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An den Folgen der Malaria sterben jährlich noch immer etwa 650.000 Menschen – vor allem Kinder unter fünf Jahren. Obwohl es wirksame Medikamente gegen die Infektionskrankheit gibt, können sich viele diese Arzneimittel nicht leisten. Das könnte sich jedoch bald ändern. Ein Team um den Biochemiker Peter H. Seeberger vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam hat ein chemisches Verfahren entwickelt, das die Herstellung des wichtigsten Malariawirkstoffes Artemisinin nicht nur nachhaltig, sondern auch preisgünstig macht. Für diese Erfindung wurde der Potsdamer Forscher soeben mit dem „ACS Award for Affordable Green Chemistry“ der American Chemical Society (ACS) ausgezeichnet. Mit dem Preis werden seit 2007 herausragende wissenschaftliche Entdeckungen auf dem Gebiet der grünen Chemie geehrt.
Schneller als die Natur
Artemisinin ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der bisher aufwendig aus den Blättern des einjährigen Beifußes gewonnen werden musste. Seeberger und sein Team nutzen stattdessen als Ausgangsstoff gehäckselte Pflanzenreste. Auch der Katalysator kommt direkt aus der Natur. Mithilfe des pflanzeneigenen Chlorophylls wurde der Reaktionsprozess um ein Vielfaches beschleunigt, da auch die Aufreinigung entfällt. In Kombination mit Sauerstoff und Licht gelang es dem Team, den Wirkstoff Artemisinin im Labor in weniger als 15 Minuten herzustellen. In der Natur braucht die Beifußpflanze dafür drei Wochen.
Medikamente nachhaltig und preisgünstig herstellen
„Das von uns entwickelte chemische Verfahren ist umweltfreundlich und so effizient, dass wir viel konzentrierter als die Natur arbeiten können, die wir hier nachahmen“, sagt Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme am Potsdamer MPI. „Auf diese Weise können erschwingliche Malariamedikamente hergestellt werden und gleichzeitig eröffnet unser Verfahren neue Möglichkeiten, auch andere Arzneistoffe nachhaltig und trotzdem preiswerter als bisher herstellen zu können.“ An der Entwicklung des grünen Produktionsverfahrens waren zudem der Chemiker Kerry Gilmore von der University of Connecticut beteiligt, der bis vor kurzem Gruppenleiter am Potsdamer MPI war, sowie der Direktor vom MPI für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg, Andreas Seidel-Morgenstern.
Mittlerweile wird die Produktion des Malariawirkstoffes über das von Seeberger und Gilmore gegründete Spin-off ArtemiFlow mit Sitz in den USA vorangetrieben. Der Wirkstoff Artemisinin wird weltweit nicht nur zur Behandlung von Infektionen mit dem Erreger der Malaria tropica eingesetzt, sondern auch zur Krebsbehandlung genutzt.
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The consequences of malaria continue to kill around 650,000 people every year - mainly children under the age of five. Although there are effective drugs against the infectious disease, many cannot afford them. However, that could soon change. A team led by biochemist Peter H. Seeberger of the Max Planck Institute of Colloids and Interfaces in Potsdam has developed a chemical process that makes the production of artemisinin, the most important antimalarial agent, not only sustainable but also inexpensive. For this invention, the Potsdam researcher has just been awarded the "ACS Award for Affordable Green Chemistry" by the American Chemical Society (ACS). The award has been honoring outstanding scientific discoveries in the field of green chemistry since 2007.
Faster than nature
Artemisinin is a secondary plant substance that previously had to be extracted at great expense from the leaves of annual mugwort. Seeberger and his team use chopped plant residues as the starting material instead. Likewise, the catalyst comes directly from nature. With the help of the plant's own chlorophyll, the reaction process was accelerated many times over, since purification was also eliminated. In combination with oxygen and light, the team succeeded in producing the active ingredient artemisinin in the laboratory in less than 15 minutes. In nature, the mugwort plant needs three weeks for this.
Producing drugs sustainably and cheaply
"The chemical process we have developed is environmentally friendly and so efficient that we can work in a much more efficient way than the nature we are mimicking," says Seeberger, director of the Biomolecular Systems Department at the Potsdam MPI. "In this way, affordable antimalarial drugs can be produced, and at the same time, our process opens up new possibilities for being able to produce other drugs sustainably and yet more cheaply than before." Also involved in the development of the green production process were chemist Kerry Gilmore of the University of Connecticut, who until recently was a group leader at the Potsdam MPI, and Andreas Seidel-Morgenstern, director of the MPI for Dynamics of Complex Technical Systems in Magdeburg.
In the meantime, production of the antimalarial active ingredient is being driven forward via the U.S.-based spin-off ArtemiFlow, founded by Seeberger and Gilmore. The active ingredient artemisinin is used worldwide not only to treat infections with the causative agent of malaria tropica, but also to treat cancer.
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Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2021 ist der wichtigste Forschungsförderungspreis in Deutschland. Die mit einem Preisgeld von 2,5 Mio. Euro verbundene Auszeichnung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ehrt jährlich herausragende wissenschaftliche Leistungen auf den verschiedenen Forschungsgebieten. Nun wurden die zehn Preisträger des Leibniz-Preises 2021 bekanntgegeben. Die Auszeichnung geht in diesem Jahr auch an zwei Wissenschaftler aus dem Gebiet der Biodiversitäts- sowie der Naturstoffforschung.
Einer der Preisträger ist der Biologe Rolf Müller vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Biochemie der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Mit dem Preis würdigt die Jury die Arbeit des 55-Jährigen auf dem Gebiet der Naturstoffforschung und der Biomedizinischen Mikrobiologie. Dem Forscher sei es gelungen, in der Wirkstoffforschung neue Methoden aus Molekularbiologie und Synthetischer Biologie, Bioinformatik und Funktionaler Genomik einzusetzen und so zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Krankheitserreger beizutragen, begründet die DFG die Wahl.
Programm zur Entdeckung neuer Myxobakterienstämme etabliert
Ein Schwerpunkt der Forschung von Rolf Müller sind die biologisch aktiven Wirkstoffe aus Mikroorganismen – speziell die im Erdboden lebenden Myxobakterien, die eine Vielzahl von Naturstoffen bilden, um Feinde oder mikrobielle Konkurrenten auszuschalten. Die Jury würdigt, dass der Forscher ein weltweites Programm zur Entdeckung neuer Myxobakterienstämme etablierte, wodurch neue Bakterienarten, -gattungen und -familien sowie zahlreiche Kandidaten für neue Naturstoffe gefunden werden konnten, die zur Entwicklung neuer Therapeutika genutzt werden können.
„Ich empfinde die Verleihung des Gottfried Wilhelm Leibniz-Preises als eine tolle Anerkennung der wissenschaftlichen Leistung des ganzen Hauses und insbesondere der Abteilung Mikrobielle Naturstoffe", sagt Müller. „Die mit dem Preis verknüpften Fördergelder werden uns nun dabei helfen, sowohl bestehende als auch neue Projekte in der Antibiotikaforschung voranzutreiben, mit denen wir die leider stark zunehmende antimikrobielle Resistenz in Krankheitserregern bekämpfen wollen.“
Forschung zur funktionellen Bedeutung der Biodiversität geehrt
Mit den Leibniz-Preis 2021 wird auch der Biodiversitätsforscher Nico Eisenhauer ausgezeichnet. Der Biologe forscht seit 2014 am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig und der Universität Leipzig und ist Sprecher vom „Jena-Experiment“ – dem EU-weit größten Freiland-Labor. „Der Leibniz-Preis für Nico Eisenhauer würdigt seine herausragenden Arbeiten zu den Auswirkungen des globalen Wandels auf die Biodiversität und Ökosystemfunktionen“, heißt es in der Begründung der DFG. Der mit 40 Jahren jüngste Preisträger der diesjährigen Runde gehört laut Jury „schon jetzt zu den führenden Wissenschaftlern seines Gebiets“. Seine Forschung habe „wesentliche Weiterentwicklungen in der ökologischen Theorie und ein grundlegendes Verständnis der funktionellen Bedeutung von Biodiversität“ erbracht.
