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Das Rennen um die zehn vielversprechendsten Geschäftsideen in den Lebenswissenschaften ist beendet: Beim Science4Life Businessplan-Wettbewerb 2015 eroberten Biotechnologen die Top 5. Sieger ist die Heidelberger TolerogenixX mit einer Immuntherapie, die Patienten mit einem Spenderorgan mehr Lebensqualität verschafft. Darüber hinaus war die Beteiligung an der Gründerinitiative noch nie so hoch.

Bei dem von der Hessischen Landesregierung und dem Gesundheitsunternehmen Sanofi seit 1998 veranstalteten Gründungsinitiative, werden die besten Ideen junger Unternehmen aus den Bereichen Life Science und Chemie von Spezialisten bei der Umsetzung ihrer Geschäftsideen begleitet. Mit 60 Hightech-Gründern aus Deutschland, Österreich und Schweiz war die Beteiligung am diesjährigen Businessplan-Wettbewerb so hoch wie noch nie. Nun wurden die zehn besten Gründerteams mit Preisgeldern von insgesamt 56.000 Euro prämiert. Dabei konnten vor allem Ideen junger Biotech-Unternehmen bei der Jury punkten und die Top 5  unter sich ausmachen.

Science4Life: Die Top 5

1. Platz (25.000 Euro)
tolerogenixX / Heidelberg
2. Platz (10.000 Euro)
Sulfotools / Darmstadt
3. Platz (5.000 Euro)
aquila biolabs GmbH / Aachen
4. Platz (3.000 Euro)
Polyneuron Pharmaceuticals AG   
Basel/Schweiz
5. Platz (3.000 Euro)
dextrinova / Jena
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Sieg für maßgeschneiderte Autoimmuntherapie

Sieger der 17. Auflage im Wettstreit um die beste Geschäftsidee und damit Gewinner eines Preisgeldes von 25.000 Euro ist die Heidelberger Firma TolerogenixX. Das junge Unternehmen überzeugte mit der Entwicklung einer Technologie zur Modifikation des Immunsystems bei Transplantationen und Autoimmunerkrankungen. Die bereits patentgeschützte Technologie ermöglicht, durch spezielle Behandlung von weißen Blutkörperchen, eine individualisierte Immunsuppression. Auf diese Weise können Autoimmunerkrankungen geheilt und das Risiko der Abstoßung von Organen bei Transplantationen verringert werden. „Wir haben sehr gute präklinische Daten vorliegen und einen erfolgreichen Heilversuch durchgeführt. Unser Ziel ist es, zügig mit Phase II zu starten, um den proof of concept zu erbringen“, so Geschäftsführer Matthias Schaier.

Zeit-und kostensparende Innovationen überzeugen

Platz zwei mit 10.000 Euro belegt Sulfotools aus Darmstadt mit dem neuen Herstellungsprozess Clean Peptide Technology. Mit Hilfe dieser Methode können bei der Peptidsynthese giftige Lösungsmittel kostengünstig und umweltfreundlich durch Wasser ersetzt und der Chemikalienverbrauch deutlich reduziert werden.  Eine zeit- und kostensparende Innovation für die biotechnologische Forschung, Entwicklung und Produktion ist das neue Laborgerät der aquila biolabs GmbH aus Aachen. Mit der automatisierten Bioprozessüberwachung in Schüttelkolben kommt das Aachener Team auf Platz drei und wurde mit 5000 Euro belohnt. Auf den Platzen vier und fünf rangieren die Plattformtechnologie "Antibody-Catch" der Polyneuron Pharmaceuticals AG aus Basel und das Team von dextrinova aus Jena mit einem biologisch unbedenklichen, schadstofffreien Schmelzklebstoff, der auch in Kosmetik und Medizin zum Einsatz kommen kann.

Gute Zeiten für Gründer

Fast die Hälfte aller Businessplan-Bewerber peilt inzwischen die Selbstständigkeit an oder hat sie sogar schon umgesetzt. "Die Zeiten für Gründer waren nie besser als heute", so Forschungsgeschäftsführer von Sanofi, Jochen Maas. Zuletzt hätten Investoren in Deutschland zwar mehr Kapital zur Verfügung gestellt, um junge Unternehmen zu unterstützen. Allerdings könne Deutschland, so Maas, noch viel von den USA lernen.Dort seien die Finanzierungsbedingungen für Hightech-Unternehmen noch immer deutlich besser. Nach der Prämierung der Gewinner peilt die Gründungsinitiative Science4Life schon die nächste Runde an. Der offizielle Kick-off zur 18. Wettbewerbsrunde findet am 14. September 2015 in Frankfurt/Main statt.

In der Agrarchemie-Branche kündigt sich eine Mega-Fusion an: der Chemie- und Pharmakonzern Bayer will den US-Saatgutkonzern Monsanto für insgesamt 62 Mrd. US-Dollar (rund 55 Mrd. Euro) kaufen. Pro Monsanto-Aktie wolle man 122 US-Dollar zahlen, teilte das Leverkusener Unternehmen mit. Bayer würde damit zum weltgrößten Agrarchemie-Hersteller werden. Der geplante Zukauf reiht sich ein in die aktuelle Liste milliardenschwerer Übernahmen in der Agrarchemieindustrie. Umweltaktivisten warnen vor der Fusion und dem schlechten Ruf des US-Konzerns.

Seit Tagen war bekannt, dass Bayer in Übernahme-Verhandlungen mit Monsanto steht. Nun haben die Leverkusener offenbart, wieviel Geld sie für den Kauf des Agrarriesen auf den Tisch legen wollen: 62 Mrd. US-Dollar. „Bayer will durch die Übernahme von Monsanto ein weltweit führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft werden“, heißt es in einer Mitteilung von Bayer vom 23. Mai. Zur Finanzierung setzt Bayer auch auf eine Kapitalerhöhung. Die Offerte entspreche einem Aufschlag von 37 Prozent auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie vor zwei Wochen. Der Eigenkapitalanteil soll voraussichtlich rund 25 Prozent des Unternehmenswerts abdecken, das der Transaktion zugrunde liegt. An der Börse sorgte die Bekanntgabe des gebotenen Kaufpreises zunächst für Kursverluste der Bayer-Aktie.

Weltgrößter Agrarchemie-Konzern würde entstehen

Bayer-Chef Werner Baumann verteidigt trotz der Vorbehalte der Aktionäre seine Übernahmepläne. Baumann ist gerade einmal drei Wochen im Amt und plant mit der Fusion die größte Investition der 150 Jahre alten Firmengeschichte der Leverkusener. Monsanto wird an der Börse derzeit mit etwa 45 Mrd. Dollar (ca. 40 Mrd. Euro) bewertet. Bayer ist etwa das Doppelte wert. Mit der Übernahme würde der deutsche Konzern, der sich immer mehr als Life-Science-Konzern mit den Sparten Pharma und Agrar profilieren will, zum weltgrößten Agrarchemie-Hersteller werden. "Die Agrarindustrie steht angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und der globalen Erwärmung vor gigantischen Herausforderungen. Durch die Kombination ihrer Fähigkeiten könnten Bayer und Monsanto hier wegweisende Antworten geben", betont Baumann.

Digitalisierung in der Landwirtschaft vorantreiben

Im Rahmen der Fusion von Bayer und Monsanto sollen die Plattformen in den Bereichen Saatgut und Pflanzeneigenschaften, Pflanzenschutz, Biologika sowie digitale Landwirtschaft zusammengeführt werden -  so sehen es die Pläne in Leverkusen vor. Aus deutscher Perspektive eine Win-Win-Situation: Monsantos Stärken liegen im Bereich Saatgut und Züchtung von Pflanzen mit besonderen Eigenschaften. Bayer verfügt wiederum über ein breites Portfolio im Bereich Pflanzenschutz. Damit würde der kombinierte Konzern zur weltweiten Nummer eins im Agrarchemiegeschäft aufsteigen. Auch geografisch würden sich die beiden Unternehmen gut ergänzen, heißt es bei Bayer. Die langjährige Präsenz von Bayer in Nord- und Südamerika könnte deutlich ausgebaut und die Position in Europa und Asien/Pazifik gestärkt werden, betonen die Bayer-Verantwortlichen. "Wir sind seit langem von Monsanto beeindruckt", begründete Baumann den Schritt. Nicht zuletzt die führende Rolle der Amerikaner in der Biotechnologie und bei der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft mache den US-Konzern attraktiv für die Deutschen. Bereits nach drei Jahren rechnen die Leverkusener durch den Zusammenschluss mit Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Dollar jährlich.

Elefantenhochzeiten in der Agrarchemie-Branche

Viele Pharmaanalysten betrachten jedoch mit Sorge, dass mit der Monsanto-Übernahme das Agrargeschäft von Bayer eine viel größere Rolle im Konzern spielen würde. Monsanto erlöst pro Jahr gut 15 Mrd. Dollar (etwa 13 Mrd. Euro) mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Bayer kam im vergangenen Jahr insgesamt auf einen Umsatz von 46,3 Mrd. Euro. Ob eine unzulässige Monopolstellung durch die Fusion entstehen würde, müssen Aufsichtsbehörden erst noch prüfen. Die Fusionspläne sehen weiterhin vor, dass die Saatgut-Sparte sowie die Nordamerika-Geschäfte des zusammengeschlossenen Unternehmens vom Monsanto-Hauptsitz in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri aus gesteuert werden sollen. Der Pflanzenschutz soll seinen globalen Hauptsitz in Monheim am Rhein haben.

Kritische Stimme von Umweltschützern

Während der Bayer-Betriebsrat die geplante Fusion begrüßt, wird die Übernahme in der deutschen Politik eher kritisch bewertet. "Ein solcher Deal würde  noch mehr Marktmacht in wenigen Händen konzentrieren – zum Schaden der Bauern und Verbraucher“, heißt es bei Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen.  Ähnlich äußerte sich Renate Künast. "In Zeiten, in denen der Name Monsanto weltweit für rücksichtslose Agrarindustrie und wachsenden Chemieeinsatz auf dem Acker steht, kann man sich nur wundern, dass Bayer sich derart ins Zentrum der Debatte einer Ernährungswende stellen will", sagte die Grünen-Politikerin. Aus Sicht von Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), würde sich vor allem der schlechte Ruf des US-Konzerns auf die Deutschen übertragen. „Monsanto hat seine besten Zeiten hinter sich. Bricht jetzt auch noch sein Glyphosat-Geschäft ein, wird Bayer vor allem eines übernehmen: Das schlechte Image des US-Gentechnikkonzerns", sagt Moldenhauer.

Monsanto noch zurückhaltend

In der Chemiebranche brodelt seit langem die Gerüchteküche über die Zukunft der Unternehmen, die sich auf das Geschäft mit der Landwirtschaft spezialisiert haben. Dieses steht wegen niedrigerer Preise für Agrarrohstoffe, den Turbulenzen in den Schwellenländern und der Rezession in Brasilien seit einiger Zeit unter erheblichem Druck. Monsanto kappte jüngst die Gewinnprognose für dieses Jahr und baute Stellen ab. Monsanto war im Sommer 2015 zudem mit dem Versuch gescheitert, beim Pflanzenschutzspezialisten Syngenta einzusteigen. Das Schweizer Unternehmen schließt sich stattdessen für 43 Mrd. Dollar mit dem chinesischen Staatskonzern ChemChina zusammen. Zudem haben die US-Chemiekonzerne DuPont und Dow Chemical eine Fusion angekündigt, um den Branchenprimus BASF vom Thron zu stoßen. Noch steht Monsanto den Übernahmenwünschen der Deutschen jedoch skeptisch gegenüber.

