Deutschland sammeln und auswerten - eine große Herausforderung, wie Weimar betonte: "Es gibt riesige Datenlücken." Auch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördern unterschiedliche Komponenten des Monitorings.

Niedrige Ölpreise blockieren Grüne Chemie

Joachim Schulze von ThyssenKrupp Industrial Solutions machte in seinem Vortrag wiederum deutlich, wie schwierig es ist, vielversprechende Ideen der „Grünen Chemie“ aus dem Labormaßstab in die industrielle Anwendung zu überführen. Schulze betonte: „In der chemischen Industrie haben biobasierte Produkte praktisch nur eine Chance, wenn ihr Preis unter oder gleichauf mit erdölbasierten Verfahren liegt und sie in ihrer Qualität mindestens gleich gut oder überlegen sind." Die niedrigen Ölpreise würden die Bemühungen der „Grünen Chemie“ derzeit jedoch stark zurückwerfen. Er betonte zudem, dass vor allem das  Downstream-Processing ein Stolperstein auf dem Weg in den Markt sei. Hier würde jedoch das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) als Bioraffinerie-Forschungszentrum in Leuna  weltweit einzigartige Möglichkeiten bieten, diese kritischen Schritte zu testen. ThyssenKrupp hat in Leuna eine Pilotanlage für die Produktion von Bio-Chemikalien aufgebaut.

Isopropanol aus der Zellfabrik

Eine Kooperation mit dem Forschungszentrum in Leuna gibt es auch von Forschern um Markus Pietzsch von der Universität Halle. Sie wollen Mikroben in Zellfabriken der Chemikalie Isopropanol verwandeln - und dafür mit Zuckern aus Holzhydrolysaten gefüttert werden, wie sie in Leuna gewonnen werden. Dafür haben die Biotechnologen das Bakterium E.coli mit vier Enzymen ausgestattet, die jeweils von unterschiedlichen Mikroorganismen stammen.

Internationale Weizenzüchtung mit deutscher Beteiligung

Auf der Konferenz in Halle wurde auch die internationale Weizen-Initiative (Global Wheat Initiative) vorgestellt, die auf Initiative der G20 Agrarminister im Jahr 2011 gegründet wurde. Dabei handelt es sich um ein Züchtungs- und Forschungsnetzwerk aus 16 Ländern, neun Züchtungsunternehmen und zwei internationalen Forschungszentren aus dem CGIAR-Konsortium. Deutschland ist ebenfalls vertreten, unter anderem durch das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und das Julius-Kühn-Institut (JKI). Die Forscher wollen die Weizenzüchtung effizienter und nachhaltiger gestalten, indem sie vorhandene Ressourcen besser nutzen und ihre Forschungsanstrengungen abstimmen. Nur so könne der wachsende Bedarf an Nahrungsmitteln für eine wachsende Weltbevölkerung gestillt werden. Experten rechen für das Jahr 2050 mit einem Nachfrageplus von 60% gegenüber 2010. Daher müsste der jährliche Ertragsfortschritt von 1,1% auf 1,6% steigen. Seit 2014 ist JKI-Professor Frank Ordon Vorsitzender des Forschungskommitees der Initiative. In Halle berichtete er, welche Ziele sich die Forscher in den nächsten Jahren vorgenommen haben. "Im Idealfall wollen wir das Ertragspotenzial einiger Weizensorten bis zum Jahr 2040 um 50% steigern." Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass Weizenpflanzen widerstandsfähiger gegenüber Schadorganismen und sich ändernden klimatischen Bedingungen werden.

Viele internationale Vorträge auf der Konferenz waren in diesem Jahr den Benelux-Ländern und ihren Erfahrungen beim Aufbau einer biobasierten Wirtschaft gewidmet. Wie sich die Bioökonomie  in den Niederlanden als Jobmotor entwickeln könnte, erläuterte beispielsweise Hans van Meijl von der Universität in Wageningen. Für das kommende Jahr kündigten die Veranstalter in Halle einen Schwerpunkt Frankreich an.

Wie eine Kreislaufwirtschaft ohne Verschwendung in der Praxis funktionieren kann, stand vom 9. bis zum 13. Juni 2016 auf der Agenda der Open Source Circular Economy Days (OSCE Days). Bei dem weltweiten Event haben Experten, Enthusiasten und Erfinder in mehr als 70 Städten in 37 Ländern Ideen ausgetauscht und zahlreiche Prototypen der Kreislaufwirtschaft von morgen entwickelt. Mehr als 900 Teilnehmer kamen dabei allein in Berlin zusammen, die Gründer des Vereins Circular haben die Veranstaltungsreihe vor zwei Jahren initiiert. In Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Arbeitsgruppen werden Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft diskutiert. In diesem Jahr ging es unter anderem um Designermode aus recycelten Textilien oder das zweite Leben von Holzabfall. Die Friedrich-Ebert-Stiftung präsentierte eine Studie zum aktuellen Stand der Kreislaufwirtschaft in Deutschland.

Die Gründer des Berliner Vereins Circular haben sich Großes vorgenommen: Sie setzen sich für eine Welt ohne Abfall ein. „Wir wollen Wirtschaft als Kreislauf denken, statt wie bisher als Wertschöpfungskette“, erläutert Simon Lee, der selbst Mathematik studiert hat und in Berlin nun ein Experimentierfeld für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft aufbauen will. „Es geht darum, Rohstoffe so optimal wie möglich zu nutzen und auch über den Lebenszyklus hinaus zu verwerten.“ Aus diesem Gedanken heraus hat Lee auf dem Gelände des Berliner Agora Kollektivs das „Circular Economy Lab“ (CRCL Lab) ins Leben gerufen.

Kindl-Brauerei in Berlin als Experimentierfeld für Kreislaufwirtschaft

Auf dem 1.000 Quadratmeter großen Gelände der ehemaligen Kindl Brauerei soll ein Labor für zirkularwirtschaftliche, nachhaltige Lösungsansätze entstehen. Die Idee dahinter klingt zunächst einfach: Kreative Köpfe sollen der Wegwerfgesellschaft den Garaus machen, in dem sie innovative Produkte entwickeln. Ähnliche Labore gibt es bereits in London und Utrecht, nun wird auch in der deutschen Hauptstadt ein Freiraum für Künstler und Unternehmer aufgebaut. Finanziert wird der Umbau der Kindl-Brauerei unter anderem von der Stiftung Edith Maryon. Sie kauft weltweit Spekulationsobjekte auf und vermittelt sie an soziale Projekte weiter.

In Berlin sollen im Untergeschoss zunächst Gewerbetreibende einziehen, in zwei Jahren könnten im Obergeschoss zusätzlich Wohnungen entstehen. Bis dahin wollen die Initiatoren die Idee einer nachhaltigen Wirtschaft aber noch weiter vorantreiben und in den Köpfen möglichst vieler Mitstreiter verankern.  „Der Begriff Kreislaufwirtschaft ist in Deutschland leider mit Recycling besetzt", sagt Lee. Doch bei zirkulärer Wirtschaft geht es nicht nur um Müllverwertung, sondern um eine neue Herangehensweise an Produktbeschaffenheit und Produktdesign. Auch Open Source sei von großer Bedeutung, so Lee. Im Idealfall gibt es gar keinen Müll mehr; die Einzelteile werden entweder wiederverbaut oder gliedern sich rückstandslos in die Biosphäre ein.

OSCE Days: Ideen für eine Kreislaufwirtschaft debattieren

Aber wie können Unternehmen in einer Kreislaufwirtschaft Geld verdienen? Welche Anreize müssen gesetzt werden, damit neue Geschäftsmodelle entstehen können? Welche Abfallströme lassen sich schon heute effizienter nutzen? Fragen wie diese standen im Mittelpunkt der Open Source Circular Economy Days, die Mitte Juni in weltweit 70 Städten und 37 Ländern stattfanden. Die Idee für eine Veranstaltungsreihe mit offenen Workshops, an denen jeder teilnehmen kann, hatten die Berliner bereits vor zwei Jahren. Aufgrund des Erfolgs der ersten OSCE Days fand das Event-Konzept nun in diesem Jahr eine Fortsetzung. Allein die Veranstalter um Simon Lee in Berlin begrüßten vom 9. bis zum 13. Juni 2016 mehr als 900 Teilnehmer auf dem Kindl-Gelände in Neukölln. Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) betonte in ihrer Eröffnungsrede, welche große Bedeutung das Müllthema für die Stadt, aber auch für jeden Einzelnen hat. „Wir müssen uns fragen, was wir mit dem Müll machen wollen und wie wir leben wollen“, sagte sie.

Workshop mit Modedesignerin Ina Budde

In zahlreichen  „Challenges“, also Mini-Seminaren zu bestimmten Themen, wurde schließlich zu ganz konkreten Herausforderungen diskutiert und über Lösungen nachgedacht. Jeder Interessierte konnte im Vorfeld eine „Challenge“ einreichen und über die OSCE-Onlineplattform organisieren – ganz im Sinne des Open Source Gedankens. Modedesignerin und Kreislaufwirtschafts-Anhängerin Ina Budde hatte beispielsweise zur „Textilchallenge“ geladen. Etwa 50 Interessierte aus allen Bereichen der Modeindustrie – vom Designer bis hin zum Betreiber von Modeportalen – hatten sich für die Challenge registriert. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Textilien in einen Kreislauf aus Produktion und Wiederverwendung gebracht werden können. Die Teilnehmer befassten sich beispielsweise mit kuratierten Abteilungen in Second-Hand-Geschäften, bei denen Blogger ihre Lieblingsprodukte empfehlen, oder mit Websites, die Nutzer dazu motivieren, ihre Kleidung nicht wegzuwerfen, sondern zu recyceln. Auch Budde teilte ihre Erfahrungen. Die Designerin hatte erst kürzlich den „Lavera Green Fashion Award“ für ihr nachhaltiges Textildesign gewonnen.