Eisenhauer forscht vor allem zur globalen Verteilung der Bodenmakro- und -mesofauna. Dazu gehören Regenwürmer und Springschwänze, die als „Bodeningenieure“ die ökologische Produktivität von Böden bestimmen, sowie deren Interaktionen mit Mikroorganismen und Pflanzen. Mit seiner Forschung habe er nicht nur das Verständnis der Wechselbeziehungen von Pflanzen mit Bodentieren sowie den mikrobiellen Gemeinschaften des Bodens maßgeblich erweitert, sondern auch „die entscheidenden Weichen für ein prozessbasiertes Verständnis der Funktion von Biodiversität unter den Bedingungen fortschreitender Umweltveränderungen“ gestellt.
Der Biologe erhielt für seine Arbeit 2014 den Heinz-Maier-Leibnitz-Preis und 2016 den ERC Starting Grant. Mit dem Preisgeld von 2,5 Mio. Euro kann Eisenhauer seine Forschungsarbeiten nun gezielt fortsetzen. „Ich bin sehr glücklich für mein tolles Team, das ich nun weiter beschäftigen und unterstützen kann. Wir wollen die funktionelle Biodiversitätsforschung weiter vorantreiben, unter anderem im MyDiv-Experiment in Bad Lauchstädt. Es ist wichtig, dass die Erforschung der Biodiversität im Boden stärker in den Fokus gerückt wird.“
Virtuelle Preisverleihung im März
Der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis wird seit 1986 von der DFG verliehen. Seither wurden insgesamt 353 Wissenschaftler und 62 Wissenschaftlerinnen ausgezeichnet. Die diesjährigen Preisträger kommen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften, den Naturwissenschaften und aus den Ingenieur- und Lebenswissenschaften. Die Auszeichnungen werden auf Grund der Pandemie am 15. März online verliehen.
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Der von der Bundesregierung im Dezember 2020 berufene neue Bioökonomierat hat am 11. Januar den Vorsitz des Beratungsgremiums an zwei herausragende Wissenschaftlerinnen übertragen: Daniela Thrän, Systemwissenschaftlerin am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ), sowie Iris Lewandowski, Expertin für nachwachsende Rohstoffe an der Universität Hohenheim.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hatten im Dezember vergangenen Jahres die Mitglieder des neuen Bioökonomierats berufen. Das 20-köpfige Fachgremium berät die Bundesregierung zunächst für drei Jahre bei der Umsetzung der Nationalen Bioökonomiestrategie. Die Expertise der Mitglieder repräsentiert das Thema Bioökonomie in seiner gesamten inhaltlichen Breite und umfasst die Bereiche Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.
Mit Daniela Thrän und Iris Lewandowski hat sich der Rat nun für zwei Wissenschaftlerinnen aus seinen Reihen entschieden, die für die kommenden drei Jahre den Vorsitz übernehmen werden. „Bioökonomie ist ein elementarer Baustein unseres zukünftigen Wirtschaftssystems. Mir ist es wichtig, die vielfältigen Möglichkeiten und Innovationspotenziale der Bioökonomie schnell und umfassend zu nutzen, denn sie sind dringend erforderlich für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland, aber auch im internationalen Zusammenwirken“, sagt Daniela Thrän. „Der neue Bioökonomierat versammelt hier eine einmalige Expertise, diese Transformation wissensbasiert zu unterstützen.“
Erfahrene Bioökonomie-Expertinnen
Prof. Dr. Daniela Thrän ist Ingenieurin für technischen Umweltschutz. Als Systemwissenschaftlerin forscht sie zu den Auswirkungen der nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Ressourcen für die energetische und stoffliche Nutzung. Seit 2011 leitet sie das UFZ-Department Bioenergie und ist gleichzeitig Bereichsleiterin "Bioenergiesysteme" am Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig. Sie ist außerdem Sprecherin der integrierten Plattform Nachhaltigkeitstransformation des UFZ. An der Universität Leipzig hat sie den Lehrstuhl für Bioenergiesysteme inne. Daniela Thrän ist Mitglied in zahlreichen Beratungsgremien auf Bundes- und Landesebene. Sie gehörte seit September 2012 bereits dem Bioökonomierat an. (Ein aktuelles Interview mit Daniela Thrän findet sich hier).
Prof. Dr. Iris Lewandowski leitet das Fachgebiet „Nachwachsende Rohstoffe in der Bioökonomie“ sowie den Masterstudiengang „Bioeconomy“ an der Universität Hohenheim (ein Video-Interview dazu mit Iris Lewandowski findet sich hier). Sie untersucht in ihrer Forschung nachhaltige Produktionssysteme für Biomasse und biobasierte Wertschöpfungsketten. Als Chief Bioeconomy Officer (CBO) koordiniert sie außerdem die vielfältigen Aktivitäten und Kooperationen der Universität Hohenheim zur Bioökonomie, wie zum Beispiel im Rahmen der European Bioeconomy (EBU), einer Allianz führender europäischer Universitäten in Bioökonomie-Lehre und Forschung, die von der Universität Hohenheim angeführt wird.
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Anlass für die Parlamentsdebatte am 14. Januar war die Veröffentlichung der Nationalen Bioökonomiestrategie und ein Antrag der FDP-Fraktion (19/14742). „Wir sind einem gemeinsamen Nachhaltigkeitsziel verpflichtet“, eröffnete Bundesforschungsministerin Anja Karliczek die Debatte. Sie unterstrich dabei, dass es auf der einen Seite eine wachsende Weltbevölkerung gebe, die mehr Nahrungsmittel und Rohstoffe benötige, zugleich auf der anderen Seite aber auch Klima, Umwelt und Biodiversität zu schützen sei. „Das geht!“, betonte die Ministerin – wenn denn alle miteinander nachhaltiger leben und wirtschaften. „Unsere Kinder und Enkelkinder wollen sehen, dass wir Nachhaltigkeit auch in Generationengerechtigkeit denken“, warb Karliczek und erläuterte, dass Deutschland mit der Bioökonomie die Weichen für eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft stelle.
Großes Innovationspotenzial
„In der Bioökonomie steckt großes Innovationspotenzial für alle Wirtschaftsbereiche. Aber wir werden dieses Potenzial biobasierter Innovationen für Deutschland nur dann zum Fliegen bringen, wenn wir es nicht, wie bei der Biotechnologie leider so oft geschehen, mit ideologischen Rucksäcken am Boden halten“, warnte die Ministerin. Mit der Nationalen Bioökonomiestrategie setze man auf Technologieoffenheit – gerade im Hightech-Bereich. „Mit der Bioökonomie kann uns der Aufbau einer modernen, nachhaltigen Kreislaufwirtschaft gelingen – Nachhaltigkeit, die dann der Exportschlager made in Germany der Zukunft ist“, ist sich Karliczek sicher und nannte Beispiele wie Computerdisplays aus recycelbarem Material, Mikroalgen zum Schutz von Gebäudefassaden, Autoreifen auf der Basis von Löwenzahn.
