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Gibt es nicht starke Unterschiede in den jährlichen Wachstumsraten der Bioökonomie in den diversen Regionen weltweit? Mein Eindruck aus eigenen Erfahrungen ist, dass Deutschland noch erhebliches Aufholpotential hat. Wo sehen Sie die Hauptgründe dafür und welche Maßnahmen wären nötig?

Dr. Jürgen Eck, CEO BRAIN AG: Während frühere Wirtschaftszyklen nahezu ausnahmslos durch Rohstoffe und entsprechend die Rohstoffinhaber determiniert wurden, so ist einer der wichtigsten Treiber einer modernen und wissensbasierten Bioökonomie die Technologie und die zur Etablierung neuer Produktionsprozesse und neuer Produkte notwendige Forschung & Entwicklung. Europa und Deutschland sind hinsichtlich F&E für die Bioökonomie gut aufgestellt, hier kommt uns der Ideenreichtum gerade der Verbünde aus universitärer, ausseruniversitärer und industrieller F&E zu gute. Ein Indikator dafür ist das Wachstum der Biotechnologiebranche – die zentrale Innovationskraft der Bioökonomie.

Gegenüber Nordamerika und Asien muss sich Europa jedoch anstrengen, den Anschluss nicht zu verlieren, denn gerade die Skalierung neuer Produktionsprozesse und die Implementierung neuer Produkte ist kapitalintensiv. So ist ein bedeutender Innovationsvorteil für Nordamerika und Teile Asiens bessere Rahmenbedingungen für Wachstumsfinanzierungen. In Nordamerika zum Beispiel ist die Bereitschaft, Risikokapital in die Biotechnologie zu investieren, wesentlich höher. Dabei geht es nicht nur um Seed-Kapital für StartUps. Es geht vor allem auch um umfangreichere Anschlussfinanzierungen, um im Labor etablierte Prozesse in industrie- und damit marktrelevante Größenordnungen überführen zu können.

Allein in der US-Region Boston, wo herausragende Institutionen wie das MIT angesiedelt sind, werden jedes Jahr mehr als 5 Milliarden Euro Wagniskapital in die Biotechnologiebranche investiert – in Deutschland kamen wir 2016 auf etwa 210 Millionen Euro. Hier gibt es erhebliches Aufholpotenzial. Unser Ziel muss sein, weiterhin eine führende Position in der F&E einzunehmen, aber zugleich auch eine Implementierung der neuen Verfahren und Produkte im Wirtschaftssystem in Deutschland und Europa zu erreichen.

Was ist mit Suffizenz? Muss ein gesellschaftlicher Wandel nicht auch dazu führen, dass Verzicht cool wird und weniger Verbrauch ein Ziel sein kann?

Tobias Kümmerle, Humboldt-Universität Berlin: Viele der großen Nachhaltigkeitsfragen unserer Zeit können nur mit Hilfe tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen dauerhaft gelöst werden. Dies schließt selbstverständlich auch das Hinterfragen und die Änderung von Konsumverhalten mit ein. Wenn wir Ressourcen nicht effizienter nutzen und vor allem pro Kopf weniger Ressourcen verbrauchen, wird es nicht möglich werden das globalen Artensterbens zu stoppen, den Klimawandel substantiell zu mindern oder Nahrung für eine weiterhin wachsende Weltbevölkerung zu sichern. Dieser gesellschaftliche Wandel sollte auf allen Ebenen vorangetrieben werden – jeder kann heute anfangen! Sicherlich ist jedoch vor allem auch die Politik gefragt entsprechende Anreize zum Verzicht, beispielsweise beim Fleischkonsum, oder zur Langlebigkeit von Produkten zu schaffen.

Ein gesellschaftlicher Wandel für eine nachhaltige Bioökonomie erfordert die Beteiligung aller gesellschaftlicher Gruppen. Was genau soll/kann der Beitrag der öffentlich geförderten Forschung sein?

Tobias Kümmerle: Die öffentlich geförderte Forschung stellt ein wichtiges Instrument dar um Wissenslücke zu schließen, welche nicht in direktem Zusammenhang mit wirtschaftlich direkt verwertbaren Produkten und Innovationen stehen. Dies betrifft vor allem auch die vielfältigen und oftmals komplexen Effekte bioökonomischen Handles, die Erfassung oftmals externalisierter Umweltauswirkungen oder der Analyse systemischer Zusammenhänge, welche aus der Sicht einzelner Sektoren nur schwer zu analysieren sind.

Überfrachten wir die Bioökonomie? Braucht es nicht umfassendere Aktivitäten, die zwar zu ihr beitragen, aber eigentlich extern liegen? (z.B. bewusst machen der Konsequenz unseres Konsums; Internalisierung von Kosten allgemein; neue Formen der Entwicklungszusammenarbeit; Capacity Building; Bildung)

Tobias Kümmerle:  Auch wenn es manchmal kompliziert wird: die Bioökonomie sollte sich nicht auf die Erforschung neuer Technologien zurückziehen. Die vielfältigen Aus- und Wechselwirkungen bioökonomischer Verfahren auf Umwelt und Gesellschaft sollten immer im Zentrum der bioökonomischen Forschung und Anwendung stehen. Nur so lassen sich systemische Zusammenhänge aufdecken, Überraschungen vermeiden und Potentiale zur Lösung von Nachhaltigkeitsfragen optimal nutzen.

Als Basis von Informationsveranstaltungen gibt es meiner Meinung nach Wissenslücken über systemische Zusammenhänge. Wir sollten Fehler, die bei der Bioenergie gemacht wurden vermeiden.

Tobias Kümmerle: Systemische Zusammenhänge sind in der Tat noch nicht ausreichend erforscht. Dies betrifft beispielsweise die Frage wie sich Zielkonflikte über Skalen verhalten, welche Wechselwirkungen zwischen Biodiversität und Landnutzung bestehen oder wie sich indirekter Landnutzungswandel vermeiden lässt. Gleichzeitig wird bestehendes Wissen über systemische Zusammenhänge, zum Beispiel wie Fleischkonsum oder Agrarsubventionen in Deutschland sich auf Umwelt und Gesellschaft in Südamerika auswirken, zu selten kommuniziert (und beherzigt).

Jubel bei den Umwelt- und Verbraucherverbänden, große Ernüchterung bei Forschern und Unternehmern: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute ein lang erwartetes Urteil gesprochen zur Regulierung von Nutzpflanzen, die mit neuen molekularen Züchtungstechniken entstanden sind.
 
Demnach sind sämtliche durch Mutagenese gewonnene Organismen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und fallen grundsätzlich unter die strenge Regulierung der europäischen Freisetzungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen (GVO-Richtlinie). Das gilt auch für die gezielte Mutagenese durch die neue Genomschere namens CRISPR-Cas und andere Werkzeuge des sogenannten Genome Editing, mit denen sich das Erbgut von Organismen viel gezielter als bisher verändern und bearbeiten lässt. Die Anwendung der neuen Mutagenese-Verfahren birgt nach Ansicht des EuGH vergleichbare Risiken wie die Erzeugung transgener Pflanzen, bei denen fremde Erbsubstanz ins Genom von Organismen eingeschleust wird. Diese neuen Züchtungsverfahren von der Gentechnik-Regulierung auszunehmen, laufe dem Vorsorgeprinzip zuwider.