Herausforderung Holzabfall bei der BSR

Eine andere Challenge widmete sich einem Problem der Berliner Stadtreinigung (BSR). Hier fallen jährlich 50.000 Tonnen Holzabfall an. „Müssen wir die wirklich verbrennen oder gibt es einen Weg, das Holz wiederzuverwenden?", brachte Janina Mainka, Beraterin und Coach, das Thema der Challenge auf den Punkt. Das Ergebnis der Diskussionsrunden: Altes Holz könnte beispielsweise sortiert und als Ersatzteil für Möbel weiterverkauft werden oder in Werkstätten Designern zur Verfügung stehen.

FES-Studie zur Kreislaufwirtschaft: Deutschland hat noch langen Weg vor sich

Über die vier Tage hinweg fanden zudem viele weitere Mini-Seminare statt. Ob essbare Naturkosmetik, nachhaltige Finanzierungsstrategien oder Open Source Geschäftsmodelle – die Vielfalt der diskutierten Themen war groß. Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) wiederum nutzte die Veranstaltung, um eine aktuelle Studie zum Stand der Kreislaufwirtschaft in Deutschland vorzustellen. Sie fasst die Ergebnisse einer Fachgesprächsreihe der FES zusammen, die mit Experten aus Politik, Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und Gewerkschaften im Auftrag des Arbeitskreises Nachhaltige Strukturpolitik durchgeführt wurde. Demnach sei Deutschland in Bezug auf seine Recycling-Quote zwar Weltmeister. „Allerdings besteht noch ein langer Weg bis die Kreislaufwirtschaft erreicht,“ so das Urteil von Henning Wilts vom Wuppertal-Institut für Umwelt, Klima, Energie, der die Studie geleitet hat.

Bayer ist  im Übernahme-Poker um Monsanto laut Medienberichten mit hohen Forderungen des US-Agrochemiegiganten konfrontiert. Monsanto habe einen Aufschlag auf den bislang gebotenen Preis in Höhe von bis zu 7 Milliarden US-Dollar verlangt, schreibt das Handelsblatt mit Verweis auf eine nicht näher genannte Quelle. Bayer hat diese Information indes nicht kommentiert. Die durch das Brexit-Votum ausgelöste Talfahrt und Zurückhaltung an den Börsen dürfte für Bayer die geplante Kapitalerhöhung erschweren.

Bayer bietet aktuell 122 US-Dollar pro Aktie oder insgesamt 62 Milliarden Dollar für den US-Hersteller von Saatgut und Unkrautvernichtern. Monsanto-Chef Hugh Grant hatte in den vergangenen Tagen erneut deutlich gemacht, dass ihm dies zu wenig ist. Grant zeigte sich aber weiter von der Logik einer Zusammenlegung der Geschäfte überzeugt. Grant hatte erklärt, in den vergangenen Wochen mit dem Bayer-Management, aber auch mit Dritten in der Sache geredet zu haben. Laut Handelsblatt verlangt Monsanto einen Aufschlag von 10 bis 15 Dollar pro Aktie, was den Gesamtpreis auf 67 bis 69 Milliarden Dollar hochtriebe. Bayer hatte in seinem im Mai vorgelegten . Seither dringen keine Informationen über den Verlauf der Verhandlungen nach außen.

Die Finanzierung der anvisierten Mega-Übernahme konnte sich durch die aktuelle Börsensituation zudem deutlich erschweren: Bayer will nämlich rund 25 Prozent des Kaufpreises über die Ausgabe neuer Aktien finanzieren. Damit käme die Kapitalerhöhung auf ein Volumen von bis zu 15 Milliarden Euro. Die neuen Aktien sollen vor allem Großinvestoren zeichnen. Doch ob sie nach dem Brexit und den dadurch ausgelösten Kursschwankungen an der Börse zugreifen werden, sei unsicher, zitiert das Handelblatt Finanzkreise. Die Schwankungen beengten die Aufnahmefähigkeit für Neuemissionen in einer solchen Höhe. Börsen-Talfahrt nach Brexit erschwert Kapitalerhöhung Zudem dürfte die Abnahme durch das Brexit-Votum deutlich teurer werden: Der Euro hat seit dem Brexit-Votum gegenüber dem Dollar nachgegeben. Das verteuert die Übernahme nach heutigem Stand, wenn die Währungsrisiken nicht abgesichert wurden. In Finanzkreisen heißt es dem Blatt zufolge, Bayer müsse seine Refinanzierungspläne neu bewerten. In vier bis sechs Wochen müsse eine Entscheidung getroffen werden.

Phosphor ist ein wichtiger Grundstoff für landwirtschaftliche Dünger, muss aber teuer importiert werden. Klärschlämm gilt daher seit Langem als alternative Quelle zur Phosphorgewinnung. Anfang Juli hat nun in Karlsruhe eine Pilotanlage zum Recycling des wertvollen Minerals den Betrieb aufgenommen.

Phosphor ist nicht nur für die Ernährung wichtig. Auch als Dünger für die Landwirtschaft ist das Mineral unverzichtbar. Doch der Rohstoff ist eine knappe Ressource, wird per Bergbau gewonnen und muss aus Ländern wie China teuer importiert werden, da Deutschland keine eigenen Vorkommen hat. Eine vielversprechende Quelle zur Phosphorgewinnung ist daher Klärschlamm. Anfang Juli hat nun in Karlsruhe eine von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Pilotanlage zum Recycling von Phosphor aus Klärschlamm bei der AVA Green Chemistry Development GmbH den Betrieb aufgenommen.

Eine Studie im Auftrag des Bundesumweltamtes ergab: Knapp 13 Prozent der Phosphormenge, die in Deutschland jährlich für mineralische Dünger benötigt wird, könnte schon heute aus Asche zurückgewonnen werden, die bei der sogenannten Monoverbrennung - der separaten Verbrennung von Klärschlamm - anfallen. Das Verfahren ist allerdings aufwendig und kostenintensiv.

Phosphor im HTC-Nassverfahren gewonnen

Die AVA cleanphos Pilotanlage in Karlsruhe basiert auf dem von dem Schweizer Biotechnologie-Unternehmen AVA CO2 entwickelten Verfahren der sogenannten Hydrothermalen Carbonisierung – HTC. Dabei handelt es sich um ein nasses Verfahren, bei dem Klärschlamm oder andere nasse Biomassen ohne vorherige aufwendige und teure Trocknung eingesetzt werden können. Hierbei wird der Klärschlamm zunächst in CO2-neutrale Biokohle umgewandelt, bevor das Phosphat isoliert und zurückgewonnen wird. Im Ergebnis entstehen gleich zwei wichtige Produkte: Phosphor und die phosphorfreie HTC-Klärschlammkohle, die auch als Ersatz für Braun- oder Steinkohle eingesetzt werden kann und so erhebliche Mengen an CO2-Ausstoß vermeiden hilft.

Kostengünstiger Recycling-Dünger für Pflanzen

Die AVA cleanphos Technologie wurde in den vergangenen Wochen von AVA Green Chemistry Development GmbH in Karlsruhe in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern, der Universität Hohenheim und der Projektgruppe für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie IWKS des  Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC erprobt. Das Team will zeigen, dass sich dank der neuen Technologie ein pflanzenverfügbarer Recycling-Dünger aus Klärschlamm effizient und kostengünstig herstellen lässt.

Es könnte eine der größten Firmenübernahmen in der Chemiebranche werden: Doch die von Bayer geplante milliardenschwere Übernahme von Monsanto gerät ins Stocken. Nachdem die Leverkusener Anfang Juli ihre Offerte um zwei Milliarden auf 64 Milliarden US-Dollar (58 Milliarden Euro) erhöht hatten, bringt der US-Saatgutriese  nun einen neuen Spieler ins Rennen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, verhandelt Monsanto mit dem Ludwigshafener Chemiekonzern BASF über eine Fusion der Agrarchemiesparten. Börsenexperten sprechen von einer gezielten „Giftpille“ für Bayer, um das Kaufobjekt unattraktiv zu machen.

Die Nachricht der geplanten Übernahme von Monsanto durch Bayer kam im Mai überraschend. Erst wenige Woche im Amt, kündigte der neue Chef des Leverkusener Chemie- und Unternehmens, Werner Baumann, an, den US-Saatgutriesen ein Kaufangebot über 62 Milliarden Dollar – umgerechnet 55 Milliarden Euro - Damit lag das Angebot mit 122 Dollar je Aktie weit über dem Aktienwert von 107 Dollar. Monsanto lehnte das milliardenschwere Angebot von Bayer zwar zunächst ab, zeigte sich aber gesprächsbereit. Wenig später verkündete er, dass der Preis zu niedrig sei. Der US-

Bayer hält nach wie vor am Übernahmewunsch fest. Durch die Übernahme würden die Deutschen zum weltweit größten Agrarchemieunternehmen aufsteigen. Im Rahmen der Fusion sollen die Plattformen in den Bereichen Saatgut und Pflanzeneigenschaften, Pflanzenschutz, Biologika sowie digitale Landwirtschaft zusammengeführt werden, heißt es aus Leverkusen.