„All das ist bereits heute Realität, weil wir diese Entwicklung mit der Forschungsförderung zur Bioökonomie vorangetrieben haben“, so die Ministerin und nannte ein klares Ziel: „Wir wollen der Wegwerfkultur in unserem Land und auf der Welt im 21. Jahrhundert mit aller Entschiedenheit den Stecker ziehen, und dabei sind Materialinnovationen das eine. Auch die Nutzung und Zweitverwertung vermeintlicher Neben- und Abfallprodukte ist ein ganz wichtiges Forschungsfeld. Neben- und Abfallprodukte sind kein Müll. Es sind Rohstoffe, die man verwerten und nutzen kann.“
Zukunftsgerichtete Nutzung neuer Technologien
Darüber hinaus plädierte die Ministerin für eine zukunftsgerichtete Nutzung neuer Technologien, etwa zur Genom-Editierung in der Pflanzenzüchtung. „Wir stehen in der Pflicht, mit Forschung und Entwicklung auch unseren internationalen Beitrag gegen den Hunger in der Welt zu leisten“, sagte die Bundesforschungsministerin und betont: „Wer ‚Ja‘ sagt zur medizinischen Biotechnologie, kann nicht glaubwürdig ‚Nein‘ sagen zur Pflanzenbiotechnologie.“
Die Gentechnik-Debatte ist laut Politikerin ein Beispiel dafür, warum Partizipation im Austausch über Wissenschaft einen hohen Stellenwert hat – auch bei weiteren Themen der Bioökonomie. „Daher steht das Wissenschaftsjahr 20/21 im Zeichen der Bioökonomie. Wir müssen ins Gespräch kommen, aufklären, mit wissenschaftlichen Argumenten überzeugen und, ganz besonders, begeistern.“
Nicht zuletzt gehe es darum, „den jungen Leuten eine Perspektive aufzuzeigen für die Zukunft“, so Karliczek und verwies zum Abschluss ihrer Rede darauf, dass es bereits viele Produkte der Bioökonomie zum Anfassen gebe. Sie deutete dabei auf den Mundnasenschutz mit der Aufschrift „Science matters“ in ihrer Hand: „Diese Maske besteht zu 67 Prozent aus Holzfaser, und dabei ist sie ganz weich und angenehm zu tragen.“ Aktuell läuft im Rahmen des Wissenschaftsjahres ein Fotowettbewerb mit dem Mundnasenschutz (hier mehr erfahren).
Zivilgesellschaftliche Partizipation wird gelobt
In der weiteren Bundestagesdebatte kamen die Abgeordneten verschiedener Parteien zu Wort. Wohlwollend argumentierte René Röspel für die SPD: „Ich finde, die Bioökonomiestrategie hat sich sehr gut entwickelt.“ Der betonte, dass die Bioökonomie grundsätzlich nichts Neues, sondern eine der ältesten Ökonomien der Menschheit sei und zugleich ein „nachhaltiger und ganzheitlicher Ansatz, der unsere Zukunft sichert“. Dabei gehe es darum, die Bioökonomie so zu entwickeln, dass sie im Zentrum des Wirtschaftens steht, ergänzt um die soziale Komponente. Für ihn sei es daher eine Verkürzung der Strategie, wenn man nur den Blick auf die Pflanzenbiotechnologie richte. Ausdrücklich lobte der Abgeordnete die in der Bioökonomie-Strategie geplante stärkere zivilgesellschaftliche Partizipation, den ganzheitlichen Ansatz und den Fokus auf die UN-Nachhaltigkeitsziele als Grundlagen.
Der Antrag der FDP-Fraktion (19/14742) hebt darauf ab, „SMARTe Ziele“ in der Bioökonomiestrategie zu verankern. Die Bioökonomiestrategie solle an sektorspezifische Meilensteine und Zielvorgaben ausgerichtet werden. Eine führende Rolle Deutschlands in der Biotechnologie-Forschung müsse laut FDP-Fraktion Teil des Zielekanons sein. Mario Brandenburg von der FDP forderte in seinem Redebeitrag daran anknüpfend, gesellschaftliche und ökologische Wahrheiten noch besser mit marktwirtschaftlichen Prinzipien zu verbinden. „Wir teilen das Ziel der Strategie, aber es gibt darin keine Messbarkeiten und schwammige Kriterien“, legte der Abgeordnete die Gründe für den Antrag seiner Partei dar. „Wenn man die Transformation eines Wirtschaftskreislaufs möchte hin zu mehr Ökologie und hin zu mehr Nachhaltigkeit, muss man benennen, woran Erfolg oder Misserfolg gemessen werden sollen“, fasst Brandenburg den Grundtenor des Antrags noch einmal zusammen und verwies auf die Vorbildfunktion des „EU Bioeconomy Monitoring System Dashboard“, an dem sich Deutschland beispielhaft orientieren könne.
Flankierende grüne Landwirtschaftspolitik gefordert
Petra Sitte, Vertreterin von Die Linke, befand: „Unbestritten können mit der Bioökonomie spannende Projekte realisiert werden.“ Unbestritten sei aber auch, dass dadurch Lebensmittelproduktion und Bodennutzung weiter unter Druck gerieten. Sie vermisse daher eine Flankierung der Maßnahmen – beispielsweise durch eine andere europäische Landwirtschaftspolitik unter ökologischen Gesichtspunkten. Darüber hinaus machte sie darauf aufmerksam, dass der mit der Bioökonomie verbundene Wandel nicht nur eine wirtschaftliche Herausforderung sei. „Ins Zentrum gehören auch hier vor allem gerechte Macht-, Beteiligungs- und Verteilungsverhältnisse. Unter dem wird vor allem der Klimawandel überhaupt nicht zu machen sein“, so Sitte.
Als einer der letzten Redner in der Debatte unterstrich Harald Ebner von Bündnis 90/Die Grünen, dass es – auch im Kontext der Bioökonomie – insgesamt das ‚weniger‘ ankomme: „Wir müssen den Ressourcenverbrauch insgesamt deutlich reduzieren, damit die Bioökonomie zu Nachhaltigkeit beitragen kann.“ Er lobte, dass die Bioökonomie-Strategie Zielkonflikte benenne und sich auf die planetaren Grenzen beziehe, befand aber, das bleibe weitgehend ohne Konsequenzen. Auch vermisse er eine grüne Agrarpolitik. Lob gab es für die partizipativen Ansätze, allerdings erneut mit Einschränkung: „Sie vermeiden das Wort Gentechnik wie der Teufel das Weihwasser.“ Wenn man so vom Ziel ablenke, diese in der Landwirtschaft zu etablieren, passe das nicht zum Partizipationsanspruch. Ebners Fazit: “Es kann bei der Bioökonomie nicht länger darum gehen, den Blick biologischen Wissens auf die molekulare Ebene zu verengen und die Natur dem Menschen anzupassen, sondern wir müssen auf die Ökosysteme schauen. Kollege Röspel hat da ganz recht: Nur so wird aus der Bioökonomie ein großes Ganzes.“
Die Bevölkerung mitnehmen
Das Schlusswort hatte Katrin Staffler von der CDU/CSU-Fraktion. Sie machte deutlich, dass sich Ökonomie und Ökologie nicht ausschließen und unterstrich: „Deutschland hat seit Jahren in der Bioökonomie einen Spitzenplatz.“ Mit der Strategie werde dieser weiterentwickelt, „bewusst mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit“. Auch diese Debatte habe jedoch gezeigt, dass es noch Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber modernen und sicheren Technologien gebe. Die Transformation gelinge nur, wenn man die Menschen mitnehme. „Wir müssen die Bioökonomie im Wissenschaftsjahr noch stärker sichtbar machen“, lautete ihr Fazit. Die weitere Diskussion des FDP-Antrags wurde fraktionsübergreifend in den zuständigen Forschungsausschuss überwiesen.
