Bayer: 62-Milliarden-Offerte für Monsanto
Der Leverkusener Konzern Bayer macht ernst: Für die geplante Übernahme des Agrarriesen Monsanto wollen die Deutschen 62 Milliarden Dollar auf den Tisch legen.
In der Agrarchemie-Branche kündigt sich eine Mega-Fusion an: der Chemie- und Pharmakonzern Bayer will den US-Saatgutkonzern Monsanto für insgesamt 62 Mrd. US-Dollar (rund 55 Mrd. Euro) kaufen. Pro Monsanto-Aktie wolle man 122 US-Dollar zahlen, teilte das Leverkusener Unternehmen mit. Bayer würde damit zum weltgrößten Agrarchemie-Hersteller werden. Der geplante Zukauf reiht sich ein in die aktuelle Liste milliardenschwerer Übernahmen in der Agrarindustrie. Bei Umweltverbänden und in der Politik stößt die Fusion auf Kritik.
Seit Tagen war bekannt, dass Bayer in Übernahme-Verhandlungen mit Monsanto steht. Nun haben die Leverkusener offenbart, wieviel Geld sie für den Kauf des Agrarriesen auf den Tisch legen wollen: 62 Mrd. US-Dollar. „Bayer will durch die Übernahme von Monsanto ein weltweit führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft werden“, heißt es in einer Mitteilung von Bayer vom 23. Mai. Zur Finanzierung setzt Bayer auch auf eine Kapitalerhöhung. Die Offerte entspreche einem Aufschlag von 37 Prozent auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie vor zwei Wochen. Der Eigenkapitalanteil soll voraussichtlich rund 25 Prozent des Unternehmenswerts abdecken, das der Transaktion zugrunde liegt. An der Börse sorgte die Bekanntgabe des gebotenen Kaufpreises zunächst für Kursverluste der Bayer-Aktie.
Weltgrößter Agrarchemie-Konzern würde entstehen
Bayer-Chef Werner Baumann verteidigt trotz der Vorbehalte der Aktionäre seine Übernahmepläne. Baumann ist gerade einmal drei Wochen im Amt und plant mit der Fusion die größte Investition der 150 Jahre alten Firmengeschichte der Leverkusener. Monsanto wird an der Börse derzeit mit etwa 45 Mrd. Dollar (ca. 40 Mrd. Euro) bewertet. Bayer ist etwa das Doppelte wert. Mit der Übernahme würde der deutsche Konzern, der sich immer mehr als Life-Science-Konzern mit den Sparten Pharma und Agrar profilieren will, zum weltgrößten Agrarchemie-Hersteller werden. "Die Agrarindustrie steht angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und der globalen Erwärmung vor gigantischen Herausforderungen. Durch die Kombination ihrer Fähigkeiten könnten Bayer und Monsanto hier wegweisende Antworten geben", betont Baumann. Im Rahmen der Fusion von Bayer und Monsanto sollen die Plattformen in den Bereichen Saatgut und Pflanzeneigenschaften, Pflanzenschutz, Biologika sowie digitale Landwirtschaft zusammengeführt werden - so sehen es die Pläne in Leverkusen vor. Aus deutscher Perspektive eine Win-Win-Situation: Monsantos Stärken liegen im Bereich Saatgut und Züchtung von Pflanzen mit besonderen Eigenschaften. Bayer verfügt wiederum über ein breites Portfolio im Bereich Pflanzenschutz. Damit würde der kombinierte Konzern zur weltweiten Nummer eins im Agrarchemiegeschäft aufsteigen. Auch geografisch würden sich die beiden Unternehmen gut ergänzen, heißt es bei Bayer. Die langjährige Präsenz von Bayer in Nord- und Südamerika könnte deutlich ausgebaut und die Position in Europa und Asien/Pazifik gestärkt werden, betonen die Bayer-Verantwortlichen. "Wir sind seit langem von Monsanto beeindruckt", begründete Baumann den Schritt. Nicht zuletzt die führende Rolle der Amerikaner in der Biotechnologie und bei der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft mache den US-Konzern attraktivm für die Deutschen. Bereits nach drei Jahren rechnen die Leverkusener durch den Zusammenschluss mit Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Dollar jährlich.
Elefantenhochzeiten in der Agrarchemie-Branche
Viele Pharmaanalysten betrachten jedoch mit Sorge, dass mit der Monsanto-Übernahme das Agrargeschäft von Bayer eine viel größere Rolle im Konzern spielen würde. Monsanto erlöst pro Jahr gut 15 Mrd. Dollar (etwa 13 Mrd. Euro) mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Bayer kam im vergangenen Jahr insgesamt auf einen Umsatz von 46,3 Mrd. Euro. Ob eine unzulässige Monopolstellung durch die Fusion entstehen würde, müssen Aufsichtsbehörden erst noch prüfen. Die Fusionspläne sehen weiterhin vor, dass die Saatgut-Sparte sowie die Nordamerika-Geschäfte des zusammengeschlossenen Unternehmens vom Monsanto-Hauptsitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri aus gesteuert werden sollen. Der Pflanzenschutz soll seinen globalen Hauptsitz in Monheim am Rhein haben.
Umweltschützer warnen vor schlechtem Ruf des US-Konzerns
Während der Bayer-Betriebsrat die geplante Fusion begrüßt, wird die Übernahme in der deutschen Politik eher kritisch bewertet. "Ein solcher Deal würde noch mehr Marktmacht in wenigen Händen konzentrieren – zum Schaden der Bauern und Verbraucher“, heißt es bei Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Ähnlich äußerte sich Renate Künast. "In Zeiten, in denen der Name Monsanto weltweit für rücksichtslose Agrarindustrie und wachsenden Chemieeinsatz auf dem Acker steht, kann man sich nur wundern, dass Bayer sich derart ins Zentrum der Debatte einer Ernährungswende stellen will", sagte die Grünen-Politikerin. Aus Sicht von Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), würde sich vor allem der schlechte Ruf des US-Konzerns auf die Deutschen übertragen. „Monsanto hat seine besten Zeiten hinter sich. Bricht jetzt auch noch sein Glyphosat-Geschäft ein, wird Bayer vor allem eines übernehmen: Das schlechte Image des US-Gentechnikkonzerns", sagt Moldenhauer.
Agrarchemie-Branche unter Druck
In der Chemiebranche brodelt seit langem die Gerüchteküche über die Zukunft der Unternehmen, die sich auf das Geschäft mit der Landwirtschaft spezialisiert haben. Dieses steht wegen niedrigerer Preise für Agrarrohstoffe, den Turbulenzen in den Schwellenländern und der Rezession in Brasilien seit einiger Zeit unter erheblichem Druck. Monsanto kappte jüngst die Gewinnprognose für dieses Jahr und baute Stellen ab. Monsanto war im Sommer 2015 zudem mit dem Versuch gescheitert, beim Pflanzenschutzspezialisten Syngenta einzusteigen. Das Schweizer Unternehmen schließt sich stattdessen für 43 Mrd. Dollar mit dem chinesischen Staatskonzern ChemChina zusammen. Zudem haben die US-Chemiekonzerne DuPont und Dow Chemical eine Fusion angekündigt, um den Branchenprimus BASF vom Thron zu stoßen. Noch steht Monsanto den Übernahmenwünschen der Deutschen jedoch skeptisch gegenüber.