Schlechter Ruf von Monsanto

Baumanns Pläne sorgten bei den Aktionären anfangs eher für Furcht als Begeisterung.  Denn trotz wirtschaftlicher Erfolge steht es um den Ruf von Monsanto eher schlecht. Der Saatguthersteller steht vor allem wegen seines umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat seit langem in der Kritik. Neue Diskussionen um das Herbizid wurde noch zusätzlich angeheizt, als die Weltgesundheitsorganisation WHO das Mittel als "wahrscheinlich krebserregend" einstufte. Dies wiederum führte zu Streit um die Verlängerung der Glyphosat-Zulassung in Europa. Sie wurde schließlich für zunächst nur 18 Monate verlängert.

Bayer-Aktionäre fordern Mitspracherecht

Doch Bayer lässt sich von seinem Kurs nicht abringen. Inzwischen hat man das Kaufangebot von 122 Dollar pro Aktie auf  125 Dollar aufgestockt. Zusätzlich hat Bayer Monsanto 1,5 Milliarden US-Dollar für den Fall geboten, dass die notwendigen Kartellfreigaben nicht erteilt werden sollten. „Wir sind davon überzeugt, dass diese Transaktion für die Monsanto-Aktionäre hoch attraktiv ist und die beste Gelegenheit zur sofortigen und sicheren Wertsteigerung für ihre Aktien bietet“, sagte Bayer-Chef Werner Baumann dazu. Doch auch hier scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Groß-Aktionäre von Bayer fordern nach einem Bericht vom „Handelsblatt“ nun ein Mitspracherecht beim Übernahme-Poker um den US-Saatkonzern.

Weiterer Spieler im Übernahme-Poker: BASF

Zusätzlich dazu scheint nun auch ein weiterer Spieler aufzutauchen - der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF. Wie das Medienunternehmen Bloomberg berichtet, soll Monsanto Gespräche mit den Deutschen über eine eventuelle Fusion der beiden Agrarchemiesparten wieder aufgenommen haben. Durch diesen Deal könnte sich Monsanto vor der Attacke des Bayer-Konzerns retten. Schon jetzt kooperieren BASF und Monsanto seit 2007 bei der Entwicklung biotechnologisch veränderter Nutzpflanzen. Das Analysehaus Kepler sieht Monsanto und das BASF-Agrargeschäft als logische Kombination, da es zwischen beiden kaum Überschneidungen gibt und sie gemeinsam den Kunden eine breitere Palette bieten könnten. Die Agrarsparte von BASF (Agricultural Solutions) ist die kleinste Einheit, allerdings eine überdurchschnittlich profitable. Im vergangenen Jahr steuerte sie acht Prozent zum Gesamtumsatz und 11,5 Prozent zum Ebitda-Gewinn von BASF bei. Die DZ Bank taxiert den Wert auf 17 Milliarden Euro - ohne eine mögliche Übernahmeprämie.

Analysten halten Fusion von BASF und Monsanto für unwahrscheinlich

Laut Bloomberg sind die Gespräche zwischen BASF und Monsanto aber noch in einem frühen Stadium, vor allem die Finanzierung könnte sich als Knackpunkt erweisen. Denn offenbar bietet Monsanto eigene Aktien an - die für BASF wiederum unattraktiv sind, da der Kurswert durch das Übernahmeangebot aufgebläht ist. Analysten halten einen Deal daher für unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte der Schritt als Giftpille für Bayer gedachts ein, um Monsanto als Kaufobjekt unattraktiv zu machen. Noch scheint diese Strategie nicht erfolgreich zu sein. Man habe die feste Absicht, die Transaktion abzuschließen, heißt es bei Bayer. Analysten gehen aber davon aus, dass die Leverkusener noch mehr aufstocken müssen - auf bis zu 130 oder sogar 140 Dollar.

Der Zuckergehalt in der Zuckerrübe kann Spitzenkonzentrationen von bis zu 23 Prozent erreichen. Wegen der hohen Konzentration des süßen Stoffes in der Wurzel ist die Pflanze Beta vulgaris für die Zuckerproduktion besonders geeignet. Aber auch für die Herstellung von Bioethanol und Biogas als Energiequelle ist sie von großer Bedeutung. Bisher war allerdings unklar, wie die großen Mengen an Zucker nach und nach in die Speicherorgane der Rübenzellen gelangen. Pflanzenforscher aus Deutschland sind nun einem Zuckertransporter auf die Spur gekommen. Über ihren Fund berichtet das Team im Fachjournal Nature Plants (2015, Bd.1, Nr. 14001). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Forscher im Rahmen des Verbundprojekts „Betamorphosis“ mit 1,9 Millionen Euro unterstützt.

Die Zuckerrübe Beta vulgaris ist wegen ihres enormen Zuckergehalts von Europas Äckern nicht mehr wegzudenken. Längst dient die gehaltvolle Knolle – bei Hochleistungssorten lassen sich aus zehn Kilogramm Rübe bis zu 2,3 Kilo Zucker gewinnen - auch in Deutschland nicht mehr nur als Zuckerlieferant, sondern auch als Energiequelle. Die wirtschaftliche Bedeutung der Futterpflanze hat in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen. Nach welchen Prinzipien die Rübe den Zucker speichert, war aber bislang unklar. Pflanzenforscher der Universitäten Erlangen, Kaiserslautern, Köln und Würzburg sind dieser Frage in den vergangenen drei Jahren zusammen mit Teams von KWS Saat und der Südzucker AG nachgegangen. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Verbundprojektes „Betamorphosis“ untersuchten sie, wie der Zucker seinen Weg in den Saftspeicher, also die Vakuole, der Rübenzellen findet und dort anhäuft.

Protein während der Zuckerspeicherung aktiv

Wie die Teams unter Federführung von Ekkehard Neuhaus und Rainer Hedrich im Fachjournal Nature Plants berichtet, sammeln die Rübenzellen den Zucker in Form von Saccharose in speziellen Saftspeichern, den so genannten Vakuolen an. Um zu erfahren, wie die Süße dorthin gelangt, betrachteten die Wissenschaftler zunächst das Entwicklungsstadium, in dem die Rübe auf das Programm Zuckerspeicherung schaltet und suchten nach den in dieser Speicherphase besonders aktiven Genen und Proteinen.

Züchtung von noch gehaltvolleren Rüben

Letztlich filterten sie im Abgleich mit Genom-Datenbanken ein Protein heraus, welches das Eindringen von Saccharose in die Speichervakuolen der Zuckerrüben antreibt – das Transportprotein mit dem kryptischen Namen BvTST2.1. Mithilfe der Patch-Clamp-Technik konnten die Forscher zeigen, dass der Transporter selektiv Saccharose in die Vakuole leitet und im Gegenzug Protonen aus der Vakuole hinausbefördert. Auf Grund dieser Kopplung ist es schließlich möglich, dass sich der Zucker in den Rübenvakuolen ansammeln und Spitzenwerte von 23 Prozent erreichen kann. Die Entdeckung dieser Süßstoff-Transporter ist vor allem für die Pflanzenzucht von Bedeutung. „Unsere neuen Erkenntnisse könnten zu Zuckerrüben, Zuckerrohr oder anderen Pflanzen mit noch höherem Zuckergehalt führen – wenn man züchterisch dafür sorgt, dass die Menge der Transporter in den Pflanzen erhöht ist“, so die Forscher.

Die alten Weizenarten Dinkel und Emmer gelten als robust und widerstandsfähig. Im Ökolandbau erleben sie derzeit ein Comeback. Probleme bereiten den Biobauern jedoch die Brandkrankheiten. Anders als im konventionellen Anbau sind chemische Beizmittel im Biolandbau tabu. Forscher von der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim sehen eine Chance, bald schon resistente Sorten zu züchten. Sie haben bereits vielversprechendes Zuchtmaterial ausgewählt.

