Orangensaft ist gesünder als gedacht
Der Orangensaft ist besser als sein Ruf. Lebensmittelexperten aus Hohenheim haben herausgefunden, dass der menschliche Körper bestimmte Nährstoffe aus Orangen besser über Orangensaft als über die frische Frucht aufnehmen kann.
Orangen sind gesund. Doch werden die gesunden Inhaltsstoffe aus der Frucht vom Menschen tatsächlich gut aufgenommen? Eine neue Studie von Lebensmittelforschern der Universität Hohenheim legt nahe, dass der menschliche Körper bestimmte Nährstoffe besser über den Verzehr von Orangensaft aufnehmen kann, als über die frische Frucht. Ein Grund dafür sind offenbar die in der Schale enthaltenen Ballaststoffe, die eine Barriere für die gesunden Inhaltsstoffe darstellen. Dies berichten die Forscher im Fachjournal Molecular Nutrition & Food Research (2015, Bd.59, S. 1896-1904).
Orangen sind als Quelle für gesunde Inhaltsstoffe bekannt. Neben Vitamin C enthält die Frucht auch einen hohen Anteil an Carotinoiden und Flavonoiden. Diesen Pflanzenstoffen werden als Antioxidantien positive Effekte auf die Gesundheit zugesprochen. Doch unter Lebensmittelexperten herrscht Unklarheit darüber, wie die Aufnahme solcher Nährstoffe im Körper vonstatten geht und ob frische Früchte hierfür besser geeignet sind als industrielle Produkte wie Säfte. Dieser Frage sind nun Lebensmittelexperten der Universität Hohenheim am Beispiel der Orange und den Carotinoiden nachgegangen.
Saft enthält doppelt soviele Carotinoide
Das Team um Julian Aschoff und Reinhold Carle vom Lehrstuhl Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel wollte wissen, in welcher Form der menschliche Körper die Carotinoide besser aufnimmt – als frische Frucht oder über einen hochprozentigen, pasteurisierten Fruchtsaft. In einem bereits im März 2015 durchgeführten in vitro-Test zeigte sich der Orangensaft überraschenderweise der frischen Frucht überlegen. Nun konnte das Laborergebnis mithilfe von Probanden im Rahmen einer kleinen Studie bestätigt werden. „Bei unseren Untersuchungen konnten wir feststellen, dass aus pasteurisiertem Orangensaft ungefähr doppelt so viele Carotinoide aufgenommen werden als aus einer handelsüblichen Orange“, sagt Julian Aschoff.
In Vorbereitung der Studie mussten ein Dutzend Testpersonen zwei Wochen lang auf andere carotinoidhaltige Lebensmittel wie Tomaten, Spinat, Möhren oder Orangen verzichten, um ihren Körper von dem Pflanzenstoff zu reinigen. Im Anschluss wurde ihnen zum Frühstück dann entweder ein Glas Orangensaft oder die gleiche Menge als Frucht serviert und nach dem Essen innerhalb von zehn Stunden mehrfach Blut abgenommen und der Carotinoid-Gehalt gemessen.
Ballaststoffe in Orange hemmen Nährstoff-Freigabe
Warum die Nährstoffe aus dem Fruchtsaft für den Menschen offenbar besser verträglich sind als die der Orange selbst, hat nach Aussage der Forscher gleich mehrere Gründe. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Molecular Nutrition & Food Research berichten, spielen dabei Ballaststoffe eine wichtige Rolle „In der Orange sind mehr unverdauliche Ballaststoffe enthalten als im Saft, weshalb die Aufnahme der Carotinoide aus der Frucht stark vermindert ist“, erklärt Reinhold Carle. Bei der Herstellung des Fruchtsaftes wiederum werden diese Ballaststoffe bereits teilweise abgetrennt. Außerdem werden beim Auspressen der Frucht die Catotinoide besser freigesetzt. „Beim Zerkauen einer Orange wird die Frucht nie komplett zerkleinert. Viele Zellen bleiben so intakt und schließen die Carotinoide ein. Das erschwert ihre Aufnahme und Verwertung.“ Die Forscher sind daher überzeugt, dass der Orangensaft – trotz seines umstrittenen Zuckergehaltes – gesünder ist, zumindest wenn er in Maßen konsumiert wird. Aus der Sicht der Experten reichen etwa 200 ml am Tag aus, um den menschlichen Körper mit den notwendigen Nährstoffen zu versorgen.