Nobelpreisträger in Lindau: Brillante Köpfe in hoher Dichte
Zum 65. Mal treffen sich in Lindau Nobelpreisträger und Nachwuchsforscher aus aller Welt zum Erfahrungsaustausch und Diskutieren. Themen wie Humangenetik und Nachhaltigkeit stehen dabei im Fokus des einwöchigen Treffens am Bodensee.
Wissenschaftliche Entdeckungen sind mitunter umstritten. Jüngstes Beispiel: die Designernuklease CRISPR-Cas9. Mithilfe des genchirurgischen Präzisionsinstruments hatten chinesische Forscher erstmals menschliches Erbgut von Embryonen bearbeitet. Für viele Molekularbiologen weltweit war damit eine ethische Grenze überschritten. "Darf die Wissenschaft, was sie kann?" – ist daher eine Frage, worüber Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler aus aller der Welt noch bis zu 3. Juli bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau diskutieren. Neben der Humangenetik steht auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus der Traditionsveranstaltung.
Einmal im Jahr wird das beschauliche Städtchen Lindau am Bodensee zu einem Mekka der klügsten Kopfe der Welt. Nobelpreisträger und herausragende Nachwuchsforscher aus aller Welt treffen sich hier seit 1951, um über bedeutsame globale Themen der Wissenschaft zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zuknüpften. Zum 65. Jubiläum glänzen die „Tagungen der Nobelpreisträger“ mit einer Rekordbeteiligung. Insgesamt 65 preisgekrönte Forscher, darunter Max-Planck-Forscher Stefan Hell, der im vergangenen Jahr den Chemie-Nobelpreis für Mikroskopie erhielt und Krebsforscher Harald zur Hausen, sind zum Bodensee gekommen, um mit 650 Nachwuchsforschern aus 88 Ländern zu debattieren. „Kernanliegen der Tagung ist die Inspiration und Motivation junger Wissenschaftler und Forscher“, sagte die Präsidentin des Kuratoriums der Nobelpreisträgertagungen, Bettina Gräfin Bernadotte in ihrer Eröffnungsrede.
Anders als in den Vorjahren stehen wieder alle drei naturwissenschaftlichen Nobelpreiskategorien – Chemie, Physik, Physiologie/Medizin – gleichberechtigt im Mittelpunkt der Lindauer Veranstaltung. Das Programm geht unter anderem der Frage nach, inwieweit vom Zusammenspiel unterschiedlicher Forschungszweige künftig Durchbrüche in Schlüsselbereichen zu erwarten sind. Ein Schwerpunktthema bildet dabei die Humangenetik und die ethische Frage: Darf die Wissenschaft, was sie kann? Das sogenannte Embryonen-Experiment chinesischer Forscher hat erst kürzlich die Debatte um die ethischen Grenzen der Forschung neu entflammt. Mit Hilfe eines neuen genetischen Werkzeuges, der Designernuklease CRISPR-Cas9, hatten die Forscher erstmals menschliches Erbgut in Embryonen bearbeitet. Weltweit distanzierten sich Wissenschaftler von dem Eingriff in die Keimbahn und .
Ktitischen Blick bei gentechnischen Fragen behalten
Bundespräsident Joachim Gauck mahnte in seiner Eröffnungsrede, dass gerade in Fragen der Gentechnologie die „schleichende Veränderung unserer gesellschaftlichen Leitbilder“ kritisch beobachtet werden müsse. Die schwierige Debatte über „die Grenze zwischen Machbarkeit und Wünschbarkeit“ dürfe nicht nur in Ethikkommissionen und Parlamenten geführt werden, sagte Gauck.
Mit Bakterien Bioplastik herstellen
Auch die Bioökonomie hat beim Treffen der klügsten Köpfe der Welt einen festen Platz im Programm. So wird auch in diesem Jahr das Thema Nachhaltigkeit Vorträge und die Diskussionsrunden der Lindauer Tagungen bestimmen. Auf Einladung der Landesregierung Baden-Württemberg wird Hartmut Grammel von der Hochschule Biberach über die Entwicklung von Photosynthesebakterien als neuartige Produktionsorganismen für die Biotechnologie referieren.
Im Rahmen des Forschungsprojektes der BMBF-Förderinitiative Biotechnologie 2020+ experimentieren Gammel und Magdeburger Forscher mit Bakterien, um CO2 zu verbrauchen und so das Klimagas aus der Atmosphäre zu entfernen. Darüber sucht der Forscher nach Lösungen, mikrobielle Stämme für industrielle Anwendungen wie die Produktion von Bioplastik durch den systematischen Einsatz natürlicher Evolutionsmechanismen zu verbessern.
BMBF unterstützt Nobelpreisträgertreffen
Das traditionelle Nobelpreisträgertreffen wird vom Bundesforschungsministerium mit jährlich einer Million Euro unterstützt. Im Rahmen des Treffens lud Bundesforschungsministerin Johanna Wanka alle Akteure zum Sommerfest. „Diese Perle müssen wir in Deutschland halten“, hatte Wanka bereits im Vorfeld der Tagung in einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung erklärt. Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Science Education“ am Freitag auf der Insel Mainau wird Forschungsstaatssekretär Georg Schütte sprechen.