Eine Ausnahme gelte indes für klassische Mutagenese-Verfahren – etwa ionisierende Strahlung oder erbgutverändernde Chemikalien – ihre Anwendung gelte seit Langem als sicher, so das Gericht. Den Mitgliedstaaten stehe „es allerdings frei, derartige Organismen (...) den in der GVO-Richtlinie vorgesehen Verpflichtungen zu unterwerfen“. Damit ist aus Sicht des EuGH der Einsatz von CRISPR-Cas in Pflanzen eine gentechnische Veränderung und deshalb müssen alle mit dieser Methode gezüchteten Pflanzen entsprechend der GVO-Richtlinie gekennzeichnet und reguliert werden. Über die Definition von "gentechnisch veränderten Organismen" war durch das Aufkommen der Genome-Editing-Methoden in den vergangenen Jahren in Wissenschaft und Regulierungsbehörden viel diskutiert worden.

Gemischte Reaktionen aus der Politik

Das für viele überraschende Urteil löste in Politik, Wirtschaft und bei den Umwelt- und Verbänden sehr gemischte Reaktionen aus. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagte, als Forschungsministerin hätte sie sich ein forschungsfreundlicheres Urteil gewünscht. „Nun wird es darauf ankommen, dass die Anwendung des Gentechnikrechtes künftig nicht dazu führt, die moderne Pflanzenzüchtungsforschung in Deutschland und Europa vollständig zum Erliegen zu bringen“, so die Ministerin. Innovative Pflanzenzüchtungen seien notwendig, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner betonte, es sei nun wichtig, das Urteil des EuGH sorgfältig auszuwerten. Der Verbraucherschutz habe Vorrang. „Gleichzeitig will ich den Blick für Entwicklungen und Innovationen offen halten“, sagte Klöckner. Vielerorts würden neue Züchtungstechnologien bereits angewandt oder seien unerlässlich, um für eine ausreichende Versorgung beispielsweise mit Getreide zu sorgen. Klöckner wies in ihrem Statement auf die Auswirkungen des EuGH-Urteils auf internationaler Ebene hin. Denn während nun mit neuen Züchtungstechniken gewonnene Pflanzen in bestimmten Ländern außerhalb der EU dereguliert sind, benötigen sie in der EU eine Zulassung nach dem Gentechnikrecht. „Das ist ein Flickenteppich an Regelungen, den die Europäische Kommission zusammensetzen muss.“ Bundesumweltministerin Svenja Schulze nannte das Urteil eine gute Nachricht, da der Schutz von Umwelt und Gesundheit auch bei der neuen Gentechnik höchste Priorität habe. "Jetzt haben wir endlich die notwendige Rechtssicherheit."

The ruling of the European Court of Justice (ECJ) regarding the regulation of crops created with new molecular and genome-editing breeding techniques was announced yesterday, July 25th, in Luxembourg. The long-awaited decision was met with cheers by environmental groups and consumer organisations, but caused disillusionment and lack of understanding among researchers and entrepreneurs

According to the verdict, all organisms generated by mutagenesis are genetically modified organisms (GMOs) and are thus generally subject to the strict regulation of the European directive for genetically modified organisms (GMO Directive). This includes the targeted mutagenesis by the new tool CRISPR-Cas and other so-called genome editing tools that allow for a much more targeted modification of the genome than previous techniques.

Yet, in the view of the ECJ, the application of the new methods involves similar risks as the methods resulting in transgenic plants in which foreign genetic material is introduced into the genome of the organisms. Hence, their reasoning: Exempting the new breeding methods from genetic engineering regulation would not be compatible with the precautionary principle.

An exception, however, still applies to classical mutagenesis methods – such as ionizing radiation or mutagenic chemicals – their application has long been studied and used and is thus considered safe. However, the court also stated that Member States are "free to subject such organisms (...) to the obligations laid down in the GMO Directive". Thus, according to the ECJ, the use of CRISPR-Cas in plants is a genetic modification and therefore all plants bred using this method must be labeled and regulated in accordance with the GMO Directive. There has been a heated debate surrounding the definition of "genetically modified organisms" among scientists and regulators in recent years, especially since the advent of the CRISPR-Cas toolkit. 

Mixed reactions from politics 

The surprising verdict was met with mixed reactions from politics, economics and environmental associations. Federal Research Minister Anja Karliczek said that as research minister she would have preferred a more research-friendly judgment. "Now it will be important that the application of genetic engineering law does not impede modern plant breeding research in Germany and Europe," said the Minister. Innovative plant breeding methods and tools are necessary to meet the challenges of climate change. 

Federal Minister for Agriculture Julia Klöckner stressed the importance of carefully evaluating the judgment of the ECJ. Consumer protection is priority. "At the same time, I want to keep my eye open for developments and innovations," Klöckner said. In many countries, new breeding technologies are already in place and are indispensable to ensure adequate supplies of grain, for example. In her statement, Klöckner pointed to the impact of the ECJ ruling on an international level. While plants generated via new breeding techniques are deregulated in certain countries outside the EU, they require approval in the EU according to the Genetic Engineering Law. "This is a patchwork of regulations, which the European Commission now has to combine." Federal Environment Minister Svenja Schulze called the verdict good news, since the protection of the environment and health is a top priority. "Now we finally have the necessary legal clarification."

Scientists are disappointed 

The President of the National Academy of Sciences Leopoldina Jörg Hacker demonstrated disappointment concerning the verdict from Luxembourg: "The ECJ ruling points in a different direction than the one that the National Academy of Sciences Leopoldina and numerous other research institutions have long proposed: not the breeding process should be decisive for the legislator, but the product." Especially for many smaller biotech companies that were working towards bringing CRISPR-Cas-engineered drought-tolerant plant varieties to the market, this judgment could be detrimetal. 

Industry warns of international disadvantages

The Federal Association of German Plant Breeders (BDP) described the judgment as a step backwards for agriculture and society. "In its ruling, the ECJ ignores the scientific assessment of experts from European and national authorities, according to which plants that do not differ from classically bred ones should not be classified as GMOs," said BDP chairman Stephanie Franck. The association also referred to the unanswered question of how to deal with imported products from abroad that were created using the new breeding methods. The President of the German Farmers' Association, Joachim Rukwied, also criticized the verdict: "Europe is in danger of missing out on connecting with other regions of the world. This judgment prevents us to employ the necessary tools and possibilities to master the challenges of climate change regarding plant breeding. The EU genetic engineering law now has to be reviewed and assessed concerning its future viability to take advantage of the opportunities offered by the new breeding methods." 

The industry associations expressed similar consternation. Peter Heinrich, CEO of the biotech industry association BIO Deutschland said: "What is important is whether the organism could have been created naturally and whether the precautionary principle is respected, and not how it came to be." Managing Director of BIO Deutschland Viola Bronsema additionally referred to the already used and approved but substantially more error-prone breeding methods that use chemicals or ionizing radiation. "Therefore it is very unfortunate and even incomprehensible that the ECJ has decided to exclude these procedures (CRISPR-Cas) from the mutagenesis exception."

According to the German Industry Association for Biotechnology (DIB), the ECJ ruling and its sweeping extension of the European GMO Directive blocks the enormous potential for innovation provided by genome editing. DIB CEO Ricardo Gent said: "The verdict is very bad news for plant breeders, drug researchers and bio-based chemicals manufacturers. Highly innovative methods such as Crispr-Cas are over-regulated without any scientific justification.” Germany and Europe would thus fall behind all countries such as China, the United States and Russia when it comes to expertise in biotechnology.

