Mit Kreislauf-Wirtschaft zur grünen Chemie

Mit Kreislauf-Wirtschaft zur grünen Chemie

Das Transferzentrum Chemie- und Biosystemtechnik will die chemische Industrie in Mitteldeutschland auf Nachhaltigkeitskurs bringen.

Beim Zukunftsdialog in Quedlinburg tauschten sich Industrie, Forschung und Politik über neue Möglichkeiten der Chemie- und Biosystemtechnik aus.
Beim Zukunftsdialog in Quedlinburg tauschten sich Industrie, Forschung und Politik über neue Möglichkeiten der Chemie- und Biosystemtechnik aus. (im Bild: Ralf Wehrsohn)

Chemische Industrie und Umweltschutz – das war bis in die 1970er Jahre ein Thema mit viel Konfliktpotenzial. Auch heute ist es nicht immer einfach, chemische Prozesse umweltfreundlich zu gestalten. Doch die Branche hat die Herausforderung angenommen. Mit „Chemie 4.0“ will das Transferzentrum Chemie- und Biosystemtechnik im Großraum Halle-Leipzig die Nachhaltigkeit der Branche auf ein neues Niveau heben. Das gaben Vertreter des 2016 gegründete Netzwerks auf dem Zukunftsdialog 2018 in Quedlinburg bekannt. Mehr als 70 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik tauschten sich dort zu ressourcenschonenden und energieeffizienten Prozessen, den Potenzialen der Chemie 4.0 und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit aus. Das Transferzentrum besteht aus zahlreichen Einrichtungen der angewandten Forschung, Hochschulen und Universitäten sowie Forschungscluster und mehr als 60 Industrieunternehmen aus Mitteldeutschland. Durch das Zusammenführen von erneuerbaren Ressourcen, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft sollen sich hier insbesondere für das mitteldeutsche Chemiedreieck neue Chancen ergeben.

Kreislaufwirtschaft durch Digitalisierung

Wie eine Chemie 4.0 aussehen könnte, erläuterte Ralf Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) und einer der Direktoren des Leistungs- und Transferzentrums: „Die Digitalisierung ermöglicht in der Kunststoff verarbeitenden, chemischen, biotechnologischen und der biomedizinischen Industrie die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Ressourcen beruht.“ Was im Unternehmen als Reststoff anfalle, könne im anderen Unternehmen zum wertvollen Rohstoff werden und Plastikmüll, so Wehrspohn weiter, könne beispielsweise mit neuen Technologien als Kohlenstoffquelle für die Chemieindustrie erschlossen werden.

Reststoffe werden zu Wertstoffen

Natürlich ist es schon heute normal, dass ein Chemieunternehmen einen Reststoff nicht einfach entsorgt, wenn es ihn auch verkaufen kann. Doch das Netzwerk soll helfen, dass sich solche nachhaltigen Paarungen leichter finden und umsetzen lassen. Das eigentliche Ziel ist aber weit größer: Angestrebt wird eine CO2-neutrale Wertschöpfung in der chemischen Industrie. So sollen Wiederverwertung, Recycling, energetische Verwertung und biologischer Abbau dazu beitragen, Stoffkreisläufe zu schließen. Wie das gelingen kann? „Antworten darauf finden wir am besten, wenn wir Grundlagenforschung, anwendungsorientierte Forschung und industrielle Entwicklung zusammenführen“, sagte Frank Emmrich, Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig und ebenfalls Mitglied des Direktoriums im Leistungs- und Transferzentrum.

Wirtschaftlicher Impuls für Mitteldeutschland 

Profitieren soll neben der Umwelt und den beteiligten Partnern die gesamte Region Mitteldeutschland, in der Rohstoff-, Energie- und Chemiewirtschaft eine lange Tradition haben. „Wir wollen lokale Rohstoffe für die regionale Industrie erschließen, um die dabei entstehenden Lösungen überregional verwertbar zu machen“, resümiert Christian Growitsch, stellvertretender Leiter des Fraunhofer IMWS und Sprecher des Direktoriums des Leistungs- und Transferzentrums. „So stärken wir die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen.“

bl