Die Weizenarten Emmer und Dinkel fristeten in der Landwirtschaft lange ein Nischendasein, doch im Biolandbau finden die alten Getreidearten immer mehr Anhänger. Der Grund: Die Pflanzen sorgen für Abwechslung in der Fruchtfolge und können auch auf schlechten Böden und unter ungünstigen Bedingungen angebaut werden. Sie gelten als besonders widerstandsfähig. Doch sie besitzen eine Schwachstelle: Besonders einige Pilzkrankheiten stellen für den Bioanbau eine große Herausforderung dar. Bei Emmer und Dinkel zählen dazu der Steinbrand und der nahverwandte Zwergsteinbrand. „Die Brandkrankheiten sind im ökologischen Landbau besonders schwer in den Griff zu bekommen“, erläutert Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim. „Im konventionellen Anbau kann man die Pilze leicht mit chemischen Beizmitteln bekämpfen, doch dieser Weg steht Biobauern nicht zur Verfügung.“

Besonders Saatgutproduktion bedroht

Brandpilze bedrohen weniger den Kornertrag als die Saatgutproduktion. Bereits wenige infizierte Ähren pro Quadratmeter genügen zur Aberkennung des gesamten Feldes. Longin sieht vor allem im Steinbrand eine Gefahr: „Viele Ökobauern bauen Saatgut nach. Der Lebenszyklus der Pilze ist aber besonders gut an den Weizen angepasst, so dass sich die Sporen in jeder Vermehrungsstufe stärker anreichern.“
Zwergsteinbrand stelle dagegen als bodenbürtiger Pilz primär ein regionales Problem dar. Wenn er jedoch auftrete, dann bleibe dem Landwirt oft keine andere Wahl, als auf andere Kulturen auszuweichen – oder auf zu 100 Prozent resistente Sorten zu hoffen. Einen Ausweg aus dem Dilemma sieht Longin daher vor allem in der Züchtung resistenter Emmer- und Dinkelsorten, zu der bisher kaum Untersuchungen vorliegen. Der Wissenschaftler testete mit seiner Arbeitsgruppe 65 Emmersorten auf ihre Resistenz gegen Steinbrand. Die Ergebnisse sind auf den ersten Blick erfreulich: Die etablierten Sorten zeigen sich zwar allesamt sehr anfällig gegen den Erreger, doch es gelang den Forschern 20 sehr resistente Genotypen zu identifizieren.

Vermutlich eine monogene Resistenz

Leider beruht diese Resistenz aber wahrscheinlich auf einem einzigen Gen. „Eine solche monogenische Resistenz ist oft nicht von Dauer“, vermutet Thomas Miedaner. „Sie kann leicht vom Pilz geknackt werden und zeigt dann keinerlei Wirksamkeit mehr.“ Miedaner empfiehlt aber trotzdem, die Sorten mit monogenischer Resistenz sowie hohem Ertrag rasch auf den Markt zu bringen, bis der Pilz die Resistenz überwinden kann. Für die längerfristige Züchtung seien diese Genotypen jedoch nicht geeignet: „Hier ist die quantitative Resistenz gefragt, die auf mehreren Genen lokalisiert und nicht so leicht zu überwinden ist.“ Aber Miedaner ist zuversichtlich: „Wir konnten mehrere Sorten identifizieren, die sich gut als Ausgangsmaterial für die weitere Emmer-Züchtung eignen.“ Zwergsteinbrand stellt in einigen Regionen ein großes Problem im Dinkelanbau dar. Die Landessaatzuchtanstalt hat auf der schwäbischen Alb, wo der Pilz seit Jahren stark verbreitet ist, 66 Dinkelsorten und 92 Zuchtlinien auf ihre Resistenz getestet.

In wenigen Jahren auf den Markt

Die Züchter konnten eine Sorte und einen erheblichen Teil des Zuchtmaterials als resistent identifizieren. „Die Ergebnisse sind zwar recht uneinheitlich und müssen noch in zukünftigen Untersuchungen bestätigt werden“, so Longin, „doch auch beim Dinkel zeichnet sich eine gute Ausgangslage für die Resistenzzüchtung ab.“ Erste resistente Emmer- und Dinkelsorten für den Biolandbau in Mitteleuropa erwartet Longin bereits in naher Zukunft. „Bei Emmer befinden sich zwei der vielversprechenden Sorten gerade im Zulassungsverfahren, sie dürften schon in rund zwei Jahren auf dem Markt sein.“ Bis weitere Sorten folgen können, müssen die Forscher die Resistenzen aber erst noch weiter untersuchen und gezielt einkreuzen. Mindestens fünf Jahre setzen sie für diese Arbeiten an.

Eine positive Zwischenbilanz hat der Spitzencluster BioEconomy bei seiner Statuskonferenz am 3. und 4. Februar in Halle/Saale gezogen. Rund drei Jahre nachdem sich das regionale Netzwerk als Gewinner des Spitzencluster-Wettbewerbs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) etwa 80 Millionen Euro gesichert hatte, stellten die beteiligten Akteure die Fortschritte der ersten Förderperiode vor. Im Spitzencluster geht es darum, Holz als nachwachsenden Rohstoff für die Chemie und die Bauwirtschaft zu erschließen. Entlang biobasierter Wertschöpfungsketten soll eine Modellregion für die Bioökonomie entstehen.

 

„Das mitteldeutsche Chemiedreieck mit seiner Infrastruktur, aber auch mit seiner unmittelbaren Nähe zu Standorten der Holzwirtschaft bietet einzigartige Voraussetzungen für den Wandel von einer fossil basierten Wirtschaft hin zu einer biobasierten Wirtschaft“, erklärte Thomas Hirth, Vorstand und wissenschaftlicher Koordinator im BioEconomy-Cluster, zur Halbzeit der Spitzenclusterförderung Anfang Februar in Halle. Alle Akteure des Spitzenclusters hatten sich am Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien IAMO getroffen, um eine Zwischenbilanz fällt positiv aus: Inzwischen sind 97 Partner an Bord. Unter dem Motto „Die Zukunft der biobasierten Wirtschaft in Mitteldeutschland“ ist man dabei, eine Bioökonomie-Modellregion zu schaffen. 2012 ging das Netzwerk mit rund . Das Ziel: In einer ganzen Region die Grundlagen für eine nachhaltige Nutzung von Non-Food-Biomasse, insbesondere Holz, legen.

Eine Schlüsselrolle fällt dabei der Ressource Buchenholz zu. „Rund 40 Prozent der deutschen Buchenbestände finden sich bei uns im Clustergebiet“, sagt Clustermanager Horst Mosler. Die Einsatzmöglichkeiten für den Rohstoff sind vielfältig. Das Laubholz wird in der Bauwirtschaft genutzt, ermöglicht den Leichtbau mit Naturfasern sowie Biokunststoffen und liefert nachwachsende Rohstoffe für die mitteldeutsche Chemie.

Laubhölzer spielen in der Bauindustrie noch keine große Rolle

Noch führen Laubhölzer wie die Buche in der Baustoffindustrie ein Nischendasein. Sie setzt zu rund 90 Prozent auf einfacher zu verarbeitende Nadelhölzer, so Expertenschätzungen. Mehr als ein Dutzend Verbundprojekte im Cluster zielen darauf ab, das zu ändern. Das beginnt schon bei der Holzernte im Wald. „Während sich für Nadelwälder hochtechnisierte Ernteverfahren etabliert haben, hinkt die Durchforstung von Laubwäldern dem Stand der Technik hinterher“, berichtete Veronika Auer vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. Im vergangenen Oktober startete daher die Entwicklung neuer Geräte für die mechanisierte Holzernte. In dem mit 3,9 Millionen Euro geförderten Drei-Jahres-Projekt sollen bodenschonende Laufwerke für den Holzernter und den Rückezug entwickelt werden.Für den Holzernter, den Harvester, wird ein neuer Erntekopf entwickelt, mit dem sich auch das vergleichweise harte Buchenholz mit seinen stärkeren Seitenästen automatisiert verarbeiten lässt. Der Rückezug, der Forwarder, soll ein integriertes, geeichtes Wägesystem bekommen, um die geerntete Holzmenge genau zu erfassen.
Eine Optimierung der Erntebedingungen allein ist jedoch nutzlos, wenn das Holz später nicht auch zu wertvollen Produkten verarbeitet wird. Wie das funktionieren kann, erforscht Peer Haller von der Technischen Universität Dresden. Gemeinsam mit anderen Projektpartnern hat er rund drei Meter hohe Röhren aus Buchen-Formholz entwickelt. „Dafür werden Bohlen quer zur Faser verdichtet, geschnitten und zu Platten verleimt. Nach einer Dampfbehandlung kann das Holz schließlich zu einem Rohr geformt werden“, beschreibt der Ingenieur den Prozess. Diese Röhren könnten bald den Sprung aus der Versuchsanwendung zum kommerziellen Produkt schaffen. Ein Industriepartner prüft, ob sich das Material nicht für Straßenlaternen oder sogenannte ILS-Träger nutzen lässt. Die ILS-Träger werden auf Flughäfen genutzt, um Flugzeuge mit Lichtsignalen auf den richtigen Anflugwinkel zu lotsen. 

Holzimpulszentrum startet verhalten

Auch im Fertighausbau könnte Buchenholz genutzt werden: die Holzwolle eignet sich als Bestandteil von Dämmstoffen, Holzzuschnitte wiederum könnten als Trägermaterial eingesetzt werden. Während sich zahlreiche weitere Forschungsprojekte mit der Anwendungsentwicklung beschäftigen, wurde mit dem Holzimpulszentrum in Rottleberode eine Einrichtung geschaffen, die die Verbreitung entsprechender Werkstoffe fördern soll. Auf diese Weise, so die Idee, könnten die ortsansässigen Holzbauunternehmen in ihren Kompetenzen gestärkt, Planer, Architekten und Ingenieure im Umgang mit dem Baustoff Holz geschult und Bauherren für den Baustoff Holz sensibilisiert werden. Gezündet aber hat dieser Ansatz offenbar noch nicht. Die Unterstützung durch die lokale Wirtschaft für das HIZ sei schwächer als erwartet, hieß bei der Clusterkonferenz. Auch das Interesse von Architekten, sich mit dem Thema Buchenholzbau zu beschäftigen, ist offenbar nicht sehr ausgeprägt. „Hier haben wir eine offene Flanke“, räumt auch Matthias Zscheile von der Hochschule Rosenheim ein.