Wie gefährlich ist das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat? An dieser Frage scheiden sich die Geister von Naturschutzverbänden und Vertretern der Agrarindustrie. Routinemäßig steht nun eine Neubewertung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels an. Für die Europäische Lebensmittelaufsicht EFSA hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) alle neuen Erkenntnisse zusammengetragen. Sie ist in der EU als Berichterstatter für den Wirkstoff Glyphosat zuständig. In ihrem aktuellen Bericht kommt die Behörde zu dem Schluss, dass von dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel keine Gesundheitsgefahr ausgeht. Allerdings wird ein verbessertes Risikomanagement zum Schutz der biologischen Vielfalt empfohlen. Weil das Herbizid auch Pflanzen abtötet, die Insekten Nahrung bieten, könnte die Nahrungsgrundlage der Tiere beeinträchtigt werden.

Seit 2002 ist Glyphosat in der EU unter dem Markennamen Roundup erhältlich. Eine erste Zulassung wurde im November 2010 zunächst bis Ende 2015 verlängert. Die Phosphor-Verbindung ist ein sogenanntes Totalherbizid, das unspezifisch alle Pflanzen abtötet. Dies geschieht indem das Molekül das Pflanzenenzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase (EPSPS) blockiert. Die damit besprühten Pflanzen können keine aromatischen Aminosäuren mehr herstellen und sterben ab. 

Nutzpflanzen per Gentechnik resistent

Inzwischen wurden bestimmte Nutzpflanzen mittels gentechnischer Veränderungen resistent gegen Glyphosat gemacht, beispielsweise indem gezielt das Bakteriengen Agrobacterium CP4 EPSPS eingeschleust wurde. Bei den resistenten Sorten kann Glyphosat auch angewandt werden, wenn die Saat bereits aufgegangen ist. So lassen sich auf einfachem Wege alle unerwünschten Gewächse auf dem Feld beseitigen, argumentieren Befürworter des Mittels. In den vergangenen Jahren entwickelte sich Glyphosat so zu einem der weltweit am häufigsten eingesetzten Herbizide. Allein in Deutschland sind 75 glyphosathaltige Präparate zugelassen, beispielsweise im Acker-, Obst-, und Weinbau, 44 davon auch für den Haus- und Kleingarten. 

Kritiker warnen vor Gefahren von Glyphosat

Kritiker warnen inzwischen vor dem Gebrauch des Pflanzenschutzmittels. Erst kurz vor Weihnachten hatten das Umweltinstitut München und der Verein Rettet den Regenwald eine Petition zum Verbot von Glyphosat gestartet. Eine umstrittene Kampagne brachte auch der BUND ins Rollen: In einem Internetvideo wurden Babys, die in einem Acker in der Erde sitzen, von einem Flugzeug mit Pestiziden besprüht. Nach massiver Kritik zog der Verband das Video zurück, hielt an seiner Kritik, dass Glyphosat „inakzeptable Gesundheitsgefahren berge“, jedoch fest. So sei das Mittel beispielsweise im Urin von Menschen in mehreren europäischen Großstädten nachgewiesen worden.

Bewertungsbericht wird Ende Januar veröffentlicht

In dem neuen Bewertungsbericht wurden nun neben den bereits im ersten EU-Bewertungsverfahren verwendeten Unterlagen auch neue Studien berücksichtigt: Unterlagen vom Hersteller ebenso wie Beiträge von Umweltverbänden, außerdem mehr als 1.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Thema. Mit Teilberichten haben das Julius-Kühn-Institut, das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und das Umweltbundesamt an der Bewertung mitgewirkt. „Die Analyse der zahlreichen neuen Dokumente ergibt keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat“, heißt es nun vom BfR. Aus Sicht der Experten gebe es keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte (insbesondere der täglich duldbaren Aufnahmemenge (ADI) wesentlich zu verändern. Eine Einschränkung macht das BfR dann aber doch: Es könnte sein, dass „die Toxizität bestimmter glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel aufgrund der darin enthaltenen Beistoffe höher sein kann als die des Wirkstoffes.“ Dies gelte es bei der Bewertung zu berücksichtigen. 

Bis Ende Januar könnte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit nun den Bewertungsbericht veröffentlichen und ein Begutachtungsverfahren einleiten. Dort dürfte es erneut auch kritische Stellungnahmen geben.

Die Maissorte 1507 wird die dritte gentechnisch veränderte Pflanze, die auf den Äckern der EU angebaut werden darf: Bei einer Abstimmung des EU-Ministerrats am 11. Februar in Brüssel stimmten 19 EU-Länder gegen, und fünf für eine Zulassung. Vier Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, hatten sich eines Votums enthalten. Dadurch liegt die Entscheidung nun wieder bei der EU-Kommission. Der zuständige Gesundheitskommissar Tonio Borg kündigte indes an, grünes Licht für den Anbau von Mais 1507 zu geben. Die Enthaltung der Bundesregierung hatte sich wegen unterschiedlicher Positionen im Kabinett abgezeichnet. Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich will nun ein nationales Anbauverbot durchsetzen.

Deutschland hatte bereits im Vorfeld der Brüsseler Abstimmung seine Stimmenthaltung angekündigt. Der Grund: die Große Koalition konnte sich nicht auf eine klare Linie zum Gentech-Mais 1507 einigen. Während das von der SPD geführte Ministerien für Wirtschaft als auch das von CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich geführte Agrarministerium den Anbau von gentechnisch veränderten Mais ablehnten, hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die von der CDU-geführten Ministerien für Gesundheit (BMG) sowie Bildung und Forschung (BMBF) für die Zulassung des Gentechnik-Gewächses ausgesprochen.

EFSA hat keine Bedenken

EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg kündigte nach der Abstimmung dann auch an, entsprechend des Vorschlags der EU-Kommission, für eine Zulassung zu stimmen. Sollten keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse auftauchen, scheint der Weg für eine Zulassung der umstrittenen Maissorte 1507 in der Europäischen Union damit frei zu sein. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), welche die EU-Kommission dazu beraten hatte, hatte bisher keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder die Umwelt gesehen. Mit Gentech-Mais 1507 würde die EU zum dritten Mal nach der Maislinie MON810 und der Stärkekartoffel „Amflora“ eine gentechnisch veränderte Pflanze zum Anbau auf europäischen Äckern erlauben.

Bauernverband warnt vor Anbau

CSU-Minister Hans-Peter Friedrich hofft, trotz der zu erwartenden EU-Zulassung, mittels einer Ausstiegsklausel den Anbau der gentechnisch veränderten Maispflanze in Deutschland noch stoppen zu können. Friedrich hatte seine Haltung mit dem Misstrauen der Verbraucher gegenüber Grüner Gentechnik begründet. 88 Prozent der Deutschen hatte sich in einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung gegen den Anbau gentechisch veränderten Pflanzen ausgesprochen. Der Deutsche Bauernverband hat indes seinen Mitgliedern abgeraten, den Mais 1507 anzubauen, schon allein aus Haftungsgründen. Denn nach bisherigem Recht muss der Landwirt für die Verunreinigung von gentechnikfreien Äckern des Nachbarn aufkommen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) geht mit seinen Forderungen noch einen Schritt weiter. Er verlangt eine genaue Kennzeichnungspflicht für alle Bereiche der Gentechnik, um die Wahlfreiheit sicherzustellen

Mais produziert Bt-Toxin

Bei der umstrittenen Maissorte handelt es sich um die Pflanzenlinie 1507 der Firmen Pioneer Dupont und Dow Agroscience. Sie wurde im Labor mit zwei artfremden Genen ausgestattet, so dass sie gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat resistent ist und zugleich ein Insektengift produziert, welches sie vor dem Schädling Maiszünsler schützt, gegen den die Bauern ankämpfen. Das Glufonisat-Resistenzgen in der Pflanze diente einst bei der Entwicklung der Pflanze vor allem als technisches Hilfsmittel. Für den Einsatz auf dem Acker spielt es keine Rolle, zumal die EU-Kommission den Gebrauch des Herbizids verbieten will. Umstritten ist vielmehr das zusätzliche Bt-Gen, durch das die Pflanze ein giftiges Eiweißmolekül produziert, das Maiszünslerlarven den Garaus macht.  Auch der in Europa für den Anbau zugelassene Mais MON810 funktioniert nach diesem Prinzip. Anbaugegner kritisieren, die Auswirkungen des Bt-Toxins auf Umwelt und andere Insekten seien immer noch nicht genügend geprüft. Das sieht die EFSA indes anders: Sie hat bereits mehrfach die Wirkungen von Bt-Mais auf Tiere und Umwelt geprüft. Fazit: Die Risiken seien vernachlässigbar, wenn bestimmte Anbauregeln berücksichtigt würden. Frankreich, Italien oder Österreich haben bereits angekündigt, auch nach der europäischen Zulassung auf nationale Anbauverbote für Mais 1507 zu drängen. Bisher haben die Länder sich auf die sogenannte Safeguard-Klausel gestützt, so auch Deutschland. Demnach können EU-Zulassungen ausgesetzt werden, sollten neue, zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht bekannte wissenschaftliche Resultate vorliegen, die Zweifel an der Sicherheit begründen. Da die Sorte 1507 nach aktuellem Erkenntnisstand zugelassen wird, dürfte es jedoch schwer werden, sich erneut auf die Safeguard-Klausel zu berufen.

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Die EU-Umweltminister haben am 2. März in Brüssel erneut über nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen diskutiert. EU-Zulassungen sollen beschleunigt werden, den EU-Mitgliedsstaaten wird allerdings eine neue Ausstiegsoption offen gehalten. Laut einem eingereichten Entwurf des griechischen EU-Ratsvorsitzes sollen die wissenschaftlichen Legitimierungen für ein nationales Verbot um sozioökonomische Kriterien erweitert werden. Ob des Kompromisses zeichnet sich nach jahrelangem Stillstand nun eine Einigung in der Kommission ab. Sowohl Gentechnik-Gegner als auch Befürworter kritisieren den Entwurf jedoch als halbherzig. 

Nachdem Mitte Februar der Europarat von Pioneer Dupont mobilisieren konnte, gilt die Zustimmung durch die EU-Kommission als reine Formsache. Sie muss auf Grundlage der insgesamt sechs positiven Bewertungen der Lebensmittelbehörde EFSA für den Anbau votieren. Der damalige Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte sich unmittelbar nach der Abstimmung für eine Ausstiegsklausel stark gemacht. Auf Initiative der griechischen Ratspräsidentschaft diskutierten die EU-Umweltminister in Brüssel nun erneut über Verbotsregelungen, die auf Gesetzentwürfen von 2012 basieren.  

Entwurf ermöglicht Verbot trotz Unbedenklichkeit

Im Kern des griechischen Kompromiss-Vorschlages geht es darum, auch dann den einzelnen Mitgliedsstaaten Anbauverbote für transgene Pflanzen zu gestatten, wenn zuvor die wissenschaftliche Unbedenklichkeit von der EFSA bescheinigt wurde (Safeguard-Klausel). Die zentrale EU-Zulassung soll beschleunigt, den Staaten jedoch eine Verbotsoption offengehalten werden. Der Vorschlag basiert inhaltlich auf einem Gesetzentwurf, der dänischen Regierung von 2102. Diesen hatte sie ins Spiel gebracht, nachdem die Kommission 2010 nationale Anbauverbote angeregt hatte. Den bisherigen Vorschlag blockierten Deutschland, Belgien, Großbritannien und Frankreich. Der neue Entwurf wird jedoch von Großbritannien befürwortet, sodass die Sperrminorität aufgehoben wäre. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) befürwortet indes den jetzigen Vorschläge. Sie gehe davon aus, dass die Änderungen übernommen werden, so Hendricks am Rande des Ministertreffens. 

