Für mehr Vielfalt im Käseregal

Für mehr Vielfalt im Käseregal

Hohenheimer Ernährungsforscher wollen mithilfe innovativer Verfahren die Herstellung neuer Käsesorten vereinfachen und die Produktion nachhaltiger machen.

Käseplatte - Mit einem neuen Verfahren wollen Forscher die Angebotspalette erweitern.
Forscher haben einen Weg gefunden, den Käse schneller in Form zu bringen und Aromen zu verändern.

Knapp 2,5 Millionen Tonnen Käse wurden 2015 nach Angaben des statistischen Bundesamtes in Deutschland produziert. Mehr als die Hälfte der Produkte wurde exportiert. Damit gehört Deutschland innerhalb der Europäischen Union zu den führenden Käseexporteuren. Doch auch unter den bundesdeutschen Hersteller von Gouda und Co. wächst der Konkurrenzdruck. Neue Geschmacksrichtungen sind gefragt,  Produktionsprozesse müssen optimiert werden. Allein die Rohstoffkosten in der Käseproduktion machen 87 Prozent aus.

Mit einer neuen Technologie-Plattform wollen Ernährungsforscher der Universität Hohenheim nun die Ära „Käse 4.0“ vorantreiben. Das neue Verfahren soll vor allem die Schnittkäseproduktion, die einen Marktanteil von 30 Prozent innehat, vereinfachen und für mehr Vielfalt sorgen. „Wir haben für zwei Prozessschritte der traditionellen Käseproduktion einen völlig neuen Ansatz: Wir vereinfachen das langwierige Ausformen und Pressen der Käse und schaffen die Möglichkeit, neue aromagebende Mikroorganismen zu einem späteren Zeitpunkt zuzugeben“, erläutert der Milchwissenschaftler Jörg Hinrichs.

Käseproduktion flexibel gestalten

Mithilfe des Verfahrens sollen Käsehersteller in die Lage versetzt werden, sowohl die Geschmacksrichtung als auch die Form des Milchprodukts ohne zusätzlichen Aufwand flexibel gestalten zu können. Der aufwendigste und kostenintensivste Teil der Käseproduktion liegt danach im Formen und Pressen, wie Hinrichs erläutert. „Nach dem Abtrennen der Molke müssen die Bruchstücke bis zu mehrere Stunden in der Form gepresst werden und wieder zusammenwachsen. Diese Formen müssen zudem aufwändig gereinigt werden“, erklärt Hinrichs.

Extruder bringt Käse schneller in Form

Die Hohenheimer Forscher nutzen hierfür einen sogenannten Extruder. Hierbei werden die einzelnen Käsebruchstücke in einem Schritt unter Druck und Temperatur zu einer Käsemasse wieder zusammengefügt. „Wenn man diese nun kurz in eine vorgegebene Schablone presst, erhält man bereits den Rohkäse mit seiner endgültigen Form – rund, eckig, oval oder auch herzförmig. Das braucht weniger Zeit und Platz – und das ohne Qualitätsverlust“, betont Hinrichs.

Mehr Geschmack durch veränderte Aromainjektion

Für den Geschmack im Käse sorgen Mikroorganismen, die normalerweise gleich am Anfang, noch vor dem Formen und Pressen, mit Milch vermischt werden. Auch hier verfolgen die Forscher einen neuen Ansatz. „Wenn man die aromabildenden Mikroorganismen erst nach dem Ausformen injiziert, könnte man jeden Laib zu einem individuellen Aroma ausreifen lassen“, erklärt Hinrichs. Auf diese Weise könnten nicht nur verschiedene Mikroorganismen schnell getestet, sondern auch Geschmacksrichtungen schneller entwickelt werden.

An dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bis 2017 geförderten Projekt sind neben Ernährungsforschern auch Mathematiker der Hohenheimer Universität beteiligt. Ihre Aufgabe ist es, mithilfe sogenannter Differentialgleichungen die optimale Stelle im Käse zur Injektion der Mikroorganismen zu finden, damit sich die Aromastoffe während der sechswöchigen Reifung gleichmäßig verteilen.

bb