Consumer and environmental organisations support ECJ ruling 

In contrast, environmental and consumer associations were highly satisfied with the verdict: "In its judgment, Europe's highest court confirms the position of environmental and consumer protectionists, independent scientists and GMO-free companies," said Hubert Weiger, chairman of the Federation for the Environment and Nature Conservation (BUND). Moreover, now, politicians need to act: "The Federal Government has promised in its coalition agreement that it guarantees freedom of choice for consumers with respect to genetic engineering and the resulting crops," Weiger said. The biotech-critical consulting firm Testbiotech also welcomed the verdict. According to them, obvious differences between conventional breeding and the new genetic engineering techniques could be demonstrated in the resulting plants, beven if no additional genes were inserted.

jmr/pg

Phosphor ist ein essenzieller Bestandteil aller lebenden Organismen. Ohne das Element würde weder der Energiehaushalt in Zellen aufrechterhalten werden können, noch wäre beispielsweise die Zellteilung möglich. Besonders in der Landwirtschaft wird mit Phosphor in Form von Phosphat gedüngt, um das Pflanzenwachstum zu unterstützen. Die Vorräte an mineralischem Lagerstätten-Phosphat werden jedoch immer knapper und werden in wenigen hundert Jahren aufgebraucht sein.

Verbundprojekt für nachhaltiges Phosphor-Management

Ein gesunder und ausreichend mit Nährstoffen versorgter Boden ist wichtig für eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung. Deshalb hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter anderem die Förderinitiative „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ ins Leben gerufen. Als Teil der Bodenforschungs-Initiative befassen sich Wissenschaftler aus Rostock, Braunschweig, Jülich, Cottbus und München in dem Verbundprojekt „InnoSoilPhos“ mit der Frage, wie Phosphor als knappe Ressource effizienter genutzt und neue Phosphorquellen erschlossen werden können. Das Verbundprojekt wurde vom BMBF von 2015 bis 2018 mit rund 2,3 Mio. Euro gefördert.

Koordinator des Verbundes ist Peter Leinweber, Professor für Bodenkunde an der Universität Rostock. „Die Nutzungseffizienz von Phosphor muss dringend verbessert werden“ betont Leinweber. „Die Landwirtschaft ist der größte Verbraucher von Phosphor, doch nur ein kleiner Teil davon kommt letztlich auf unserem Teller an. Auf dem Feld wie in der Viehhaltung kommt es hier zu großen Phosphor-Verlusten, die diffus in die Umwelt verteilt werden und so beispielsweise zur Gewässereutrophierung beitragen.“

Phosphornutzung: Von der atomaren bis zur gesellschaftlichen Ebene

Um diese komplexe Fragestellung zu bearbeiten, untersuchten die Wissenschaftler verschiedene Aspekte: „Unser Ansatz war es, die Phosphorproblematik auf allen möglichen Skalenebenen zu untersuchen – von der atomaren Ebene hin bis zur gesellschaftlichen“, sagt Leinweber.

Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) haben hierfür die molekularen und chemischen Grundlagen der Phosphorbindungs- und Lösungsvorgänge mit experimentellen Ansätzen ins Visier genommen. Wie sich Phosphor auf atomarer Ebene im Boden verhält, untersucht die Arbeitsgruppe für Theoretische und Molekülphysik der Universität Rostock. Hier interessiert die Wissenschaftler vor allem die Bindung von Phosphor und Phosphorverbindungen an Bodenbestandteile. Zudem haben die Physiker untersucht, wie diese Verbindungen aufgebrochen und das Phosphat somit den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden kann.

Münchner Forscher von der Technischen Universität und dem Helmholtz Zentrum haben außerdem analysiert, wie Mikroorganismen Phosphat im Boden aufschließen können. „Die Kollegen haben die genetischen Grundlagen der Phosphatmobilisierung in verschiedenen Mikroorganismen entschlüsselt. Sie haben aufgedeckt, unter welchen Bedingungen Gene für die Phosphatmobilisierung und den Phosphattransport aktiv werden“, so Leinweber. Das Ziel: Diese Aktivierung soll in Zukunft gezielt gesteuert und in der Landwirtschaft zum Einsatz gebracht werden können. Für die Phosphatmobilisierung aus dem Unterboden arbeiten die Bodenforscher auch mit Wissenschaftlern eines weiteren BonaRes-Projektes namens Soil3 zusammen. Hier geht es darum, die Nährstoff- und Wasserressourcen im tiefgelegenen Unterboden der Äcker für Pflanzenwurzeln besser zugänglich machen.

Inokulate und Pflanzen-Mikroben-Gemeinschaften

Wie können Pflanzen von einem verbesserten Phosphor-Angebot profitieren? Dieser Frage geht das Team um Leinweber nach. Dazu führen die Forscher Experimente in Laborgefäßen und auf kleinen Parzellen im Feld durch. „Wir haben Inokulate, also Lösungen mit Phosphat-mobilisierenden Mikroorganismen hergestellt, die wir auf die Pflanzen und den Boden gegeben haben“, erläutert Leinweber. Hierfür wurden zuvor Pilze und Bakterienstämme aus Bodenproben isoliert, deren Nützlichkeit im Hinblick auf die Phosphatmobilisierung bereits bekannt war. „Wir haben außerdem untersucht, bei welchen Kulturpflanzen diese Pilze und Bakterien bereits besonders häufig angesiedelt sind. Diese Pflanzen werden wir dann als Zwischenfrüchte auf den Äckern einführen, um die Konzentration an Phosphat-mobilisierenden Mikroben im Boden zu erhöhen“, so Leinweber.

Bei der Anwendung dieser beiden Ansätze – Inokulate mit Mikroorganismen oder Anbau von Pflanzen mit hoher Mikrobendichte – entpuppte sich der zweite Ansatz als vielversprechender: „Die Inokulate, die wir auf dem Ackerboden verbreitet haben, haben generell einen relativ geringen Effekt“, sagt Leinweber. Der Bodenforscher vermutet, dass die zusätzlichen Mikroorganismen in dem komplexen Nahrungsnetz des Bodens nicht durchsetzungsfähig genug sind.

Derzeit wird in einem Anschlussprojekt im Rahmen des BonaRes-Projekts untersucht, wie oft die Zwischenfrüchte mit der hohen Mikrobendichte angebaut werden sollten, um eine langfristig verbesserte Phosphatmobilisierung zu ermöglichen und den Phosphor-Bedarf nachfolgender Kulturpflanzen zu decken.

Muttermilch gilt als ideale Nahrung für Säuglinge, weil sie neben Nährstoffen auch reich an natürlichen Gesundmachern wie humane Milchzucker ist, auch humane Oligosaccharide – HMO genannt. Der Jennewein Biotechnologie GmbH ist es vor Jahren gelungen, diese gesunden Zuckermoleküle biotechnologisch mithilfe von Mikroorganismen herzustellen, sodass auch nicht gestillte Kinder gesund ernährt werden können. Seit 2015 stellt das rheinland-pfälzische Biotech-Unternehmen das Zuckermolekül 2‘-Fucosyllactose im Industriemaßstab her. Im November vergangenen Jahres wurde der erste biotechnologisch erzeugte Milchzucker von der Europäischen Kommission als funktioneller Lebensmittelzusatz zugelassen.

Ausbau der Milchzucker-Produktion am Stammsitz

Mit einem Kredit von 15 Mio. Euro von der Europäischen Investitionsbank (EIB) kann das Biotechnologieunternehmen aus Rheinbreitbach seine Erfolgsgeschichte nun weiterschreiben. Mithilfe des frischen Kapitals sollen unter anderem die Produktionskapazitäten am Stammsitz des Unternehmens in Rheinbreitbach erweitert werden. „Mit dem Kredit hat uns die Europäische Investitionsbank ihr Vertrauen geschenkt und die Chance gegeben, den Markt für humane Milch-Oligosaccharide weiterhin zu erobern“, so Gründer und Geschäftsführer der Jennewein GmbH, Stefan Jennewein, Mitte Juli anlässlich der Vertragsunterzeichnung.  

