Plasmatechnologie in der Bioökonomie

Plasmatechnologie

Text: Klara Harres

Die Plasmatechnologie hält auch für die Bioökonomie verschiedenste Lösungen bereit. Sie ermöglicht unter anderem eine optimierte Verarbeitung von Biomasse sowie umweltschonende Verfahren in der Landwirtschaft und sie stärkt eine verlustfreie Kreislaufwirtschaft. In diesem Dossier werden Grundlagen erklärt, Anwendungsbereiche in der Bioökonomie aufgezeigt und Forschungsprojekte vorgestellt.

Was ist Plasma und wo kommt es zum Einsatz?

Plasma wird neben fest, flüssig und gasförmig als der vierte Aggregatzustand von Materie bezeichnet. Es ist ein Teilchengemisch aus freien Elektronen, Ionen, Atomen und Molekülen. Plasma entsteht, wenn einem Gas so viel Energie zugeführt wird, dass die Moleküle aufbrechen und die Elektronen die Atomhüllen verlassen – das Gas ionisiert. Die Plasmabeschaffenheit kann je nach Temperatur und Druck sehr unterschiedlich sein. Aufgrund seiner elektrisch geladenen Teilchen wird es durch elektrische und magnetische Felder beeinflusst. Eine weitere wesentliche Eigenschaft ist die Leitfähigkeit. Chemisch gesehen ist Plasma sehr reaktiv und kann mit unterschiedlichen organischen und anorganischen Elementen in Wechselwirkung treten. Dazu zählen etwa Metall- und Kunststoffoberflächen, Flüssigkeiten wie Wasser und Öle sowie Mikroorganismen.

Die Vielfalt von Plasmen 

Mehr als 99 % der sichtbaren Materie im Universum befindet sich im Plasmazustand. Dazu gehören die Sonne und alle leuchtenden Sterne. Auf der Erde findet man Plasmen unter anderem in Blitzen und Polarlichtern. Sie werden aber auch technisch erzeugt und sind die Grundlage von Lichtquellen, Bildschirmen, Neonröhren und vielem mehr. 

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Die Kategorisierung eines Plasmas kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Anhand des Drucks unterscheidet man zwischen Hoch- und Niederdruckplasmen. In einem Niederdruckplasma ist der Druck erheblich niedriger als der Atmosphärendruck. Sie werden zu den nichtthermischen Plasmen gezählt. Im Vergleich zu thermischen Plasmen befinden sie sich in einem thermodynamischen Nicht-Gleichgewicht. Das bedeutet, dass sich die Temperatur zwischen den Elektronen einerseits und den Ionen und Neutralteilchen andererseits signifikant unterscheidet. Außerdem kann entsprechend der Elektronenkonzentration zwischen dichten und dünnen Plasmen sowie anhand der Temperatur zwischen kalten und heißen Plasmen unterschieden werden.  

Klassische Anwendungsgebiete 

Die Plasmatechnologie kommt bereits in vielen Branchen und Bereichen zum Einsatz, häufig bei der Oberflächenbearbeitung. Wenn Plasma mit festen Materialien wie Metall, Glas oder Kunststoff in Berührung kommt, werden die Oberflächeneigenschaften verändert. Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten gibt es daher in der Maschinen- und Fahrzeugproduktion: Werkstoffe können durch Plasma gereinigt und aktiviert werden. Bei Beschichtungen kann das Teilchengemisch zudem als Haftvermittler für eine optimierte Benetzung zum Einsatz kommen.  

In der Halbleiterindustrie wird Plasma zur Ionenimplantation (Einbringung von Fremdatomen in ein Material zur Änderung der Materialeigenschaften) und für wasserabweisende Schutzschichten auf Schaltungen genutzt. Heute enthält jedes Smartphone und jeder Laptop Bauteile, die Plasmaprozesse durchlaufen haben.  
Auch in der Medizintechnik kann Plasma eine wichtige Rolle spielen: Es dient zur Sterilisation von Medizinprodukten und kann die Wundheilung fördern, indem es die Gewebebildung stimuliert.  