Wissenschaft als Maß der Dinge

Die bislang einzige legitime Begründung einer nationalen Regierung für ein Verbot sind neu gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse, die auf eine Gefährdung für Mensch und Umwelt durch den Anbau hinweisen. Diese soll laut der Kommission nun durch andere Kriterien erweitert werden: Dabei geht es unter anderem um Landnutzungsziele oder sozioökonomische Gründe. In einer kleinteiligen Landwirtschaft etwa ist die Auswirkung von unerwünschtem Pollenflug größer als bei großflächigen Monokulturen. Während des Zulassungsprozesses sollen die Länder mit den Agrarkonzernen darüber beraten, ob sie den Anbau wünschen und die Konzerne gegebenenfalls entsprechende Länder aus dem Vertrag entfernen. Verweigern die Konzerne die Zustimmung, wird den Staaten aus oben genannten Gründen ein Anbauverbot zugesagt. Eine Übergangsregelung soll es auch ermöglichen, nachträglich den MON810-Anbau zu verbieten. 

Kritik aus beiden Lagern

Gegner und Befürworter von Grüner Gentechnik sind mit dem Kompromiss indes nicht einverstanden. Gentechnik-Kritiker halten die Verbote für juristisch nicht wasserdicht. Harald Ebner, Gentechniksprecher der Grünen, hält es für „undenkbar, dass Staaten mit Saatgutkonzernen über die Nutzung ihrer Äcker verhandeln“, hieß es in Medienberichten. Es handle sich um ein „vergiftetes, rechtlich fragwürdiges Angebot, das ein Gentech-Chaos erzeugen werde“, so der Politiker auf seiner Homepage.  

DIB: Sicher ist sicher ist zulässig

Für die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) sind nicht-naturwissenschaftliche Legitimationen für regionale Verbote subjektiv und daher nicht justiziabel. Eine positive Sicherheitsbewertung durch die zuständigen Behörden per se verpflichte zur EU-weiten Zulassung, heißt es in einer Stellungnahme. Untermauert werde dies durch den Europäischen Gerichtshof. Der argumentiert, dass wirtschaftliche Gründe keine Rechtfertigungen für Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit und damit für Nutzungsbeschränkungen sind.

bb

In einem neuen Strategiepapier fordert der Bioökonomierat ein „richtig dosiertes“ Engagement der Politik für die biobasierte Wirtschaft. Erdöl und Erdgas sind nach den letzten erfolgreichen Funden noch jahrzehntelang verfügbar. Um mit Blick auf den Klima- und Umweltschutz dennoch einen Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe voranzutreiben, sind politische Eingriffe des Staates nötig. Wie das geschehen soll, hat das Beratungsorgan der Bundesregierung in Sachen biobasierte Wirtschaft nun in zehn Thesen formuliert.

Im Vorfeld der , die am 5. Juni in Berlin stattfinden wird, bilden die zehn Thesen der Experten eine richtungsweisende Diskussionsgrundlage für den Weg in eine biobasierte Wirtschaft. Unter anderem fordert der Rat, Zielkonflikte früh zu erkennen und gegenzusteuern, Standards und Labels zu entwickeln sowie Bildungs- und Forschungskapazitäten auszuweiten. Zudem müsse die Gesellschaft zur Mitgestaltung aufgerufen werden.

Grundsätzliche Überarbeitung

Hart gehen die Experten mit der bisherigen deutschen Bioenergiepolitik ins Gericht. Sie soll „grundsätzlich überarbeitet werden“. International solle Deutschland Technologie- und Rohstoffpartnerschaften eingehen sowie eine handelspolitische Agenda und globale Steuerungsmechanismen entwickeln, sagen die Experten. Zudem müsse die Zivilgesellschaft in den Transformationsprozess eingebunden werden.

Nach wie vor notwendig und dringend

Aus Sicht des Beratergremiums, das aus 17 Wissenschaftlern und Unternehmern der unterschiedlichsten Disziplinen besteht, sind steigende Preise für fossile Rohstoffe heute angesichts weiter erschließbarer Ressourcen von Erdöl, Erdgas und Kohle nicht mehr das vorrangige Argument für die Bioökonomie. Sie betonen jedoch, dass die Notwendigkeit für einen Umstieg auf nachwachsende Rohstoffe nichts an seiner Dringlichkeit verloren hat. „Der Ausstoß von Klimagasen und die damit verbundenen Veränderungen der klimatischen Verhältnisse führen ohne deutliche Kurskorrektur zur Störung des globalen Ökosystems mit unkalkulierbaren Risiken auch für die Menschen und die Volkswirtschaft. Dem kann mit der Bioökonomie begegnet werden“, betont Joachim von Braun, Vorsitzender des Bioökonomierates

Keine bloße Erdölersatzstrategie

Für die Experten ist klar: Die Bioökonomie ist keine Erdölersatzstrategie. "Veränderte Verbraucherpräferenzen und technologische Innovationen bringen die Bioökonomie weltweit voran", heißt es im Strategiepapier. Vor diesem Hintergrund fordert der Rat "gut dosierte technologie-, ordnungspolitische und gesellschaftspolitische Eingriffe des Staates". Denn allein werde sich die ökologische Transformation der Wirtschaft nicht vollziehen. Der Einsatz fossiler Rohstoffe kann in vielen Industriebereichen für lange Zeit wirtschaftlich bleiben, so der Rat – sofern Umweltkosten unberücksichtigt bleiben. Der Handlungsbedarf ist daher groß, aber komplexer Natur: Einerseits dürfe die Politik die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nicht gefährden, andererseits müssen jedoch Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz weiter vorangetrieben werden. „Zu hohe nationale Expansionsziele und Subventionen könnten der Industrie erhebliche Lasten aufbürden. Im Zentrum einer erfolgreichen Bioökonomie-Strategie müssen Effizienzüberlegungen, reduzierte Umweltfußabdrücke und ein geringerer Ressourcenverbrauch stehen“, so Christine Lang, Vorsitzende des Bioökonomierates. Neue Technologien  sowie die Entwicklung von Produktionsanlagen auf der Basis geschlossener Stoffkreisläufe können hier einen wichtigen Impuls liefern. Wichtig sei zudem ein Dialog zwischen Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft über den besten und sinnvollsten Weg für einen ökologischen Wandel in der Industrie.

Mit der „Halbzeitkonferenz Bioökonomie“, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung am 5. Juni im ewerk in Berlin veranstaltet hat, zog die Regierung eine erste Bilanz der Ende 2010 gestarteten „Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka nutzte die Gelegenheit, den  Aktionsplan „Wegweiser Bioökonomie“ vorzustellen, der die künftigen Förderleitlinien der nächsten drei Jahre darlegt. In der Ausstellung „Bioökonomie im Alltag“ wurden mehr als 40 Produkte gezeigt, die schon heute biobasiert hergestellt werden.

Es ist die größte Konferenz zur Bioökonomie in Deutschland, die Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammenbringt, um über die aktuellen Herausforderungen und künftigen Perspektiven einer biobasierten Wirtschaft zu diskutieren. Welche wirtschaftliche Perspektive bietet die Bioökonomie für Unternehmen unterschiedlicher Branchen? Was bringt die Bioökonomie mit Blick auf den Klima- und Umweltschutz? Was können technologische Innovationen leisten? Kurzum: Wie lassen sich Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit verbinden? Und wie ist Deutschland – auch im internationalen Vergleich – positioniert?

Wanka: "Bioökonomie muss an Fahrt gewinnen"

Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Podiumsdiskusionen, Projektpräsentationen und Workshops. Die anwesenden Regierungsvertreter zogen zu Beginn eine positive Bilanz des bisher Erreichten. „Mit unserer Forschungsstrategie haben wir gezeigt, dass es möglich ist, viele Produkte mit erneuerbaren Ressourcen herzustellen“, sagte Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF), auch mit Blick auf die Ausstellung „Bioökonomie im Alltag“, die begleitend zur Konferenz die Bandbreite der schon heute im Markt verfügbaren biobasierten Produkte aufzeigt. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten hätten hierbei vielfach die Basis geschaffen, betonte Wanka. Mit der ressortübergreifenden "Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030", die nach drei Jahren Laufzeit die Hälfte ihrer Laufzeit hinter sicher hat, sieht sie zwar den richtigen Rahmen gesetzt. Dennoch müsse die Bioökonomie noch mehr an Fahrt gewinnen. „Die Bioökonomie geht uns alle an. Für die nächsten Jahre gilt es, den bereits begonnenen Wandel in Richtung nachhaltige Wirtschaftsweise zu beschleunigen und in der Breite zu verankern.“ Hierfür legte das BMBF neue Förderleitlinien in einem „Wegweiser Bioökonomie“ vor (Mehr Informationen: ). Sozioökonomie, gesellschaftlicher Dialog und neue Rahmenbedingungen für Innovationsbündnisse sollen künftig mehr Gewicht erhalten.

Prämierung fünfter Allianz "Innovationsinitiative Industrielle Biotechnologie"

Gleichzeitig wurde mit der Allianz unter Federführung von Sartorius ein weiteres Konsortium vorgestellt, das mit Unterstützung des BMBF im Rahmen der "Innovationsinitiative industrielle Biotechnologie" den Ausbau der biobasierten Wirtschaft vorantreiben soll. BMBF-Staatssekretär Thomas Rachel prämierte Sartorius-Forschungschef Oscar-Werner Reif auf der Konferenz stellvertretend für alle rund 20 beteiligten Partner der Allianz.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt betonte in diesem Zusammenhang auch die Nationale Politikstrategie Bioökonomie, die sein Haus federführend im Sommer 2013 veröffentlicht hatte. „Die Bioökonomie verknüpft wie kein anderes Thema die ländlichen Räume und die Land- und Forstwirtschaft mit den Schwerpunkten der politischen Agenda der Bundesregierung“, so Schmidt. „Die erfolgreiche Fortführung der Energiewende, die Sicherung der Rohstoffversorgung unserer Wirtschaft, der Klima- und Naturschutz und nicht zuletzt die Verantwortung, eine wachsende Bevölkerung mit ausreichender und gesunder Nahrung zu versorgen – die Bewältigung dieser Schlüsselaufgaben ist ohne die biobasierte Wirtschaft nicht denkbar.“

Bioökonomierat begrüßt Wegweiser Bioökonomie 

Der Bioökonomierat begrüßte die Pläne der Bundesregierung für die weitere Ausgestaltung der Nationalen Forschungsstrategie, mahnte jedoch in einem Strategiepapier an, eine Balance zwischen Klima- und Umweltzielen sowie Ausbauzielen der Wirtschaft zu wahren. Hierfür sei eine „richtige dosierte“, langfristig orientierte und koordinierte Politik nötig, welche die Bereiche Bildung, Forschung, Wirtschaft, Konsum, internationale Zusammenarbeit, Infrastruktur und Umwelt einbezieht, so das Expertengremium. „Im Wegweiser werden wichtige Instrumente auf dem „richtigen“ Weg in die Bioökonomie formuliert. Sie decken sich mit Empfehlungen des Bioökonomierates“, kommentierte Christine Lang, Vorsitzende des Rates. Nun müssten auch entsprechende Taten folgen. „Investition in bioökonomische Innovation bleibt zentral in der Umsetzung. Dazu bedarf es jedoch vermehrter ressortübergreifend abgestimmter Maßnahmen und auch Koordination mit den Ländern“, so Joachim von Braun, Vorsitzender des Rates. 

