„Mykoprotein ist das Fleisch 2.0”
Franziskus SchnabelBeruf:
Gründer und Investor
Position:
Mitgründer und Geschäftsführer des Unternehmens Kynda Biotech GmbH in Jelmstorf

Beruf:
Gründer und Investor
Position:
Mitgründer und Geschäftsführer des Unternehmens Kynda Biotech GmbH in Jelmstorf

Das Start-up Kynda nutzt landwirtschaftliche Nebenprodukte, um Mykoproteine für die Lebensmittel- und Tiernahrungsindustrie herzustellen.
Mikrobielle Pilze als sogenanntes Myzel (auch Mykoprotein genannt) in Bioreaktoren zu vermehren und mit Reststoffen zu füttern, kann ein wichtiger Baustein für eine zirkuläre Bioökonomie sein. Das Start-up Kynda ist in diesem Bereich führend und erweitert nun seine Produktionsanlagen in Jelmstorf bei Lüneburg.
Welches Ziel verfolgt Kynda mit seiner Geschäftsidee?
Durch die fermentative Umwandlung von Reststoffen, die bei der Produktion vieler Lebensmittel anfallen, in nährstoffreiche Zutaten für neue Lebensmittel oder auch Tierfutter, können der Wasserverbrauch und der Ausstoß von Klimagasen im Vergleich zu bisherigen Produktionsmethoden deutlich reduziert werden. Außerdem führt diese neue Art der Produktion zu kürzeren Transportwegen, da sie direkt dort erfolgen kann, wo Reststoffe anfallen. Also zum Beispiel in Brauereien, Saft- oder Zuckerfabriken oder auch in Molkereien und Produktionsstätten für Hafer- oder Sojamilch. Dort werden unsere Bioreaktoren stehen und die anfallenden Reststoffe direkt in leckere und gesunde Lebensmittelzutaten verwandeln.
Was macht den Ansatz von Kynda so besonders?
Wir sind auf den B2B-Markt fokussiert, das heißt, wir entwickeln Zutaten für die Hersteller neuer, nachhaltigerer Produkte. Dafür kombinieren wir firmeneigene Technologie, in Form von speziell für unseren Prozess entwickelten Bioreaktoren, mit Erkenntnissen aus der modernen Biotechnologie. Was uns dabei besonders auszeichnet und von vielen anderen Fermentations-Start-ups unterscheidet: Wir setzen von Anfang an auf die Nutzung von Reststoffen, die in Landwirtschaft und Industrie anfallen.
Was bedeutet das konkret?
Das Ergebnis ist eine skalierbare und anwenderfreundliche Schlüsseltechnologie, mit der Industriepartner Reststoffströme aus der Lebensmittelproduktion nutzbar machen können. Und beim Fermentationssystem von Kynda handelt es sich nicht „nur“ um einen Bioreaktor. Es ist eine komplette Fermentationsanlage, die von der transportablen, lagerfähigen und sterilen Starterkultureinheit über das Innokulations- und Vorkultursystem, bis in den Haupttank, in dem die Fermentation stattfindet, auf den Prozess der Myzel-Herstellung und deren Sicherheit und Effizienz hinentwickelt wird. In Einheit ergeben die drei Hauptkomponenten ein System, das außerhalb von sterilen Laboren und ohne mikrobiologische Vorbildung in Lebensmittelbetrieben verwendet werden kann – also ganz ähnlich einer modernen Brauerei. So ermöglichen wir ein hocheffizientes und nachhaltiges Upcycling von Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie, direkt an dem Ort, wo diese Nebenprodukte entstehen. Wir schließen damit eine große Lücke in der Kreislaufwirtschaft und reduzieren den CO₂-Fußabdruck der Lebensmittelindustrie immens.
Warum ist Mykoprotein besonders interessant?
Mykoprotein ist das Fleisch 2.0. Es zeichnet sich durch eine sehr fleischähnliche, faserige Textur und einen herzhaften Umami-Geschmack aus. Das bieten pflanzliche Alternativen nicht, zumindest nicht von Natur aus. Und auch das Nährstoffprofil von Pilzen ist jenem von tierischen Produkten sehr ähnlich, was zum Beispiel den Gehalt an essenziellen Aminosäuren und wichtigen Vitaminen betrifft. Gleichzeitig enthält Mykoprotein im Gegensatz zu Fleisch aber auch viele Ballaststoffe und zellgebundene Fette. Insgesamt eignet es sich deshalb ideal als Fleischersatz, Zutat für pflanzliche Lebensmittel und Anwendungen in der Tierernährung. Außerdem sind Pilze, wie schon erwähnt, Meister der Reststoffverwertung. Anstatt nährstoffreiche Nebenprodukte zu entsorgen, werden diese durch Kyndas Technologie weiterverwertet, was eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft fördert, von der sowohl Unternehmen als auch die Umwelt profitieren.
Was sind die nächsten Schritte?
Wir sind kürzlich eine strategische Partnerschaft mit Enjoy Ventures, der PHW-Gruppe und Clima Now eingegangen, um unsere Technologie weiter zu skalieren und zu optimieren. Dadurch können dann bald die großen Mengen geliefert werden, die viele unserer Kunden brauchen. Eine Markteinführung erster Produkte mit unseren Zutaten rückt damit näher und bald schon wird man sie in den Supermarktregalen finden können.
Interview: Martin Reich/Beatrix Boldt