Spross-Spitze bringt Mais in Form
Das Meristem ist nicht nur der Teil der Pflanze, an dem das Wachstum stattfindet – es reguliert auch die Architektur der Pflanze.
Wann wächst eine Maispflanze eher in die Breite, wann wächst sie schlank in die Höhe? Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat herausgefunden, wie Mais diese Entscheidungen trifft und innerhalb der Pflanze koordiniert. Entscheidend ist demnach das sogenannte Meristem, die Spitze des Sprosses, wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Genome Research“ berichten.
Molekulare Schaltkreise analysiert
Das Meristem ist der Bereich der Pflanze, an dem das lebenslange Wachstum erfolgt. Die dortigen Stammzellen teilen sich und differenzieren sich aus in das jeweils benötigte Gewebe. Dabei reagiert das Meristem sowohl auf Entwicklungsstadien der Pflanze als auch auf Umweltfaktoren. Möglich wird das durch Signalmoleküle, über die die Zellen erfahren, wo in der Pflanze sie sich jeweils befinden und welche Zellarten dort erforderlich sind. Die Wissenschaftler um Forschungsleiterin Marja Timmermans haben jetzt die molekularen Schaltkreise und das zugrunde liegende Gennetzwerk analysiert, die hinter dem Mechanismus stecken, der über die Wuchsform der Maispflanze entscheidet – und sind wieder beim Meristem gelandet.
Meristem reguliert Wachstums
„Dort in der äußersten Sprossspitze reguliert das Meristem die Einstellungen so, dass die individuelle Pflanze unter den jeweiligen Bedingungen zur optimalen Gestalt heranwächst“, fasst Timmermans die Ergebnisse zusammen. „Wir haben Mechanismen gefunden, die speziell die Stammzellen bei Mais steuern, und entdeckt, dass sie die Architektur der ganzen Pflanze bestimmen.“ Demnach entscheidet das Meristem nicht nur, ob neue Stammzellen oder Organe gebildet werden, sondern auch welche.
Potenzial für höhere Flächenerträge
Das eröffnet großes Potenzial für die Landwirtschaft. Denn dort ist es in den vergangenen Jahrzehnten kaum gelungen, den Kornertrag pro Pflanze weiter zu erhöhen. Stattdessen wurde der steigende Flächenertrag dadurch realisiert, dass neue Sorten einen steileren Blattwuchs und bestimmte Blattformen haben, wodurch eine höhere Pflanzdichte möglich wird. Allerdings bedingen Blattform und -ausrichtung auch die Photosyntheseleistung und damit die Produktivität. „Die genetischen Schaltkreise, die wir identifiziert haben, lassen sich nun für die weitere Optimierung nutzen“, zeigt sich Timmermans zuversichtlich.
bl