Reststoffe für die Produktion von Plattformchemikalien und Verbundwerkstoffen

Wird eine Buche gefällt, ist ohnehin nur ein kleiner Teil des Holzes für die sogenannte primäre Nutzung, zum Beispiel als Massivholz, zu gebrauchen. Nach dem Fällen werden Stammholz (ca. 66 Prozent) und Industrieholz (ca. 33 Prozent) voneinander getrennt. Das Stammholz muss jedoch für die weitere Nutzung aufgearbeitet werden: Die Rinde wird entfernt, der Stamm zu Bohlen zerschnitten. Am Ende des Sägegatters verbleiben nur etwa 60 Prozent des Stammholzes – etwas mehr als ein Drittel des gesamten Baumes – in der Wertschöpfung. Doch was passiert mit dem großen Rest? Früher wurde ein Großteil des Materials kaum weiterverwendet. Im Spitzencluster BioEconomy hingegen wird nach Verwertungsmöglichkeiten gesucht. So können aus den Reststoffen beispielsweise Basischemikalien hergestellt werden – erste Pilotanlagen für Bioraffinerien Darüber hinaus beschäftigt sich das größte Einzelprojekt des Spitzenclusters mit dem Aufbau einer . An Ideen, wie sich   Holzfasern und Biokunststoffe weiterverarbeiten lassen, mangelt es nicht: Zum Beispiel als neuartige Leichtbaumaterialien für den Automobilbau oder die Sportgeräte-Industrie. Auf der Grünen Woche in Berlin präsentierte der Bioökonomierat in einer Ausstellung, welche biobasierten Produkte es schon heute in den

Duftstoffe wirken auf vielfältige Weise. Sie können anziehend oder abstoßend sein. Die Natur bedient sich der Gerüche gar als Kommunikationsmittel. So können Pflanzen mit ihrem Duft Insekten zur Bestäubung anlocken oder natürliche Feinde mit übelriechenden oder gar giftigen Stoffen auf Distanz halten. Forscher der Universität Göttingen und Freiburg sowie vom Helmholtz Zentrum in München haben nun einen Zusammenhang zwischen den Duftstoffen von Pilzen und dem Wurzelwachstum bei Pflanzen aufgedeckt. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, ließen die Aromen des Mykorrhizapilzes auch die Wurzeln bei Pflanzen sprießen.

Mykorrhizapilze leben in Symbiose mit Pflanzen. Der enzymarme Bodenpilz dringt mit seinem fadenförmigen Wurzelgeflecht in Pflanzen- und Baumwurzeln ein und versorgt diese mit Nährstoffen und Wasser. Im Gegenzug erhält der Pilz durch die Photosynthese der Pflanze die ihm fehlende energiereiche Zuckernahrung. Diese besondere Kooperation hat ein Forscherteam nun genauer untersucht. Wissenschaftler der Universität Göttingen und Freiburg sowie vom Münchner Helmholtz Zentrum wollten wissen, welche Rolle Duftstoffe bei dieser Symbiose spielen. Denn nicht nur Blumen, sondern auch Pilze geben einen charakteristischen Geruch ab. „Wir wussten, dass Pflanzen ihre Beziehungen zu Tieren unter anderem über Düfte regulieren“, erklärt Leiterin der Abteilung Forstbotanik und Baumphysiologie der Universität Göttingen, Andrea Polle. „Für die Fitness von Pflanzen spielen aber nicht nur Bestäubung und Fraßabwehr eine Rolle, sondern auch ihre Symbiose mit Mykorrhizapilzen an ihren Wurzeln. Diese verbessern die Pflanzenernährung und stärken die Abwehr gegen Schadpilze.“

Im Rahmen der Studie gingen die Forscher der Frage nach, ob Pflanzen die Duftstoffe des Bodenpilzes auch wahrnehmen, ohne über ein Wurzelgeflecht direkt verbunden zu sein. Im Labor der Göttinger Universität wurden daher Pilz und Pflanze – zwar im gleichen Raum – aber getrennt von einander aufgezogen. Das Ergebnis: Obwohl kein direkter Kontakt bestand, zeigten sich bei der Pflanze zahlreiche neue Seitenwurzeln. Die Forscher lieferten damit den Beweis, dass allein die Duftstoffe des Mykorrhizapilzes die Wurzeln sprießen lassen.

Wurzelspitze der Pflanze reagiert auf Pilzduft

Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München entdeckten im Wurzelpilz zudem Inhaltsstoffe, die bislang eher bei Tieren für ihre Signalwirkung bekannt waren und dort für das Wachstum verantwortlich sein sollen. Dabei handelt es sich um das in der Natur selten vorkommende Sesquiterpen Thujopsen. Die Freiburger Forscher Klaus Palme und Franck Ditengou konnten schließlich zeigen, dass die Signalwege in der Wurzelspitze auf die Pilzdüfte reagieren und so das Wurzelwachstum anfeuern. „Die Pflanze bildet ein völlig neues Organ aus – das ist so, als würden Menschen einen neuen Arm bilden“, schildert Ditengou. Die Erkenntnisse des Forscherteams dürften sowohl ökologisch als auch biotechnologisch von Bedeutung sein. Denn je mehr Wurzeln eine Pflanze hat, um so mehr Nährstoffe können aufgenommen werden. Das wiederum hält die Pflanze fit.

Wissenschaftliche Entdeckungen sind mitunter umstritten. Jüngstes Beispiel: die Designernuklease CRISPR-Cas9. Mithilfe des genchirurgischen Präzisionsinstruments hatten chinesische Forscher erstmals menschliches Erbgut von Embryonen bearbeitet. Für viele Molekularbiologen weltweit war damit eine ethische Grenze  überschritten. "Darf die Wissenschaft, was sie kann?" – ist daher eine Frage, worüber Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler  aus aller der Welt noch bis zu 3. Juli bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau diskutieren. Neben der Humangenetik steht auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus der Traditionsveranstaltung.

Einmal im Jahr wird das beschauliche Städtchen Lindau am Bodensee zu einem Mekka der klügsten Kopfe der Welt. Nobelpreisträger und herausragende Nachwuchsforscher aus aller Welt treffen sich hier seit 1951, um über bedeutsame globale Themen der Wissenschaft zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zuknüpften. Zum 65. Jubiläum glänzen die „Tagungen der Nobelpreisträger“ mit einer Rekordbeteiligung. Insgesamt 65 preisgekrönte Forscher, darunter Max-Planck-Forscher Stefan Hell, der im vergangenen Jahr den Chemie-Nobelpreis für Mikroskopie erhielt und Krebsforscher Harald zur Hausen, sind zum Bodensee gekommen, um mit 650 Nachwuchsforschern aus 88 Ländern zu debattieren. „Kernanliegen der Tagung ist die Inspiration und Motivation junger Wissenschaftler und Forscher“, sagte die Präsidentin des Kuratoriums der Nobelpreisträgertagungen, Bettina Gräfin Bernadotte in ihrer Eröffnungsrede.

Anders als in den Vorjahren stehen wieder  alle drei naturwissenschaftlichen Nobelpreiskategorien – Chemie, Physik, Physiologie/Medizin – gleichberechtigt im Mittelpunkt der Lindauer Veranstaltung. Das Programm geht unter anderem der Frage nach, inwieweit vom Zusammenspiel unterschiedlicher Forschungszweige künftig Durchbrüche in Schlüsselbereichen zu erwarten sind. Ein Schwerpunktthema bildet dabei die Humangenetik und die ethische Frage: Darf die Wissenschaft, was sie kann? Das sogenannte Embryonen-Experiment chinesischer Forscher hat erst kürzlich die Debatte um die ethischen Grenzen der Forschung neu entflammt. Mit Hilfe eines neuen genetischen Werkzeuges, der Designernuklease CRISPR-Cas9, hatten die Forscher erstmals menschliches Erbgut in Embryonen bearbeitet. Weltweit distanzierten sich Wissenschaftler von dem Eingriff in die Keimbahn und .

Ktitischen Blick bei gentechnischen Fragen behalten

Bundespräsident Joachim Gauck mahnte in seiner Eröffnungsrede, dass gerade in Fragen der Gentechnologie die „schleichende Veränderung unserer gesellschaftlichen Leitbilder“ kritisch beobachtet werden müsse. Die schwierige Debatte über „die Grenze zwischen Machbarkeit und Wünschbarkeit“ dürfe nicht nur in Ethikkommissionen und Parlamenten geführt werden, sagte Gauck.

Mit Bakterien Bioplastik herstellen

Auch die Bioökonomie hat beim Treffen der klügsten Köpfe der Welt einen festen Platz im Programm. So wird auch in diesem Jahr das Thema Nachhaltigkeit Vorträge und die Diskussionsrunden der Lindauer Tagungen bestimmen. Auf Einladung der Landesregierung Baden-Württemberg wird Hartmut Grammel von der Hochschule Biberach über die Entwicklung von Photosynthesebakterien als neuartige Produktionsorganismen für die Biotechnologie referieren.

Im Rahmen des Forschungsprojektes der BMBF-Förderinitiative Biotechnologie 2020+  experimentieren Gammel und Magdeburger Forscher mit Bakterien, um CO2 zu verbrauchen und so das Klimagas aus der Atmosphäre zu entfernen. Darüber sucht der Forscher nach Lösungen, mikrobielle Stämme für industrielle Anwendungen wie die Produktion von Bioplastik durch den systematischen Einsatz natürlicher Evolutionsmechanismen zu verbessern.