In der Optik ermöglicht Plasmabeschichtung die Herstellung von Antireflex- und Polarisationsschichten für Filter und Spiegel. Selbst stark gekrümmte Kunststoffoberflächen lassen sich dadurch entspiegeln. 
Die Textilindustrie wiederum nutzt das gasförmige Teilchengemisch für die Widerstandsfähigkeit von Stoffen gegen Flüssigkeiten, Schmutz, Flammen und UV-Strahlung. Darüber hinaus kommt es zur Anwendung, um Innovationen wie selbstreinigende und biokompatible Textilien herzustellen.  

Die Herstellung  

Plasma kann auf unterschiedliche Weise erzeugt werden, abhängig von der gewünschten Art und dem Einsatzzweck. Das grundlegende Prinzip ist, Gas durch die Zufuhr von Energie zu ionisieren. Die Vorgänge innerhalb eines Plasmas können über das Betriebsgas, den Gasfluss, den Druck, die Anregungsfrequenz und die Leistung kontrolliert werden.

Direkte Plasmabehandlung Lupine
Direkte Plasmabehandlung, Lupine

Eine weit verbreitete Methode zur Plasmaerzeugung ist die elektrische Entladung. Diese umfasst verschiedene Verfahren wie die dielektrische Barriereentladung, Koronaentladung, Glimmentladung, Lichtbögen oder piezoelektrische Direktentladungen. Elektrische Entladungen sind besonders relevant für die Herstellung von nichtthermischen Plasmen. Dabei wird durch das Anlegen eines elektrischen Feldes an einer Plasmakammer das eingebrachte Gas, beispielsweise Sauerstoff oder Stickstoff, ionisiert. Die freigesetzten und im elektrischen Feld beschleunigten Elektronen regen durch Kollisionen Neutralteilchen an – das Plasma entsteht. 

Auch der Druck ist für die Plasmaherstellung von Bedeutung. Bei höheren Drücken und bestimmten Gasen kommt es zur Beschichtung von Oberflächen, bei niedrigeren eher zu Ätzvorgängen, die beispielsweise für die Mikroelektronik von Mobiltelefonen wichtig sind. Ebenso beeinflussen die Geometrie des Reaktors und die Wahl der Energiequelle, was im Plasma passiert und wie es sich auf die umgebenden Oberflächen auswirkt.  

Da es sich bei Plasma um ein rein elektrisches System handelt, ist die Herstellung energieintensiv. Die Nachhaltigkeit der Technologie kann jedoch erhöht werden, indem Energie aus erneuerbaren Quellen genutzt wird. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es wenige wissenschaftliche Arbeiten zum Plasmaeinsatz in der Bioökonomie, die den Energieverbrauch entsprechender Anlagen untersucht haben. Bezogen auf den Einsatz von kaltem Plasma in der Lebensmittelindustrie haben Forschungen gezeigt, dass Plasma weniger Energie verbraucht als die entsprechenden alternativen Verfahren.

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Potenziale der Plasmatechnologie für die Bioökonomie

In den letzten Jahren hat besonders das kalte Plasma wegen seiner einfachen Handhabung, niedrigen Betriebskosten und guter Umweltverträglichkeit große Aufmerksamkeit erlangt. Es hat auch in der Biomasseverarbeitung, der Landwirtschaft, der Lebensmittelverarbeitung und dem Umweltschutz großes Potenzial.

Kaltes Plasma

Im kalten Plasma, auch nichtthermisches Plasma genannt, sind die Elektronen viel heißer als die anderen Gasteilchen, wie Ionen und Neutralteilchen. Wegen des thermischen Nichtgleichgewichts wird es auch Nichtgleichgewichtsplasma genannt. Für kaltes Plasma werden Gase bei Raumtemperatur teilweise ionisiert. Dadurch bietet es vielfältige Einsatzmöglichkeiten, in denen Wärmeempfindlichkeit eine Rolle spielt, und ist auch für die Bioökonomie von besonderer Bedeutung.