Angesichts eines weltweit steigenden Bedarfs an biobasierten Rohstoffen für Ernährung und technische Nutzung müssen die Produktivität und Effizienz im Anbau pflanzlicher Biomasse gesteigert werden. Zu diesem Schluss kommt der Bioökonomierat, ein beratendes Expertengremium für die Bundesregierung, in einer am 3. Juli erschienen Empfehlung zur Förderpolitik im Bereich Pflanzenforschung. Um zu Pflanzensorten mit höheren Erträgen und besserer Anpassungsfähigkeit zu gelangen, sind den Autoren zufolge unter anderem biotechnologische Methoden und Präzisionszüchtung, aber auch ein besseres Verständnis der existierenden genetischen Vielfalt der Pflanzen unverzichtbar.  

Die Pflanzenzüchtung ist ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg in die biobasierte Wirtschaft. Neue Pflanzen müssen mit weniger Wasser, Nährstoffen sowie chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln oder Dünger auskommen. Darüber hinaus muss die Optimierung pflanzlicher Inhaltsstoffe für die Ernährung von Mensch und Tier, die Verarbeitung in der Industrie für technische Zwecke und die energetische Verwertung ein Kernthema der Pflanzenforschung sein. Damit folgt die Pflanzenzüchtung ambitionierten Zielen. Fortschritte in den Lebenswissenschaften, insbesondere in der Physiologie und Genetik, eröffnen jedoch – auch jenseits der Gentechnik – Chancen, Züchtungsabläufe zu beschleunigen und Pflanzen zu entwickeln, so dass Ernteverluste durch Krankheitserreger und Schädlinge auf dem Feld, im Lager und beim Transport verringert werden.

Food first als Leitmotiv

„Im Rahmen einer nachhaltigen Bereitstellung und Nutzung von biobasierten Rohstoffen geht die Ernährung vor. Ertragssteigerungen dürfen darüber hinaus nicht dazu führen, dass der ökologische Fußabdruck der Landwirtschaft wächst“, betont der Pflanzenzüchtungsexperte Léon Broers, Leiter der Arbeitsgruppe „Rohstoffe, Umwelt und Natur“ des Bioökonomierates. Broers ist einer von insgesamt fünf Bioökonomieratsmitgliedern, die für das Papier verantwortlich zeichnen.

Es komme darauf an, die Produktions- und Nutzungseffizienz in der Landwirtschaft nachhaltig zu erhöhen, heißt es in dem Papier. Es gelte daher, Pflanzen mit höheren Erträgen, besserer Anpassungsfähigkeit und vermindertem Ressourcenbedarf zu entwickeln. Dazu gehörten etwa Pflanzen, die phosphateffizienter gedeihen oder mit Hilfe mikrobiologischer Systeme und Symbiosen Nährstoffe besser erschließen können.

Biotechnische Züchtungsmethoden gefragt

Um solche Züchtungsziele zu erreichen, erachten die Bioökonomieratsexperten die „Entwicklung und Anwendung neuer biotechnologischer Methoden zur gezielten Einbringung spezifischer Pflanzenmerkmale für (...) unverzichtbar“. Die Präzisionszüchtung auf der Basis molekularbiologischer Analysen zählt genauso in diese Reihe wie auch die Erforschung der genetischen Vielfalt in der Natur und der Aufbau von Genbanken und Samenarchiven. Als kritisch erachtet der Bioökonomierat, dass die modernen Kenntnisse und Werkzeuge noch nicht ausreichend in den Züchtungsprozess integriert sind. Public-Private-Partnerships und eine langfristige sowie zuverlässige Orientierung der Förderung sind nötig. „Eine Förderstrategie sollte sowohl die Chancen für den deutschen Standort, als auch die internationalen Erfordernisse für einen bestmöglichen Beitrag zur Deckung des Bedarfs an biobasierten Rohstoffen und Nahrungsmitteln im Blick haben“, sagt Joachim von Braun, Vorsitzender des Bioökonomierates. Eine Studie der Welternährungsorganisation FAO geht davon aus, dass die Nahrungsmittelproduktion bis zum Jahr 2050 um 60 Prozent steigen muss, um eine von den Vereinten Nationen prognostizierte Weltbevölkerung von 9 Milliarden Menschen ernähren zu können.

Für ihren ersten Zukunftsreport haben sich die Experten der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, die Lebenswissenschaften und ihre aktuellen Herausforderungen vorgenommen. Auf 40 Seiten werfen sie insbesondere  einen Blick auf Omics-Technologien und Bioinformatik. Ihr Fazit ist ernüchternd: Dank langjähriger Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sei zwar vielerorts Kompetenz geschaffen worden, doch es mangelt an Nachhaltigkeit, um Themen wie Big Data adäquat zu begegnen. „Wir drohen den Anschluss an die Weltspitze zu verlieren“, so die Autoren.

„Die Bundesregierung hat seit Mitte der 90er Jahre rund 1,5 Milliarden Euro in Genomforschung und Systembiologie investiert. Wenn das nicht verpuffen soll, müssen wir handeln“, sagte Regine Kahmann, Direktorin am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg und eine der sechs Hauptautoren des Reports bei der öffentlichen Vorstellung der Publikation am 9. September in Berlin. Auf Basis von Fachgesprächen und Experteninterviews wurde hier der aktuelle Stand der Omics-Technologien und ihrer Förderung in Deutschland zusammengefasst. Demnach wird insbesondere die Bedeutung der Bioinformatik innerhalb der lebenswissenschaftlichen Forschung in den kommenden Jahren um bis zu 30% steigen.

Zukunftskonzepte für Big Data gefragt

Ob Medizin, Chemie oder Landwirtschaft – überall spielen Omics-Technologien eine zentrale Rolle, doch Deutschlands Forschungsinfrastruktur sei beim Thema Big Data nicht ausreichend auf künftige Herausforderungen eingestellt. Roland Eils vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg erläuterte dies am Beispiel Krebs: „Die Genomsequenz eines Tumors braucht in etwa soviel Speicherkapazität wie einhundert iPhones. Schon Forschungseinrichtungen haben Mühe, diese Mengen zu analysieren oder mehreren Forschern an verschiedenen Standorten zugänglich zu machen.“ Wenn eine Sequenzierung für alle Krebspatienten standardmäßig eingeführt würde, dann hätte man hierzulande ein Problem. „Wir wüssten gar nicht, wie wir mit diesen Datenmengen umgehen sollen, geschweige denn wie und wo wir sie speichern sollen“, mahnt der Krebsforscher und Bioinformatik-Experte. Es gelte also, Zukunftskonzepte für diese schon jetzt absehbaren Entwicklungen auszuarbeiten. Dies jedoch sei nur im Rahmen einer bundesweiten Initiative und idealerweise unter dem Dach einer zentralen Nationalen Infrakstruktur zu bewältigen.

Langfristige Finanzierungsmodelle gefordert

Am Ende des 40seitigen Reports kommen die Experten zu einem ernüchternden Fazit: Die bisherige Förderung – vor allem die vielen Initiativen des BMBF – haben eine Reihe von Zentren und Kompetenzen in Genomforschung, Proteomics, Bioinformatik und Systembiologie in Deutschland hervorgebracht, doch ohne langfristige Finanzierungsmodelle, die über 5 bis 10-Jahres-Räume hinaus gehen, seien die meisten Standorte nicht zu halten und eine Forschung auf Weltniveau langfristig nicht denkbar. Vor allem die Universitäten drohen zum Verlierer zu werden. „Die Haushalte der Bundesländer geben die nötigen Investitionen für den weiteren laufenden Betrieb nicht her und aktuelle Förderinitiativen greifen zu kurz “, betonte Michael Hecker, Direktor des Instituts für Mikrobiologie an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald. So soll zwar ein vom BMBF mit 22 Millionen Euro ausgestattetes und von der Universität Bielefeld koordiniertes Deutsches Netzwerk für Bioinformatik-Infrastruktur Anfang 2015 seine Arbeit aufnehmen, doch für die aktuellen Probleme, die die gesamten Lebenswissenschaften inklusive der Omic-Technologien betreffen, sei dieser Zusammenschluss zu eng gefasst.

Experten plädieren für Nationale Omics- und IT-Infrastruktur

Im Zukunftsreport wird der Aufbau einer Nationalen Omics- und IT-Infrastruktur gefordert, durch die universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Ausbildung zusammenarbeiten können. Hierfür veranschlagen sie ein langfristiges Budget in mindestens dreistelliger Millionenhöhe, das idealerweise über die Deutsche Forschungsgemeinschaft bereitgestellt und durch ein zu berufendes Gremium gesteuert wird. „Bei physikalischen Großgeräten oder den Forschungsschiffen funktioniert das auch“, betonte Kahmann. Aus Sicht der Leopoldina-Experten müssten die Lebenswissenschaften ebenfalls einen solchen Status erhalten. Angesichts einer absehbaren Änderung des Grundgesetzes, das eine leichtere Zusammenarbeit zwischen länderfinanzierten Universitäten und bundesfinanzierten außeruniversitären Einrichtungen vorsieht, sei zudem die strukturelle Basis geschaffen, um die nötige Infrastruktur auf die Beine zu stellen. „Schon heute gibt es mit dem Norddeutschen Zentrum für Mikrobielle Genomforschung in Göttingen ein gutes Beispiel für eine solche Zusammenarbeit“, so der Greifwalder Professor Hecker. „Deutschland bräuchte aber mindestens acht bis zehn Zentren dieser Art.“

Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen hat weltweit zu einem Rückgang an eingesetzten Pflanzenschutzmitteln und zu höheren Erträgen geführt. Am deutlichsten profitierten dabei die Landwirte in Entwicklungsländern. Zu diesem Schluss kommt die bisher umfassendste Metaanalyse von Agrarökonomen der Universität Göttingen. Die Wissenschaftler werteten weltweit 147 Originalstudien zum Thema aus. Die Ergebnisse sind im Fachjournal PLOS ONE (2014, Online-Veröffentlichung) erschienen.

In der bisher umfassendsten Analyse zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Anbaus gentechnisch veränderter Nutzpflanzen haben die Göttinger Agrarökonomen Matin Qaim und Wilhelm Klümper Studien ausgewertet, die zwischen 1995 und März 2014 erschienen sind. Damit bietet die Metastudie nahezu einen Überblick über die gesamte Geschichte des Gentechnik-Pflanzenanbaus. Die Autoren haben sich dabei auf eine möglichst breitgefächerte Datenbasis gestützt: Berücksichtigt wurden öffentlich finanzierten Studien, weitere von Unternehmen oder industrienahen Verbänden, aber auch solche von eher gentechnikkritisch eingestellten NGOs.

Weniger Spritzmittel, höherer Ertrag

Das Fazit fällt bemerkenswert positiv aus: Dort, wo gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut wurden, ging der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel im Durchschnitt um 37 Prozent zurück. Gleichzeitig stiegen die Erträge durchschnittlich um 22 Prozent. Trotz des teureren Saatguts konnten die Landwirte mit gentechnisch veränderten Pflanzen ihren Gewinn um durchschnittlich 68 Prozent steigern. Darüber hinaus untersuchten die Forscher auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Pflanzenmerkmalen und Anbauregionen. „Die positiven Auswirkungen auf den Ertrag und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind bei insektenresistenten Pflanzen höher als bei herbizidtoleranten Pflanzen“, so die Autoren.

