Mehr Nachhaltigkeit in der Baubranche

Mehr Nachhaltigkeit in der Baubranche

Das Symposium „grow.build.repeat.“ stellte Pioniere einer zukünftigen Bauwirtschaft sowie deren Projekte und Visionen vor.

Alnatura-Campus in Darmstadt
Der Alnatura-Campus in Darmstadt ist zwar mit Holz verkleidet, doch darunter bestehen die Wände aus Stampflehm.

Zum zweiten Mal hat am 4. Dezember 2020 das Karlsruher Institut für Technologie das Symposium „grow.build.repeat.“ ausgerichtet, begleitet von einer virtuellen Ausstellung. Während beim ersten Symposium noch das „Urban Mining“ im Fokus stand, ging es diesmal auch um die biologische Seite der Rohstoffe. Dirk Hebel machte jedoch für den Gastgeber schnell klar, dass es letztlich immer darum gehe, die Bauwirtschaft in eine CO2-arme Kreislaufwirtschaft zu überführen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe davon gesprochen, ein neues Bauhaus zu schaffen, griff Hebel dieses Bild auf: „Technologie, Kunst und Handwerkskunst kommen zusammen, um eine komplett neue Vision des Bauens zu erschaffen.“ Das sei auch heute wieder gefordert, und dazu müssten die technischen und biologischen Kreisläufe einer zirkularen Bauwirtschaft verstanden werden.

Ressourcenverbrauch, Abfallproduktion, CO2-Emissionen

In den anschließenden Vorträgen und Debatten kamen sowohl Forscherinnen und Forscher als auch Fachleute aus der Praxis zu Wort. Die Notwendigkeit des Wandels verdeutlichte Hanaa Dahy von der Universität Stuttgart anhand einiger Zahlen: So sei die Baubranche für mehr als 60% des globalen Ressourcenverbrauchs verantwortlich, erzeuge mehr als 50% aller weltweiten Abfälle, verbrauche mehr als 35% aller genutzten Energie und verantworte mehr als 35% des weltweiten CO2-Ausstoßes. „Wir hören nicht auf, die falschen Gebäude zu bauen“, kritisierte deshalb Eike Roswag-Klinge von der TU Berlin. Städte müssten zu hölzernen Städten transformiert werden, die langfristig CO2 binden.

Hightech, Lowtech und Wiederverwendbarkeit

Während Dahy für Hightech-Materialien warb und Roswag-Klinge mit Blick auf die weltweite Anwendbarkeit Lowtech-Ansätze präsentierte, legte Andrea Klinge von ZRS Architekten ihren Fokus auf die Wiederverwendbarkeit von Baumaterial. Am Beispiel des EU-Forschungsprojekts RE4 erläuterte sie den Stand der Forschung zum zirkularen Bauen und betonte die Bedeutung von Konzepten für die Dekonstruktion alter Bauwerke. So sei Holz häufig mit Schutzmitteln behandelt oder durch Metall – sprich: Nägel – verunreinigt. Als wichtigen, kaum erforschten Ansatz verwies sie auf reversible Verbindungselemente im Konstruktionsbau. Ein weiterer Ansatz seien modulare Bauweisen. Nicht zuletzt komme man – wie in anderen Bereichen der Bioökonomie – nicht um eine Kaskadennutzung herum, von Rundhölzern über laminierte Strukturhölzer bis zu Materialien aus Spänen, Fasern und abschließend der energetischen Resteverwertung.

Siedlungen aus Stampflehm

Konkrete Beispiele aus der Praxis stellten später Martin Rauch von der Lehm Ton Erde Baukunst GmbH sowie Werner Schmidt von der Atelier Schmidt GmbH vor. Schmidt präsentierte einige Anwendungsfälle für das Bauen mit Strohballen. Von tragenden Wänden über Dachkonstruktionen bis zu Wärmedämmungen reichten seine Praxisbeispiele. Rauch verwies auf den Charme des Bauens mit Stampflehm: Als Material könne der Ausbau der Baugrube verwendet werden und am Lebensende kehre das Material als Boden zurück. Vom Bürogebäude bis zur Fabrik reichten die realisierten Projekte. „In naher Zukunft werden wir ganze Siedlungen in Stampflehm und Holz bauen“, warb er. Doch dazu müssten dringend mehr Fachkräfte ausgebildet werden.

bl