Die Aussichten auf einen Geschäftsbankkredit seien laut Jennewein beschränkt gewesen, da sein Unternehmen in einem neuen und sehr innovativen Marktsegment aktiv sei. „Die EU-Bank unterstützt in Europa zahlreiche Projekte, die von Natur aus risikoreicher sind und daher öfter auf Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzierungen stoßen“, begründet EIB-Präsident Werner Hoyer das Darlehen. 

Jennewein erweitert Forschungskapazitäten

Der Kredit soll aber auch in ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum fließen. Im Juni hatte Jennewein den Mietvertrag für ein etwa 1.000 Quadratmeter großes Grundstück in Bonn-Bad Godesberg unterzeichnet. Auf dem Gelände in der Mildred-Scheel-Straße soll Unternehmensangaben zufolge ein neues R&D Center für Mikrobiom-Forschung und synthetische Designer-Mikroorganismen entstehen. „Der Umzug eines Teils unserer Forschungsabteilung vom Standort Rheinbreitbach nach Bonn wurde durch das starke Wachstum des Unternehmens in den letzten Jahren und der daraus resultierenden Platznot für weitere Forschungsaktivitäten notwendig“, erklärt die stellvertretende Leiterin der Foschungs-und Entwicklungsabteilung bei Jennewein, Katja Parschat. Etwa 3,6 Mio. Euro will Jennewein am Bonner Standort in eine neue Laborausstattung investieren.

mh/bb

Methionin ist eine essentielle Aminosäure, die vor allem in der Tiermast in großem Maßstab eingesetzt wird. Viele in großen Mengen benötigte Aminosäuren werden bereits fermentativ hergestellt – unter anderem vom deutschen Spezialchemiekonzern Evonik. Fermentative Verfahren zur Produktion von Methionin haben sich hingegen noch nicht durchgesetzt. Ein neu entwickeltes, enzymbasiertes Verfahren könnte nun die bisherige petrochemische Produktion ersetze, wie Forscher der Technischen Universität München im Fachjournal „Nature Catalysis" veröffentlicht.

Evonik förderte Forschung zu Methionin-Herstellung

„Ausgehend von der Überlegung, dass Methionin in Mikroorganismen von Enzymen unter Abgabe von CO2 zu Methional abgebaut wird, versuchten wir diesen Prozess umzukehren“, erklärt Arne Skerra, Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Chemie. Mit diesem Konzept hatte sich Skerra an einer 2013 veröffentlichten Ausschreibung des Unternehmens Evonik beteiligt, neue Methionin-Herstellungswege vorzuschlagen. Evonik prämierte die Idee und förderte das Projekt. Die derzeit gängige industrielle Herstellung von Methionin erfolgt in einem 6-stufigen chemischen Prozess aus petrochemischen Ausgangsstoffen, bei der unter anderem hochgiftige Blausäure benötigt wird. Der Biotech-Vorschlag wurde damals auf Rang 3 nach zwei alternativen chemischen Herstellungswegen gesetzt. Nicht ohne Stolz berichtet Skerra gegenüber transkript.de, dass sein enzymatischer Ansatz nun gegenüber den beiden zunächst aussichtsreicher eingeschätzten Methoden zum Erfolg geführt hat. 

Effizienter als Photosynthese 

Die TUM feiert daher die Arbeit ihrer Forscher als „Durchbruch bei industrieller CO2-Nutzung”. In mehrjähriger Arbeit gelang es TUM-Professor Skerra, dem Postdoc Lukas Eisoldt und der Doktorandin Julia Martin, die Reaktion im Labormaßstab bis zu einer Ausbeute von 40% zu verbessern. „Im Vergleich zur komplexen Photosynthese, in der die Natur ebenfalls auf biokatalytischem Wege CO2 als Baustein in Biomoleküle einbaut, ist unser Verfahren hochelegant und einfach“, berichtet Skerra. „Die Photosynthese verwendet 14 Enzyme und hat eine Ausbeute von nur 20%, während unsere Methode bloß zwei Enzyme benötigt.“ Das Grundmuster dieser neuartigen biokatalytischen Reaktion könne künftig auch Vorbild für die industrielle Herstellung anderer wertvoller Aminosäuren oder von Vorprodukten für Arzneimittel sein.

Großtechnische Anwendung im Visier

Das Team wird das inzwischen patentierte Verfahren durch Protein-Engineering nun so weit verfeinern, dass es sich für die großtechnische Anwendung eignet. Damit könnte es zum ersten Mal einen biotechnologischen Herstellungsprozess geben, der gasförmiges CO2 als unmittelbaren chemischen Grundstoff nutzt. Den Forschern zufolge scheiterten bisher Versuche, das klimaschädliche Treibhausgas stofflich zu verwerten, am äußerst hohen Energieaufwand, der dazu nötig ist. Evonik hat sich das geistige Eigentum mit Fokus auf die Methioninherstellung gesichert und wägt derzeit seine Optionen ab. Vor anderthalb Jahren hatte sich das Chemieunternehmen für einen Millionenbetrag bereits eine Technologie der französischen Firma Metabolic Explorer zur fermentativen Herstellung von Methionin aus Pflanzenrohstoffen gesichert. Seitdem ist es allerdings um das Projekt still geworden.

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Methionine is an essential amino acid which is used on a large scale in animal feed. It is currently being manufactured from petrochemical source materials, in a process that uses highly toxic hydrogen cyanide. In 2013, Evonik Industries, one of the world's largest producers of methionine, invited university researchers to propose new processes for making the substance safer to produce. Now, researchers at the Technical University Munich (TUM) have developed an enzymatic process that extracts methionine from the greenhouse gas carbon dioxide (CO2). The scientists published their findings in the journal Nature Catalysis.  

More efficient than photosynthesis

“Based on the idea that methionine in microorganisms is degraded by enzymes to methional with the release of CO2, we tried to reverse this process, because every chemical reaction is in principle reversible, while often only with the extensive use of energy and pressure,” explains Arne Skerra from the Department of Biological Chemistry. With this approach, Skerra participated in Evonik’s call for proposals and the specialty chemicals company awarded the concept and supported the project. They optimised the process to a yield of 40%, making it more efficient than photosynthesis. “Compared to the complex photosynthesis, in which nature also biocatalytically incorporates CO2 into biomolecules as a building block, our process is highly elegant and simple,” reports Skerra. “Photosynthesis uses 14 enzymes and has a yield of only 20%, while our method requires just two enzymes.”

Breakthrough in industrial CO2 usage

TUM has called the biotechnological manufacturing process a “breakthrough in industrial CO2 usage”. If successful on a large scale, the method could be the first to use gaseous CO2 as an immediate chemical precursor. Up to now, attempts to recycle the greenhouse gas, which is a major contributor to climate change, have failed due to the extremely high energy required to do so.

Je größer und vor allem je höher eine Pflanze wächst, um so stabiler muss sie sein. Für diese Stabilität sorgt bei verholzten Pflanzen wie Sträuchern oder Bäumen insbesondere das Lignin. Dieses ist neben Zellulose und Hemizellulose einer der drei Hauptbestandteile verholzter Pflanzenteile. Eingelagert in die pflanzliche Zellwand, verleiht der komplex aufgebaute organische Stoff dem Holz seine Druck- und Bruchfestigkeit. Damit bietet Lignin eine hervorragende Möglichkeit, biobasiert und dennoch stabil zu bauen. Bisher ist Lignin allerdings nur als mit Schwefel verunreinigtes Nebenprodukt bei der Papier- und Zellstoffherstellung verfügbar.