Verarbeitung von Biomasse 

Die nachhaltige Verarbeitung biogener Ressourcen ist ein zentrales Element der Bioökonomie. Biomasse, darunter Pflanzen, Algen und auch Reststoffe, dient als erneuerbare Kohlenstoffquelle für die Herstellung von Treibstoffen, Chemikalien und weiteren wertvollen Produkten. Eine besondere Herausforderung stellt jedoch der Aufschluss von komplexen Biomassestrukturen dar, insbesondere bei lignocellulosereichen Materialien. Lignocellulose ist ein Bestandteil von Pflanzenmasse, die in der Regel nicht als Nahrung- oder Futtermittel verwendet wird, wie Holz oder Getreidestroh. Die derzeitigen Verarbeitungstechnologien umfassen überwiegend thermochemische sowie enzymatische Verfahren, die jedoch mit hohen Investitionskosten und hohem Energieaufwand oder geringen Erträgen einhergehen. 

Mit der kalten Plasmatechnologie kann zum Beispiel die Lignocellulose für die Treibstoffherstellung effizient abgebaut werden, wodurch die Cellulose für biochemische Prozesse besser zugänglich wird. Dies führt zu einem höheren Bioethanol-Ertrag und einer verbesserten Wirtschaftlichkeit von Bioraffinerien. 

Auch in der Biogas-Erzeugung kann die Plasmatechnologie zur Effizienzsteigerung beitragen. In Biogasanlagen werden pflanzliche Abfälle, Gülle und Klärschlamm verwertet, um Methan als Energieträger zu gewinnen. Forschende haben herausgefunden, dass die Kombination von Ultraschall und Plasma den Aufschluss der organischen Substrate verbessert. Verantwortlich dafür ist die Fermentation der Gärreste in einem Hochleistungs-Ultraschallreaktor, in dem die Zellstrukturen durch Schockwellen aufgebrochen werden. Dies erleichtert den Fermentationsbakterien den Zugang zu den organischen Materialien und steigert die Methanausbeute um mehr als 20 %. Gleichzeitig reduziert das Verfahren die Emission von Ammoniak. 

Als wertvolle Biomassequelle stehen auch Mikroalgen im Fokus der Bioökonomie. Ihre widerstandsfähigen Zellwände erschweren jedoch die Extraktion der Inhaltsstoffe, sodass herkömmliche Methoden oft unzureichende Ergebnisse liefern oder unerwünschte Nebeneffekte wie Hitzeentwicklung mit sich bringen. Der Einsatz von Plasma bietet hier eine innovative Lösung: Durch eine speziell entwickelte Plasmaquelle entstehen starke Schockwellen, welche die Zellstruktur schonend öffnen, ohne dabei schädigende Wärme zu verursachen. Dies ermöglicht eine schonende Extraktion temperaturempfindlicher Inhaltsstoffe wie Proteine oder Pigmente und eröffnet neue Wege für eine effiziente Nutzung von Mikroalgen in der Pharma-, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie.

Landwirtschaft 
In der Landwirtschaft trägt Plasma dazu bei, Erträge zu sichern und den Einsatz von Chemikalien zu verringern. Untersuchungen zeigen, dass eine Plasmabehandlung die Keimung von Saatgut, das Pflanzenwachstum und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stressfaktoren verbessert sowie die Biomasse und den Ertrag erhöht. Zudem kann das gasförmige Teilchengemisch als Alternative zu chemischen Pestiziden und Düngemitteln fungieren und wegen seiner sterilisierenden Wirkung die Behandlung von Saatgut mit chemischer Beize obsolet machen. Um den Einsatz von mineralischen Düngemitteln zu reduzieren, wird Wasser mit Plasma so behandelt, dass sich reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies bilden. Das mit Stickstoff angereicherte Wasser kann als natürlicher Dünger verwendet werden. 

Saatgutbehandlung mit Plasma Lupine
Saatgutbehandlung mit Plasma, Lupine

Lebensmittelverarbeitung
In der Lebensmittelindustrie ist der Einsatz von Plasma aus bioökonomischer Sicht ebenfalls relevant. Dabei geht es vor allem um geminderte Lebensmittelverluste durch verbesserte Hygiene- und Lagerungsbedingungen sowie einen verringerten Einsatz von potenziell umweltbelastenden Chemikalien bei der Lebensmittelverarbeitung.  