BMBF unterstützt Nobelpreisträgertreffen

Das traditionelle Nobelpreisträgertreffen wird vom Bundesforschungsministerium mit jährlich einer Million Euro unterstützt. Im Rahmen des Treffens lud Bundesforschungsministerin Johanna Wanka alle Akteure zum Sommerfest. „Diese Perle müssen wir in Deutschland halten“, hatte Wanka bereits  im Vorfeld der Tagung in einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung erklärt. Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Science Education“ am Freitag auf der Insel Mainau wird Forschungsstaatssekretär Georg Schütte sprechen.

Mikroorganismen tummeln sich zuhauf im Erdboden und machen mit 70 Prozent den größten Teil der Biomasse aus.  In Land- und Forstwirtschaft  übernehmen sie wichtige Funktionen im Stoffkreislauf. Doch welchen Einfluss hat die intensive Landnutzung auf die Mikroben und wie wirken sich die veränderten Lebensbedingungen auf die mikrobielle Vielfalt aus? Diesen Fragen gehen Forscher der Universität Hohenheim im Rahmen eines Schwerpunktprogramms zur Biodiversitätsforschung nach. Das Teilprojekt zu den „mikrobiellen Besiedlungsstrategien in Grünlandböden“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit knapp einer halben Million Euro gefördert.

Sie sind mit dem bloßem Augen nicht zu sehen und uns Menschen doch zahlenmäßig überlegen: Mikroorganismen. Bakterien, Pilze, Algen und Einzeller sind auch in Böden präsent und hier nützliche Helfer: sie machen den Acker fruchtbar, zersetzen organische Schadstoffe und verbessern die Bodenstruktur. Doch der Mensch setzt den Winzlingen mit Dünger, Rodung oder Bebauung mitunter ganz schon zu. Wie sich das Zusammenspiel der Mikroorganismen in Grünlandböden unter veränderten Lebensbedingungen verhält, wird von Wissenschaftlern der Universität Hohenheim seit einiger Zeit erforscht.

Biologische Vielfalt im Ökosystem

Im Projekt „Mikrobielle Besiedlungsstrategien und Ressourcennutzung in Grünlandböden mit unterschiedlicher Landnutzungsintensität“ untersucht das Team von Ellen Kandeler und Sven Marhan die Besiedlung von neuen Lebensräumen des Bodens. Das Projekt  ist  Teil eines Großvorhabens zur Biodiversitätsforschung und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über drei Jahre mit rund einer halben Million Euro unterstützt. Die Wissenschaftler untersuchen darin unter anderem die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenorganismen sowie den Einfluss der Biodiversität auf das Ökosystem.

Denn Mikroorganismen haben einen großen Einfluss auf das Klima, da sie CO2, Lachgas oder Methan freisetzen oder binden. Häufiges Mähen, übermäßiges Düngen oder die Beweidung mit Tieren verändert jedoch die Lebensbedingungen der Winzlinge. Diese Veränderungen wollen die Forscher aus Hohenheim genau analysieren. „Dazu gehen wir der Frage nach, wie neue Bodenoberflächen unter dem Einfluss von unterschiedlicher Grünlandnutzung durch Mikroorganismen besiedelt werden. Dafür vergraben wir bestimmte Mineralien und Wurzeln in kleinen Beuteln in unterschiedlich genutzten Grünlandböden“, erläutert Ellen Kandeler,  Leiterin des Instituts für Bodenbiologie an der Universität Hohenheim und Leiterin des DFG-Forschungsprojektes.

Tipps für Landwirte

Nach der Entnahme der Beutel untersuchen die Forscher dann, welche Mikroben und in welcher Menge sich auf den Oberflächen wie Tonminerale oder Streu niedergelassen haben. Darüber hinaus werden auch Bodenproben zu unterschiedlichen Zeiten in den ausgewählten Projektregionen Brandenburg, Thüringen und Baden-Württemberg entnommen. Darüber hoffen die Forscher zu erfahren, ob die Intensität der Grünlandnutzung die Funktionen der Mikroben generell und wie beeinflusst. „Unser Ziel ist es, allgemeingültige Aussagen zu treffen und daraus Empfehlungen, beispielsweise für Landwirte, ableiten zu können“, erklärt Kandeler.

Landkarte zu Bodenmikroben geplant

An dem Großprojekt zur Biodiversitätsforschung sind bundesweit mehr als 40 Projekte und rund 330 Wissenschaftler von verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen beteiligt. Alle Daten der beteiligten Projekte fließen in ein zentrale Datenbank und sollen im Ergebnis die Basis für eine Art Landkarte bilden, auf der die Verteilung der Bodenorganismen dargestellt wird.

Durch die Schlote der Stahlwerke dringen täglich große Mengen Abgase, die Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2) enthalten. Etwa 1,8 Tonnen Kohlendioxid entstehen etwa bei der Produktion nur einer Tonne Stahl. Das Gas entweicht in der Regel ungenutzt. Doch in den berüchtigten Klimagasen steckt durchaus mehr Potenzial: Fraunhofer-Forscher erforschen einen Weg, um die Kohlenstoffmengen zu verwerten - mithilfe von Biotechnologie. Gentechnisch veränderte Bakterien nutzen hierbei die Abgase für ihren Stoffwechsel und verwandeln sie in Kraftstoffe und Spezialchemikalien.

Mit dem im vergangenen Jahr von der Bundesregierung verabschiedeten Klimapaket sollen die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent reduziert werden. Neben der Vermeidung von CO2 ist eine alternative Strategie, die Abgase durch intelligente Verfahren stofflich weiter zu nutzen. Fraunhofer-Wissenschaftler haben nun einen vielversprechenden Weg gefunden,  die Abgase von Stahlwerken besser zu nutzen. Dafür entwickelten sie ein biotechnologisches Fermentierungsverfahren, das die kohlenstoffreichen Abgase in interessante Chemikalien verwandelt. 

Bakterien verputzen Abgase

Die Forscher nutzen sogenanntes Synthesegas - ein Mix aus Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff - um damit Mikroben zu füttern. Der Stoffwechsel von Bakterienstämmen der Gattung Clostridium wurden mit Methoden der Synthetischen Biologie so umfunktioniert, dass sie das Abgasgemisch nun verwerten können. So fermentieren die Zellfabriken die Stahlwerkabgase zu Alkoholen wie Butanol oder Hexanol sowie Aceton. Die Produkte werden in weiteren chemisch-physikalischen Schritten noch weiter umgewandelt, bis ein Zwischenprodukt aus längerkettigen Alkoholen und Ketonen entsteht. Dieses Zwischenprodukt eignet sich, um daraus Kerosin und Spezialchemikalien herzustellen. „Allein die Mengen an Kohlenstoff, welche in Form von Kohlendioxid aus den Duisburger Stahlwerken rauchen, würden aus unserer Sicht ausreichen, um den kompletten Kerosinbedarf einer großen Airline zu decken“, so Stefan Jennewein vom Fraunhofer IME in Aachen, der das Projekt koordiniert.

Weitere Anwendung im Blick

Dass tatsächlich Flugzeuge damit angetrieben werden, davon sind die Wissenschaftler noch ein ganzes Stück entfernt. Noch funktioniert das Verfahren nur im Labor. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, welche Möglichkeiten die neue Verwertungsmethode mit sich bringt. „Neben den Abgasen der Stahlherstellung können auch Synthesegas-ähnliche Gasgemische aus der Haus- und Industriemüll-Verbrennung für das entwickelte Verfahren genutzt werden“, so Jennewein weiter. An dem Projekt sind die neben dem Fraunhofer IME in Aachen auch die Frauenhofer-Institute für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen und für Chemische Technologie ICT in Pfinztal beteiligt.

Ersatz für Erdöl

Die IME-Forscher haben die molekularbiologische Seite des Verfahrens entwickelt und ihre Synthesegas-Fermentationsanlage ausgebaut. Am Oberhauserer UMSICHT wurde die noch restwasserhaltigen Fermentationsprodukte zu dem Zwischenprodukt umgewandelt. Daraus konnten die Forscher der Abteilung Umweltengineering am ICT schließlich Spezialchemikalien gewinnen. „Die von uns künstlich hergestellten Produkte können sowohl als Kraftstoffe als auch für Spezialchemikalien eingesetzt werden. Genau wie das bislang mit Erdöl als Rohstoffquelle funktioniert“, erklärt Jennewein. Nach dem Erfolg im Labor will das Fraunhofer-Trio zeigen, dass ihre neue Technologie auch für größere Mengen geeignet ist. „Unser Ziel ist es, die Kraftstoffe für Zertifizierungsprozesse anzumelden. Dort wird ihre Praxistauglichkeit von offizieller Seite bestätigt. Das dauert für Fahrzeugdiesel etwa ein und für Kerosin etwa drei Jahre", sagt Jennewein.