Kleinbauern in Entwicklungsländern profitieren

Gentechnisch veränderte Pflanzen werden seit rund 20 Jahren in verschiedenen Ländern und auf mittlerweile mehr als zehn Prozent der Weltackerfläche angebaut. Vor allem in Nord- und Südamerika kommen insektenresistente und herbizidtolerante Mais- und Sojapflanzen in großem Umfang zum Einsatz. Aber auch viele Kleinbauern in Indien, China und anderen Ländern Asiens und Afrikas sind auf gentechnisch verändertes Saatgut umgestiegen. Ein weiteres Ergebnis der Metaanalyse: Landwirte in Entwicklungsländern konnten ihren Gewinn deutlicher steigern als Landwirte in Industrieländern (ein Plus von 14 Prozentpunkten).

Fakten für die Debatte

In der öffentlichen Debatte wird die Bedeutung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen für die Landwirtschaft kontrovers diskutiert. Die vorgelegte Metaanalyse solle zur Versachlichung der Diskussion beitragen, schreiben die Autoren. In Studien ohne wissenschaftliche Begutachtung und NGO-Reports fallen die wirtschaftlichen Auswirkungen deutlich schlechter aus und würden eher „nach unten geschätzt“, so die Beobachtung von Qaim und Klümper. Selbst wenn diese Ergebnisse in die Meta-Analyse eingerechnet würden, verändere sich das Gesamtergebnis nicht wesentlich: „Die positiven wirtschaftlichen Effekte bleiben erheblich“, schreiben die Göttinger Forscher.

Die Debatte um den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen bekommt neuen Schwung. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka hat sich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung klar gegen ein Verbot ausgesprochen. Als rohstoffarmes Land sei Deutschland auf den wissenschaftlichen Fortschritt angewiesen, argumentiert die CDU-Politikerin. Sie stellt sich damit gegen Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, der einen Gesetzesentwurf für ein nationales Anbauverbot bereits auf den Weg gebracht hat.

Seit Jahren wird in Deutschland über den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gestritten. Zu den Kritikern der Grünen Gentechnik zählen u.a. Grüne und SPD.  Beide Parteien hatte sich im vergangenen Jahr klar gegen die In der fortwährenden Debatte hat Bundesforschungsministerin Johanna Wanka nun erstemals offensiv Stellung bezogen und in einem Zeitungsinterview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine Lanze für die Grüne Gentechnik gebrochen. “Es ist doch absurd: In der Medizin ist Gentechnik völlig akzeptiert. Bei Pflanzen und Nahrungsmitteln gilt sie plötzlich als verpönt”, betonte die Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Wanka warnt vor Stimmungsmache

Aus ihrer Sicht könne sich Deutschland eine Ablehnung der Gentechnik in der Landwirtschaft nicht leisten. Als rohstoffarmes Land sei man auf den wissenschaftlichen Fortschritt angewiesen. Daher dürfe die Politik den geschürten Ängsten in der Bevölkerung nicht ohne weiteres nachgeben. “Stimmungsmache, um die Freiheit von Forschung einzuschränken, ist sehr gefährlich und eine Bedrohung für den Wirtschaftsstandort Deutschland”, so Wanka.  Auch Politiker müssten standhaft bleiben und für ihre Überzeugungen einstehen – auch dann, wenn die eigene Einschätzung gerade nicht populär sei. “Wir dürfen nicht gleich die Fahne einrollen, wenn es schwieriger wird”, sagte die Ministerin im Zeitungsinterview.

Deutschland auf dem Weg zum Anbauverbot

Seit Jahren wird in Europa um die Grüne Gentechnik gerungen. Erst Anfang des Jahres hatte die EU den Weg für nationale Entscheidungen über den Bereits ab April gilt die neue Regelung, die den Mitgliedsstaaten erstmals die Möglichkeit des „Opt-out“ eröffnet, also des nationalen Anbauverbots auf der Basis von sozioökonomischen oder raumordnerischen Erwägungen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf zur Änderung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften hinsichtlich der nationalen Ausstiegsklauseln wurde Mitte April vom EU-Parlament angenommen. Nun kann diese Regelung von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Die europäische Neuregelung stellt einen Kompromiss dar, auf den sich Europäische Kommission und Parlament nach rund vier Jahren Verhandlung geeinigt haben. Er zielt darauf ab, die bisherigen Blockaden beim europäischen Zulassungsverfahren zu lösen. Wie bisher soll dabei die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA die Sicherheit der neuen Pflanzen prüfen. Beim Anbau aber wird die Entscheidung von Brüssel zu den nationalen Behörden verlagert. Die Mitgliedstaaten entscheiden unabhängig, ob sie eine Anbauzulassung vergeben. In Deutschland stehen die Zeichen derzeit auf Ablehnung der Grünen Gentechnik. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat bereits einen Gesetzentwurf für ein nationales Anbauverbot auf den Weg gebracht. Dieser wird von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD)unterstützt. „Die grüne Gentechnik hat sich als Holzweg erwiesen“, sagte sie im Januar diesen Jahres.

Die industrielle Landwirtschaft wird für den Planeten zunehmend zur Belastung: Flächenverbrauch, Überdüngung und Folgeschäden durch Pflanzenschutzmittel sind nur einige der Probleme. Eine besonders nachhaltige Form der Nahrungsmittelproduktion ist die Zucht von Speisefisch und der Anbau von Gemüse in einem kombinierten Stoffkreislauf. Ein neues sechs Millionen Euro umfassendes EU-Projekt, an dem Forscher des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) federführend beteiligt sind, soll der sogenannten Aquaponik nun zum Durchbruch verhelfen.

 

Seit Mitte der achtziger Jahre wird versucht, die Fisch- und Gemüsezucht in einem System zu vereinen. Damals stellten US-amerikanische Forscher zum ersten Mal ein Gewächshaus vor, in welchem gleichzeitig Barsche und Tomaten gezüchtet wurden (Journal of the World Aquaculture Society, Band 28, Ausgabe 4, Seiten 420-428). Heute – rund dreißig Jahre später – arbeiten Forscher noch immer an einer Optimierung des Systems. Auch wenn inzwischen große Fortschritte gemacht wurden: Den kommerziellen Durchbruch haben die Aquaponik-Systeme bisher nicht geschafft.

Aquaponik: Kombination aus Fisch- und Pflanzenzucht

Das Kofferwort Aquaponik setzt sich aus den Begriffen Aquakultur (Fischzucht) und Hydroponik (erdfreie Pflanzenzucht) zusammen. In einem Aquaponiksystem wird also die Zucht von Fischen mit der Kultur von Nutzpflanzen kombiniert. Man macht sich dabei die Tatsache zunutze, dass die Fische und Pflanzen ganz ähnliche Umweltbedürfnisse für ihr Wachstum haben. So werden Synergieeffekte genutzt und Wertschöpfungsketten verlängert. Im Idealfall lassen sich Nahrungsmittel auf diese Weise fast emissionsfrei erzeugen.

INAPRO-Projekt soll Weg zum Markt ebnen

Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) beteiligt sich nun an einem neuen EU-Projekt namens INAPRO (“Innovative model & demonstration based water management for resource efficiency in integrated multitrophic agriculture and aquaculture systems”). In dem auf vier Jahre angelegten Forschungsvorhaben werden in Deutschland, Spanien, Belgien und China vier große Aquaponik-Demonstrationsanlagen auf jeweils rund 500 Quadratmeter zunächst modelliert, dann gebaut und evaluiert. „Gemeinsam mit unseren 18 Partnern aus acht Nationen können wir die Aquaponik nun den entscheidenden Schritt voranbringen“, erklärt Projektkoordinator Georg Staaks. INAPRO soll dazu dienen, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit in größerem Maßstab des Systems zu demonstrieren und die Implementierung in die Nahrungsmittelproduktion voranzutreiben. Dafür stehen in den kommenden vier Jahren rund sechs Millionen Euro zur Verfügung. „INAPRO eröffnet neue Marktchancen für Hersteller und Anwender von Aquaponiksystemen innerhalb und außerhalb von Europa. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ist das ein äußerst attraktives Segment“, unterstreicht Staaks.

BMBF hat Anlagenentwicklung gefördert

Das IGB geht mit einem Projekt an den Start, in dem Tilapia-Buntbarsche (Oreochromis niloticus) und Tomaten gezüchtet werden. Die beiden Lebewesen ergänzen sich optimal – so teilen sie zum Beispiel die Vorliebe für Temperaturen um 27 Grad. Die Entwicklung des im Projekt eingesetzten technischen Systems „ASTAF-PRO“ (Aquaponik-System zur emissionsfreien Tomaten- und Fisch- Produktion) hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den vergangenen Jahren gefördert. „Das spezielle System reguliert die Flüssigkeitsströme zwischen den beiden Teilbereichen der Anlage. So können in beiden Teilsystemen die jeweils optimalen Wachstumsbedingungen hergestellt werden. Diese besondere Effizienz bieten die bisherigen traditionellen Aquaponiksysteme nicht“, erläutert Werner Kloas, Leiter der Abteilung Ökophysiologie und Aquakultur am IGB. Bevor das Wasser aus der Aquakultur zu den Pflanzen kommt, werden Feststoffe ausgesiebt. Sie dienen als hochwertiger Gemüsedünger. Weiterhin im Wasser enthalten ist jedoch Ammonium  – ein Stoffwechselprodukt der Fische, das über die Kiemen ausgeschieden wird und in zu hoher Konzentration für die Fische schädlich ist. In die Kreislaufanlage ist ein Biofilter integriert, der von Bakterien besiedelt ist. Dort wird das Ammonium zu Nitrat abgebaut. Das Molekül ist Grundbestandteil von Düngemitteln und beschleunigt das Pflanzenwachstum. Auch das Kohlendioxid, das die Fische ausatmen, kann von den Pflanzen aufgenommen, für ihr Wachstum genutzt und in Sauerstoff umgewandelt werden. Wird die nötige Betriebsenergie für die Gesamtanlage aus regenerativen Quellen wie Wind, Sonne oder Biomasse gespeist, arbeitet das ASTAF-PRO-System dann nahezu ohne klimaschädliche Emissionen.

Weichmacher sind in zahlreichen Plastikprodukten enthalten. Der deutsche Spezialchemiekonzern Oxea GmbH bringt jetzt erstmals biobasierte Weichmacher auf den Markt. Grundbaustein für die Oxblue DOSX und Oxblue ATBC genannten Chemikalien ist Bernsteinsäure aus Maisstärke. Später einmal werden die phthalatfreien Weichmacher vor allem für Spielzeug, Bodenbeläge oder Frischhaltefolie genutzt.

Bereits seit einiger Zeit ist die Plastikbranche auf der Suche nach neuen Weichmachern. Der Grund: Die bisher besonders häufig eingesetzten Phthalate sind wegen ihrer gesundheitschädigenden Wirkung in Verruf geraten. „ Einige Vertreter dieser Stoffgruppe werden als endokrine Disruptoren bezeichnet, die durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können“, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Andere schädigen die Leber oder beeinträchtigen die Fortpflanzungsfähigkeit.

Gestiegenes Gesundheitsbewusstsein bei Verbrauchern

Das in Oberhausen ansässige Unternehmen Oxea setzt nun auf phthalatfreie Weichmacher wie Dioctylsuccinat (DOSX) und Acetyltributylcitrat (ATBC). „Angesichts des steigenden Gesundheits- und Imagebewusstseins auf Seiten der Verbraucher bieten wir Herstellern nachhaltige Lösungen an, mit denen sie Produkte wirtschaftlich produzieren können, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität machen zu müssen“, sagte Jacco de Haas, Global Marketing Manager Specialty Esters bei Oxea.