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Um die Nachhaltigkeitsziele der UN-Agenda 2030 (Sustainable Development Goals) und die Klimaziele, die 2015 in Paris von der Weltgemeinschaft verbindlich vereinbart wurden, zu erreichen, ist der weitere Auf- und Ausbau einer nachhaltigen biobasierten Wirtschaft, der Bioökonomie, unabdingbar. Mit der im Januar 2020 beschlossenen Nationalen Bioökonomiestrategie legt die Bundesregierung die Leitlinien und Ziele ihrer Bioökonomiepolitik fest und benennt Maßnahmen für deren Umsetzung. Eine wichtige Rolle als Innovationstreiber und Innovationsträger für neues biologisches Wissen und fortschrittliche Technologien fällt hierbei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie dem Mittelstand zu. Um deren Innovationspotenzial im Bereich der bioökonomischen Forschung und des nachhaltigen Wirtschaftens langfristig zu stärken, hat das BMBF im Mai 2020 die neue Fördermaßnahme KMU-innovativ: Bioökonomie aufgelegt.
Das Ziel: KMU-innovativ: Bioökonomie richtet sich an kleinere, mittlere und mittelständischen Unternehmen, die innovative Forschung und Entwicklung betrieben. Gefördert werden technologisch anspruchsvolle, risikoreiche Projekte, die die effiziente Nutzung von biologischem Wissen mit innovativen Lösungen vereinen und im umfassenden Sinne der Bioökonomie zuzuordnen sind. Im Fokus stehen die Entwicklung und Herstellung zukunftsweisender, klimaneutraler Produkte aus biogenen Ressourcen. Ziel ist, den Technologietransfer in die praktische Anwendung zu beschleunigen und den Unternehmen – verbunden mit der Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze – Zukunftsperspektiven aufzuzeigen.
Das Thema: Gefördert werden technologisch anspruchsvolle, risikoreiche Projekte, die die effiziente Nutzung von biologischem Wissen mit innovativen Lösungen vereinen und im umfassenden Sinne der Bioökonomie zuzuordnen sind. Im Fokus stehen die Entwicklung und Herstellung zukunftsweisender, klimaneutraler Produkte aus biogenen Ressourcen unter Minimierung umweltschädlicher Emissionen und Abfällen, beziehungsweise deren Rückführung in natürliche Kreisläufe oder Wertschöpfungsketten.
Konkrete Beispiele für mögliche Anwendungsfelder – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – sind:
- Etablierung ressourcenschonender, biologischer Prozesse in der chemischen oder verarbeitenden Industrie
- neue Bioraffineriekonzepte für Biotreibstoffe und hochveredelte Feinchemikalien
- biobasierte Methoden für den Umweltschutz und biologische Recyclingverfahren
- nachhaltige Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln
- Erzeugung und Bereitstellung biogener Rohstoffe
- Pflanzenentwicklung und -züchtung sowie nachhaltige Pflanzengesundheit
- Verbreiterung der Technologiebasis in der Bioverfahrenstechnik
- Entwicklung von Plattformtechnologien zur Erschließung neuer Stoffwechselwege in Mikroorganismen, Pflanzen, Algen und Zellkulturen (Metabolic Engineering)
- Entwicklung biologischer Methoden/Techniken zur CO2-Konversion
- Entwicklung neuer Methoden und Geräte in der Bioanalytik und Biosynthese.
Ein besonderes Augenmerk ist auf einen oder mehrere der nachfolgenden Aspekte zu legen:
- Verwendung biobasierter Ressourcen, welche eine nachhaltige und effizientere Verwertung nachwachsender Rohstoffe und ungenutzter Reststoffströme, z.B. durch Kreislauf- oder Kaskadennutzung, sowie alternativer Quellen, u. a. Insekten, Algen, eröffnen
- Entwicklung umweltfreundlicher Biomaterialien wie Biopolymere und -komposite und biologisch abbaubarer Kunststoffsubstitute
- Identifizierung, Gewinnung und Herstellung biologischer Wirk- und Wertstoffe unter Ausnutzung der natürlichen Diversität und evolutiver Optimierungsverfahren
- Optimierung und Automatisierung biotechnologischer Prozesse und Verfahren durch Digitalisierung und Simulationstechniken
- Nutzung von Datenbanken mit intelligenter Datenauswertung
- Miniaturisierung von Analysetechniken und Einsatz mikrofluidischer Systeme für biotechnologische Fragestellungen
- Kontrolle und Steuerung mittels smarter, autonomer Sensoren
Die Förderung: Die Projekte müssen der angewandten Forschung oder vorwettbewerblichen Entwicklung zuzuordnen sein. Dazu zählen auch Projekte in frühen Entwicklungsphasen der industriellen Forschung, die zunächst einer Validierung (Proof of Concept) bedürfen. Gefördert werden Einzel- und Verbundvorhaben von kleineren, mittleren und mittelständischen Unternehmen (bis 1000 Mitarbeiter und 100 Millionen Euro Jahresumsatz) mit einer Förderquote von bis zu 50 Prozent je nach Anwendungsnähe des Vorhabens. Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gemäß Definition der EU-Kommission können differenzierte Aufschläge gewährt werden. Zudem werden Projekte der Verbundforschung zwischen KMU bzw. mittelständischen Unternehmen und Hochschulen bzw. Forschungseinrichtungen gefördert. Die dritte Kategorie sind Projekte der Verbundforschung unter Einbeziehung von Großunternehmen zur Unterstützung der marktwirtschaftlichen Umsetzung der FuE-Ergebnisse. Großunternehmen können mit einer Förderquote von bis zu 25 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten gefördert werden.
Das Auswahlverfahren ist zweistufig angelegt. Zunächst sind Projektskizzen (maximal zwölf Seiten) über das Skizzeneinreichungsportal PT-Outline einzureichen. Die nächste Einreichungsfrist endet am 15. April 2021. Bewertungsstichtag (bis auf Widerruf) ist jeweils der 15. April und der 15. Oktober eines Jahres. Skizzen von Verbundprojekten sind vom koordinierenden KMU einzureichen.
Der Aufbau eines Bioökonomie-Monitorings in Deutschland ist ein Modul im Rahmen des Konzepts „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“. Mit der aktuellen Förderrichtlinie soll das 2017 gestartete forschungsbasierte Monitoring der Bioökonomie in Form einer erweiterten Pilotphase fortgesetzt, konsolidiert und weiterentwickelt werden.
Das Ziel: Zuwendungszweck ist die Förderung eines Konsortiums, das die methodischen Grundlagen für ein umfassendes Monitoring der Bioökonomie auf Basis der bisher geleisteten Arbeiten weiterentwickelt und um zusätzliche Aspekte erweitert.
Das Thema: Angesichts des Fortschritts in der Anwendung biologischen Wissens, der Veränderungen in der globalen Nutzung biogener Ressourcen, aber auch der Folgen des Klimawandels und weiterer Einflüsse war das Monitoring von Anfang an als lernendes Monitoring angelegt. Auf der Basis des mit dem Pilotbericht (Juni 2020) erreichten Zwischenstandes und einer ersten Zwischenbilanz gilt es nun, weitere Aspekte der Bioökonomie zu berücksichtigen, die Datenbasis zu konsolidieren und zu erweitern, weitere Differenzierungen, unter anderem räumlich sowie nach Stoffströmen und Produktgruppen, vorzunehmen und Verknüpfungen zu anderen Monitoringansätzen, etwa im Bereich Biodiversität und Klimawandel, auszubauen.
