Forschungspreis: Millionenförderung für Zellingenieur
Stefan Schiller von der Universität Freiburg will Zellen aufmöbeln - mit künstlichen Organellen. Für seinen Ansatz zur biobasierten Produktion der Zukunft erhält der Chemiker einen hochdotierten Forschungspreis des Bundesforschungsministeriums.
Zellen sind lebende Fabriken, aufgeteilt in zahlreiche Reaktionsräume. Der Chemiker Stefan Schiller will in Zellen künstliche Hohlräume schaffen und diese so ausstatten, dass darin künftig nützliche Substanzen hergestellt werden können. Mit solchen „Designer-Organellen“ könnte der Freiburger Forscher die Basis für einen universellen, aus Modulen aufgebauten Produktionsorganismus legen. Ein Vorhaben, für das der 43-Jährige nun den Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erhält. Mit der Millionenförderung kann er an der Universität Freiburg in den kommenden fünf Jahren ein Team mit sechs Mitarbeitern finanzieren. Beim Heiligenstädter Kolloquium stellte Schiller sein Vorhaben aus der synthetischen Biologie am 24. September erstmals einem Fachpublikum vor.
Auch wenn die synthetische Biologie ein neues Forschungsgebiet ist, hat sie bereits bewiesen, dass sie einen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts leisten kann, denn si. Mit den Methoden der Synthetischen Biologie wird es nach Ansicht vieler Forscher erstmals möglich sein, hochkomplexe, kontrollierbare Biosysteme zu entwickeln, deren Komplexität über das hinausgeht, was mit vorhandenen gentechnischen Methoden erreichbar ist.
Stefan Schiller verfolgt einen ganz eigenen Ansatz. „Wir wollen in der Zelle neue künstliche Reaktionsräume schaffen und diese passend möblieren“, erläutert Schiller.
Der Chemiker hat an der Albert-Ludwigs-Universität seit 2008 eine eigene Forschergruppe am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) aufgebaut, die sich mit biohybriden Nanomaterialien beschäftigt. Als Bausteine für die künstlichen Zellbläschen verwendet das Team um Schiller neuartige Proteinmoleküle. Deren molekularer Bauplan wird in die Labormikrobe E. coli eingeschleust. „Unsere Bakterienzellen produzieren amphiphile Proteinmoleküle, die sich in der Zelle spontan zu Hohlstrukturen zusammenlagern“, so Schiller. „Wir wollen nun testen, ob sich unsere de novo-Organellen als Reaktionsräume für bestimmte biotechnologische Prozesse eignen.“ Das große Ziel ist der "Universell modulare Produktionsorganismus", so der Titel des nun vom BMBF ausgezeichneteten Vorhabens (Stefan Schiller im Porträt: )
Der universelle Produktionsorganismus
Mit seinen künstlichen Designer-Organellen und deren Potenzial für eine spätere biotechnische Anwendung hat Schiller in diesem Jahr die Jury des BMBF-Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ überzeugt.
Insgesamt hatten sich 21 Bewerber für den nun zum zweiten Mal als Teil der Initiative „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+“ vergebenen Forschungspreises beworben. Mit der Auszeichnung sollen herausragende Forschungsresultate anerkannt werden, die in Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder auch in Unternehmen erzielt wurden und die das Potenzial für wissenschaftliche Durchbrüche für die biobasierte Produktion der Zukunft bergen. Um das aufgebaute Know-how zu sichern und auszubauen, wird den Preisträgern eine Forschungsgruppe über bis zu fünf Jahre finanziert. Die Erkenntnisse sollen dann in die Entwicklung einer nächsten Generation von biotechnischen Produktionsverfahren münden. In der ersten Ausschreibungsrunde 2012 waren Udo Kragl von der Universität Rostock und Falk Harnisch vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig als Forschungspreisträger gekürt worden. Kragl beschäftigt sich mit dem Einsatz von Enzymen in Ionischen Flüssigkeiten, Harnisch erforscht das Feld der mikrobiellen Bioelektrotechnologie.