Ein zentrales Forschungsziel ist die Optimierung bestehender Prozesse, um sowohl die Produktsicherheit als auch die Qualität durch kaltes Plasma zu steigern. So kann beispielsweise plasmabehandeltes Wasser für das Waschen von Frischprodukten verwendet werden. Die durch Plasma erzeugten reaktiven Spezies wirken nämlich antimikrobiell und zerfallen innerhalb kürzester Zeit wieder. Auch Verpackungsmaterialien lassen sich so gezielt hygienisch behandeln, wodurch die Haltbarkeit und die Produktsicherheit optimiert werden können. Mit Plasma behandelte Luft reduziert außerdem Schimmelpilze oder Schadinsekten und verbessert auf diese Weise ebenso die Lagerungsbedingungen. 

Ein weiterer Ansatz ist die Reinigung von Transportbändern in der Lebensmittelproduktion mit plasmabehandeltem Wasser. Diese Methode kann herkömmliche Desinfektionschemikalien ersetzen und zusätzlich die Inaktivierung von Mikroorganismen deutlich beschleunigen. Besonders in der Gemüse- und Fleischverarbeitung erweist sich dieses Vorgehen als effizient und ressourcenschonend.

Salatwäsche
Plasmabehandeltes Wasser für die Salatwäsche

Umweltschutz 
Plasma findet auch im Gewässerschutz Anwendung. Täglich gelangen große Mengen an Chemikalien in die Gewässer, darunter Biozide und synthetische Düngemittel, Medikamentenrückstände und Röntgenkontrastmittel. Forschende kombinieren klassische Wasseraufbereitungsverfahren mit innovativen Plasmatechnologien, um Stoffe wie diese effizient zu entfernen. Dabei werden chemische Verbindungen aufgespalten und in unbedenkliche Stoffe umgewandelt.  

So kann schmutziges Industrieabwasser gereinigt und direkt in der Produktion wiederverwendet und sauberes Abwasser in die Natur zurückgeleitet werden. Auch natürliche Schadstoffe und Gifte wie Cyanotoxine, die durch Algenblüten in Gewässer und Trinkwasser gelangen, könnten durch den Einsatz von Plasma reduziert werden.  
Neben der Gewässer- und Abwasserreinigung können schädliche Stoffe und Keime auch aus der Luft entfernt werden, etwa flüchtige Kohlenwasserstoffe, Gerüche sowie unerwünschte Emissionen wie Kohlendioxid, Stickoxide und Schwefelverbindungen. Gerade die Beseitigung Letzterer könnte einen wichtigen Beitrag zur Reduktion klimaschädlicher Gase beitragen.

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Aktuelle Forschungsprojekte

PLEXIM  
Das Plant³-WIR!-Verbundprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, physikalisches Plasma zur Extraktion von Phycocyanin aus der Modellalge Galdieria sulphuraria zu nutzen. Das pflanzliche Pigment wird als blauer Lebensmittelfarbstoff oder Nahrungsergänzungsmittel genutzt. Im Gegensatz zum standardmäßig verwendeten Cyanobakterium Spirulina kann die im PLEXIM-Projekt genutzte Modellalge kosten- und flächensparend in Photobioreaktoren oder Fermentern kultiviert werden. Der Projektverbund besteht aus dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP), der Algenfarm Klötze GmbH & Co. KG und der BioActive Food GmbH.

WIR! – Wandel durch Innovation in der Region

Das Plant³-WIR!-Verbundprojekt ist Bestandteil der BMBF-Programmlinie WIR! – Wandel durch Innovation in der Region. Die darin gebündelten Vorhaben und regionalen Kooperationen verfolgen das Ziel, Innovationspotenziale in strukturschwachen Regionen zu identifizieren, auszubauen und so die Wertschöpfung zu steigern. Die Menschen vor Ort sowie die individuellen Stärken des jeweiligen Gebiets stehen dabei im Mittelpunkt. Dass ein innovationsbasierter Wandel häufig mit der Förderung von bioökonomischen Verfahren und Produkten einhergeht, wird durch ein Projekt wie PLEXIM deutlich.