Die Förderung: Gefördert wird wissenschaftliche Forschung durch ein Konsortium aus – öffentlichen und/oder privaten – Forschungseinrichtungen, das die methodischen Grundlagen für ein umfassendes Monitoring der Bioökonomie auf Basis der bisherigen Ergebnisse weiterentwickelt und in regemäßigem Abständen weitere Pilotberichte zum Monitoring der Bioökonomie vorlegt.
Antragsberechtigt sind Einrichtungen für Forschung und Wissensverbreitung, wie Hochschulen und außerhochschulische Forschungs- und Wissenschaftsinstitute, Bundes- und Landeseinrichtungen mit Forschungsaufgaben sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, darunter insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Gegenstand der Förderung ist wissenschaftliche Forschung im Umfang einer dreijährigen erweiterten Pilotphase mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere zwei Jahre. Über eine möglich weitere Verlängerung wird im Anschluss an diese Laufzeit entschieden. Die Forschung sollte an die in der ersten Pilotphase erreichten Ergebnisse aufbauen. In der ersten Pilotphase des Monitorings arbeiteten drei komplementäre Stränge parallel. Sie befassten sich mit (1) der Ressourcenbasis und Nachhaltigkeit , einschließlich eines Reststoffmonitorings (beide im Auftrag des BMEL); (2) der Ermittlung wirtschaftlicher Kennzahlen und Indikatoren (im Auftrag des BMWi); sowie (3) dem systemischen Monitoring und der Modellierung der Bioökonomie (gefördert vom BMBF). Der im Juni 2020 erschienene gemeinsame Pilotbericht richtet sich an eine interessierte Öffentlichkeit und dokumentiert zentrale Befunde. Darstellungen der methodischen Grundlagen und detaillierte Daten finden sich in den Publikationen, die auf den genannten Internetseiten der jeweiligen Projekte zu finden sind.
Die Förderbekanntmachung nennt Aspekte für die methodische und empirische Weiterentwicklung, die sich aus der kontinuierlichen Fachdiskussion, den Rückmeldungen im Rahmen der bisher abgehaltenen zwei Statuskonferenzen sowie der ständigen Weiterentwicklung der Bioökonomie ergeben. Die Liste ist nicht abschließend zu verstehen, und die konzeptionelle Verantwortung für die weitere Ausgestaltung des Monitorings liegt bei dem zu fördernden wissenschaftlichen Konsortium. Konsortien können sich bis 30. April 2021 um eine Förderung bewerben.
Die Internationale Grüne Woche (IGW) in Berlin ist von jeher ein Besuchermagnet. Knapp 400.000 Gäste aus aller Welt besuchten im vergangenen Jahr die Messehallen am Funkturm, um Innovationen aus Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau zu entdecken. Ganz anders präsentierte sich die weltgrößte Messe für Ernährung und Landwirtschaft in diesem Jahr. Auf Grund der Corona-Pandemie fand sie erstmals ausschließlich digital und als Fachtagung an nur zwei Tagen statt. Die Veranstaltung vom 20. bis 21.1.2021 umfasste 100 Beiträge, darunter Gesprächsrunden, Vorträge und Preisverleihungen. Sämtliche Teile des Events wurden für das breite Publikum live im Internet übertragen.
„Egal ob klimafreundliche Ernährung, Lebensmittelproduktion in Zeiten von Corona oder Digitalisierung in der Landwirtschaft – die Themen der Internationalen Grünen Woche sind aktueller denn je“, so der Chef der Messe Berlin GmbH Martin Ecknig bei der digitalen Eröffnungskonferenz. Bauernpräsident Joachim Rudwick forderte zum IGW-Auftakt „mehr Wertschätzung für Nahrungsmittel" und eine „Haltungs- und Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln". Er verwies darauf, dass gerade in der Corona-Zeit die Nachfrage nach regionalen und nachhaltigen Produkten stark zugenommen habe.
Die Zukunft im Blick
Unter dem Motto „Rooting for Tomorrow” war die IGW Digital auf Themen wie Lebensmittelproduktion, Lebensmittelverschwendung, Nachhaltigkeit und Klimawandel, aber auch Biodiversität und digitale Landwirtschaft fokussiert. Koch- und Talkshows gingen unter anderem den Fragen nach, wie Lebensmittelverschwendung vermieden, eine klimafreundliche Ernährung und der Wandel hin zu einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion gelingen kann. Das Bundeslandwirtschaftsministerium bot mit dem „Zukunftsforum Ländliche Entwicklung“ eine virtuelle Plattform für Austausch, Diskussion und Wissenstransfer rund um die Frage: „Alles digital oder doch wieder normal? Neue Formen von Arbeit und Teilhabe als Chance für die ländlichen Räume.“
Ein Highlight der IGW war der von Judith Rakers moderierte Politiktalk mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, Bauernpräsident Joachim Rukwied und Christian von Boetticher, Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie BVE. Unter dem Motto Rooting for Tomorrow – IGW 2050 wurde über Zukunftsfragen der Land- und Ernährungswirtschaft diskutiert. Dabei ging es unter anderem um das veränderte Bewusstsein der Konsumenten, die Bedeutung von Urban Farming und wie die Digitalisierung die Landwirtschaft verändert.
Seit Montag findet das 13. Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) statt – erstmals vollständig digital. Die internationale Konferenz zu zentralen Zukunftsfragen der globalen Land- und Ernährungspolitik steht in diesem Jahr im Zeichen von Pandemie und Klimawandel. Unter den mehr als 2.000 Teilnehmenden sind rund 90 Agrarministerinnen und -minister. Veranstaltet wird das GFFA vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Kooperation mit dem Senat von Berlin, der Messe Berlin GmbH und dem GFFA Berlin e.V.
Pandemie macht Probleme sichtbar
Einer der Schwerpunkte in den ersten drei Tagen war der Umgang in Ballungsräumen mit den Einflüssen von Krisen auf die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Guido Santini, Programmkoordinator bei der Welternährungsorganisation, verwies in diesem Zusammenhang auf die Initiative „Green Cities“ und das Ziel, nach der Krise verbessert wieder aufzubauen. Susanne Schlaack, Referatsleiterin im BMEL, erinnerte an die unter deutschem EU-Ratsvorsitz im vergangenen Jahr entwickelten Beschlüsse zur Relevanz der Nahrungssysteme, die in diesem Frühjahr verabschiedet werden sollen. „COVID-19 mit seinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen zeigt nur deutlicher die Situation, die auch vorher schon da war“, betonte sie.
Das Konzept des „City Region Food System“ (CFRS) stellte Alison Blay-Palmer von der Wilfried Laurier University vor. Darin warb sie für eine integrierte und nachhaltige Flächenentwicklung und dafür, Verbindungen zwischen ländlichem und städtischem Raum zu etablieren, von denen beide Bereiche profitieren. Dabei sollten die Maßnahmen von der Produktion bis zum Konsum koordiniert werden. Für sieben Pilotstädte gebe es inzwischen entsprechende Werkzeuge und Anleitungen, um die Verwaltungen bei der Entwicklung von Strategien zu unterstützen.