Ligninhaltige Aerogele als Isoliermaterial

Doch das könnte sich bald ändern: Die Organosolv- und Aquasolv-Verfahren, beides Verfahren zur Herstellung hochreinen Lignins, haben im Juli eine weitere große Hürde genommen. Forschende der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) konnten zeigen, dass sich der über die neuen Wege gewonnene Ausgangsstoff zur Herstellung biobasierter Produkte eignet. Die Wissenschaftler haben ligninhaltige Aerogele hergestellt und zu hochporösen Dämmstoffplatten mit hervorragenden Isoliereigenschaften verarbeitet. Die Dämmplatten überzeugen durch eine deutlich bessere Wärmeleitfähigkeit als Polystyrol oder Steinwolle.

Leunaer Chemiker isolieren Lignin

Entwickelt wurde das Organosolv-Verfahren am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna. Dabei wird Lignozellulose aus Buchenholzresten nur mit Wasser und Alkohol in seine Grundbestandteile fraktioniert. Es entsteht unter anderem hochreines Lignin, das auch chemischen Industriezweigen als wertvoller Grundstoff dienen kann. Am Fraunhofer CBP wurde das Verfahren bereits vor vier Jahren erfolgreich in den Pilotmaßstab übertragen. „Wir fraktionieren das Holz in seine Hauptbestandteile Lignin, Hemicellulose und Cellulose, indem wir es mit Wasser und Alkohol bei hoher Temperatur und hohem Druck kochen, quasi wie in einem Dampfkochtopf”, sagt Moritz Leschinsky, Gruppenleiter am Fraunhofer CBP. Das Lignin und die Hemicellulosen lösen sich in der Flüssigkeit, während die faserige Cellulose fest bleibt. In einem weiteren Schritt gewinnen die Wissenschaftler das Lignin aus der Flüssigkeit, indem sie es fällen und abtrennen. Nach Entfernung des Alkohols verbleiben die Hemicellulosen-Zucker. Der feste, faserige Cellullose-Rückstand wird bei Bedarf mit Enzymen versetzt und verzuckert, also in einzelne Glucose-Moleküle gespalten.

Die Entwicklung des Organosolv-Verfahren am Fraunhofer CBP wurde im Rahmen des Vorhaben „Stoffliche Nutzung von Lignin: Nanoporöse Materialien" vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) gefördert.

Hamburger Start-ups bringen Aerogele auf den Markt

Der andere Bioraffinerieprozess – das auf Stroh als Ausgangsmaterial basierende Aquasolv-Verfahren – wurde an der Technischen Universität Hamburg-Harburg entwickelt. Zwei Ausgründungen der Hamburger Universität treiben die Markteinführung des Werkstoffs weiter voran: BioMP (Biomass High Pressure) bündelt Kompetenzen im Bereich der Heißwasserhydrolyse und Herstellung von Lignin zur Bemusterung und Weiterverarbeitung. Aerogelex stellt verschiedene Arten organischer Aerogele her – unter anderem Lignin-PU-Aerogelplatten. Alle Beteiligten stellen interessierten Firmen Muster für die Entwicklung neuer Produkte aus diesen Materialien zur Verfügung.  

ml/jmr

Krankheitserreger wie Salmonellen können durch Lebensmittel übertragen werden. Besonders häufig sind diese Bakterien in Eiern und Geflügelfleisch aber auch in Käse- oder Wurstaufschnitt zu finden. Forscher vom Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) haben gemeinsam mit der terraplasma GmbH eine neue Methode entwickelt, um Lebensmittel vor Bakterien zu schützen. Das Team nutzt dafür kaltes Plasma. Plasma entsteht, wenn Gas ausreichend Energie zugeführt wird, beispielsweise über ein elektrisches Feld. Dabei entstehen geladene Teilchen. „Diese Teilchen reagieren mit den Zellmembranen und dem Erbgut von Bakterien und zerstören sie. Menschliche und tierische Zellen bleiben dabei intakt“, erklärt Birte Ahlfeld vom Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit der TiHo.

Mit Plasma Salmonellen bekämpfen

Wegen seiner antimikrobiellen Wirkung wird kaltes Plasma bereits erfolgreich eingesetzt, um etwa Saatgut keimfreifrei zu machen oder chronische Wunden zu heilen. Dass damit auch Lebensmittel sicherer werden können, konnte das Team um Ahlfeld im Rahmen einer im Fachjournal „PLOS ONE“ erschienenen Studie nun beweisen. Für ihre Untersuchungen nutzen sie mit Salmonellen und Listerien kontaminierten Lachsschinken und behandelten diesen mit kaltem atmosphärischen Plasma. 

Plasmaerzeugung aus Raumluft

Die terraplasma GmbH, ein Spin-Off des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München, hatte eigens dafür ein Gerät entwickelt, das kaltes Plasma aus der Raumluft erzeugt: das Plasmatube-System. Dieses System besteht aus zwei zylindrischen Plasmaquellen, mit jeweils zwei elektrisch voneinander isolierten Elektroden. „Die Fläche der Elektroden ist erweiterbar, so können wir vermutlich große Oberflächen mit kaltem Plasma behandeln. Das ist mit bisher untersuchten Verfahren noch nicht möglich gewesen“, sagt Ahlfeld.

Bakterienmenge auf kontaminierten Schinken reduziert

Bei der Behandlung des kontaminierten Lachsschinkens wurden jeweils die Spannung des elektrischen Feldes, die Luftfeuchtigkeit des Gases sowie die Behandlungsdauer verändert und danach die Anzahl der noch lebenden Bakterien mit denen von unbehandeltem Lachsschinken verglichen. Das Ergebnis: Die Anzahl der Bakterien auf dem behandelten Schinken ließ sich mittels kaltem Plasma signifikant reduzieren, auch wenn Bakterien noch nachweisbar waren. 

Bessere Konservierung durch Plasmabehandlung

Nachdem der plasmabehandelte Schinken unter handelsüblicher Schutzgasatmosphäre verpackt und weitere 14 Tage bei acht Grad Celsius gekühlt wurde, reduzierte sich diese Bakterienmenge nochmals deutlich, so dass sie teils kaum nachweisbar war. Für das Abtöten der Bakterien war auch die Verpackung unter Schutzgasatmosphäre hilfreich, erklärt Ahlfeld's Kollegin an der TiHo, Karolina Lis: „Das Schutzgas enthält keinen Sauerstoff, stattdessen hohe Konzentrationen an Stickstoff und Kohlenstoffdioxid. Dadurch werden sauerstoffabhängige Mikroorganismen in ihrem Wachstum gehemmt und im Schinken enthaltenes Fett wird nicht ranzig.“


Weitere Bakterien bekämpfen

Fazit: Die Behandlung mit kaltem atmosphärischen Plasma kann Lebensmittel nicht nur vor Bakterien schützen, sondern auch das gängige Konservierungsverfahren effektiv unterstützen. Auch ist die Erzeugung mittels des neuartigen Plasmatube-Systems relativ kostengünstig, da Raumluft als Arbeitsgas verwendet wird, und ist zugleich äußerst umweltfreundlich, da kein Abfall entsteht. Die Hannoveraner Forscher arbeiten bereits daran, weitere Bakterien mittels Plasma zu bekämpfen: „Wir möchten ein Behandlungsprotokoll entwickeln, das gegen alle relevanten Bakteriengattungen wirksam ist. Zudem müssen wir ausschließen, dass sich der Nährstoffgehalt, die Beschaffenheit und der Geschmack des Lebensmittels durch die Behandlung verändern“, erklärt Lis.

