Brain AG: Mit neuer Führungsspitze weiter wachsen

Brain AG: Mit neuer Führungsspitze weiter wachsen

Die auf industrielle Biotechnologie spezialisierte Brain AG ist seit Jahren auf Wachstumskurs. Die auf sechs Unternehmen angewachsene Firmengruppe stellt ihre Führungsmannschaft nun neu auf.

Wechsel an der Spitze: Technologievorstand Jürgen Eck übernimmt die Geschäftsführung von Holger Zinke.
Wechsel an der Spitze: Technologievorstand Jürgen Eck übernimmt die Geschäftsführung von Holger Zinke.

Seit 22 Jahren gehört das hessische Zwingenberg zu den Zentren der deutschen industriellen Biotechnologie. Angefangen als Technologie-Startup ist die Brain AG heute auf eine Unternehmensgruppe mit 6 Firmen und 240 Mitarbeitern angewachsen. „Unser Umsatz ist in den letzten drei Jahren mit einem CAGR von 33% gewachsen, dies erfordert nun eine neue operative Managementstruktur“, erläutert Jürgen Eck exklusiv gegenüber biotechnologie.de. Der frühere Technologievorstand leitet – zusammen mit einem erweiterten Führungsteam – seit Anfang Juli die Geschäftsführung der Firma. Der langjährige Firmenchef und Gründer Holger Zinke ist in den Aufsichtsrat der Firma gewechselt und soll vor allem die Rolle des „Außenministers“ wahrnehmen – etwa mit Blick auf das neue Industrial Advisory Panel. Hier sollen namhafte Wirtschaftslenker das Unternehmen künftig strategisch beraten. Darüber hinaus hat sich Brain zwei externe Kräfte ins operative Management geholt, die weitere Übernahmen sowie das Produktgeschäft vorantreiben sollen.

Die Brain AG ist eines der deutschen Vorzeigeunternehmen in Sachen Bioökonomie. Die Spezialität der Hessen: Zusammen mit strategischen Partnern werden bislang unerschlossene, leistungsfähige Enzyme, Mikroben oder Naturstoffe entwickelt, um sie industriell nutzbar zu machen. Ob oder das damit verfolgte Ziel ist jeweils das gleiche. Auf der Basis des hauseigenen Mikroben-Archivs sollen entweder klassisch-chemische Prozesse durch ressourcenschonende biobasierte Verfahren ersetzt oder durch einen Griff in den Werkzeugkasten der Natur gleich gänzlich neue Produkte mit überlegenen Eigenschaften geschaffen werden. 

Brain: Vom Forschungspartner zur Firmengruppe

Mit diesem Wissen hat sich Brain in den vergangenen Jahren als strategischer Forschungspartner für die Industrie etabliert und ist hier in einer ganzen Bandbreite von Branchen unterwegs: Angefangen über Chemie, Ernährung über Kosmetik bis hin zum Bergbau. Für Schlagzeilen sorgte unter anderem die mit mehreren Millionen Euro dotierte Forschungssallianz . 

Mit Mehrheitsbeteiligungen auf Wachstumskurs

In den vergangenen Jahren hat sich die Brain darüber hinaus durch fünf Mehrheits- sowie zwei Minderheitsbeteiligungen in der Wertschöpfungskette immer breiter aufgestellt und von der Produktion bis hin zum Vertrieb Kompetenzen zugekauft. „Wir erzielen inzwischen höhere Umsätze mit unseren Produkten als durch Forschungskooperationen“, berichtet Jürgen Eck. Mit insgesamt 240 Mitarbeitern, davon 120 bei den sechs Tochtergesellschaften, erzielt Brain inzwischen „einen noch zweistelligen“ Millionenumsatz.