Dass das CFRS nicht nur in der Pandemie, sondern auch in der Klimafolgenabwehr wichtig sein kann, zeigt das Beispiel Madagaskar. Überschwemmungen, Erdrutsche, Zyklone, Dürren, Hitzewellen und Waldbrände beeinträchtigen dort die Landwirtschaft. Synergien und konsistente Konzepte für die Krisenreaktion seien wesentlich, berichtete Vololontsoa Volatiana Razafindratoanina als Vertreterin des dortigen Landwirtschaftsministeriums. Auch aus Ecuador wurde deutlich, dass die Herausforderungen regional unterschiedlich sind. Dort habe man zunächst geschaut, wo die verwundbarsten Teile der Bevölkerung leben, und wolle nun sicherstellen, dass für diese auch in Krisen eine stabile Nahrungsversorgung gewährleistet werden könne, erläuterte David Jácome Polit, Chief Resilience Officer der Stadtverwaltung von Quito.
Welthunger nimmt wieder zu
Die Bedeutung des Klimawandels für die Landwirtschaft und umgekehrt hob Janusz Wojciechowski von der EU-Kommission hervor. Johan Swinnen, Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFRI), warnte: „Die Welt ist nicht auf Kurs, um Hunger und Mangelernährung zu eliminieren.“ Die Zahlen der Betroffenen stiegen inzwischen wieder an. „Die Armen werden am meisten unter dem Klimawandel leiden.“ Aber auch in Europa müssten das EU-Programm „From Farm to Fork“ und der „Green Deal“ zu Handlungen im gesamten Nahrungssystem führen. Veränderungen im Wahlverhalten von Verbrauchern und Industrie müssten unterstützt und Subventionssysteme überdacht werden.
„Die Landwirte stehen beim Klimawandel an der Front und spüren das seit Jahren“, betonte Kanadas Landwirtschaftsministerin Marie-Claude Bibeau. Die Pandemie habe die Schwächen im System sichtbar gemacht. Immer stärker suchten die Menschen nun nach lokalen und nachhaltigen Wirtschaftskonzepten. Australiens stellvertretender Minister für Fischerei und Forstwirtschaft, Jonathan Duniam, sah eine zentrale Aufgabe darin, Wissenschaft und Technologie auf das gesamte Nahrungssystem anzuwenden, um Dinge smarter zu bewältigen als bislang. Beispielhaft verwies er auf eine in Australien entwickelte Futterzusatzalternative, die auf Algen basiert statt auf Getreide.
Herausforderung für die Saatgutzüchtung
Ein weiterer Schwerpunkt des Forums liegt beim Thema Saatgut. Gefordert sei Saatgut, dass nicht nur mehr Ertrag verspricht, sondern auch die Folgen des Klimawandels gut verkrafte, erklärte Sowmini Sunkara von der Indo-German Cooperation on Seed Sector Development. Da die Hälfte aller Nahrung durch kleinbäuerliche Betriebe und Fischer erzeugt werde, müsse sichergestellt werden, dass modernes Saatgut auch alle landwirtschaftlich Tätigen erreiche, forderte Friedrich Wacker vom BMEL.
So unterstütze Deutschland beispielsweise Äthiopien durch Kühlräume für Saatgutbanken und Indien mit Geld und Fachwissen. Rebeka Gebretsadik, Saatgutexpertin im GIZ-Programm zur Förderung der nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktivität in Äthiopien, beschrieb konkrete Maßnahmen: genetisch vielfältigeres Saatgut, die Weitergabe praktischer Anleitungen zur Saatgutvermehrung, rigoroses Erproben neuer Sorten und die Vermehrung dieser, um damit alle kleinbäuerlichen Betriebe erreichen zu können. Viele Menschen in Äthiopien hätten Saatgut so als zusätzliche Einnahmequelle entdeckt.
Doch nicht immer reiche das: „Wir müssen Landwirte auch davon überzeugen, dass eine bessere Anpassung in ihrem Interesse ist und dass sie die neuen Sorten akzeptieren“, ergänzte Taye T Mindaye, Direktor des Äthiopischen Instituts für Agrarforschung. Dieter Rücker vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter warb in diesem Zusammenhang für das deutsche System der Sortenzertifizierung. Es habe sich bewährt und gebe die Sicherheit, dass eine Sorte auch die versprochenen Eigenschaften habe und dass das Saatgut keine Verunreinigungen oder gar Krankheiten enthalte.
Das Global Forum for Food and Agriculture läuft noch bis einschließlich Freitag. Höhepunkt ist die Berliner Agrarministerkonferenz am 22. Januar, zu der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mehr als 80 Agrarminister aus aller Welt begrüßen wird.
Das Programm und der kostenlose Livestream sind zugänglich unter www.gffa-berlin.de.
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Since Monday, the 13th Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) is taking place - for the first time completely digitally. This year, the international conference on key issues for the future of global agricultural and food policy focuses on pandemics and climate change. Among the more than 2,000 participants are around 90 ministers of agriculture. The GFFA is organized by the Federal Ministry of Food and Agriculture (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL) in cooperation with the Berlin Senate, Messe Berlin GmbH and GFFA Berlin e.V.
Pandemic highlights problems
One of the main topics of the first three days was how metropolitan areas deal with the impact of crises on food supply security. Guido Santini, program coordinator at the Food and Agriculture Organization, referred in this context to the "Green Cities" initiative and the goal of rebuilding it in an improved way after the crisis. Susanne Schlaack, head of unit at BMEL, recalled the resolutions on the relevance of food systems developed under Germany's EU presidency last year, which are to be adopted this spring. "With its economic and social consequences, Covid-19 shows even more clearly the situation that was already there before," she stressed.
The concept of the "City Region Food System" (CRFS) was presented by Alison Blay-Palmer from Wilfried Laurier University. In it, she promoted integrated and sustainable land development and the establishment of links between rural and urban areas from which both areas benefit. This should involve coordinating actions from production to consumption. For seven pilot cities, she said, appropriate tools and guidance are now available to help administrations develop strategies.
The example of Madagascar shows that the CFRS can be important not only in pandemics but also in climate impact mitigation. Floods, landslides, cyclones, droughts, heat waves and forest fires affect agriculture in the country. Synergies and consistent approaches to crisis response are essential, reported Vololontsoa Volatiana Razafindratoanina, representing the Ministry of Agriculture there. From Ecuador, too, it became clear that the challenges vary from region to region. David Jácome Polit, Chief Resilience Officer of the Quito City Council, explained that the first step was to look at where the most vulnerable parts of the population live and to ensure that a stable food supply can be guaranteed for them even in crises.
World hunger on the rise again
The importance of climate change for agriculture and vice versa was highlighted by Janusz Wojciechowski of the EU Commission. Johan Swinnen, director general of the International Food Policy Research Institute (IFRI), warned, "The world is not on track to eliminate hunger and malnutrition." The numbers of people affected were rising again, he said. "The poor will suffer the most from climate change." But in Europe, too, the EU's "From Farm to Fork" program and the "Green Deal" must lead to action across the food system, he said. Changes in consumer and industry choices would need to be supported and subsidy systems reconsidered.
"Farmers are on the front lines of climate change and have been feeling the impact for years," stressed Canada's Agriculture Minister Marie-Claude Bibeau. The pandemic, she said, had made the weaknesses in the system visible. Increasingly, people are now looking for local and sustainable economic concepts. Australia's Deputy Minister for Fisheries and Forestry, Jonathan Duniam, saw a key task in applying science and technology to the entire food system to manage things smarter than before. As an example, he pointed to a feed additive alternative developed in Australia that is based on algae instead of grain.
Challenge for seed breeding
Another focus of the forum is on seeds. Sowmini Sunkara of the Indo-German Cooperation on Seed Sector Development explained that what is needed is seed that not only promises higher yields but can also cope well with the consequences of climate change. Friedrich Wacker of the German Federal Ministry of Food, Agriculture and Consumer Protection (BMEL) said that since half of all food is produced by smallholders and fishermen, it must be ensured that modern seeds also reach all farmers.
