Holz thermochemisch veredeln
Forschende vom Fraunhofer IGB haben ein Verfahren zur Torrefizierung von Biomasse entwickelt. Es wird nun großtechnisch erprobt, um grüne Chemikalien und Biokohle herzustellen.
Eine nachhaltige Bioökonomie verfolgt das Ziel, Biomasse möglichst vollständig zu verwerten und dabei möglichst viele stoffliche Nutzungen zu realisieren. Meist erfolgt das in mehreren aufeinanderfolgenden Prozessen, Bioraffinerien bündeln diese an einem Ort. Doch es geht auch anders: Die sogenannte Torrefizierung kann eine Vielzahl von Produkten aus Biomasse in nur einem Schritt erzeugen. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) haben einen derartigen Prozess entwickelt. In Estland erprobt ein Start-up nun die Methode in einem ersten großtechnischen Prototypen.
Methan, Furfural und Biokohle
Bei einer Torrefizierung wird Biomasse ohne Luftzufuhr mit überhitztem Wasserdampf behandelt. Ähnlich wie bei der Herstellung von Koks aus Kohle werden dabei zum einen die flüchtigen Verbindungen freigesetzt, zum anderen wird im verbleibenden Reststoff die Energiedichte erhöht. In dem vom Fraunhofer IGB entwickelten Verfahren erfolgt die Torrefizierung unter normalem Atmosphärendruck bei 200 bis 300 Grad Celsius, also mit vergleichsweise wenig Energieaufwand. Dabei entstehen in der Gasphase chemische Grundstoffe wie Methanol und Furfural sowie Wasser und als feste Phase Biokohle.
„Wenn wir die Gasphase abkühlen, erhalten wir ein Kondensat, das wir mit anschließenden Trennverfahren wie Destillation, Extraktion oder Elektrodialyse zu verschiedenen chemischen Grundstoffen auftrennen können“, erläutert Antoine Dalibard vom Fraunhofer IGB. Die flüchtigen Stoffe der Gasphase stammen vor allem aus der Hemicellulose, die ein Hauptbestandteil der Biomasse ist. Die Biokohle kann zu Staub gemahlen oder zu Pellets verpresst werden. In thermischen Kraftwerken kann sie dann CO2-arm Kohle oder Erdgas ersetzen.
Prototyp verarbeitet 150 Kilo Biomasse pro Stunde
„Angesichts steigender Energiepreise und eines historischen Tiefstands bei der Energiesicherheit haben wir in dieses Verfahren investiert und wollen mit der Uniformer-Technologie, wie wir sie genannt haben, eine saubere und kohlenstoffneutrale Energieversorgung Wirklichkeit werden lassen“, sagt Sven Papp, einer der Mitbegründer des estnischen Start-ups New Standard Oil. Im Februar 2023 hat das Jungunternehmen seinen ersten großtechnischen Prototyp in Betrieb genommen. Pro Stunde verarbeitet die Anlage bis zu 150 Kilogramm Holzhackschnitzel oder Heu und erzeugt daraus zu 100% vermarktbare Produkte. Selbst das destillierte Wasser und die Prozesswärme lassen sich weiter verwerten.
Aufgrund dieser effizienten Verwertung der Biomasse hat das Gründungsteam große Träume: „Unseren Berechnungen zufolge könnte mithilfe dieses neuen innovativen Ansatzes der Preis für erneuerbaren Strom aus Biokohle sogar unter dem aus an Land erzeugter Windenergie liegen“, berichtet Papp. Das muss sich aber erst noch beweisen.
bl