Akzeptanz von Insekten-Food verbessern
Insekten als Nahrungs- und Rohstoffquelle der Zukunft stehen im Fokus eines neuen Projektes an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Das Ziel: Vorurteile und Ängste durch eine umfassende Aufklärung abbauen.
Mehr als eine Million Insektenarten gibt es weltweit, davon sind etwa 2.000 essbar. Ob gegrillt, püriert oder gebraten, zu Fruchtgummis oder Tacos verarbeitet: In vielen Ländern der Erde wie Mexiko oder Korea haben Würmer und Co. längst einen festen Platz auf der Speisekarte. Hierzulande ist Insekten-Kost nicht nur ungewöhnlich, sondern wird auch mit Skepsis oder sogar Ekel betrachtet. Doch Insekten sind reich an Proteinen, leicht und ressourcenschonend in großen Mengen zu züchten und könnten einen wichtigen Beitrag zur Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung leisten.
Aufklären und Akzeptanz schaffen
Im Rahmen eines vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung geförderten Projekts zum Thema „Zukunftsdiskurs“ gehen Forschende der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) nun der Frage nach, inwiefern Insekten als alternative Proteinquelle eine Lösung für kommende gesellschaftliche Herausforderungen sind. „Wir möchten die Gesellschaft über Insekten als Lebensmittel aufklären und so zur Akzeptanz beitragen“, so der Direktor der Hochschule, Gerhard Greif, bei der Online-Auftaktveranstaltung Mitte September.
Ziel des Projekts ist es, die Verbraucherwünsche und -erwartungen sowie die Einstellungen gegenüber neuartigen Lebensmitteln besser zu verstehen und einzuordnen. Forschende des Instituts für Lebensmittelqualität und -sicherheit (LMQS) suchen daher gezielt den Diskurs mit den verschiedenen Interessengruppen, darunter auch mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, um Vorbehalte abzubauen und die Akzeptanz gegenüber Insekten als Lebensmittel zu verbessern.
Kochrezepte sollen Interesse wecken
In Online-Umfragen wollen die Forschenden zunächst ausloten, wie es tatsächlich um die Akzeptanz von Insekten-Food steht. Unter dem Motto „Aufklären und Ängste abbauen“ sind Veranstaltungen geplant, die über Vorteile, Risiken, aber auch rechtliche Grundlagen der Zulassung von Insekten-Food informieren. Auch mit Kochrezepten und Videos zur Zubereitung wollen die Forschenden das Interesse einer breiten Öffentlichkeit für diese neuartigen Lebensmittel gewinnen.
Vorurteile gegenüber Insekten abzubauen, ist auch das Anliegen des Kölner Start-ups „entosiast“. Gründer Philipp Zimmermann ist überzeugt, dass Akzeptanz nur über Wissensvermittlung und Vertrauen geht. Er appellierte auf der Auftaktveranstaltung: „Wir müssen Innovationen aufzeigen und unsere Informationen zielgruppengerecht aufbereiten.“
Neue Speiseinsekten vor der Zulassung
Seit 2018 ist die Zulassung essbarer Insekten innerhalb der EU in der „Novel-Food-Verordnung“ einheitlich geregelt. Die getrocknete Larve des Mehlkäfers Tenebrio molitor, auch als gelber Mehlwurm bekannt, wurde im Mai dieses Jahres nach umfassenden Sicherheitsprüfungen als erstes Insekt in der EU als Lebensmittel genehmigt. „Die aktuelle Gesetzeslage befindet sich durch neue Zulassungen im stetigen Wandel“, sagte Laura Schiel vom Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart, die im Rahmen der Veranstaltung über die rechtlichen Grundlagen in Deutschland berichtete. Demnach warten gegenwärtig drei weitere Speiseinsekten, darunter die Wanderheuschrecke, auf ihren Markteintritt.
Insekten sind längst nicht nur als Lebensmittel oder Futtermittel interessant. Auch als Rohstoffquelle rücken sie zunehmend in den Fokus der Forschung. Auf deren Einsatzpotenzial in technischen Anwendungen verwies Thomas Piofczyk von der Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg. Das Unternehmen, das seit Jahren die „Insecta“ organisiert, befasst sich mit der industriellen Nutzung von Chitin und Insektenfetten für Farben, Beschichtungen und Kraftstoffe.
bb