Biobasierter Rohstoff aus den USA

Den für die Produktion nötigen Grundstoff, die Bernsteinsäure, bezieht Oxea aus den USA. Dort hat die Firma Myriant Anfang 2013 die landesweit erste Produktionsanlage für Bio-Bernsteinsäure in Betrieb genommen. Der Betrieb in Lake Providence kann davon in großen Fermentern jährlich rund 13.000 Tonnen herstellen. Bis 2015 ist der Ausbau auf eine Jahreskapazität von 63.000 Tonnen geplant. In Europa ging bereits Jahre zuvor eine kommerzielle Anlage für die mikrobielle Herstellung von Bernsteinsäure in Betrieb. Ein Joint-Venture zwischen dem niederländischen Unternehmen DSM NV und dem französischen Konzern Roquettte Frères produziert seit 2012 in Cassano Spinola, Italien, bis zu 10.000 Jahrestonnen Bernsteinsäure.

Das deutsche Unternehmen Oxea GmbH hat sich auf die Herstellung von Oxo-Chemikalien spezialisiert. In der organischen Chemie werden so Stoffe bezeichnet, die eine zusätzliche Carbonylgruppe tragen. Mit mehr als 1.400 Mitarbeitern weltweit erwirtschaftete Oxea 2012 einen Umsatz von rund 1,5 Milliarden Euro. Eigentümerin von Oxea ist die staatliche Oman Oil Company S.A.O.C., die zum Sultanat Oman gehört.

Für die Produktion von Bioenergie ist der Maisanbau in Deutschland besonders wichtig. Derzeit liegt die Pflanze unangefochten an der Spitze, wenn es um die bestellte Fläche geht. Doch andere, weniger bekannte Sorten wie die Sorghum-Hirsen holen auf. Sie bieten eine sinnvolle Ergänzung der Fruchtfolge und geraten durch ihre längeren Wurzeln nicht so leicht in Trockenstress. Wie die künftigen Zuchtziele der beiden Pflanzen an den Klimawandel angepasst werden könnten, haben Forscher um Remy Manderscheid vom bundeseigenen Thünen-Institut untersucht. Sie berichten im Magazin Mais (2014, Ausgabe 1) über ihre Ergebnisse.

Die Prognosen des Weltklimarates IPCC sind bekannt: Die Temperatur auf der Erde wird langfristig ansteigen. Bis 2100 ist mit einer Zunahme der globalen Durchschnittstemperatur um 0,9 bis 5,4 Grad Celsius zu rechnen – abhängig von den Zuwachsraten aller Treibhausgase und dem angewandten Prognosemodell. Für die kommenden 50 Jahre sagt das Gremium einen Anstieg der Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid um 50 Prozent voraus, von 400 ppm auf 600 ppm. Das wiederum führe nicht nur zu einem Temperaturanstieg, sondern auch zu einer Abnahme der Sommerniederschläge.

Klima der Zukunft nachgestellt

Für Mais und Sorghum-Hirsen sind das keine guten Nachrichten. Bei ihnen droht bei geringen Niederschlägen und höheren Temperaturen Trockenstress. Wie sich die geänderten Bedingungen genau auf die Pflanzen auswirken, haben nun erstmals Forscher vom Johann Heinrich von Thünen-Institut untersucht, dem Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei. Die Wissenschaftler um Remy Manderscheid vom Institut für Biodiversität haben das geänderte Klima auf einem Freiland-Versuchsfeld nachgestellt. So sollte der Wasserbedarf von Mais und Sorghum in Abhängigkeit von Temperatur und Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre ermittelt werden.

Das Ergebnis: Obwohl Mais und Sorghum sich äußerlich ähneln und auch vergleichbare Stoffwechsel aufweisen, ist der Anbau von Mais zumindest unter den heutigen Klimabedingungen in Mitteleuropa ressourceneffizienter. Denn die untersuchten Sorghum-Hirsearten haben für ihre Blattentwicklung einen höhere Temperaturansprüche als Mais. Das wirkt sich insbesondere bei früher Aussaat oder kühler Frühsommerwitterung aus.

Tiefere Wurzeln für mehr Wasser

Da der Mais dadurch eine im Vergleich bessere Wüchsigkeit zeige, schneide er im Hinblick auf die Wassernutzungseffizienz unter heutigen Klimabedingungen besser ab, berichten die Forscher. Ein Vorteil der Sorghum-Hirsen sei hingegen die vergleichsweise tiefe Bodendurchwurzelung. So könnten die Pflanzen bei Trockenstress das Wasser aus tieferen Schichten besser erschließen.

Diese Ergebnisse haben auch eine wichtige Aussagekraft für die Zukunft. Sie erlauben es abzuschätzen, welche Eigenschaften bei künftigen Saatgutlinien zu einem möglichst guten Ernteergebnis beitragen können. So müssten die ursprünglich aus Afrika stammenden Sorghum-Hirsen beispielsweise stärker an die hierzulande – trotz Klimaerwärmung – vergleichsweise kühle Witterung angepasst werden, um bei mangelnder Wasserversorgung ein ähnliches oder besseres Wachstum als Mais zu erzielen.

Biobasierte Rohstoffe sind aus vielen Wirtschaftsbereichen nicht mehr wegzudenken: Nicht nur die Chemie- und Pharmaindustrie auch Papierhersteller oder Stromerzeuger sind auf sie angewiesen. Tatsächlich ist die Anbaufläche für nachwachsende Rohstoffe in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Wie weitverbreitet die grünen Zutaten in der deutschen Industrie inzwischen genau sind und wie sich die Situation bis 2020 entwickeln könnte, das zeigt die umfassende „Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe“, die am 19. März von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) veröffentlicht wurde (zur Studie...).

Die Studie wurde im Auftrag der FNR federführend von Meo Carbon Solutions durchgeführt. Projektpartner waren das Fraunhofer Institut für Grenzflächen und Verfahrenstechnik, IGB, das Fraunhofer Institut für angewandte Polymerforschung, IAP, das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) an der Hochschule Hannover sowie das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Aufbauend auf einer Erhebung des Ist-Zustandes 2011 und der bisherigen Marktentwicklung haben die Experten mögliche Szenarien für die Entwicklung bis 2020 erstellt und das Ergebnis mit den derzeitigen politischen Zielen abgeglichen. Die Analyse ist denkbar umfassend: Sieben stoffliche und drei Märkte zur energetischen Nutzung von Biomasse wurden mit einer einheitlichen Systematik im weltweiten Kontext untersucht.  

Die Studie zeigt auf, dass nachwachsende Rohstoffe in den vergangenen Jahren in vielfältigsten Märkten Einzug gehalten haben. Während beispielsweise in den Märkten für Baumaterialien sowie für Kunst- und Werkstoffe die Ziele voraussichtlich erfüllt werden, seien vor allem in der chemischen Industrie und bei Biokraftstoffen noch weitere Anstrengungen beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe erforderlich. Von grundlegender Bedeutung für die weitere Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen ist laut Studie die Sicherstellung einer nachhaltigen Produktion. Dabei stelle die Ermittlung und Reduktion von Treibhausgasemissionen eine besondere Herausforderung dar.

Der zunehmenden Verbreitung der nachwachsenden Rohstoffe trägt inzwischen auch die Politik Rechnung.  Mit der im Sommer 2013 vorgestellten Politikstrategie Bioökonomie unterstützt die Bundesregierung den Wandel zu einer rohstoffeffizienten Wirtschaft, die nicht auf fossilen, sondern auf nachwachsenden Ressourcen basiert. Offenbar mit Erfolg:  "Wir sind mit der Strategie auf einem guten Weg", sagte  der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundeslandwirtschaftsminister, Peter Bleser, anlässlich der heutigen Veröffentlichung einer Marktanalyse zu nachwachsenden Rohstoffen. "Die Analyse stellt eine gute Basis insbesondere für die stoffliche Nutzung dar. Damit sind wir dem Ziel näher, unsere Wirtschaft unabhängiger von endlichen fossilen Rohstoffen zu machen und gleichzeitig das Klima zu schonen."

Die Analyseergebnisse für die einzelnen Märkte im Überblick:

Chemikalien: Der Einsatz von Chemikalien ist nach wie vor relativ gering. Rund 1,7 Millionen Tonnen nachwachsende Rohstoffe wurden in 2011 für die Produktion von Chemikalien, 530.000 Tonnen für Wasch- und Körperpflegemitte, weniger als 100.000 Tonnen jeweils für Kunst- und Werkstoffe sowie Schmierstoffe eingesetzt. Damit liegt der Anteil der nachwachsenden Rohstoffe am Gesamtrohstoffverbrauch meist im unteren einstelligen Prozentbereich. Für die Produktion werden vor allem Zucker, Fette und Proteine eingesetzt. Bis 2020 könnten sich die biobasierten Produkte technisch etablieren, erwarten die Studienautoren.

Wasch- und Pflegemittel: In 2011 wurden in Deutschland rund 2,7 Millionen Tonnen  Wasch- und Körperpflegemittel hergestellt. Für die Produktion wurden rund 260.000 Tonnen Tenside, 62.000 Kubikmeter Alkohol und 29.000 Tonnen Citrate aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt. Für die nächsten Jahre werden ein geringes Marktwachstum und ein leichter Anstieg des Anteils nachwachsender Rohstoffe im Markt für Wasch- und Körperpflegemittel erwartet.

Biokunststoffe: In Deutschland wurden in 2011 knapp 80.000 Tonnen biobasierte Kunststoffe und 70.000 Tonnen naturfaserverstärkte Verbundwerkstoffe erzeugt. Dafür wurden insgesamt ungefähr 90.000 Tonnen nachwachsender Rohstoffe eingesetzt. In den kommenden Jahren soll sich das Marktwachstum der vergangenen Jahre weiter fortsetzen

Oleochemie: Der Gesamtmarkt für Schmierstoffe stagniert bei rund einer Millionen Tonnen, mit einem Bioschmierstoffanteil von weniger als drei Prozent. Die weitere Marktentwicklung wird im Wesentlichen von staatlichen Anreizen abhängen, heißt es in der Studie.

Bauen und Wohnen: Dieser Markt entwickelt sich positiv. Vor allem Holz, Leinöl und Faserpflanzen finden hier Verwendung. In 2011 wurden knapp 54 Millionen Kubikmeter Holz in der Säge- und Holzwerkstoffindustrie verbraucht. Insbesondere der Einsatz von Holz bei Neubauten und Sanierungen hat stark zugenommen. Rund zwei Drittel aller verkauften Möbel sind aus Holz. Die Studienautoren gehen davon aus, dass der Gesamtmarkt "Bauen und Wohnen" weiter wachsen wird.

Papier, Pappe und Kartonagen: Der Markt für Papier, Pappe und Kartonagen ist ein reifer Markt. In 2011 wurden rund 6,3 Millionen Tonnen Holz-, Papier- und Chemiezellstoff sowie Stärke abgesetzt. Die deutsche Industrie nimmt international eine starke Position ein. Sie ist die viertgrößte der Welt hinter China, USA und JapanBis zum Jahr 2020 wird von einem leichten weiteren Wachstum des Marktes ausgegangen. Voraussetzung dafür ist ein ausreichendes Angebot an Biomasse zu günstigen Preisen und eine konstante Altpapiereinsatzquote.

