Nobelpreisträger-Treff in neuem Gewand

Nobelpreisträger-Treff in neuem Gewand

39 Nobelpreisträger und 600 Nachwuchswissenschaftler haben sich in Lindau zum traditionellen Jahrestreffen versammelt. Medizin und Biowissenschaften stehen diesmal im Fokus.

Am Sonntag wurde die 68. Nobelpreisträgertagung in Lindau vor 600 Nachwuchswissenschaftlern offiziell eröffnet.

Die Nobelpreisträgertagung in Lindau findet dieses Jahr bereits zum 68. Mal statt, allerdings zum ersten Mal in der modernisierten Inselhalle. In den letzten zwei Jahren musste die Tagung in das Stadttheater ausweichen und zählte dementsprechend weniger Teilnehmer. Doch die für über 50 Mio. Euro sanierte Inselhalle bietet nun ausreichend Platz für eine Rekord-Teilnehmerzahl: 39 Nobelpreisträger und 600 Nachwuchswissenschaftler aus 84 Nationen treffen sich vom 24. bis 29. Juni am Bodensee – so viele und aus so vielen Ländern wie nie zuvor. Die diesjährige Tagung ist der Physiologie/Medizin gewidmet, wobei neben wissenschaftlichen Schwerpunktthemen wie die innere Uhr oder Gentherapien auch die Rolle der Wissenschaft in einem „postfaktischen“ Zeitalter zur Sprache kommen soll.

Forschungsministerin fordert mehr Wissenschaftskommunikation

Die Tagung wurde am Sonntag unter anderem von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek eröffnet. Sie rief Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu auf, sich verstärkt und besser zu erklären: „Gerade in Zeiten einfacher Antworten und falscher Nachrichten möchte ich die Stimme der Wissenschaft deutlich hören. Laureaten und Nachwuchsforscherinnen und -forscher sind Botschafter des Wissens in einer freien Gesellschaft, die sich nicht von falschen und populistischen Nachrichten beirren lässt.“ Zudem hob Karliczek hervor, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft sei – kein Forscher und kein Land könne im Alleingang die Fragen und Probleme der Welt lösen. Der Freistaat Bayern war am Eröffnungstag durch die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Marion Kiechle, vertreten, Österreich entsandte den neuen Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Heinz Faßmann. Außerdem sind zahlreiche Vertreter nationaler und internationaler Wissenschaftsakademien nach Lindau gekommen, darunter die Akademiepräsidenten von Südafrika, Mexiko, Norwegen und der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina.

Konferenz nimmt Klimaschutz und Müllvermeidung ernst

Auch Gastgeberin und Präsidentin des Kuratoriums für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau, Bettina Gräfin Bernadotte, hieß die Teilnehmer willkommen und unterstrich gleichzeitig den Nachhaltigkeitsgedanken der Konferenz: „Obwohl viele von Ihnen mit dem Flugzeug angereist sind, weil ein persönlicher Austausch wichtig ist, wollen wir die Tagung so nachhaltig und ressourcenschonend wie möglich gestalten. Unter anderem unterstützen wir das Degermoos Marschland Renaturierungsprojekt, wodurch mehr Kohlenstoffdioxid aus der Luft gebunden und unser CO2-Fußabdruck minimiert werden kann.“ Spätestens seit der „Deklaration der Nobelpreisträger zum Klimawandel“ im Jahr 2015 hat sich die Tagung dem Klimaschutz und der Müllvermeidung verschrieben. Tatsächlich werden während des Events keine Plastikflaschen,- becher oder sonstiges Einweggeschirr verwendet.

Renovierte Inselhalle ermöglicht neue Formate

Die neue Inselhalle bietet auch neue Möglichkeiten für das Programm der Tagung: Erstmals gibt es zeitgleich mehrere Events, wie die "Agora Talks", in denen Laureaten sich den Fragen der Zuhörer stellen. Und bei sogenannten "Science Walks" tauschen sich Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler bei einem Spaziergang durch Lindau aus. Auch die 2017 gekürten Medizin-Nobelpreisträger Michael Rosbash und Michael Young, die für ihre Forschung zur inneren Uhr ausgezeichnet wurden, sind in Lindau präsent. Zudem gibt es zahlreiche Diskussionsforen, die unter anderem die Möglichkeiten der personalisierten Medizin mittels der Genschere CRISPR-Cas9 beleuchten. Die Lindauer Nobelpreistagung findet seit 1951 jährlich Ende Juni in Lindau am Bodensee statt und hat sich seitdem zu einem einzigartigen Forum für den internationalen Austausch von Wissenschaftlern entwickelt.

jmr