„Konzept Design-to-fade besonders zukunftsträchtig“

„Konzept Design-to-fade besonders zukunftsträchtig“

Sascha Peters

Beruf:
promovierter Designwissenschaftler und Ingenieur

Position:
Gründer und Geschäftsführer der Berliner Zukunftsagentur für Material und Technologie Haute Innovation, Mitglied des Beirats der BMBF-Förderinitiative „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation"

Vorname
Sascha
Nachname
Peters

Beruf:
promovierter Designwissenschaftler und Ingenieur

Position:
Gründer und Geschäftsführer der Berliner Zukunftsagentur für Material und Technologie Haute Innovation, Mitglied des Beirats der BMBF-Förderinitiative „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation"

Sascha Peters ist Materialexperte und Trendscout für neue Technologien. Er ist überzeugt: Die Rückführung der Ressourcen muss schon bei der Produktgestaltung bedacht werden.

Ob Kleider aus Milchproteinen oder Schaumstoffverpackungen aus Pilzen: Als Chef der Berliner Zukunftsagentur Haute Innovation weiß Sascha Peters, wohin der Trend geht. Der promovierte Designwissenschaftler verfolgt seit Jahren in welche Richtung sich neue Materialien und Technologien bewegen. Er leitet Anwendungsszenarien für die Märkte der Zukunft ab und agiert als Vermittler zwischen technologischer Innovation und marktfähiger Produktanwendung. Als Trendscout und Autor zahlreicher Fachbücher ist Peters überzeugt, dass „Innovationen mit natürlichem Ursprung und biologisch abbaubaren Qualitäten" vor allem kurzweilige Produkte und Bauteile künftig prägen werden und die Kreislaufwirtschaft nur Erfolg haben wird, wenn schon bei der Produktgestaltung an das Rohstoffrecycling gedacht wird.

Frage

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei der Material- und Werkstoffherstellung?

Antwort

Die Bedeutung für Nachhaltigkeitsfragen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Allerdings gilt das nicht für alle Industrien gleichermaßen. Grundsätzlich können wir beobachten, dass die Unternehmen sich immer dann bewegen, wenn entweder der Kunde deutlich den Wunsch nach nachhaltigen Produkten äußert oder gesetzliche Vorgaben das System in Bewegung bringen. Wir raten dabei nicht, einzelne Punkte wie die Materialherstellung besonders hervorzuheben. Wenn man etwas erreichen will, muss man den gesamten Lebenszyklus der Produkte betrachten bis hin zur Entsorgung. Wird die Rückführung der Ressourcen nicht von Anfang an mitgedacht, wird es mit einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft schwierig.

Frage

Welche Branche gilt hier als Innovationstreiber?

Antwort

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Gesetzliche Vorgaben und die Wettbewerbssituation haben dazu geführt, dass die Automobilindustrie und auch die Verpackungsindustrie gerade deutliche Sprünge in Richtung Nachhaltigkeit machen. Bei der Textil- und der Bauwirtschaft haben wir aber noch deutlich Luft nach oben. Vor allem die Trennung der Verantwortung von Produktion und Entsorgung in den Wertschöpfungsketten führt dazu, dass die Nachhaltigkeit und der Kreislaufgedanke selten Beachtung finden. Dies sehen wir in der Textilindustrie sehr deutlich.

Frage

Wie können Material- und Werkstoffhersteller dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft gerecht werden und welche Rolle spielen dabei die Designer?

Antwort

Viele verschiedene Materialien, die dann auch noch verklebt werden, sind Gift für die Kreislaufwirtschaft. Alles was sich am Ende nicht auf einfache Weise trennen lässt, kann auch dem Kreislauf nicht wieder zugeführt werden. Die Recyclingwirtschaft hat in der Vergangenheit ihre Anlagen verbessert, doch am Ende helfen Produkte mit reduzierter Materialvielfalt oder solche aus nur einem Material (Monomaterial). Designer können hier helfen, schon bei der Produktgestaltung die Entsorgung gleich mitzudenken. Vor allem sollte auf Materialien gesetzt werden, die bei ihrer Herstellung wenig CO2-Emissionen hervorrufen. Dieser Faktor wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Frage

Welche bioökonomischen Trends zeichnen sich bei neuen Materialien und Technologien ab?

Antwort

Schaumstoffe für Verpackungen aus Pilzen, Turnschuhe aus Seidenproteinen, Stühle von der Möbelplantage: Mit der Biofabrikation hat sich in den letzten Jahren ein neuer Forschungsbereich entwickelt, der nachhaltige Lösungen für den biologischen Kreislauf hervorrufen wird. Für Konsumgüter und sehr kurzlebige Produkte und Bauteile werden Innovationen mit natürlichem Ursprung und biologisch abbaubaren Qualitäten essentiell werden.

Frage

Welche Innovationen haben Ihrer Meinung nach das größte Zukunftspotenzial?

Antwort

Aktuell halten wir Konzepte im Textilbereich für besonders zukunftsträchtig, bei denen die Haltbarkeit der Fasern entsprechend der Lebensdauer eingestellt werden kann. Textile Produkte sollen sich nach einer bestimmten Dauer auf natürliche Weise zersetzen und dem biologischen Kreislauf wieder zugeführt werden können. „Design to Fade“! Das Konzept halten wir insbesondere mit Blick auf die erzielbaren ernüchternden Recyclingquoten von Kunststoffen im Verpackungsbereich für den einzig funktionierenden Weg. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass künstliche Materialien ungehindert in die Natur gelangen können und als Mikroplastik den Weg zurück zum Menschen finden.

Frage

Wo steht Deutschland in puncto nachhaltige Materialien und Technologien und was könnten wir von anderen Ländern lernen?

Antwort

Deutschland hat vor einigen Jahren noch eine Vorreiterrolle beim Einsatz und der Entwicklung nachhaltiger Materialien und Technologien eingenommen. Diese Position haben wir ein wenig verloren, da wir die Themen nicht in aller Konsequenz umgesetzt haben. Das fängt beim Einsatz regenerativer Energiequellen an und hört bei Recyclingquoten auf. In anderen Ländern werden die vorhandenen Technologien mittlerweile besser und vor allem schneller implementiert. Das gilt zum Beispiel für skandinavische Länder genauso wie für einige Regionen Südostasiens.

Interview: Beatrix Boldt