Produkte aus dem Biokunststoff Polymilchsäure (PLA) haben in der Verpackungsindustrie und bei Herstellern von Kinderspielzeug schon länger ihren Platz gefunden. Wegen der leichten Verformbarkeit  ist der Einsatz des biologisch abbaubaren Materials jedoch begrenzt. Das könnte sich aber bald ändern. Fraunhofer-Forscher aus Potsdam haben gemeinsam mit Partnern aus der Kunststoffbranche zwei neue Typen von PLA entwickelt, die hitzebeständiger und äußert stabil sind. Im Chemieunterricht könnten Molekül-Modelle aus dem neuen Biokunststoff als innovatives Anschauungsmaterial dienen.

Folien, Dosen, Jogurtbecher, Flaschen oder Bauklötzchen für Kinder werden schon länger aus Polymilchsäure hergestellt. Doch das biologisch abbaubare Material hat einen Nachteil: schon ab 60 °C verändert Polylactat (PLA) seine ursprüngliche Form. Der Grund für die relativ geringe Wärmebeständigkeit liegt in der Zusammensetzung von rechts- und linksdrehenden Milchsäureeinheiten. PLA besteht danach bis zu 98 Prozent aus rechtsdrehenden Milchsäuremolekülen, wie sie auch in Jogurt zu finden sind. Der Rest sind linksdrehende Einheiten, die zufällig über die Ketten verteilt sind.

Milchsäureeinheiten neu verknüpft

Gemeinsam mit drei Unternehmen aus der Kunststoffbranche haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm das Problem gelöst. In einem vom Land Brandenburg und der EU geförderten Projekt entwickelten die Wissenschaftler mit der Uhde Inventa-Fischer aus Berlin zwei völlig neue PLA-Typen des Biokunststoffes.  „Wir haben Milchsäureeinheiten auf neuartige Weise miteinander verknüpft“, erklärt Polymerforscherin Antje Lieske. Abhängig von der jeweiligen Zusammensetzung entstanden so die Typen c-PLA  und sb-PLA. C-PLA besteht danach zu 100 Prozent aus rechtsdrehenden Milchsäureeinheiten, während sb-PLA aus zwei Sorten Perlenschnüren besteht, die entweder 100 Perlen rechts- oder 100 Perlen linksdrehender Milchsäureeinheiten umfassen. „Die beiden Schnüre sind immer abwechselnd miteinander verbunden“, sagt Lieske.

Molekül-Baustein als Testobjekt

In einem weiteren Schritt wurden die zwei neuen Polymilchsäure-Kandidaten in Forst bei der Firma Linotech durch spezielle Zusätze schlagzäh gemacht, also abgehärtet. »Dieser Schritt ist sehr wichtig, damit das PLA-Produkt auch sehr hohen mechanischen Belastungen standhalten kann“, erklärt Geschäftsführer Cord Grashorn. Bei der Hesco GmbH in Luckenwalde wurde schließlich aus beiden neuen PLA-Typen ein erstes Objekt hergestellt: ein Schwefelmolekül für einen Chemiebaukasten. Der abschließende Test ergab: beide Typen sind bis 75°C bzw. 90°C formstabil und kristallisieren schneller als herkömmliches PLA. Das sb-PLA lässt sich zudem fast genau so verarbeiten wie der herkömmliche erdölbasierte Kunststoff Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS). Trotz des Erfolgs - noch ist das neue PLA-Material in der Herstellung teuer. Als nächstes sollen daher das Spritzgießverfahren verbessert und die Produktion von sb-PLA stark vereinfacht werden.

Haustiere haben in der Regel einen Namen. Dass die Namensgebung auch in der Nutztierhaltung funktioniert, haben Forscher vom Leibniz-Institut für Nutztierhaltung jetzt bei Schweinen bewiesen.  In der Experimentieranlage in Dummersdorf wurden Sauen mit jeweils eigenen Namen vertraut gemacht und marschierten erst nach namentlichem Aufruf zum Futtertrog. Diese Art der Fütterung vermeidet Stress und soll bald schon in bundesdeutschen Schweineställen Alltag sein. Die Weiterentwicklung des erfolgreich getesteten Aufrufsystems wird mit 253.000 Euro vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert.

Massentierhaltung bedeutet in der Regel Stress für das Tier. Vor allem das Drängeln am Futtertrog sorgt buchstäblich für Chaos im Schweinestall. Aber es geht auch anders. Im  Experimentierstall der Nutztierbiologen vom Dummersdorfer Leibniz-Institut geht es durchaus geordnet und stressfrei zu. Der Grund: Ein Aufrufsystem managt das Leben im Schweinestall. Das heisst: jedes Tier hat einen Namen und hört auf ihn. Nach zwei bis drei Wochen Dressur trotteten die Säue Beate, Susi und Auguste gemächlich nach einander zum Trog, sobald ihr Name aufgerufen wurde. Nun soll das Projekt „Füttern nach Plan“ auch in anderen Ställen Schule machen. „Die bisherigen Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass Technik einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung leisten kann“, so Clemens Neumann vom Bundesminsterium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bei der Übergabe des Förderbescheids. Mit 253.000 Euro wird die Weiterentwicklung des vielversprechenden  Aufrufsystems von der Deutschen Innovationspartnerschaft Agrar (DIP) gefördert.

Weniger Stress am Futtertrog

Zwölf Jahre forschten und testeten die Dummersdorfer Wissenschaftler das neue Verfahren. Sie sind überzeugt: Der namentliche Aufruf von Schweinen zur Fütterung kann erheblich dazu betragen, unerwünschte Stresssituationen am Futtertrog zu verhindern, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und das Tierwohl insgesamt zu verbessern. Bei der Aufruffütterung handelt es sich um die Weiterentwicklung der elektronischen Futterstationen, die zur Versorgung von in Gruppen gehaltener trächtiger Sauen  zum Einsatz kommt. Hier werden bis zu 60 Tiere zentral nacheinander versorgt. Über Ohrmarkentransponder können sich die trächtigen Tiere Futteranteil „abholen“. 

Tiere auf Namen dressiert

„Unsere Weiterentwicklung setzt im Gegensatz dazu auf ein Futtermanagement per Aufruf, das heißt, die Sauen werden mit ihrem Namen zur Futteraufnahme aufgerufen. Das Verfahren der Aufruffütterung basiert auf einer automatisierten Konditionierung der trächtigen Sauen, also dem Training auf einen Namen, das ca. zwei bis drei Wochen dauert“, erläutert der Leiter des Instituts für Verhaltensphysiologie am FBN, Birger Puppe. Hier lernen die Tiere, auf ein individuelles Signal zu reagieren und sich der Futterstation zu nähern. „Der wesentliche Effekt des Aufrufverfahrens ist die Vermeidung von Futterkämpfen in der Sauengruppe sowie das Setzen von Beschäftigungsanreizen“, erklärt der FBN-Projektleiter Christian Manteuffel.

Erste Tests auch im Kuhstall

Vor allem vom Einsatz des  Verfahrens  bei der Haltung von großen Tierbeständen rechnen die Forscher mit einem echten Mehrwert für den Halter. „Bei der Aufruffütterung wird dieser Mehrwert durch die Möglichkeit geschaffen, mit gesünderen Tieren länger arbeiten zu können. Die Langlebigkeit der Sauen wird dadurch für die Halter zu einem Faktor von direktem wirtschaftlichem Interesse“, so Manteuffel.  Die  Rostocker pironex GmbH wird im Rahmen des Projektes das Aufrufsystem zu einem kostengünstigen Seriengerät fertigen. Das System wird auch bei der Haltung von Kühen erprobt.

Bäume und Sträucher auf Ackerflächen oder Weideland sind charakteristisch für sogenannte Agroforstsysteme. Diese Art der mehrschichtigen Landnutzung ist zwar nicht neu. In Mitteleuropa gilt Frankreich als Vorreiter. Dagegen steckt Deutschland noch im Versuchsstadium fest. Ob diese Form der Landwirtschaft nachhaltig ist und welche Folgen diese auf den Boden haben, ist für Deutschland noch nicht systematisch untersucht. Diese Lücke wollen Göttinger Bodenforscher nun in einem neuen Projekt schließen. Drei Millionen Euro stellt das Bundesforschungsministerium dafür bereit.

Grüne Pappeln oder Sträucher durchziehen in mehreren Reihen das Getreidefeld. Während der Mähdrescher die goldenen Ähren jedes Jahr abmäht, bleiben Bäume und Hecken noch Jahre stehen. Die Kombination von Gehölzen mit landwirtschaftlicher Nutzung wird seit rund 30 Jahren in Ländern mit gemäßigtem Klima sowie am Mittelmeer praktiziert. Der Vorteil dieser multifunktionalen Landnutzung: Im Vergleich zu Monokulturen kann unter einer agroforstlichen Bewirtschaftung durch eine verbesserte Ausnutzung von Nährstoffen und Wasser ein Mehrertrag von bis zu 40 Prozent erzielt werden. Bäume und Sträucher dienen zudem als Windschutz und Schattenspender sowie als Wasser- und Erosionsschutz.

Basis für Agrofortstwirtschaft in Deutschland schaffen

In Deutschland ist die Agroforstwirtschaft jedoch noch nicht verbreitet, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, weil der Nutzen für hiesige Verhältnisse noch nicht ausreichend untersucht ist. Mit dem neuen Verbundbprojekt „Sustainable intensification of agriculture through agroforestry (SIGNAL)“ unter Federführung der Universität Göttingen soll diese Lücke nun geschlossen werden.

