Künstliche Zelle gebaut
Max-Planck-Forscher haben eine synthetische Zelle geschaffen, die biochemische Reaktionen ermöglicht und auf Umwelteinflüsse reagiert.
Die maßgeschneiderte, minimalistische Zelle, die lebensfähig ist, aber in der nur ausgewählte Prozesse ablaufen, ist der Traum vieler Forscher auf dem Feld der Synthetischen Biologie. Sie könnte dazu dienen, biologische Prozesse noch besser zu verstehen, wäre aber vor allem ein wertvolles Werkzeug für die Biotechnologie. Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden und des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam haben jetzt einen wichtigen Schritt auf diesem Weg getan: Sie haben eine künstliche Zelle erzeugt, die über rudimentäre Organisationsstrukturen – sogenannte Kompartimente – verfügt.
Kompartimente ermöglichen gezielte Reaktionen
Damit in einer Zelle biochemische Prozesse ablaufen können, müssen die entscheidenden Reaktionspartner zur selben Zeit am selben Ort sein und dort die richtigen Reaktionsbedingungen vorfinden. Deshalb verfügen natürliche Zellen über unterschiedliche Kompartimente, spezifische Teilräume, in denen die Reaktionen ablaufen. Meist sind diese Bereiche durch Membranen begrenzt, jedoch gibt es davon auch Ausnahmen.
Künstliche Zelle reagiert auf pH-Wert-Änderung
Die künstliche Zelle der Max-Planck-Forscher besitzt ein großes Kompartiment mit einer Membran, in dessen Inneren membranfreie Teilräume existieren. Abhängig von Umweltfaktoren, in diesem Fall dem pH-Wert, können sich diese Unterkompartimente bilden oder wieder auflösen, wie das Team im Fachjournal „Angewandte Chemie“ berichtet. „So wie wir mit unseren Geschmacksnerven salzig oder sauer schmecken können, so können auch Komponenten im Inneren einer Zelle auf den Säuregehalt einer Umgebung reagieren“, erläutert Celina Love, Erstautorin der Studie. „Wir haben herausgefunden, dass wir durch die Veränderung des pH-Wertes der Umgebung das Verhalten der aufeinandertreffenden Moleküle und ihre Fähigkeit, membranfreie Kompartimente zu bilden, beeinflussen können.“ Es sei besonders spannend gewesen zu beobachten, wie chemische Reaktionen durch Veränderung des Säuregrades innerhalb der synthetischen Zelle an- und ausgeschaltet werden konnten.
Grundlegende Stoffwechselfragen beantworten
Die Bedeutung für das Feld der synthetischen Biologie fasst Studienleiterin Dora Tang zusammen: „Unsere Arbeit ist ein großer Schritt nach vorn, um komplexere synthetische Zellen zu bauen, die biologisches Verhalten imitieren können. Dieses regulierbare synthetische System eröffnet spannende Möglichkeiten, um grundlegende Fragen der Biologie zu beantworten, wie zum Beispiel Zellen viele und verschiedene Signale aus der Umwelt aufnehmen können, um grundlegende zelluläre Funktionen wie den Stoffwechsel in Gang zu setzen und zu regulieren.“
Das Projekt war Teil des Forschungsnetzwerks MaxSynBio, an dem neun Max-Planck-Institute beteiligt sind und das vom Bundesforschungsministerium seit 2014 gefördert wird. Der aktuelle zweite Förderzeitraum endet im Juli 2020.
bl