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Pathogens such as salmonella can be transmitted through food. These bacteria are found most frequently in eggs and poultry but also in cheese and sausage slices. Researchers from the Institute for Food Quality and Safety of the University of Veterinary Medicine Hannover, Foundation (TiHo) together with terraplasma GmbH have developed a new method to protect food from bacteria. The team uses cold plasma for this purpose. Plasma is produced when gas is supplied with sufficient energy, for example via an electric field. This produces charged particles. "These particles react with the cell membranes and the genetic material of bacteria and destroy them. Human and animal cells remain intact," explains Birte Ahlfeld from the Institute for Food Quality and Safety at TiHo.

Fighting salmonella with plasma

Because of its antimicrobial effect, cold plasma is already being used successfully to sterilise seeds or heal chronic wounds. Ahlfeld and his team have now been able to prove in a study published in the specialist journal "PLOS ONE" that food can also be made safer. For their investigations, they used smoked ham contaminated with salmonella and listeria and treated it with cold atmospheric plasma.

Plasma generation from indoor air

terraplasma GmbH, a spin-off of the Max Planck Institute for Extraterrestrial Physics in Garching near Munich, had developed a device specifically for this purpose that generates cold plasma from room air: the Plasmatube system. This system consists of two cylindrical plasma sources, each with two electrically isolated electrodes. "The area of the electrodes is expandable, so we can likely treat large surfaces with cold plasma. This has not yet been possible with previously investigated methods," said Ahlfeld.

Bacteria reduced on contaminated hams

During the treatment of the contaminated smoked ham, the voltage of the electric field, the air humidity of the gas and the duration of the treatment were all modified, and then the number of bacteria still living was compared with those of untreated ham. The result: The number of bacteria on the treated ham was significantly reduced by cold plasma, even if bacteria were still detectable.

Better preservation through plasma treatment

After the plasma-treated ham was packaged in a commercially available protective gas atmosphere and cooled for a further 14 days at eight degrees Celsius, this quantity of bacteria was significantly reduced again, so that it was hardly detectable in some cases. For the killing of the bacteria, the packaging under inert gas atmosphere was also helpful, explains Ahlfeld's colleague at the TiHo, Karolina Lis: "The inert gas contains no oxygen, but rather high concentrations of nitrogen and carbon dioxide. This inhibits the growth of oxygen-dependent microorganisms and the fat contained in the ham does not become rancid.


Fighting other bacteria

The bottom line is that treatment with cold atmospheric plasma can not only protect food from bacteria, but can also effectively support the current preservation process. The innovative Plasmatube system is also relatively inexpensive to produce because room air is used as a working gas and is also extremely environmentally friendly because no waste is produced. The researchers from Hannover are already working on using plasma to combat other bacteria: "We want to develop a treatment protocol that is effective against all relevant bacterial genera. In addition, we must rule out the possibility that the nutrient content, texture and taste of the food may change as a result of the treatment," explains Lis.

Jeder Deutsche hat im Jahr 2015 fast 25 Kilogramm Käse verzehrt. Insbesondere für Vegetarier ist Käse eine reichhaltige Eiweißquelle. Schwierig wird es indes für Käseliebhaber, die sich koscher oder halal ernähren wollen. Denn bei der herkömmlichen Käseproduktion werden Enzyme – die sogenannten Lipasen – eingesetzt, die aus dem Drüsengewebe aus Mund- und Rachenraum von Ziegen gewonnen werden. Lipasen spalten während der Käseproduktion Fette in freie Fettsäuren – dadurch beschleunigen sie den Reifeprozess, und unterstützen die Ausbildung eines kräftigeren Geschmacks.

Bei der Käseproduktion fällt zudem tonnenweise Molke als Abfallstoff an. Sie wird weltweit verkauft und zum Teil in der Pharmaindustrie als Füllstoff für Medikamente weiterverarbeitet. Auch diese Stoffe müssen sowohl koscheren als auch halal-basierten Ansprüchen gerecht werden. Um diese Problematik zu umgehen, lassen vor allem die großen Käseproduzenten seit einigen Jahren die Ziegenlipase in der Produktion einfach weg. Das hat dazu geführt, dass einige Käsesorten ihr charakteristisches Aroma verloren haben.

Alter Geschmack – neues Verfahren

Die Optiferm GmbH, ein mittelständisches Unternehmen aus dem Allgäu, das sich auf Enzyme und Kulturen in der Milchwirtschaft spezialisiert hat, will diesen Trend stoppen. Dazu entwickeln sie Lipase-Enzyme, die mithilfe von Pilzen erzeugt werden und somit die Anforderungen an ein vegetarisches, koscheres und halal-gerechtes Produkt allesamt erfüllen. Die Allgäuer suchen dazu zusammen mit dem Lebensmittelbiotechnologen Holger Zorn an der Justus-Liebig-Universität Gießen im Stoffwechsel von Speisepilzen nach geeigneten Lipasen. Das Verbundprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „KMU-innovativ: Biotechnologie-BioChance“ mit insgesamt knapp 300.000 Euro über einen Zeitraum von etwa drei Jahren bis Juli 2017 gefördert.

Speisepilze toxikologisch unbedenklich

Welche Vorteile Speisepilze als Enzymquellen haben, erläutert Projektmanagerin Julia Manhard: „Pilze enthalten sehr viele Enzyme, die sie nach außen hin absondern, sodass diese leicht zugänglich sind und die Zellen nicht erst umständlich aufgeschlossen werden müssen.“ Außerdem verwendet das Forscherteam Speisepilze (Basidiomyceten), die aus toxikologischer Sicht unbedenklich sind und zudem große Mengen der Enzyme sekretieren. Aufgrund ihrer besonderen katalytischen Eigenschaften und ihrer hohen Prozessstabilität eignen sich diese Enzyme hervorragend für einen Einsatz in der Lebensmittelbiotechnologie.

Da immer nur sehr geringe Mengen der Pilzenzyme eingesetzt werden, ist deren Herstellung außerdem sehr energieeffizient, und besonders im Vergleich zu der Ziegenlipase auch sehr ressourcenschonend, sagt Manhard. Die verwendeten Pilze sind sogenannte „Wildstämme“ aus der Natur und werden in der Stammsammlung der Universität Gießen gelagert. „Wir wollen definitiv keine gentechnisch veränderten Enzyme verwenden – und der Konsument will das auch nicht in seinem Käse“, betont Manhard.

Pilze geben Enzyme in Nährmedium ab

Um die Enzyme der Pilze zu gewinnen, werden die Pilze in flüssigem Nährmedium kultiviert. „Man darf dabei nicht an den Pilz auf dem Waldboden denken – uns interessiert nur das Myzel, das normalerweise im Boden wächst“, sagt Julia Manhard.

Um die Optimierung der Kulturbedingungen kümmerte sich die Gießener Doktorandin Nadja Kreuter aus dem Team um Holger Zorn. Das Labor ist der ideale Partner für das Projekt, denn bereits 2003 beschrieb Zorn als erster die Basidiomyceten-Lipasen und ließ diese anschließend auch patentieren. Das Besondere an den Pilzenzymen: je nach vorhandenem Substrat bilden sie verschiedene Aromen aus.

Hartkäse, Schnittkäse und Weichkäse zählen zu den sogenannten Süßmilchkäsen. Hier gerinnt die Milch durch die Zugabe des sogenannten Lab. Das Lab ist ein Enzymgemisch, das Milcheiweiß so spaltet, dass die Milch eindickt, ohne sauer zu werden. Es wurde ursprünglich aus der Schleimhaut des Labmagens junger, noch milchtrinkender Kälber gewonnen. Aufgrund stetig steigender Nachfrage, sowie ethischen Gründen wird das tierische Lab in der Käseindustrie jedoch seit Langem durch mikrobiell hergestelltes Labenzym ersetzt.

