Mehr Pilze in Totholz als gedacht

Mehr Pilze in Totholz als gedacht

Leipziger Forscher beweisen mit moderner DNA-Sequenzierungstechnik, dass Totholz intensiv von baumspezifischen Pilzkulturen besiedelt wird.

UFZ-Forscher haben in drei unterschiedlichen Waldregionen Deutschlands Holzstämme verschiedener Baumarten ausgelegt. Sie wollen so nachweisen, welche holzbewohnenden Pilzarten die Baumstämme besiedeln.

Vom und im Totholz im Wald leben zwölfmal so viele Pilzarten, wie Biologen bisher gedacht haben. Möglich macht diese überraschende Feststellung das „Next Generation Sequencing“, ein modernes Verfahren der Erbgutanalyse. Damit wurden erstmals auch jene Pilze erfasst, die sich innerhalb des Holzes als feines Myzel verbergen. Frühere Studien konnten nur die auf dem Holz sichtbaren Fruchtkörper berücksichtigen. Details ihrer Entdeckung berichten Ökologen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig (UFZ) im Fachblatt „The ISME Journal“.

1254 unterschiedliche Arten

Die Forscher hatten zunächst im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, im Nationalpark Hainich und im Biosphärengebiet Schwäbische Alb insgesamt rund 300 bis zu vier Meter lange Totholzstämme von je elf Baumarten ausgelegt. Drei Jahre später untersuchten sie, welche Pilzgemeinschaften sich an den Stämmen angesiedelt hatten.

„Die Vielfalt der holzbewohnenden Pilze ist um ein Vielfaches höher als bislang angenommen“, berichtet Witoon Purahong, Bodenökologe am UFZ in Halle und Erstautor der Studie. Insgesamt bestimmten die Forscher in den untersuchten Holzstämmen 1254 sogenannte „Operational Taxonomic Units“ (OTU). Darunter verstehen Mikrobiologen Organismen, die aufgrund ihrer DNA einer eigenständigen Art gleichgesetzt werden können, jedoch noch keinen Artnamen haben.  In einer Vorgängerstudie zählten Wissenschaftler auf den gleichen Flächen anhand der Fruchtkörper nur 97 Arten.

Ähnliches Holz, ganz andere Pilze

Pro Stamm fanden die Autoren der neuen Studie zwischen 22 und 42 unterschiedliche OTUs. Doch nicht nur die Anzahl erstaunte die Wissenschaftler. Sie stellten auch fest, dass holzbewohnende Pilze bestimmte Baumarten bevorzugen und nicht – wie bislang angenommen – generell entweder Nadel- oder Laubbaum besiedeln. „Eiche und Esche haben viele identische Eigenschaften wie etwa die Holzstruktur oder das Kohlenstoff-Stickstoff-Massenverhältnis, aber sie unterscheiden sich in der Anzahl der OTUs deutlich“, schildert Purahong.

Die Ursache dieser spezifischen Besiedelung ist noch unklar. „Die Millionen Jahre lange Koevolution zwischen Bäumen und holzbewohnenden Pilzen könnte ein Ansatz für das Zusammenleben liefern – so wie man dies beispielsweise von den symbiotischen Pilzen kennt“, so Purahong. Aber auch die Interaktion der im Totholz lebenden Pilz-, Bakterien- und Wirbellosen-Gemeinschaften könnte Erklärungen für spezifische Besiedlungsstrategien liefern. 

Erhalt der Biodiversität

Mit dem neuen Wissen ist es möglich, Pilzarten besser zu schützen, die durch Monokulturen bedroht sein könnten, und solche Arten besser zu verstehen, die bislang nur als Symbionten oder Pflanzenschädlinge bekannt waren.

bl