Millionen für Verbundprojekt

In den nächsten drei Jahren werden neue, speziell an die Bedürfnisse mitteleuropäischer Regionen angepasste agroforstliche Anbausysteme untersucht, die der herkömmlichen Landwirtschaft sowohl ökonomisch als auch ökologisch überlegen sind. Das Projekt wird im Rahmen des Programms „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,7 Mio. Euro gefördert. Koordiniert wird das Vorhaben von Bodenforschern an der Universität Göttingen.

Kurzumtriebsplantagen auf den Grund gehen

Dafür werden die Wissenschaftler vier Acker- und drei Grünlandflächen im nord-ostdeutschen Raum ins Visier nehmen, auf denen so genannte Kurzumtriebsplantagen mit Pappeln und Weiden zur Gewinnung von Energieholz angebaut wurden. Bundesweit gibt es vier Agroforstflächen, die zu Versuchszwecken genutzt werden -  in der Thüringer Ackerebene, dem Rekultivierungsgebiet Lausitz und den Regionen Braunschweig und Göttingen. „Bislang fehlt es an einer systematisch vergleichbaren und längerfristigen Auswertung mit Blick auf die Ressource Boden. Deshalb bringen wir die Forscherteams, die an diesen Standorten bereits wertvolle Ergebnisse erarbeitet haben, erstmals in einem sorgfältig geplanten und abgestimmten Verbundprojekt mit einheitlichem experimentellem Design zusammen“, so Edzo Veldkamp von der Universität Göttingen, Sprecher des Verbundprojekts SIGNAL.

Welche Faktoren beeinflussen das Pflanzenwachstum? Antworten auf diese Fragen liefern neben dem Blick ins Erbgut von Nutzpflanzen vor allem Untersuchungen ihrer Gestalt und ihrer unmittelbaren Umgebung. Pflanzen vor Ort auf dem Acker vermessen, das ist jedoch noch immer sehr aufwendig. Bald schon könnte diese zeitintensive Arbeit ein Hightech-Fahrzeug übernehmen, das jetzt seinen ersten Feldtest erfolgreich bestanden hat. Die im Rahmen des Projektes PredBreed von verschiedenen Partnern entwickelte selbstfahrende Messplattform beruht auf einem ausgeklügelten Sensorsystem, das Daten erfasst, kombiniert und auswertet und somit eine wissensbasierte Züchtung verschiedenster Kulturarten erleichtern soll. Die Phänotypisierungsplattform namens BreedVision soll zunächst zur Züchtung einer Getreideart als Energiepflanze eingesetzt werden. Das Projekt wurde vom  Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Die hochgelegte Messstation ähnelt einem Traktor. Doch das vierrädrige Gefährt hat mehr als herkömmliche Agrarmaschinen zu bieten: Es ist ausgestattet mit hochsensibler und modernster Technik und kommt gänzlich ohne Fahrer aus. Bei „BreedVison“ handelt es sich eine Phänotypisierungsplattform, die bisher weltweit einmalig ist. Das Besondere: Mithilfe eines neuartigen Sensorsystems wird eine schnelle, nicht-invasive und präzise Phänotypisierung von Pflanzen im Feld möglich. Die Weltneuheit wurde im Rahmen des vom BMEL geförderten Projektes Predbreed seit 2012 von verschiedenen Partnern entwickelt. Daran beteiligt waren die Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim, die Hochschule Osnabrück sowie die Unternehmen, Saatzucht Dr. Hege und HYBRO Saatzucht, Nordsaat Saatzucht und W. von Borries-Eckendorf der Saaten Union Gruppe. Koordinator des Forschungsprojektes war die Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. (GFPi)

Präzise Vorhersage mit sensorbasierten Messdaten

Im Zusammenhang mit der Zucht von Pflanzen zur Biomasseproduktion sind exakte Messdaten Voraussetzung, um das Verfahren wirtschaftlich zu machen. Mit Breedvision haben die Wissenschaftler nun eine Präzisionsphänotypisierungsplattform entwickelt, die den Phänotyp verschiedener Zuchtstämme im Feldversuch zerstörungsfrei erfassen kann. Dafür entwickelten sie einen Multifunktions-Geräteträger mit zahlreichen Sensoren, die sowohl morphologische als auch Daten zu den Inhaltsstoffen der Pflanzen erheben können.

Rückschlüsse zum Feuchte- und Trockengehalt der Pflanze

So erstellen Lichtgitter eine Art Schattenbild der Parzellen, aus denen sich indirekt die Pflanzenhöhe und -dichte bestimmen lässt, und mit einer Hyperspektralkamera kann man über den Feuchtegehalt der Pflanzen Rückschlüsse auf deren Trockenmassegehalt ziehen. Weitere verwendete Sensortypen sind u.a. Laserdistanzsensoren, Time-of-flight-Kameras und Multireflex-Ultraschallsensoren. Die Innovation liegt jedoch in der Bündelung der Sensordaten, die jeweils mit einem Zeit- und Positionsstempel versehen sind und so zur Vorhersage von Zielmerkmalen wie den Jahreeffekt genutzt werden.

Triticale als neue Energiepflanze nutzen

Das Projekt PredBreed wird darüberhinaus auch einen Beitrag zur Entwicklung eines Zuchtprogramms für die relativ neue Getreideart Triticale - eine Kreuzung aus Weizen und Roggen – als Energiepflanze leisten. Hierfür wollen die Wissenschaftler das Potenzial der genomischen Selektion zur Vorhersage der Biomasse erforschen und bis 2017 eine Trainings- und eine Validierungspopulation mit über 1.000 Bioenergie-Triticale-Zuchtstämmen aufbauen und diese mit genomweiten molekularen Markern genotypisieren. Kombiniert mit den mittels der Phänotypisierungsplattform erhobenen Daten können dann biometrische Modelle getestet werden, die es erlauben, den Zuchtwert der Triticale-Zuchtstämme zu schätzen, um diese zukünftig anhand der genotypischen Daten frühzeitig selektieren zu können.

Durch Domestikation wurden Wildpflanzen in kultivierbare Formen verwandelt. Durch diese Anfänge der Züchtung wurde der Ackerbau und Sesshaftigkeit möglich. Das geschah vor etwa 10.000 Jahren im Nahen Osten – dem sogenannten fruchtbaren Halbmond, einer Region, die sich sichelförmig von Israel über Syrien, die Südosttürkei bis in den Nordirak und -iran erstreckt. Hier wurden unsere heutigen Getreidearten aus Wildgräsern gezüchtet. Allen voran die Gerste. Ein internationales Wissenschaftlerteam unter Leitung japanischer Forscher und unter maßgeblicher Beteiligung von Forschern des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, hat nun die molekulargenetischen Grundlagen des wichtigsten Domestikationsmerkmals der Gerste – die Spindelfestigkeit – aufklären können. Die Forscher berichten im Fachjournal Cell (2015, Bd. 162, S.527).

Die Wildform der Gerste ist bei der Ausbreitung ihrer Nachkommenschaft darauf angewiesen, dass die Ähre zum Zeitpunkt der Samenreife auseinander fällt und dadurch alle Körner unabhängig voneinander verbreitet werden können. Dieses Merkmal macht eine effiziente Ernte des Korns allerdings unmöglich. Seit Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung der Gerste wurde daher Saatgut von Pflanzen, die eine stabile Ährenachse aufwiesen, bevorzugt. Auf diese Weise wurde die Urform der Kulturgerste mit einer entsprechend höheren Spindelfestigkeit domestiziert.

Begehrtes Merkmal: eine stabile Ährenachse

In Cell berichten die Forscher, dass zwei chromosomal eng benachbarte Gene unabhängig voneinander durch spontane genetische Veränderung (Mutation) ihre Wirkung verloren, wodurch eine stabile Ährenachse ausgebildet wird. Das Team von Jochen Kumlehn konnte durch Hinzufügen nichtmutierter Genvarianten aus Wildgerste in eine heutige Kulturgerste den Beweis dafür führen. Für eines dieser beiden Gene wurde die ursprüngliche, nichtmutierte Variante in einer Wildgerstenpopulation aus Israel identifiziert, womit der wahrscheinliche Ursprungsort der Domestikation der Gerste eingegrenzt werden konnte. Jedes der beiden identifizierten Gene bewirkt in reinerbig mutierter Form einen Verlust der Ährenspindelbrüchigkeit. Interessanterweise kam es durch die Ausbreitung des Ackerbaus nach Westen (Europa) bzw. Osten (Asien) zu einer Auftrennung von Kulturformen deren Ährenfestigkeit entweder auf dem einen oder dem anderen Gen beruht.

Erklärung für spindelbrüchige Nachkommen in heutigen Züchtungen

„Deshalb“, so Nils Stein „kommt es heutzutage in der Pflanzenzüchtung durchaus vor, dass bei der Kreuzung west-europäischer Gerstensorten mit solchen aus Ostasien spindelbrüchige Nachkommenschaften entstehen“.Diese bahnbrechenden Ergebnisse des internationalen Forscherteams helfen,  die Domestikationsgeschichte unserer heutigen Getreidearten besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage ist es etwa möglich, zu untersuchen ob in den anderen, nahe verwandten Getreidearten Weizen und Roggen dieselben Gene eine Veränderung durchliefen oder andere Faktoren an der Herausbildung der Spindelfestigkeit beteiligt waren