Germany, for example, supports Ethiopia with cold storage facilities for seed banks and India with money and expertise. Rebeka Gebretsadik, a seed expert in the GIZ program to promote sustainable agricultural productivity in Ethiopia, described concrete measures: genetically more diverse seeds, the dissemination of practical instructions on seed multiplication, rigorous testing of new varieties and the multiplication of these in order to be able to reach all smallholder farms. Many people in Ethiopia have therefore discovered seeds as an additional source of income.
But that is not always enough: "We also have to convince farmers that better adaptation is in their interest so that they accept the new varieties," added Taye T Mindaye, director of the Ethiopian Institute for Agricultural Research. In this context, Dieter Rücker of the German Plant Breeders' Association promoted the German system of variety certification. It has proven its worth and provides certainty that a variety has the promised properties and that the seed does not contain any impurities or even diseases.
The Global Forum for Food and Agriculture runs until Friday. The highlight is the Berlin Conference of Agriculture Ministers on January 22, to which Federal Agriculture Minister Julia Klöckner will welcome more than 80 agriculture ministers from around the world.
The program and the free livestream can be accessed at www.gffa-berlin.de.
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Auf europäischer Ebene gibt es neben Förderaufrufen der EU-Kommission im Rahmen des Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020 auch öffentlich-private Partnerschaften (Joint Technology Initiative Bio-Based Industries) sowie öffentlich-öffentliche Partnerschaften (z.B. ERA-NETs, Joint Programming Initiatives), die eigene Ausschreibungen veröffentlichen.
Horizont 2020 und Horizont Europa
In Horizont 2020 ist in drei Programmteile gegliedert. Förderprojekte für die Bioökonomie werden im Programmteil III "Gesellschaftliche Herausforderungen" ausgeschrieben, und zwar im Rahmen der gesellschaftliche Herausforderung 2 "Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, marine, maritime und limnologische Forschung und Biowirtschaft". Neben der Primärproduktion in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur sowie Forst, steht auch die nachhaltige Nutzung von Bioressourcen im Vordergrund.
Ab 2021 finden sich im neuen Forschungsrahmen Horizont Europa die Themen der gesellschaftlichen Herausforderung in Cluster 6 "Lebensmittel, Bioökonomie, natürliche Ressourcen, Landwirtschaft und Umwelt" wieder.
Mehr Informationen hierzu bietet die Nationale Kontaktstelle Bioökonomie und Umwelt
ERA-NETs mit Relevanz für die Bioökonomie
ERA-NETs sind europäische Projekte zwischen nationalen bzw. regionalen Forschungsförderinstitutionen (z.B. Ministerien, DFG) und Programmverwaltern (z.B. Projektträger). Ziel sind gemeinsame, multinationale Fördermaßnahmen sowie eine verbesserte Koordinierung von Forschungsaktivitäten in einem bestimmten wissenschaftlichen Gebiet.
Bioenergy zum Thema Biomasse und Wärmenutzung in industriellen Prozessen
BiodivERsA3 zu Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen
BlueBio zu aquatischen Bioressourcen
ERA-CAPS nachhaltige Zusammenarbeit in den Pflanzenwissenschaften
EUPHRESCO zu phytosanitärer Forschung
EuroTransBio zur Stärkung von KMU tätig im europäischen Biotechnologiesektor
CoBioTech zur Biotechnologie und ihren Anwendungen
CORE Organic COFUND zur biologischen Landwirtschaft
ERA-HDHL zu Biomarkern für Ernährung und Gesundheit
FACCE ERA-GAS zur Reduktion von Treibhausgasen in Land- und Forstwirtschaft
FACCE SusCrop zu nachhaltigem Pflanzenbau
FACCE SURPLUS zu Landwirtschaft und Klimawandel
ForestValue zu Forst-basierter Bioökonomie
HDHL-INTIMIC zu intestinalen Microbiomen und Ernährung
ICT-AGRI-FOOD zu digitalen Technologien zur Transformation von Agrar- und Ernährungswirtschaft
LEAP-AGRI zu landwirtschaftlichen Projekten in Kooperation mit Afrika
MarTERA zu marinen und maritimen Technologien
SUSFOOD2 zu nachhaltiger Lebensmittelproduktion
SusAn zu nachhaltigen Tierproduktionssystemen
WaterWorks2017 zu nachhaltigem Wassermanagement für Land- und Forstwirtschaft und Aquakultur
Joint Programming Initiatives (JPI)
JPI sind Verbünde von nationalen Forschungsförderinstitutionen in Europa. Es werden staatenübergreifende gemeinsame Forschungsagenden (Strategic Research Agenda) erarbeitet, die strategische Zusammenarbeit zwischen bereits existierenden nationalen Programmen ausgebaut und neue Förderprogramme gemeinsam eingerichtet.
JPI mit Bezug zum Bereich Bioökonomie sind:
FACCE zu Agrarwirtschaft, Ernährungssicherheit und Klimawandel
OCEANS zu gesunden und produktiven Meeren und Ozeanen
A Healthy Diet for a Healthy Life zu gesunder Ernährung
Bio-Based Industries Joint Undertaking
Die BBI JU (Bio-Based Industries Joint Undertaking) ist eine Public-Private Partnership zwischen der Europäischen Kommission und dem Bio-Based Industries Consortium (BIC). Die öffentlich-private Partnerschaft („Public-Private Partnership“, PPP) „Bio-based Industries“ (BBI) führt eigene Ausschreibungen zu Themen aus der Bioökonomie durch. Dabei werden von der Primärproduktion über die industrielle Biotechnologie und die Verwertung unterschiedlicher Biomasse bis hin zur Produktion von bio-basierten Produkten (Materialien, Chemikalien, Treibstoffe, Bioenergie) ganze Wertschöpfungsketten abgedeckt. Die Aufrufe orientieren sich verstärkt an unterschiedlichen Biomassequellen (z. B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei), den daraus gewonnenen Stoffen, den entstehenden (Zwischen)Produkten und den dazu notwendigen Technologien.
Die Berlin Fashion Week begann auch dieses Jahr gewohnt schrill und bunt – nur erstmals ohne Publikum. Modenschauen, Interviews mit Designern und Expertengespräche konnten ausschließlich im Internet verfolgt werden. Das Kraftwerk in Berlin-Mitte diente hierbei als Kulisse für die zahlreichen Events. Nach dem Weggang der Modemessen Premium und der auf nachhaltige Mode ausgerichteten NEONYT nach Frankfurt am Main konzentrierte sich die Berliner Modemesse vom 18. bis 24.1.2021 mehr denn je auf nachhaltige Mode.
Nachhaltigkeit inspiriert Modedesigner
Mit Fashion Open Studio und Fashion Revolution wurden zwei neue Formate aufgelegt, die nachhaltigen Modelabels eine Bühne bieten. Mit dem Berliner Salon wurde hingegen ein beliebtes Format wiederbelebt, das vor allem die Arbeit deutscher Designer in den Fokus stellt. Auch hier zeigte sich: Nachhaltige Mode ist nicht nur ein Trend. Sie inspiriert zu neuen Lösungen. „Wir nehmen das als Herausforderung, um im Design neue Ansätze zu finden, die auch ästhetisch mit der Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen“, so Designerin Antonia Goy vom Label Working Title. Das Label verzichtet bewusst auf erdölbasierte Materialien bei der Herstellung der Textilien.
