Lignin-Bioraffinerien profitabler machen

Lignin-Bioraffinerien profitabler machen

Die Nutzung der Nebenströme kann mit dem richtigen Aufschlussverfahren wertvolle Zusatzprodukte erzeugen.

Stoppelfeld
Stroh dient als Rohstoff für die Lignin-Bioraffinerie und ihre Seitenströme.

Bioraffinerien sind wesentliche Technologien, um die chemische Industrie vom Erdöl zu biobasierten Produkten zu führen. In ihnen werden die unterschiedlichen Inhaltsstoffe der pflanzlichen Biomasse schrittweise verwertet, sodass am Ende nur ein kleiner Rest bleibt – der dann immer noch zur Biogaserzeugung taugt. Wie eine solche Bioraffinerie besonders wirtschaftlich arbeiten kann, hat das Verbundprojekt ELBE-NH erforscht und die entsprechenden Prozessschritte entwickelt. Gefördert wurde das Vorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Ergebnisse präsentierten die Projektpartner Ende November in einer Online-Veranstaltung.

Profitabel sogar ohne Hauptprodukt

Das Projekt zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus: Zum einen nutzt die Bioraffinerie mit Stroh bereits einen Rest- bzw. Abfallstoff als Ausgangsmaterial. Zum anderen schließt es die Biomasse unter hohem Druck und hoher Temperatur mit Wasser auf und vermeidet so die Zugabe von Chemikalien. Im Ergebnis lässt sich dadurch eine Reihe attraktiver Nebenprodukte erzeugen – so attraktiv, dass sogar Szenarien möglich sind, in denen eine solche Bioraffinerie bereits wirtschaftlich arbeitet, „bevor auch nur ein Gramm des Hauptprodukts Lignin verkauft worden ist“, wie Stanislav Parsin von der TU Hamburg vorrechnet. In diesem Szenario würden als Nebenprodukte Ethanol und Xylan erzeugt und vermarktet.

Alle Neben- und Restströme nutzbar

Konkret hat das Projekt eine Reihe möglicher Abläufe und Nebenstromnutzungen in der Bioraffinerie definiert: Das lignocellulosehaltige Stroh wird zunächst mechanisch vorbehandelt. Mithilfe von Druck und CO2 werden dann daraus zunächst Lipide gewonnen. Nun folgt eine Heißwasserhydrolyse, durch die Proteine und bestimmte Zucker extrahiert werden können. Die verbleibende Masse wird enzymatisch behandelt, dadurch Glukose extrahiert, mittels derer Lavulinsäure und Ethanol erzeugt werden. Aus dem Rest wird abschließend das Lignin gewonnen. Bei diesem und einigen der Nebenprozesse fallen wiederum Reste an, die gut geeignet sind, um damit Mikroben zu versorgen, die Biogas produzieren. Einige dieser Restströme seien in ihrem Biogas-Potenzial fast mit aufgereinigter Cellulose vergleichbar, berichtet Timo Steinbrecher vom Projektpartner Verbio.

Von Kosmetikzutat bis Lebensmittelprotein

Welches Potenzial die Produkte einer solchen Bioraffinerie haben, stellten die  Projektpartner aus der Wirtschaft vor. So nutzt Tesa bereits Lignin als Klebstoff, Lignopure nutzt es als Kosmetik-Additiv und Aerogel-IT für poröse Baumaterialien. Centiv erzeugt aus den Hydrolysaten Zuckerderivate als Lebensmittelzusatz. Und selbst die Reststoffe der Hydrolysate können noch Wertvolles leisten: Dem Berliner Start-up Mushlabs dienen sie als Nährmedium zur Fermentierung von Pilzmycel, das als Proteinquelle für Lebensmittel im kommenden Jahr auf den Markt kommen könnte.

Insgesamt, da waren sich die zahlreichen Projektbeteiligten einig, sei eine derartige Lignin-Bioraffinerie ein perfektes Beispiel für eine profitabel arbeitende biobasierte Kreislaufwirtschaft.

bl