Die Bioregioökonomin | Beatrice Großjohann

Die Bioregioökonomin

Beatrice Großjohann

 

Beruf:

Biochemikerin, Unternehmerin & Hochschullehrerin

Biopionierin für:

Regionale Bioökonomie Food & Pharma

Beatrice Großjohann, Biotechnikum Greifswald
Beatrice Großjohann, Biotechnikum Greifswald
Abfälle gibt es nicht. Wir sollten die Ressourcen, die eine Region bietet, möglichst optimal nutzen. Das ist das Credo. Und da müssen wir an Technologien und Nutzungs-möglichkeiten noch viel intensiver arbeiten und auch unser Konsumverhalten stark verändern.
Beatrice Großjohann

Als Leiterin des BioÖkonomiezentrums Anklam bringt Beatrice Großjohann Innovationen aus Wirtschaft und Forschung zur Bioökonomie zusammen, um den Strukturwandel in Mecklenburg-Vorpommern voranzutreiben. Professorin Beatrice Großjohann ist Geschäftsführerin der Food & Pharma Services Anklam GmbH, der BioResQ gGmbH, der Micromun GmbH sowie Lehrerin an der Hochschule Neubrandenburg.

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Chemielabor Beatrice Großjohann

Interviewtranskript: Ich bin Beatrice Großjohann. Ich bin von Hause aus Chemikerin und habe in medizinischer Biochemie in Rostock promoviert. Ich hatte das Glück, vor 20 Jahren bei der RIEMSER Arzneimittel AG zu beginnen, in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung.

Beatrice Großjohann im Video

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Das ist ein Pharmaunternehmen der Familie Braun. Und ich bin seit dieser Zeit in verschiedenen Positionen in Unternehmen der Braungruppe tätig. Mich hat tatsächlich die Nähe zur Medizin gereizt, dass man also ein Stück weiter heranrückt an Patienten. – Wir haben 2017 begonnen, uns mit Schweinequalle zu beschäftigen mit dem Ziel, Synthesewege von der Schweinegäule hin zum Arzneimittelwirkstoff Ursodesoxycholsäure zu entwickeln, der hilft zum Beispiel bei der Auflösung von Gallensteinen oder wenn Kinder ohne Gallengänge geboren werden.

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Beatrice Großjohann Biotechnikum Greifswald

Meine Tätigkeit in der Geschäftsführung hat angefangen mit der Food & Pharma Services Anklam GmbH, die 2019 am Standort Murchin gegründet wurde und die heute das Bioökonomie Zentrum Anklam betreibt. Die Analysetätigkeiten finden in unseren Laborräumen am Standort Greifswald im Biotechnikum statt.

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Beatrice Großjohann Biotechnikum Greifswald Apfeltrester

Ein aktuelles Projekt ist der Apfeltrester. Das ist ein Rohstoff, der hier in der Region anfällt und sehr viel Potenzial hat, um andere kluge Produkte daraus machen zu können. Dafür nutzen wir den Apfeltrester als Wachstumssubstrat, da Ständerpilze sehr gut auf Apfeltrester wachsen können. Während sie wachsen, produzieren sie Eiweiß. Und wir wollen damit ein alternatives Protein entwickeln.

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Beatrice Großjohann Biotechnikum Greifswald Apfeltrester

Im ersten Schritt prüfen wir, welche Mikroorganismen finden wir in dem Apfeltrester? Nach der Inkubation streichen wir den Überstand aus auf Agarplatten. Diese analysieren wir und hoffen natürlich ein eindeutiges Bild zu finden, was die Keimbesiedlung zum Beispiel angeht, aber auch den Zuckergehalt und ähnliche Dinge. Wir wollen eben am Ende wissen, welchen Rohstoff haben wir und worauf wächst der Pilz dann später besonders gut.

Wir haben es uns auf die Fahnen geschrieben, die Renaissance von Hanf ein Stück weit mit zu befördern und ganz unterschiedliche Aspekte der Hanfnutzung zu untersuchen. Darüber hinaus wollen wir prüfen, ob Kühe den Nutzhanf als Zwischenfrucht gut vertragen, wenn sie das als Alternative und zu importiertem Soja bekommen. Man kann sich ja vorstellen, wenn die Kühe das Fressen und später Milch geben, dass auch die Kinder high werden könnten, wenn zu viel THC enthalten wäre. Und auch das muss natürlich geprüft und ausgeschlossen werden. Also die Produkte müssen sicher sein.