Pharmaprodukte: Im Markt für pharmazeutische Produkte wurde im Rahmen der Studie die Verwendung von Arzneipflanzen in den Märkten Phytopharmazeutika, Health Food, Veterinäranwendungen und Kosmetik untersucht. Die Nachfrage nach entsprechenden Roh-Zutaten im Jahr 2011 wurde auf knapp 31.000 Tonnen geschätzt. Von den wichtigsten Arzneipflanzen wird noch immer der weitaus größte Teil importiert. Der Markt zeigt keine besondere Dynamik. Für die nächsten Jahre wird nur eine geringe Erhöhung der Gesamtnachfrage erwartet.

Wärmeerzeugung: Die Wärmeerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen hat in 2011 mit rund 130 Terrawattstunden einen Marktanteil von rund zehn Prozent erreicht. Ein weiteres Wachstum der Wärmeproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen wird als realistisch beurteilt, im Jahr 2020 könnten rund 150 Terrawattstunden erreicht werden. Das Wachstum wird allerdings durch die nachhaltig verfügbare Fläche und zunehmende Nutzungskonkurrenzen begrenzt.

Elektrizitätserzeugung: Die Elektrizitätserzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen betrug knapp 35 Terrawattstunden im Jahr 2011 und hat damit einen Marktanteil von rund sechs Prozent erreicht. Die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist der entscheidende Treiber für das Wachstum. Für das Jahr 2020 wird eine weitere Steigerung der Stromproduktion aus nachwachsenden Rostoffen erwartet, insbesondere auf Basis von Biogas. Das Wachstum wird durch Nutzungskonkurrenzen, hohe Rohstoffpreise und sinkende gesellschaftliche Akzeptanz begrenzt.

Biokraftstoffe: Auch Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen haben in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Deutschland ist führender Biokraftstoffproduzent in der EU. In 2011 wurden 2,8 Millionen Tonnen Biodiesel und Pflanzenöl sowie 600.000 Tonnen Bioethanol produziert. Im Biokraftstoffmarkt findet derzeit eine Konsolidierung statt. Nur bei einer Umkehr der heute diskutierten Biokraftstoffpolitik kann es zu einem deutlichen Wachstum kommen, mahnen die Autoren.

bb

Im EU-Konsortium namens Optibiocat wollen Partner aus Forschung und Industrie biotechnologische Verfahren für die Herstellung von Natur-Kosmetik entwickeln und setzen dabei auf neue Enzyme.Produktlabel wie "Bio" oder "Natürlich" haben es längst aus der Nische in die Supermarktregale geschafft. Neben Bio-Lebensmitteln achten immer mehr Verbraucher  auch beim Kauf von Kosmetik auf natürliche Inhaltsstoffe. Natürliche Beauty-Produkte auch umweltschonend und nachhaltig herzustellen, ist das Ziel des neuen EU-Projektes Optibiocat (Optimised esterase biocatalysts for cost-effective industrial production).

16 Partner aus Forschung und Industrie wollen in den kommenden vier Jahren herkömmliche, chemische Prozesse in der Kosmetikindustrie durch natürliche und enzymbasierte Verfahren ersetzen. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission mit sieben Millionen Euro unterstützt. Deutsche Partner sind Biotechnologen von der Universität Münster, die Dortmunder Unternehmen Supren und Taros Chemicals sowie das Fachkommunikationsunternehmen BIOCOM AG.

Um umweltschonendere Verfahren in der Kosmetikindustrie zu etablieren, wollen sich die Forscher auf die Enzym-Klasse der Esterasen konzentrieren. Mit Hilfe den Biokatalysatoren sollen Kosmetik-Wirkstoffe in weniger Reaktionsschritten hergestellt und die dafür bisher notwendige Reaktionstemperatur von bis zu 160°C auf 50 bis 60°C herabgesetzt werden. Das neue Verfahren hat laut Optibiocat-Koordinatorin Vincenza Faraco von der Universität Neapel einen weiteren Vorteil: Besondere Gerüchte werden ebenfalls vermieden - ein Pluspunkt in der Kosmetikindustrie. Besonders ins Visier wird das Konsortium Feruloylesterasen und Glucuronylesterasen nehmen, die aus den Enzymbibliotheken der Netzwerk-Partner stammen.  Zwar stehen natürliche Kosmetikzusätze im Fokus der Allianz, doch aauch andere Industriezweige könntenvon den Ergebnissen aus Optibiocat profitieren.  "Einige der Esterasen werden auch in der Lebensmittelindustrie und für die Herstellung von Krebs- und Alzheimermedikamenten benötigt", so Faraco. Neben Italien und Deutschland sind Unternehmen und Forschungseinrichtugnen aus den Niederlanden, Frankreich, Portugal, Griechenland, Schweden und Finnland beteiligt. Größter Industriepartner des Konsortiums ist der griechische Naturkosmetikhersteller Korres.

bb

Treibstoff wird bislang überwiegend aus dem immer knapper werdenden und nicht nachhaltigen Energieträger Erdöl hergestellt. Alternativ könnten eines Tages Mikroalgen in Bioreaktoren die Basis für nachhaltigen Treibstoff und andere Rohstoffe liefern. Um diesen Ansatz auch wirtschaftlich lohnend verfolgen zu können, sind jedoch weitere Forschungsarbeiten nötig. Mitte Mai hat das „Algen Science Center“ im Forschungszentrum Jülich seinen Betrieb aufgenommen, in dem Forscher noch offene Fragen klären wollen. In der neuen Einrichtung werden Algen gezüchtet und drei Produktionssysteme für diese Biomasse miteinander verglichen. Gleich zu Beginn werden auch zwei vom Bundesforschungsministerium (BMBF) beziehungsweise Landwirtschaftsministerium (BMEL) geförderte Projekte bearbeitet.

Das BMBF unterstützt das Projekt „Optimal“, in dem Algen in Bezug auf ihre Produktivität und Lichtnutzung optimiert werden. Denn die heute verwendeten Algenstämme sind quasi Wildstämme und noch nicht an die Bedingungen in den Bioreaktoren angepasst. Insbesondere die Beleuchtung, die auf eine maximale Photosyntheseleistung der Algen abzielt, kann von den eigentlich auf geringe Lichtintensitäten ausgerichteten Algen nicht gut genutzt werden. Die optimierten Algen werden nachfolgend in den verschiedenen Produktionssystemen des Algen Sience Centers unter realen Bedingungen untersucht. Optimal wird mit 1,4 Millionen Euro drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. "Mit der Entwicklung von Biokerosin aus Algen machen wir einen wichtigen Schritt weg vom Öl. Damit unterstützt die Bundesregierung die Perspektive einer nachhaltigen Mobilität durch die Stärkung der Bioökonomie", betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung Thomas Rachel im Rahmen der Eröffnungszeremonie.

Aufwind für grünes Flugzeugkerosin

Das Schwesterprojekt „Aufwind“ (Algenproduktion und Umwandlung in Flugzeugtreibstoffe: Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Demonstration) dreht sich im Kern um die Frage, wie sich Algen zur Biomasseproduktion nutzen lassen. Das Verbundprojekt wird vom Forschungszentrum Jülich koordiniert. Insgesamt sind elf Partner daran beteiligt – unter anderem der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus Group und das internationale Öl- und Gasunternehmen OMV. "Im Luftverkehr gibt es zu flüssigen Treibstoffen mittelfristig keine Alternative. Elektromotoren oder Brennstoffzellen – wie sie in Autos erprobt werden – kommen aus Gewichts- und Sicherheitsgründen für Flugzeuge nicht in Frage", erklärt Siegfried Knecht, Vorstandsvorsitzender des Interessenverbandes Aireg (Aviation Initiative for Renewable Energy in Germany).

Das BMEL fördert die Arbeiten mit 5,75 Millionen Euro über zweieinhalb Jahre. In Jülich gehen dazu auf je 500 Quadratmetern Fläche drei Bioreaktorsysteme zur Algenproduktion in Betrieb. „Es gibt zwar schon viele Publikationen, die die Herstellung von Treibstoff aus Mikroalgen beschreiben. Aber es fehlt ein unabhängiger Vergleich, welche aktuell verfügbaren Anlagen unter ökologischen und ökonomischen Aspekten die besten Ergebnisse liefern", sagte Andreas Müller vom Jülicher Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-2).

Vollständige Nutzung der Biomasse 

Im Rahmen der Algenprojekte werden aber nicht nur geeignete Aufschluss- und Extraktionsverfahren sowie die Umwandlung und Raffinierung der Biomasse zu Treibstoff untersucht. Es sollen auch die dabei entstehenden Nebenprodukte identifiziert und in Bezug auf ihre Verwertbarkeit analysiert werden. Denn wenn es gelingt, aus den Algen neben Kerosin weitere attraktive Produkte zu gewinnen, könnte das derzeit noch teure nachhaltige Kerosin aus dem Bioreaktor konkurrenzfähig werden. Da die Algen Vitamine und Farbpigmente, Aminosäuren und Zucker beinhalten, wäre zum Beispiel die Gewinnung von Lebensmittelzusatzstoffen und von hochwertigen Produkten für die Kosmetik- und Chemieindustrie denkbar. Was dann noch übrig bliebe, könnte als Viehfutter Verwendung finden oder in Kraftwerken verbrannt werden. So würde die gesamte Biomasse nachhaltig verwendet und eine Algen-basierte Bioraffinerie aufgebaut werden können.

bb

Kernbereiche der deutschen Industrie nehmen die Bioökonomie noch nicht als wirtschaftliche Chance wahr. Dies ist das Ergebnis einer Analyse der Arbeitsgruppe Wettbewerb des Bioökonomierates. Es besteht die Gefahr, dass gerade der aktuelle wirtschaftliche Erfolg zentraler Bereiche wie des Automobil- und Maschinenbaus oder der Chemieindustrie eine notwendige ökologische Erneuerung verzögert.

In einer jetzt veröffentlichten Analyse stellt der Bioökonomierat fest, dass die Chemie als zentraler Bereich der Wirtschaft biobasierte Techniken in einzelnen Bereichen zwar nutzt, ein umfassender Rohstoffwandel aber nicht zu erkennen ist. „Die Chemieindustrie setzt in Nischen bereits erfolgreich biobasierte Techniken ein. Gerade wegen der enormen Stärken des bestehenden Geschäftsmodells ist ein umfassender Umbau jedoch nicht in Sicht“, so Holger Zinke, Mitglied des Bioökonomierates und Leiter der Arbeitsgruppe.

Dazu trage auch der Kapitalmarkt bei, der ökologische Innovation noch nicht ausreichend honoriere. In einer zweiten Analyse hat sich der Bioökonomierat mit der Landwirtschaft auseinandergesetzt. „Der Agrarbereich besitzt als Rohstoffproduzent eine strategische Bedeutung für die Entwicklung der Bioökonomie“, so Christine Lang, Vorsitzende des Rates. Angesichts der großen Nachfrage biologischer Rohstoffe müssen Effizienzgewinne in allen Bereichen der Landwirtschaft angestrebt werden. Die deutsche Agrarpolitik muss sich daran orientieren, wie sie einerseits den steigenden Bedarf decken kann und andererseits den besonderen Anforderungen gerecht wird, welche die deutsche Bevölkerung in Bezug auf Produktionsmethoden, Umweltwirkungen und Tierwohl stellt.

In sogenannten BÖRMEMOS analysiert der Bioökonomierat immer wieder strategisch wichtige Fragen und Bereiche in komprimierter Form. Die beiden ersten Memos zu den Bereichen Landwirtschaft und Chemie können auf der Website des Bioökonomierates abgerufen werden.

