KI macht Wachstum von Ackerpflanzen sichtbar

KI macht Wachstum von Ackerpflanzen sichtbar

Bonner Forschende haben eine Software entwickelt, mit der das zukünftige Wachstum von angebauten Ackerpflanzen dargestellt und wichtige Parameter wie der Ertrag vorherbestimmt werden können.

Anhand von Drohnenfotos oder anderen Bildern aus frühem Wachstumsstadien kann die Software die zukünftige Entwicklung der Pflanzen visualisieren.
Anhand von Drohnenfotos oder anderen Bildern aus frühen Wachstumsstadien kann die Software die zukünftige Entwicklung der Pflanzen visualisieren.

Wie kann die Landwirtschaft mithilfe einer intelligenten Digitalisierung nachhaltiger werden, ohne Verluste bei den Erträgen zu erleiden? Mit dieser Frage beschäftigen sich Forschende der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Rahmen des Exzellenzclusters PhenoRob seit einigen Jahren. Mit der Entwicklung einer Software, die das zukünftige Wachstum von angebauten Ackerpflanzen simulieren kann, zeigt das Team einmal mehr, welches Potenzial in der Digitalisierung steckt.

Algorithmus mit Drohnenfotos aus Feldexperimenten gefüttert

Für die Erstellung der Software wurde ein lernfähiger Algorithmus mit Drohnenfotos aus Feldexperimenten gefüttert. Sie enthielten Daten von Pflanzen, die unter realen Feldbedingungen angebaut wurden, darunter Blumenkohl, aber auch Pflanzenmischungen von Ackerbohne und Sommerweizen, wie das Team in der Fachzeitschrift „Plant Methods” berichtet.

„Wir haben dazu im Laufe einer Wachstumsperiode Tausende von Aufnahmen gemacht. Auf diese Weise haben wir beispielsweise die Entwicklung von Blumenkohl-Kulturen unter bestimmten Bedingungen dokumentiert“, erklärt Nachwuchswissenschaftler Lukas Drees vom Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn und Mitarbeiter im Exzellenzcluster PhenoRob.

Zukünftiges Pflanzenwachstum anhand eines Fotos modelliert

Anhand einzelner Fotos von verschiedenen Wachstumsstadien der Pflanzen wurde das Programm trainiert. Der Studie zufolge konnte die KI „auf Basis einer einzigen Luftaufnahme von einem frühen Wachstumsstadium Bilder generieren, die die künftige Entwicklung der Kultur in ein neues, künstlich erschaffenes Bild umsetzten“.

„Zusätzlich haben wir eine zweite KI-Software genutzt, die aus Pflanzenfotos verschiedene Parameter abschätzen kann – beispielsweise den Ernteertrag“, sagt Drees. „Das funktioniert auch mit den generierten Bildern. So ist es möglich, schon sehr früh in der Wachstumsperiode die spätere Größe der Blumenkohlköpfe ziemlich genau abzuschätzen.“

Misch-Anbau im Fokus

Ein Fokus der Untersuchung war der Mischanbau von Pflanzen. Hier konzentrierte sich das Team auf den Anbau von Ackerbohne und Sommerweizen auf einem Feld. Der Grund: Aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche stehen die Pflanzen weniger in Konkurrenz zueinander – vor allem, wenn es um Nährstoffe geht. Zudem können Hülsenfrüchte bekanntermaßen Stickstoff aus der Luft binden und als natürlicher Dünger dienen. „Außerdem sind Mischungen unempfindlicher gegen Schädlingsbefall und andere Umwelteinflüsse“, erläutert Drees. „Allerdings hängt es sehr stark von den kombinierten Arten und ihrem Mischungsverhältnis ab, wie gut das Ganze funktioniert.“

Auch hierbei könnte die KI den Forschenden zufolge hilfreich sein. Auf Basis von Daten zu Mischungsverhältnissen könnten so Empfehlungen abgeleitet werden, welche Pflanzen in welchem Verhältnis besonders gut harmonieren.

Computerprogram als Empfehlungshilfe

Perspektivisch soll die KI-basierte Software der Bonner eine Entscheidungshilfe für Landwirtinnen und Landwirte sein. Das Computerprogramm soll dann beispielsweise abschätzen können, wie sich der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder Dünger auf den Ernteertrag auswirken wird. Noch sei die Treffsicherheit der KI-basierten Vorhersage nur gut, wenn die Kulturbedingungen denen ähneln, die bei der Aufnahme der Trainingsfotos geherrscht haben, schreiben die Forschenden. Zukünftig soll die Software aber auch Wetterveränderungen wie Kälteeinbruch oder Dauerregen berücksichtigen, um genaue Wachstumsprognosen erstellen zu können.

Die aktuelle Studie wurde gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich durchgeführt.
Bonner Forschende vom Exzellenzcluster PhenoRob hatten erst im Frühjahr dieses Jahres ein Positionspapier mit Fragen veröffentlicht, die im Hinblick auf eine intelligente Digitalisierung in der Landwirtschaft künftig vorrangig behandelt werden müssen. Das Großprojekt an der Universität Bonn wird im Rahmen der „Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Wissenschaftsrat und der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) seit Januar 2019 für sieben Jahre jeweils mit jährlich bis zu 10 Mio. Euro gefördert. Ziel ist es, die intelligente Digitalisierung der Landwirtschaft voranzutreiben, um den Ackerbau umweltschonender zu machen, ohne dass darunter die Ernteerträge leiden müssen.

bb