Am Geschmack gefeilt

„Besonders die charakteristischen Geschmacksprofile der Käsesorten Feta, Provolone und Kaschkawal leiden unter der neuen Praxis ohne Ziegen-Lipase“, sagt Manhard. Aufgrund der verhältnismäßig einfachen Herstellung haben sich die Forscher den Fetakäse als Testobjekt herausgesucht .

Die neuen Pilzlipasen werden gleich zu Beginn der Käseproduktion der erwärmten Milch zugegeben. Aktiv werden die Enzyme allerdings erst während der Käsereifung. Hier spalten sie die Fette und formen das Geschmacksprofil, das sich mit der Zeit intensiviert. Deshalb werden die so produzierten Fetakäse auch in regelmäßigen Abständen während der Reifung vom hausinternen „Sensorikpanel“, einem Kreis von Geschmacksexperten, verkostet und begutachtet, damit kein Fehlgeschmack auftritt. 

Hierzu vergleichen die versierten Mitarbeiter den Pilz-Lipase-Käse mit herkömmlichem Ziegen-Lipase-Käse sowie mit lipasefreiem Käse. Das Ziel: Pilz- und Ziegen-Lipase-Käse sollen in Geschmack und Konsistenz nicht voneinander zu unterscheiden sein. „Die Konsistenz war recht einfach nachzuahmen, für den Geschmack mussten wir etwas länger an der Prozedur feilen“, so Manhard.

Zusätzlich zum Geschmackstest werden die Käse außerdem in Gießen mittels Gaschromatographie einem Fettsäureprofil unterzogen – ebenfalls mit dem Ziel das Profil des Pilz-Lipase-Käses dem des Ziegen-Lipase-Käses anzugleichen. 

Bis zur Markteinführung dauert es noch 

Obwohl die Projektpartner schon einen großen Schritt vorangekommen sind, rechnet Manhard noch mit mehreren Jahren, bis es zu einer Markteinführung kommt. Die Zusammenarbeit zwischen Optiferm und der Universität Gießen wird deshalb auch nach dem Ende des Verbundprojekts fortgeführt. Eine Patentierung der gemeinsamen Erfindung wurde bereits auf den Weg gebracht. Nun folgt die Maßstabsvergrößerung der Enzymproduktion und –aufreinigung.

Besonders die Entwicklung eines effizienten, praxisnahen Verfahrens zur Reinigung der Lipasen aus dem Kulturüberstand ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Produkteinführung. Dabei wird neben der Wirtschaftlichkeit auch besonders Wert auf die Nachhaltigkeit des Produktionsprozesses gelegt. Außerdem muss das entwickelte Enzym noch durch die Europäische Lebensmittelaufsicht EFSA zugelassen werden. Dass die Lipase prinzipiell für Lebensmittelanwendungen geeignet und aus toxikologischer Sicht unbedenklich ist, konnte bereits im Rahmen eines toxikologischen Gutachtens bestätigt werden.

Einen wichtigen Zukunftsmarkt für ihre Produkte sieht Manhard vor allem in der veganen Ernährung – in Deutschland aber auch international: Sobald die Lipasen für die Herstellung von traditionellem Käse optimiert sind, ist ihr nächstes großes Ziel deshalb, Speisepilzlipasen für die Produktion von veganem Käse, beispielsweise aus Sojamilch, einzusetzen.

Autorin: Judith Reichel

Internationale Kooperationen spielen bei der Umsetzung der Maßnahmen zur „Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“ eine zentrale Rolle. Zugleich sind sie ein wichtiges Instrument, um die Bioökonomie auch global zu stärken. Im Rahmen der „Strategie zur Internationalisierung von Bildung, Wissenschaft und Forschung“ beteiligt sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) an einer neuen Fördermaßnahme der EU. Die neue Fördermaßnahme ist die zweite Ausschreibung, die im Rahmen des südostasiatisch-europäischen Finanzierungsmechanismus „Southeast Asia-Europe Joint Funding Scheme“ erfolgt. Damit sollen bestehende Ansätze der Zusammenarbeit beider Regionen gebündelt und Innovationen vorangetrieben werden. Im Zentrum der Förderung stehen internationale Forschungsverbünde zwischen Südostasien und Europa. Insgesamt 18 Partner, darunter Deutschland, engagieren sich in der Maßnahme.

Förderung multilaterale Forschung zur Bioökonomie

Südostasien ist eine wirtschaftlich hochdynamische Region und Europas drittgrößter Handelspartner. Ein Schwerpunkt der Förderung liegt dabei auf multilateralen Forschungs- und Entwicklungsprojekten zur Bioökonomie, die auf erneuerbare biologische Ressourcen setzen, um Nahrungsmittel, Materialien und Energie zu produzieren. In einem zweiten Themenkomplex werden Vorhaben zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten gefördert. 

Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Landes- und Bundeseinrichtungen mit Forschungsaufgaben sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, darunter auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Voraussetzung für eine Förderung durch das BMBF: Der Zuwendungsempfänger muss seinen Sitz in Deutschland haben. Die Höhe der Förderung beträgt in der Regel bis zu 100.000 Euro und kann maximal drei Jahre gewährt werden. Während die Ausgaben von Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu 100% gefördert werden, wird bei Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft eine Eigenbeteiligung von mindestens 50% vorausgesetzt.

Zweistufiges Antragsverfahren

Das Antragsverfahren erfolgt zweistufig. Entsprechende Projektvorschläge sind zunächst bis spätestens 18. September 2018 in englischer Sprache über das Skizzentool PT-Outline einzureichen und werden von einer Jury begutachtet. Positiv bewertete Vorhaben reichen ihre Projektanträge in einem zweiten Schritt über das easy-Online ein.

Ansprechpartner im SEA-Europe Joint Call ist Marsia Gustiananda. Vom BMBF wurde das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Projektträger mit der Abwicklung der Fördermaßnahme beauftragt. Ansprechpartner beim DLR sind Hans Westphal, Adele Clausen und Lydia Derevjanko. Weitere Informationen zur Fördermaßnahme gibt es hier.

bb

Kohlenstofffasern, auch Carbonfasern genannt, gehören zu den Lieblingsmaterialien der Werkstoffforscher und Ingenieure. Der Grund: Das Material ist sehr leicht und zugleich äußerst stabil. Automobilindustrie, Windenergie-Branche sowie Raum-, Luft- und Schifffahrt nutzen das Verbundmaterial aus Kohlen- und Kunststoff daher bereits bevorzugt für Leichtbauanwendungen. Allerdings wird das vielseitige Material beziehungsweise die enthaltenen Kohlenstofffasern bisher noch überwiegend aus Erdöl oder Pech hergestellt. Das ist in der Herstellung nicht nur teuer, sondern verbraucht enorm viele Ressourcen und kann die steigende Nachfrage bald nicht mehr decken.

Kostengünstige, nachhaltige Carbonfasern aus Lignin

Ein Nachwuchswissenschaftler der Technischen Universität Dresden und des Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) , Muhannad Al Aiti, erforscht deshalb, wie Kohlenstofffasern aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden können. Den Ansatz, die Carbonfasern aus biologischen Abfallprodukten herzustellen, verfolgen Forscher schon lange. In den letzten 20 Jahren konzentrierte sich ihre Arbeit hierbei auf Lignin als Ausgangsmaterial. Al Aiti scheint nun ein Rezept gefunden zu haben, wie solch nachhaltige Fasern aus Lignin hergestellt werden können.