Zuletzt haben die Zwingenberger 51% an der Weissbiotech GmbH im münsterländischen Ascheberg und der Weissbiotech France Sarl in Chanteloup-en-Brie nahe Paris übernommen, um gemeinsam den Mitte 2014 wurde der Potsdamer 2012 hatte sich Brain ein Portfolio an um eigene Produkte nicht zu entwickeln, sondern sie auch herzustellen und in den Markt zu bringen. Ähnliches soll nun auch in der Ernährung – etwa bei natürlichen Lebensmittelinhaltsstoffen – oder in der Medizintechnik gelingen. „Künftig wollen wir uns zum Beispiel im Bereich Wundpflege engagieren und uns hier den Marktzugang eröffnen“, betont Eck. Damit hätte die Firmengruppe dann auch ein Standbein in der Medizintechnik-Branche.

Zinke künftig Rolle als "Außenminister"

Wie die Brain AG nun bekannt gab, hat Jürgen Eck, der langjährige Forschungsvorstand, zum 1. Juli die Funktion des Vorstandsvorsitzenden bei Brain übernommen. Er löst damit den langjährigen Firmenlenker und Gründer Holger Zinke ab. Dieser ist seit Jahrzehnten ein  und mit seinen Aktivitäten im Bioeconomy Panel der Europäischen Kommission sowie dem Bioökonomierat der Bundesregierung auch zunehmend auf wirtschaftspolitischer Ebene unterwegs.  „Diese Rolle wird er künftig noch stärker ausüben“, so Eck. Denn ihm wird künftig unter anderem die Führung des "Industrial Advisory Panels" obliegen, das – besetzt mit namhaften internationalen Wirtschaftslenkern verschiedener Anwenderbranchen – als neues strategisches Gremium die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens beratend begleiten soll. Die offizielle Besetzung soll in den kommenden Wochen erfolgen.

Kapitalmarkt zeigt Interesse an Bioökonomie

Im Aufsichtsrat übernimmt Zinke zudem die Rolle von Michael Motschmann von der MIG Verwaltungs AG, die neben dem Family Office Putsch zu den langjährigen Investoren der Brain AG zählt. „Beide Investoren unterstützen unsere Expansionsstrategie“, sagt Eck. Von Seiten der MIG Fonds ist weiterhin Matthias Kromayer im Aufsichtsrat vertreten. „Langfristig planen wir aber auch, unsere Investorenbasis zu verbreitern. Wir bemerken derzeit, dass die Kapitalmärkte zunehmend Interesse zeigen, in nachhaltige Unternehmensstrategien zu investieren“, erläutert Eck mit Verweis auf skandinavische Fonds, die derzeit ihre Anteile an fossil-basierten Unternehmen aus ihren Portfolios streichen.

Neben Eck als neuen Firmenchef wird die Führungsspitze der Brain AG zudem durch Michael Krohn, Guido Meurer sowie Martin Langer ergänzt. Zusammen mit dem bisherigen Finanzchef Rudolf Bröcker werden sie die neue Geschäftsleitung stellen und vor allem die Internationalisierung des Kooperationsgeschäftes der Bioscience-Unit vorantreiben. Vom Pharmakonzern Merck aus Darmstadt stößt Thomas Kessler ins Management-Team der Brain hinzu. Sein Fokus wird beim operativen Produktgeschäft der Bioindustrial-Unit liegen. Für den Ausbau von weiteren Übernahme- und Beteiligungsaktivitäten wird künftig Frank Goebel verantwortlich sein, der zuvor bei der Royal Bank of Scotland tätig war. „Letzlich wollen wir mit der neuen Führungsmannschaft die seit 2010 eingeleitete Industrialisierungsstrategie fortsetzen und unser Wachstum ausbauen“, so Langer. Hierfür habe man die anstehenden Aufgaben auf breitere Schultern verteilt. Auch die Geschäftsführer der fünf Mehrheitsbeteiligungen werden künftig eng ins Management mit einbezogen, sollen aber weiterhin „eigenverantwortlich agieren dürfen.“ Zinkes Wechsel in den Aufsichtsrat wird deshalb nicht als Abschied gewertet. Langer: „Der Kapitän geht nicht von Bord, sondern wird stärker die Aufgabe des Außenministers wahrnehmen.“