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Beatrice Großjohann Hochschule Neubrandenburg Extruder

Wir haben uns überlegt, wie man die Einstellungen des Extruders, Temperatur und Druck beispielsweise, so verändern kann, dass das Endprodukt, nämlich die Hanf Pops, noch knackiger werden und sich noch sehr viel mehr in Richtung Erdnussflips bewegen.

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Beatrice Großjohann Hochschule Neubrandenburg Vorlesung

Mecklenburg-Vorpommern ist sehr stark landwirtschaftlich geprägt und es gibt wenige Industriearbeitsplätze. Das heißt aber auch, dass hier Rohstoffe angebaut werden, aber die Wertschöpfung nicht in der Region stattfindet oder nur sehr selten. Und daran sollten wir etwas ändern.

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Beatrice Großjohann, Hochschule Neubrandenburg Vorlesung

Also das finde ich eine wunderbare Möglichkeit, die ich habe durch die Vorlesungstätigkeit an der Hochschule Neubrandenburg tatsächlich junge Menschen für Nachhaltigkeitsthemen und all die Projekte, die wir im Bioökonomie Zentrum Anklam bearbeiten, zu begeistern und später hochwertige Arbeitsplätze zu bieten.

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Beatrice Großjohann Hochschule Neubrandenburg Extruder

Eine gute Ergänzung der Ausbildung an der Hochschule ist die Verwendung von großen Maschinen, wie man sie auch später in der Lebensmittelindustrie findet. Was wir schon häufig für Projekte genutzt haben, ist zum Beispiel der Extruder und wir haben aus Hanf-Pops damit hergestellt.

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Beatrice Großjohann, Hochschule Neubrandenburg

Bioökonomie ist für mich die Möglichkeit, zu einer Gesellschaft zu kommen, die sich aus nachwachsenden Rohstoffen speist und daraus kluge Produkte entwickelt. Das ist der Weg. Das muss der Megatrend in den nächsten Jahren sein. Das ist nicht ein nice to have, sondern das ist ein must have in der Entwicklung unserer Gesellschaft.

Wir wollen hier am Bioökonomiezentrum Anklam weit über die Grundlagenforschung hinaus gehen, wollen Dinge patentieren, wollen Arbeitsplätze schaffen und neue innovative Produkte entwickeln. Hier dreht sich sehr sehr viel um die Pflanze Hanf. Und wenn man sich überlegt, welche Industrien, welches Handwerk hier früher ansässig waren, die Fischer verwendeten Hanffasern für ihre Netze, auch ihre Segel wurden daraus gemacht, d.h. das ist eine Pflanze, die hier in der Vergangenheit eine enorm große Bedeutung hatte und heute verdient hat, wieder zu haben.

Im Bioökonomie Zentrum Anklam

ist die Biotechfirma Grinol ein Mieter der ersten Stunde.

Die Kollegen verwenden Klärschlamm, aber sie haben auch Biomasse, die sie einsetzen. Und das wird alles in den sogenannten Pyro-BAF Reaktor gegeben. Und darin werden diese Ausgangsstoffe prozessiert und es kommt am Ende ein dieselähnlicher Kraftstoff raus, mit dem man Motoren betreiben kann, mit dem man aber auch Wohnungen beheizen kann.

Beatrice Großjohann BÖZ Reaktor Greenol
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Beatrice Großjohann BÖZ Öl aus Klärschlamm Greenol

Darin findet sich die Zentrumsidee wieder, dass es Abfälle eigentlich nicht gibt, sondern dass es darum geht, Rohstoffe, die in der Region anfallen, noch besser zu nutzen, um daraus kluge Produkte herzustellen. - Man muss nur das Interesse wecken der nächsten Generation und sie mitnehmen auf diese Reise und sensibilisieren für die Möglichkeiten!

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Beatrice Großjohann - Die Bioregiopionierin

In unserer neuen Podcast Folge berichtet Beatrice Großjohann über das weite Spektrum ihrer Aktivitäten in der Bioökonomie: von der Pharmazie, wo sie als junge Biochemikerin begann, bis zum Lebensmittelsektor. Kristallisationspunkt ihrer Arbeit ist das Bioökonomiezentrum Anklam BÖZ. Aktuell hat sie hier mit der IG Helix eine Allianz aus Forschung und Wirtschaft geschmiedet, welche auf die Nutzung pflanzlicher Rohstoffe aus der Region – vor allem für Gesundheitsprodukte – setzt. Wie bei ihrer Lehrtätigkeit an der Hochschule Neubrandenburg geht es ihr dabei auch um die regionale Förderung der Jugend.