Synthetische Biologie wird marktreif

Synthetische Biologie wird marktreif

Auf der Konferenz Synbio Markets in Berlin diskutierten Bioingenieure und Biotech-Unternehmer aus aller Welt darüber, wie sie mit innovativen Produkten die Wirtschaft erobern wollen.

SynbioMarkets
Podiumsdiskussion auf der Konferenz Synbio Markets 2019 in Berlin.

„Die Synthetische Biologie hat in Deutschland einen schweren Stand“, sagt Nicolas Krink von der Deutschen Gesellschaft für Synthetische Biology (GASB). Gegenüber bioökonomie.de zeigte er sich aber zuversichtlich, dass sich das aktuell ändert: „Wir haben sehr dafür geworben, dass die neue Branchenmesse Synbio Markets nach Berlin kommt  – und nicht nach Paris oder Kopenhagen.“ Beim Veranstalter Bio Market Insight traf Krink auf offene Ohren, denn die Premiere der Synbio Markets fand Mitte November tatsächlich in Berlin statt. An zwei Tagen konnten die rund 200 Besucher im ewerk in Berlin-Mitte jeden treffen, der in der Synthetischen Biologie Rang und Namen hat.

Internationale Experten in Berlin versammelt

Sowohl die Sprecher als auch die Teilnehmer kamen aus der ganzen Welt – von den USA und Kanada über die Niederlande, Frankreich und Dänemark bis hin zu Japan. Aus den USA waren die Branchenführer Twist Bioscience und Ginkgo Bioscience mit ihrer Chefin Emily Leproust beziehungsweise dem Leiter der Geschäftsentwicklung Jess Leber vor Ort. In Deutschland mangelt es noch an Firmen, die sich selbstbewusst als „Synbio“-Unternehmen bezeichnen. Eines davon ist AMSilk aus Martinsried. Unternehmenschef Jens Klein stellte in Berlin ein gemeinsam mit dem Flugzeugbauer Airbus initiiertes Projekt zur Nutzung von Biotech-Spinnenseide als Zukunftsmaterial vor.

Vegane Alternativen zu Fleisch im Trend

Vertreter von Leaps by Bayer, der Innovationseinheit des deutschen Chemie- und Pharmakonzerns Bayer, sprachen bei der Konferenz über ihre Anstrengungen, neue Erfolgskennzahlen für Biotech-Investments zu entwickeln. Der finanzielle Erfolg sei das eine, aber auch die nachhaltige Umgestaltung eines Industriesektors wäre ein denkbarer Erfolgsparameter. Bayer arbeitet bei diesem Projekt zum Beispiel mit dem Beratungsunternehmen Happiness Research Institute in Kopenhagen (Dänemark) zusammen.

Als alles andere als zukunftsfähig betrachtete ein Großteil der Teilnehmer die Viehwirtschaft. Egal ob Fleisch, Milch oder Leder – weltweit tüfteln Forscher und Entwickler nach veganen Alternativen. In Berlin bekräftigte zum Beispiel Gary Lin, ein in Deutschland tätiger US-Unternehmer, dass sein Investmentvehikel Purple Orange Ventures ausschließlich im Bereich Tierersatzlebensmittel investiert. Im Portfolio ist zum Beispiel Wild Earth, ein Entwickler von pflanzenbasiertem Hundefutter. Das Schlagwort der Stunde ist dabei „clean“. Nur wer seinem Hund Futter von Wild Earth gibt, dürfe ein reines Gewissen haben, so die Verkaufsstrategie.

Nachhaltigkeit der Produkte in den Vordergrund rücken

Auch für Shara Ticku von der US-Firma C16 Biosciences ist die Kundenansprache entscheidend: „Biotechnologie und insbesondere Synthetische Biologie klingt für die Öffentlichkeit irgendwie unnatürlich.“ Auch wenn der Begriff „Natürlichkeit“ äußerst schwammig ist, sind Produkte mit solch einer Bezeichnung aktuell gefragt. „Somit ist die Herausforderung für unsere Branche, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass unsere Produkte noch besser sind. Nachhaltigkeit und das reine Gewissen sind hier mögliche Angriffspunkte“, so Ticku weiter. C16 Biosciences hat sich auf die Fahnen geschrieben, Palmölinhaltsstoffe im Labor herzustellen. Das könnte das weitere Abholzen des Regenwalds für neue Palmölplantagen verlangsamen, hofft die Jungunternehmerin. 

Für Krink zeigt die Veranstaltung „deutlich das wirtschaftliche Potenzial der Synthetischen Biologie“. Allerdings fiel auch dem Vorstandsmitglied des GASB auf, dass Teilnehmer aus Deutschland unterrepräsentiert waren: „Die Synbio Markets hat uns in Deutschland wieder einmal bewusst gemacht, wie viel wir noch aufzuholen haben. Die nächste große wirtschaftliche Revolution läuft – und Deutschland ist in der Zuschauerrolle.“

 ml