Ob als Basis für Lebensmittel, für Bioenergie oder stoffliche Nutzung – die Landwirtschaft ist der wichtigste Rohstofflieferant für die Bioökonomie.  Beim „Zukunftsdialog – Agrar & Ernährung“ der ZEIT-Verlagsgruppe am 19. Mai diskutierten Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik über aktuelle Herausforderungen und Perspektiven der Branche in Deutschland. 500 Gäste waren hierzu in die Berliner Kalkscheune gekommen.

Groß, klein, konventionell, öko – landwirtschaftliche Betriebe haben zahlreiche Gesichter. Sie alle stehen heutzutage vor großen Herausforderungen: Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung, die ernährt werden muss, aber auch durch den wachsenden Bedarf nach erneuerbaren Energien oder der stofflichen Nutzung von Biomasse. Genug Gesprächsstoff gab es daher für den "Zukunftsdialog Agrar & Ernährung", zu dem DIE ZEIT nach Berlin geladen hatte. (Mehr Informationen zur Veranstaltung: hier klicken) Einig waren sich die Experten, dass die große Nachfrage nach Agrarrohstoffen prinzipiell von Vorteil ist, denn sie lässt die Agrarpreise steigen. Entscheidend sei, so Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands, vor allem die Ressourceneffizienz und hier seien die Großbetriebe führend.

Nationaler Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft gefordert

Christian Meyer, erster Grüner Landwirtschaftsminister im Agrarland Niedersachsen, betrachtete die Entwicklung deutlich vorsichtiger und kritischer. „Ja, wir brauchen eine Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft“, sagte er, betonte aber auch: „Die Landwirtschaft ist schon heute der größte Emittent von Kohlendioxid. Das müssen wir in der Agrarwende berücksichtigen.“ Vor diesem Hintergrund brachte Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts und Mitglied im Bioökonomierat, einen neuen Vorschlag ein: Aus seiner Sicht sollte ein „nationaler Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft“ gestartet werden, in dem gemeinsam Leitbilder entwickelt werden können.

Kritik an EU-Landwirtschaftsreform zum Greening 

Kommunikation war denn auch das bestimmende Thema. Die Diskutanten plädierten dafür, dass sich Biobauern und ihre intensiv wirtschaftenden Kollegen verstärkt austauschen sollten. Denn neue Anbautechniken, Methoden oder Maschinen könnten über Systemgrenzen hinweg Produktivitätssteigerungen für beide Seiten bringen. Einig waren sich die Experten auch in ihrer Kritik an der neuesten EU-Landwirtschaftsreform, vor allem dem „Greening“. Das Konzept schreibt die Einrichtung „ökologischer Vorrangflächen“ vor, für welche die Landwirte direkt entschädigt werden. „Das geht direkt auf die Produktivität“, klagte Wolf-Dietmar Vetter, Chef der Wariner Pflanzenbau eG, einem Großbetrieb mit 2.000 Hektar Ackerfläche in Mecklenburg Vorpommern. Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wies zudem auf ein prinzipielles Problem des Greenings hin: „Das Ordnungsrecht voranzusetzen ist falsch. Die Landwirte werden die Verordnungen zwar umsetzen, dabei aber alle Möglichkeiten ausnutzen, so dass die Effekte auf die Produktivität minimal sind.“ Auch Isermeyer zweifelte an der Effizienz der EU-Regelung: „Wer mehr Fläche hat, bekommt mehr.“ Der Agrarökonom schlug vor, konkrete ökologische Ziele zu definieren und die finanzielle Belohnung für den Landwirt daran zu koppeln.  

Festgefahrene Positionen zu Industrialisierung und Gentechnik

Die Veranstaltung zeigte auch, dass viele Positionen nach wie vor sehr festgefahren sind. So lehnte die Vertreterin des BUND, Heike Moldenhauer, die Industrialisierung der Landwirtschaft generell ab. „Unsere Vorstellung ist die einer regionalen Landwirtschaft, die lokale Märkte bedient“, betonte sie. Auch Gentechnik solle in Europa keine Rolle spielen. „Wir misstrauen dem europäischen Zulassungsverfahren“, so Moldenhauer. Andere Experten wie Bauernverbands-Vize Schwarz konterten, dass die Gentechnik in Deutschland ohnehin keine Rolle spiele, da es derzeit keinen kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland gebe und warf dem BUND vor, dass es sich mit Unsicherheiten offenbar leichter argumentieren lasse. Um für sein eigenes Wirtschaften zu werben, setzte Schwarz, der neben seinem Verbandsamt auch Großlandwirt ist, auf Transparenz. Seit einigen Monaten blickt eine Webcam auf Ferkel und Säue im Stall. (zur Webcam: hier klicken) Hier soll gezeigt werden, wie der größte Teil der Landwirtschaft heute wirklich ist. Steril, effizient und hygienisch – und nicht, wie es die Werbung oft suggeriert, in Grüne-Wiesen-Romantik. 

Ökologisch bewirtschaftete Ackerflächen sind ein wichtiges Refugium für seltene Tier- und Pflanzenarten. Die Aussage ist ein gern genutztes Argument, um den Biolandbau zu unterstützen – und erscheint auf den ersten Blick auch durchaus schlüssig. Durch harte wissenschaftliche Fakten untermauert war sie bisher jedoch kaum. Ein internationales Team unter Beteiligung von Forschern der Technischen Universität München (TUM), hat jetzt erstmals in zehn europäischen und zwei afrikanischen Regionen untersucht, wie sich ökologisch und konventionell bewirtschaftete Flächen unterscheiden hinsichtlich ihrer Biodiversität unterscheiden. Im Fachmagazin Nature Communications (2014, Online-Veröffentlichung) berichten sie über ihre Forschungsergebnisse. Das Fazit: Auch Öko-Betriebe müssen Artenvielfalt gezielt fördern, indem sie zum Beispiel zusätzliche artenreiche Lebensräume erhalten.

Ökologische und extensive Landwirtschaftssysteme bieten wilden Pflanzen und Tieren Lebensraum. Bekannte Beispiele sind der Schwarze Geier in den spanischen Dehesas oder selten gewordene Orchideen auf extensiv genutzten Gebirgsweiden. Immer häufiger setzen sich Biobauern auch für den Erhalt alter Nutzrassen ein. Beispiele dafür sind hierzulande etwa das in Thüringen und Niedersachsen heimische Leineschaf oder die Limpurger, die älteste Rinderrasse Baden-Württembergs. Auf diese Art könnten Ökobauern in bedeutendem Maße zur Erhaltung der Biodiversität in Europa beitragen. Aber kommen auf ökologisch bewirtschafteten Flächen tatsächlich mehr Arten vor als auf den konventionell bearbeiteten Nachbarflächen? Diese Frage wurde bisher kaum untersucht.

Untersuchungen in Europa und Afrika

Koordiniert von der Forschungsanstalt Agroscope in der Nähe von Zürich, hat das von der EU geförderte Forscherteam nun ermittelt, wie bedeutsam der Effekt wirklich ist. In dem großangelegten Projekt „BioBio“ (zur BioBio-Homepage)  wurden zunächst einheitliche Messmethoden und Untersuchungsprotokolle entwickelt. So ließen sich die auf insgesamt 1470 Feldern von 205 Betrieben erhobenen Daten problemlos miteinander vergleichen. In der Zeit von 2010 bis 2013 wurden Betriebe in insgesamt zwölf Regionen Europas und Afrikas mit sehr unterschiedlichen Produktionsbedingungen untersucht. Ausgewählt wurden jeweils standorttypische Betriebe, je zur Hälfte entweder konventionell oder seit mindestens fünf Jahren zertifiziert ökologisch bewirtschaftet. So wurden zum Beispiel in der Schweiz Futterbaubetriebe, in Österreich und Südfrankreich Ackerbaubetriebe, in Italien und Spanien Betriebe mit Dauerkulturen wie Wein oder Oliven und in Uganda kleinbäuerliche Selbstversorgerbetriebe untersucht.  

In Bayern analysierte Kurt-Jürgen Hülsbergen vom Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme der TU München für das Projekt 16 bayerische Milchviehbetriebe. „Vom Ökolandbau profitiert die Artenvielfalt von Pflanzen und Wildbienen besonders. Die beobachteten Vorteile konzentrieren sich jedoch vor allem auf Ackerflächen“, fasst der Professor die Ergebnisse zusammen. Hülsbergen beschäftigt sich seit Jahren mit der Nachhaltigkeit ökologischer und konventioneller Landwirtschaftsysteme. Erst Anfang Juni stellte er seine .

Vor allem Wildbienen und Pflanzen profitieren von Öko-Ackerbau

Während die Forscher auf Bio-Äckern deutlich mehr Arten fanden als auf Nicht-Bio-Äckern, war dies auf Wiesen oder in Rebkulturen nicht der Fall. Die vier Artengruppen Pflanzen, Regenwürmer, Spinnen und Wildbienen, die stellvertretend für die große Vielfalt an Lebewesen untersucht wurden, profitierten in unterschiedlichem Maß vom Ökolandbau. Auf Ökoflächen wurden mehr Pflanzen- und Wildbienenarten gefunden als auf konventionellen Arealen, jedoch nicht mehr Arten an Spinnen und Regenwürmern. 

Hecken und Feldränder erhöhen die Artenvielfalt

Wurden Arten aus Randflächen wie Hecken oder Feldrändern in den Vergleich einbezogen, so verringerten sich die Unterschiede zwischen ökologischem und konventionellem Landbau. „Offenbar kommen die auf ökologischen Äckern gefundenen Arten in den übrigen Betrieben eher in den Randbereichen vor, und die gesamte Artenzahl verändert sich deshalb kaum“, erklärt Max Kainz, Leiter des Teilprojekts an der TUM. Auch das Vorkommen seltener oder gefährdeter Arten war laut Kainz nicht von der ökologischen Bewirtschaftung abhängig.Zum Schutz der stark gefährdeten Artenvielfalt in der Agrarlandschaft braucht es neben dem Ökolandbau also auch die Erhaltung von Lebensräumen. „Wenn sich die zusätzlichen Lebensräume vom Rest der Betriebsfläche unterscheiden, zum Beispiel Hecken in Graslandbetrieben oder Krautstreifen in Ackerbaubetrieben, erhöhen sie die gesamte Artenzahl des Betriebes stark“, erläutert Hülsbergen. Damit ist klar: Artenschutz ist kein Selbstläufer, auch Öko-Betriebe müssen sie gezielt fördern. „Erstaunlicherweise fanden wir auf den Öko-Betrieben über alle Regionen hinweg nicht mehr naturnahe Lebensräume als auf den übrigen Betrieben“, berichtet Kainz.

Inzwischen hat offenbar auch die Politik den Handlungsbedarf erkannt. So plant die EU beispielsweise im Rahmen ihrer Agrarpolitik ein Greening-Programm, welches Agrarbeihilfen und Umweltschutz miteinander verknüpft. Künftig erhalten Landwirte nur dann alle ihnen zustehenden Gelder, wenn sie konkrete Umweltleistungen erbringen. Diese umfassen den Erhalt von Dauergrünlandflächen wie Wiesen und Weiden, eine größere Vielfalt bei der Auswahl der angebauten Feldfrüchte sowie die Bereitstellung sogenannter "ökologischer Vorrangflächen" auf Ackerland. Ab 2015 sollen rund 5% der Ackerflächen im Umweltinteresse genutzt werden. Im Juni hatte der Bundesrat den Weg für die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht freigemacht.