Transplantationsrekord: Affe lebt mit Schweineherz
Forscher haben ein Schweineherz so verändert, dass es über zwei Jahre in einem Affen schlagen konnte. Das ist doppelt so lang als in früheren Versuchen und damit neuer Rekord.
Tierische Organe im menschlichen Körper - diese Vorstellung schreckt viele noch ab. Doch Spenderorgane sind rar. Wissenschaftler auf der ganzen Welt sehen diese Transplantationsmethode daher längst als eine mögliche Alternative zur herkömmlichen Organspende. Dem Ziel, Abstoßungsreaktionen des Körpers zu vermeiden, sind Wissenschaftler aus den USA und Deutschland nun einen großen Schritt näher gekommen. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, gelang es ihnen ein Schweineherz so zu verändern, dass es über zwei Jahre in einem Affenbauch schlagen konnte. Und das ist neuer Rekord.
Organspenden können Leben retten. Doch die Nachfrage an Herz, Lunge oder Niere ist weit größer als das Angebot. Etwa 10.000 Menschen warten der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge derzeit in Deutschland auf einen Ersatzorgan. Eine Alternative können hier Organe von Tieren sein – die sogenannte Xenotransplantation. Besonders das Schwein kommt als tierischer Spender infrage: Stoffwechsel und Gewebemerkmale kommen dem Menschen recht nahe. Doch das Risiko einer Abstoßung ist die größte Schwierigkeit, mit der die Xenotransplanteure derzeit kämpfen.
Immunsystem mit Wirkstoffmix gebremst
Seit Jahren suchen Forscher weltweit nach Wegen, die Verträglichkeit des tierischen Organs zu verbessern und Abstoßungsreaktionen zu vermeiden. Nun ist US-Forschern in Zusammenarbeit mit deutschen Nutztiergenetikern ein bemerkenswerter Erfolg gelungen: Die US-Forscher von den National Institutes of Health (NIH) in Bethesda haben ein Schweineherz im Körper eines Pavians 945 Tage schlagen lassen, ohne dass es abgestoßen wurde. Das ist neuer Rekord. Bisher kam es in der Hälfte der Zeit zu Abstoßungsreaktionen. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications berichtet, wurde dafür das Immunsystem des Affen mit einer vergleichsweise einfachen und wenig toxischen Behandlung so weit gedämpft, dass es das implantierte Herz tolerierte. Dabei handelt es sich um einen Mix aus spezieller Antikörpern und Medikamenten. Die Schweineherzen waren im Bauchraum der Affen implantiert, wo sie an deren Blutversorgung angeschlossen waren. Dort pumpten sie, ohne die normale Herzfunktion der Tiere zu ersetzen.
An der Erfolgsgeschichte waren Forscher vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München beteiligt. Ein Team um den Genetiker Eckhard Wolf hatte dafür Schweineherzen so modifiziert, dass sich ihr Herz besonders gut für eine solche Transplantation eignete. Im Rahmen der NIH-Studie stellte das von den Münchner Forschern eingebrachte Spenderherz den Rekord auf. Diese genetischen Veränderungen sorgten dafür, dass das Blut der Affen, wenn es durch die Gefäße im Schweineherz fließt, keine Gerinnsel bildet.
Blutgerinnung verhindert
Bei diesem Prozess spielen das Thrombin im Blut und das Thrombomodulin auf den Blutgefäßzellen eine wichtige Rolle. Treffen die Substanzen aufeinander, aktivieren sie gewöhnlich das gerinnungshemmende Protein C. Bei einer Transplantation ist dieser Vorgang jedoch blockiert. Dadurch können sich im Laufe der Zeit Thromben bilden, die wiederum die Abstoßung des Spenderorgans beschleunigen. Die Münchner Genetiker haben damit eine wesentliche Ursache der Abstoßung geklärt – die Blutgerinnung. Die Arbeit des LMU-Teams wird im Rahmen eines Sonderforschungsbereiches zum Thema „Xenotransplantation“ von der Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.