Lignin ist einer der Hauptbestandteile von Pflanzenzellen und sorgt vor allem bei holzigen Gewächsen wie Bäumen oder Sträuchern für ihre Stabilität. In der Papierindustrie zählt Lignin jedoch als Abfallprodukt und steht daher kostengünstig und in großen Mengen zur Verfügung. „Jedes Jahr fallen etwa fünfzig Millionen Tonnen Lignin in der Papierindustrie an, die bisher fast vollständig wieder verbrannt werden“, so Al Aiti.

Kriterienkatalog für günstige Herstellung

Bisher sei die Ligninaufbereitung relativ kompliziert und versperre durch hohe Aufbereitungskosten den Weg von ligninbasierten Carbonfasern auf den Markt, so Al Aiti weiter. Deshalb hat er jeden Schritt des Produktionsprozesses untersucht und einen umfangreichen Kriterienkatalog erstellt, an dem Wissenschaft und Wirtschaft jeweils ablesen können, wie erfolgsversprechend ihre Ansätze für ökologische Kohlenstofffasern sind. Einen Teil der Forschungsergebnisse hat Al Aiti zusammen mit einem interdisziplinären Team der TU Dresden und des IPF in der renommierten Fachzeitschrift „Progress in Materials Science“ bereits veröffentlicht.

Großes internationales Interesse

Die Publikation traf auf großes internationales Interesse und führte zu einer Anfrage nach einem gemeinsamen Forschungsprojekt auf EU-Ebene. Ab Mitte August wird Al Aiti zudem seine Experimente zur Herstellung der nachhaltigen Hightech-Faser an der Technischen Universität Tampere in Finnland durchführen, denn nur dort kann er ligninbasierte Kohlenstofffasern mit einem speziellen Spinnverfahren herstellen. Das Ziel: Lignin soll in einem industrialisierbaren Prozess so aufgearbeitet werden, dass daraus leistungsfähige, kostengünstige und massentaugliche ökologische Kohlenstofffasern entstehen.

jmr

If material researchers and engineers had a favourite material, carbon fibres are probably it. Why? Because they are light-weight but extremely sturdy. Motor and wind energy industry as well as space, aviation and naval industries are already using the composite material for their lightweight constructions and applications. However, thus far the versatile material is still petrol-based. This not only translates to an expensive manufacturing process, but also requires large amounts of resources and is simply not sustainable.

Cheap and sustainable carbon fibres made from lignin

Hence, Muhannad Al Aiti, a young researcher at the Technical University Dresden and the Leibniz Institute of Polymer Research Dresden (IPF), is investigating how carbon fibres could be manufactured from renewable resources. The idea to use biological waste products is not new, researchers have been investigating this approach for more than 60 years. And lignin had been at the top of possible bio-based materials for the last 20 years. Now, Al Aiti appears to have found a way to build sustainable carbon fibres from lignin.

Lignin is one of the main components of plant cells. Especially in woody (ligneous) plants, lignin provides stability. For the paper industry, however, lignin is a waste product and thus available for further processing cheap and in large quantities. “Every year, the paper industry accumulates about 50 million tons of lignin that are simply burnt,” says Al Aiti.  

New set of criteria for efficient production

Until now the purification of lignin has been relatively complicated and expensive, which has prevented previous lignin-based carbon fibres to enter the market. Therefore Al Aiti has looked at every step of the production process and provided a comprehensive list of criteria that tells researchers and industry partners whether their approach to a sustainable carbon fibre is financially sound. Part of his results are already published by Al Aiti and his colleagues, for instance in the renowned journal “Progress in Materials Science”.  

International collaborations ahead

The publication was met with great interest internationally and has led to a proposal for an EU-wide collaboration. Starting in mid-August, Al Aiti will be investigating the manufacturing process of the sustainable high-tech fibre at the Technical University Tampere in Finland. Only there he can produce the lignin-based carbon fibres in a  special spinning process. The goal: the process to isolate and purify lignin should be developed until industry-ready and able to produce stable, cheap and compatible bio-based carbon fibres.

jmr

Marken- und Produktpiraterie ist ein weltweites Problem. Der wirtschaftliche Schaden ist immens: 2016 verzeichneten allein deutsche Unternehmen Verluste von rund 53 Mrd. Euro, wie eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) belegt. Besonders heikel ist der Einsatz solcher Plagiate in der Medizin. Welche gesundheitlichen Folgen damit verbunden sein können, zeigte der Skandal um minderwertige Brustimplantate im Jahr 2010. Der französische Hersteller Poly Implant Prothèse(PIP) hatte damals billiges Industrie-Silikon verwendet, um die Produktionskosten zu senken. Durch undichte oder geplatzte Gelkissen wurde weltweit, auch in Deutschland, unzählige Frauen geschädigt. Die gerichtliche Aufarbeitung des Skandals dauert bis heute an, auch, weil im Nachhinein solche Fälschungen nur schwer nachweisbar sind. 

Tomaten-DNA in Silikonmatrix eingebettet

Forscher vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm haben nun ein Verfahren entwickelt, das derartigen Betrügereien verhindern kann. Ein Team um Joachim Storsberg nutzte Erbinformations-Schnipsel, um Brustimplantate permanent zu markieren und so fälschungssicher zu kennzeichnen. Als Marker dienten Erbgutsequenzen der Tomate. „Wir haben aus Tomatenblättern genomische DNA (gDNA) isoliert und in die Silikonmatrix eingebettet. Dabei haben wir zum Herstellen von Brustimplantaten zugelassene Siloxane, Bausteine für Silikonprodukte, verwendet“, erläutert Storsberg.

DNA-Sequenzen werden nicht abgebaut

In zahlreichen Experimenten hatte sich die Tomaten-DNA als ideales Markierungsmaterial erwiesen. Um die Temperaturbeständigkeit zu demonstrieren, wurde das mit der verkapselten gDNA versetzte Silikon fünf Stunden bei 150 Grad vulkanisiert und anschließend die DNA-Sequenz mittels PCR-Technik vervielfältigt. Mithilfe der Gelelektrophorese werden die vorhandenen DNA-Abschnitte dann sichtbar gemacht. Wie die Forscher berichten, blieb die DNA während des gesamten Prozederes stabil und wurde nicht abgebaut. 

Betrug mittels PCR-Test nachweisbar 

Storsberg zufolge könnten Silikon-Hersteller die verkapselte Tomaten-DNA-Sequenz bereits bei der Produktion des Gels einschleusen. „Die eingesetzte DNA sowie deren Konzentration sind nur ihm bekannt. Erst dann werden die Komponenten an den Produzenten des eigentlichen Implantats verkauft. Streckt dieser nun die Komponenten nachträglich mit minderwertigen Materialien oder verwendet er eine niedrigere Konzentration, so lässt sich dies per PCR nachweisen. Das funktioniert im Prinzip wie ein Vaterschaftstest“, führt Storsberg aus. 

Mittels Tomaten-DNA wären Betrügereien wie bei der Herstellung von Brustimplantaten leichter nachweisbar. Darüber hinaus ist die  Methode „quasi kostenlos“, wie die Forscher berichten, und zur Kennzeichnung vieler anderer polymerbasierer Implantate wie Linsenimplantate geeignet. 

Künstliche DNA wird bereits seit mehreren Jahren von der Polizei und Unternehmen wie der Deutschen Bahn zur Markierung von Wertgegenständen oder Metallen genutzt, um Fälle von Diebstahl aufzuklären und Diebesgut zu identifizieren.

bb