CellZero 
Im Projekt CellZero arbeiteten das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V., die Hochschule Anhalt und die Firma PAN-Biotech GmbH bis Mitte 2024 gemeinsam an einem innovativen Ansatz, um die Produktion von zellbasiertem Fleisch zu optimieren. Mit einem Nährmedium aus Algen statt aus tierischem Serum konnten Stammzellen zu Muskel-, Fett- und Bindegewebszellen herangezogen werden. 3D-Druck ermöglichte dann die Produktion fleischähnlicher Strukturen. Durch den Einsatz von Plasmatechnologie wurden biologische Kontaminanten in dem Prozess reduziert und somit der Einsatz von Antibiotika ersetzt. Nach erfolgreichem Abschluss sind nun Folgeprojekte in industriellem Maßstab geplant.  

Physics for Food
Seit 2018 existiert das Projekt Physics for Food – Eine Region denkt um! als Teil des WIR!-Bündnisses. In dieser Kooperation arbeiten Forschende der Hochschule Neubrandenburg und des INP mit Wirtschaftspartnern daran, innovative physikalische Verfahren wie Atmosphärendruck-Plasma, gepulste elektrische Felder und UV-Licht in der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung zu nutzen. Ziel ist es, Agrarrohstoffe für die Weiterverarbeitung zu optimieren, chemische Mittel zu reduzieren, Pflanzen widerstandsfähiger gegen Klimawandel zu machen und Schadstoffe in der Lebensmittelproduktion zu verringern.  

Dazu gehören unter anderem folgende Leitprojekte: Physics for Sustainable Vertical Farming entwickelt ein mehrstöckiges Gewächshaus, in dem Plasmaverfahren zur Wasseraufbereitung und Stärkung der Pflanzen beitragen. Physics for Seed Treatment untersucht, ob Plasma die Keimung von Saatgut beschleunigen und Pflanzenkrankheiten bekämpfen kann. Physics for Cropping Systems testet plasmaaktiviertes Wasser und UV-C-Licht als Alternative zu chemischen Mitteln in der Landwirtschaft, um das Pflanzenwachstum zu fördern und die Erträge zu steigern. Physics for Storage & Food sowie BIG STORAGE erforschen den Einsatz von Kaltplasma zur Schädlings- und Schimmelbekämpfung in gelagertem Getreide, indem es direkt auf Körner oder als plasmabehandelte Luft in Silos eingebracht wird, um Verluste zu minimieren und die Lagerung nachhaltiger zu gestalten.

Wasseraufbereitung mit Plasma
Wasseraufbereitung mit Plasma

biogeniV 
Ebenfalls im Rahmen des vom BMBF-geförderten WIR!-Programms wurde das Bündnis biogeniV ins Leben gerufen. Hier sollen bisher ungenutzte biogene Reststoffe und CO2 unter Einsatz von erneuerbarer Energie in Kraft- und Wertstoffe umgewandelt werden. Im Fokus stehen innovative Technologien wie die Plasmatechnologie zur Biomethanol-Erzeugung, für mehr Ressourceneffizienz bei der Biogasherstellung und für die Verwertung von Gülle und Gärresten. Das Bündnis wurde von der Hansestadt Anklam, der Cosun Beet Company und dem INP gegründet. 

PlasmaWood 
Das inzwischen erfolgreich abgeschlossene Forschungsprojekt PlasmaWood untersuchte die Nutzung von Niederdruckplasma zur wetterfesten Beschichtung von Holzfassaden, um deren Langlebigkeit und Nachhaltigkeit zu verbessern. Ziel war es, Holz als CO₂-neutralen Baustoff attraktiver für den Bau zu machen, indem eine widerstandsfähige, umweltfreundliche Oberflächenbehandlung entwickelt wurde. In Laborversuchen und mit einer Versuchsanlage wurden Haftung, Stabilität und der Einsatz von Hilfsstoffen zur Schädlingsabwehr getestet. Das vom BMBF geförderte Projekt könnte langfristig den Pflegeaufwand für Holzfassaden und Emissionen im Bausektor reduzieren. 
 