Auch Designerin Julia Leifert verwendet ausschließlich natürliche und fair produzierte Materialien. Ihre Entwürfe aus indischer Ahimsa-Seide werden regional vor Ort produziert. Designer Michael Sontag präsentierte wiederum Stoffe, die mit Pflanzen gefärbt wurden. Auch Kreationen aus recyceltem Material wie Taschen aus recyceltem Nylon der Berliner Marke Vee Collective hatten einen festen Platz in der Ausstellung.
As usual, Berlin Fashion Week began this year shrill and colourful - but for the first time without an audience. Fashion shows, interviews with designers and expert discussions could be streamed exclusively. The Kraftwerk in Berlin-Mitte served as the set for the numerous events. After the relocation of the sustainable fashion fairs Premium and NEONYT to Frankfurt am Main, the Berlin Fashion Week from 18 to 24.1.2021 was more than ever about sustainable fashion.
Sustainability inspires fashion designers
With Fashion Open Studio and Fashion Revolution, two new formats were launched that offer sustainable fashion labels a stage. The Berlin Salon, on the other hand, revived a popular format that focuses primarily on the work of German designers. Here, too, it became clear that sustainable fashion is not just a trend, but inspires new solutions. "We take this as a challenge to find aesthetic approaches in design that also go hand in hand with sustainability," says designer Antonia Goy of the label Working Title. The label deliberately avoids petroleum-based materials in the production of its textiles.
Designer Julia Leifert also uses only natural and fairly produced materials. Her designs made of Indian Ahimsa silk are produced regionally on site. Designer Michael Sontag for his part presented fabrics dyed with plants. Creations made from recycled materials, such as bags made from recycled nylon by the Berlin-based brand Vee Collective, also had a permanent place in the exhibition.
Am Freitag, 22. Januar 2021, ging das 13. Global Forum for Food and Agriculture zu Ende, zum ersten Mal komplett digital durchgeführt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Kooperation mit dem Senat von Berlin, der Messe Berlin GmbH und dem GFFA Berlin e.V. In der zweiten Hälfte der fünftägigen internationale Konferenz zu zentralen Zukunftsfragen der globalen Land- und Ernährungspolitik ging es unter anderem um das Tierwohl und die Bedeutung gesunder Böden in Zeiten von Klimawandel und Covid-19-Pandemie.
Positive Seiten der Tierhaltung
So betonte Shirley Tarawali von der Global Agenda for Sustainable Livestock: „Covid-19 hat keinen Zweifel daran gelassen, dass Tiergesundheit und -wohlergehen soziale Dimensionen in allen Teilen der Welt stark beeinflussen.“ Damit ergänzte sie das Eingangsstatement von Jude Capper, Beraterin für Nachhaltigkeit in der Tierhaltung, die verdeutlicht hatte, dass eine verbesserte Gesundheit und Produktivität des Nutzviehs auch dessen Umweltfolgen reduziert. Tarawali forderte daher, die positiven Seiten der Tierhaltung nicht zu übersehen. Als wichtige Herausforderungen benannte die Expertin Zoonosen und antibiotikaresistente Mikroorganismen.
Allein die Folgekosten der Antibiotikaresistenzen und Tierseuchen würden sich bis zum Jahr 2050 auf 100 Billionen US-Dollar summieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden, führte Anne Mottet vom Livestock Development Office der Welternährungsorganisation aus. Für eine Milliarde Menschen, die von weniger als zwei US-Dollar am Tag lebten, sei Nutzvieh eine zentrale Existenzgrundlage. „Gras, Blätter, Futterpflanzen, Getreidereste, Nebenprodukte – ein Großteil der genutzten Biomasse wäre verschwendet, wenn sie nicht als Futter verwendet würde.“ Die Viehhaltung passe gut in eine zirkuläre Bioökonomie, hieß es. Die EU sei daher dabei, die Gesetzgebung zum Tierwohl zu überarbeiten und den neuesten wissenschaftlichen Daten anzupassen, versicherte Claire Bury von der Europäischen Kommission.
Gesunde Böden für Nahrungssicherheit und Klimaschutz
Mehr Daten seien auch dringend nötig, um Fortschritte beim Schutz der Böden und deren Rolle beim Klimawandel bewerten zu können, sagte Wolfgang Zornbach vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Dass es beim Boden vorrangig um drei Ziele gehe, erläuterte Claire Chenu, Forschungsdirektorin des französischen Instituts INRAE: den Anteil organischer Kohlenstoffverbindungen im Boden halten beziehungsweise erhöhen, den Klimawandel durch Kohlenstoffbindung im Boden verlangsamen und die Ernährungssicherheit durch Bodenfruchtbarkeit gewährleisten. Im von ihr vorgestellten „4per1000“-Projekt gebe es dazu vier Säulen: das Potenzial und die Vorteile der organischen Kohlenstoffverbindungen im Boden abschätzen; Praktiken des Bodenmanagements entwickeln und anwenden; für Landwirte ein Umfeld schaffen und stärken, dass sie zu Bodenschutzmaßnahmen befähigt; und diesen ganzen Prozess wissenschaftlich begleiten – vor, während und nach der Implementierung von Maßnahmen.
Zu den weiteren vorgestellte Projektbeispielen zählte eine Initiative aus Großbritannien, in der Landwirte, Wasserindustrie, Forschung und Politik zusammen daran arbeiten, eine nachhaltige Landwirtschaft zu entwerfen, die auch die Bodengesundheit berücksichtigt. Aus Frankreich stammte „One Planet Business for Biodiversity“, gestartet beim UN-Klimagipfel 2019, eine handlungsorientierte Initiative der Wirtschaft zum Schutz der Artenvielfalt. 27 Konzerne, die in 190 Ländern aktiv sind und gemeinsam einen Jahresumsatz von 1,1 Billionen US-Dollar erzielen, wirken darin mit und wollen die Landwirtschaft zur Nachhaltigkeit transformieren. Einen anderen Ansatz verfolgen die „Twin Regions“ wie Sinendé im Benin und Alfter in Deutschland: Während ein Partner wenig Land, aber hohe CO2-Emissionen und Wohlstand hat, ist der andere Partner arm an Geld, aber reich an unverbauten Böden, in denen durch geeignete Maßnahmen CO2 gebunden werden kann und so für den ersten Partner ein Ausgleich geschaffen wird.
Nachhaltigkeit und Profitsteigerung verbinden
Nicht fehlen durfte auf der Konferenz ein beispielhafter Überblick über die unterschiedlichen Herausforderungen und Lösungsansätze rund um den Globus. In Afrika und Südamerika seien die Probleme vor allem hohe Emissionen pro Kilo Ertrag infolge einer geringen Produktivität, so Claus Deblitz, Koordinator des Projekts „agri-benchmark“ am Thünen-Institut. Die geringe Produktivität wiederum beruhe unter anderem auf fehlendem Managementwissen, begrenztem Zugang zu Kapital und fehlender politischer Unterstützung. In zwölf standardisierten Fallstudien sei es bislang gelungen, die Produktivität, das Tierwohl und die Profite zu steigern und zugleich die Treibhausgasemissionen zu senken.
Die Rolle des Wissens hob auch das spanische Forschungsnetzwerk „Red REMEDIA“ hervor. Die Mitglieder bilden Forschende, technisches Personal, Leute aus der Produktion und politische Entscheidungsträger in Sachen Klimawandelminderung fort. Für das deutsche Forschungsprogramm „klimAgrar“ resümierte Hubert Wiggering von der Universität Potsdam vielleicht unbeabsichtigt die gesamte Konferenz: „Covid-19 ist keine Entschuldigung, die Anstrengungen gegen den Klimawandel abzuschwächen. Wir haben die Lektion gelernt, dass eine Transformation wesentlich und das gemeinsames Handeln dazu möglich ist.“
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