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Vom Labor in die Anwendung: Potenziale und Hürden

Bioökonomie.de sprach mit Prof. Jürgen Kolb und Dr. Hans Sawade vom Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e. V. (INP) über die Zukunftspotenziale und die aktuellen Herausforderungen in der Weiterentwicklung der Plasmatechnologie.

Interview mit bioökonomie.de

Kolb hebt die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten der Plasmatechnologie hervor – vom Pflanzenanbau über die Verarbeitung und Lagerung bis hin zur Verwertung von Reststoffen und der Abwasseraufbereitung. Sein Fazit: Am Ende entsteht „eine kreislaufgeführte Bioökonomie, wo Plasma an jeder Stelle der Wertschöpfungskette einen wesentlichen Beitrag leisten kann“. Besonders vielversprechend sei der Einsatz von Plasma in der Landwirtschaft. Nach Kolb könnte dieses schon in naher Zukunft als Alternative zur chemischen Saatgutbehandlung, der Beize, eingesetzt werden und dadurch die Abhängigkeit von Agrarchemikalien reduzieren. Außerdem seien Erfolge in der Behandlung von Gülle mit Plasma und Ultraschall zu verzeichnen. Im Allgemeinen stecke in der Verwertung biogener Reststoffe mit Plasma großes Potenzial, um die Valorisierung von Abfällen voranzutreiben.  

Im industriellen Maßstab wird Plasma bereits zur Hygienisierung von Frischeprodukten wie Salat und Äpfeln in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Ein „riesiges Zukunftspotenzial“, so. Kolb, stecke in der Abwasseraufbereitung und Prozesswasserrückführung. Ebenfalls vielversprechend sei außerdem das Entfernen der sogenannten Ewigkeitschemikalie PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) aus Abwässern – zurzeit mit vertretbarem Aufwand nur mit Plasma möglich. Langfristig könnte Plasma außerdem zur Klimaanpassung von Pflanzen beitragen, indem Stoffwechselprozesse gezielt beeinflusst werden. Weitere Perspektiven böten die Rückgewinnung von Wertstoffen wie Phosphor und das Upcycling von Biopolymeren als Alternative zu Plastik. 

Trotz dieser Potenziale gibt es erhebliche Herausforderungen. Laut Kolb scheitert der breite Einsatz der Plasmatechnologie im Bereich der Bioökonomie häufig an einer Finanzierungslücke zwischen Laborforschung und industrieller Umsetzung. Zusätzlich stehen plasmabasierte Verfahren wie die Saatgutbehandlung in Konkurrenz zu etablierten chemischen Behandlungen, wodurch großes Interesse von diesen Industriepartnern bislang ausbleibt. Außerdem reduzieren hohe Industriestrompreise die Wirtschaftlichkeit der Technologie und die Etablierung neuer Geschäftsmodelle auf dem deutschen Markt.

Ein weiteres bedeutendes Hemmnis sei die Zulassung der plasmabasierten Verfahren, insbesondere im Bereich Lebensmittel und Pflanzen. Die Zulassungsbehörden seien mit der Technologie nicht bekannt und es gäbe Missverständnisse hinsichtlich der physikalischen Wirkungsweise von Plasma. Stabsleiter Sawade ergänzt: „Wir nehmen natürlich vorkommende Inhaltsstoffe, Luft, Sauerstoff, Stickstoff, Wasser, regen sie kurz an und sie zerfallen dann (…) wieder zu den Ausgangszuständen.“ Dies sei keine Chemie, also die Herstellung eines neuen Stoffes, sondern reine Physik. Hier sehen die Experten einen besonders hohen Bedarf an Aufklärungsarbeit, um Unklarheiten aus dem Weg zu räumen und so dem Markteintritt der Plasmatechnologie einen Schritt näherzukommen.

Fest steht: Plasma hat das Potenzial, sich über eine Nischentechnologie hinaus in der Bioökonomie zu etablieren. Sein Erfolg wird jedoch wahrscheinlich vor allem von technologischen Innovationen, hohen Investitionen und einer angepassten Regulierung abhängen.