Biodiversität im Ackerbau

Biodiversität im Ackerbau

Jörg Hoffmann

Beruf:
Agrar- und Naturwissenschaftler

Position:
Leiter AG Nachhaltige Landwirtschaft und Biodiversität im Julius-Kühn-Institut (JKI) Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Jörg Hoffmann
Vorname
Jörg
Nachname
Hoffmann

Beruf:
Agrar- und Naturwissenschaftler

Position:
Leiter AG Nachhaltige Landwirtschaft und Biodiversität im Julius-Kühn-Institut (JKI) Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Jörg Hoffmann

Wie hat die intensive Landnutzung die Artenvielfalt in Brandenburg verändert? Dieser Frage geht Jörg Hoffmann im Projekt BioZeit nach.

Für die intensivere Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zahlt die Umwelt oft einen hohen Preis. Das zeigte erst kürzlich eine internationale Metastudie. Wie sich im Land Brandenburg die Veränderungen in der Landwirtschaft auf einzelne Komponenten der Biodiversität ausgewirkt haben und inwiefern sich die landwirtschaftliche Nutzung dabei verändert hat – das untersucht derzeit Jörg Hoffmann vom Julius-Kühn-Institut. Der Agrarwissenschaftler und sein Team vergleichen historische Daten, die vor rund 25 Jahren in der Region erhoben wurden, mit aktuellen Erhebungen. Im Ergebnis soll ein Monitoringhandbuch als Ratgber entstehen, das ökologische und landwirtschaftliche Daten vereint und so ein reales Bild der Veränderungen im Ackerbau Brandenburgs zeichnet. Das Projekt BioZeit wird vom Bundesamt für Naturschutz gefördert. Daran beteiligt ist auch das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung.

Frage

 Warum beschränkt sich die Untersuchung auf Brandenburg?

Antwort

Basis für die Untersuchung ist ein Forschungsprojekt kurz nach der Wende in Ostdeutschland in den Jahren 1991 bis 1993. Der Großteil der Untersuchungen erfolgte dabei in dem neuen Bundesland Brandenburg, das durch großen Naturreichtum, aber auch großflächige, intensive Landwirtschaft gekennzeichnet ist – eine Region mit viel Potenzial für den Erhalt der Biodiversität. Die Landschaften sind dort in den Ackerbaugebieten durch hohe Anteile sandiger Böden gekennzeichnet. Dies bedeutet eine ökologische Sensibilität bei Intensivierungen. Zudem können auch Klimaänderungen wie Trockenheit, deutliche Auswirkungen zeigen. Untersuchungen zur Biodiversität in diesen Ackerbaugebieten könnten daher Indikatorfunktionen für andere Regionen besitzen.

Frage

Welche Daten wurden damals erfasst und inwiefern sind sie für die aktuelle Untersuchung relevant? 

Antwort

Wir haben damals ein ganzes Set von Daten erfasst und dazu die aktuellen Methodenstandards verwendet. Ökologische Bewertungen sind dann gut möglich, wenn unterschiedliche Artengruppen, deren Lebensräume sowie die landwirtschaftlichen Nutzungen erfasst und analysiert werden. Als Bioindikatoren gelten zum Beispiel Vögel und Tagfalter. Von uns wurden daher diese Artengruppen erfasst, weiterhin Laufkäfer, Lurche und Kriechtiere sowie Farn- und Blütenpflanzen. Diese Daten wurden mit Kleinstrukturen und Äckern in Beziehung gesetzt. In den zurückliegenden gut 25 Jahren gibt es viele Nutzungsänderungen, Veränderungen der Flächenanteile der Kleinstrukturen und Intensivierungen. Um zu verstehen, wie sich dies auf die Biodiversität auswirkt, sind möglichst detaillierte, landschaftsbezogene Daten erforderlich.

Frage

Wo liegt der Fokus im heutigen Projekt BioZeit?

Antwort

Ein wichtiger Fokus liegt darin, mit gleichen Methoden und auf gleichen Flächen zu überprüfen, wie sich die Veränderungen in der Landwirtschaft auf unterschiedliche Komponenten der Biodiversität ausgewirkt haben und wie sich gleichzeitig dabei die landwirtschaftliche Nutzung verändert hat. Um dies zu erfassen, ist nach Möglichkeit die Betrachtung längerer Zeitabschnitte erforderlich. Wir wollen aber auch mit unseren langjährigen Erfahrungen Komponenten für ein Monitoring der Biodiversität in der Agrarlandschaft bereitstellen. Im Detail sollen aus den Erhebungen Empfehlungen für die Praxis sowie für die Politikberatung zur Sicherung nationaler Biodiversitätsziele abgeleitet werden.

Frage

Welche Möglichkeiten gibt es, die Auswirkungen des Ackerbaus auf die Artenvielfalt messbar und damit sichtbar zu machen?

Antwort

Dies sollte durch präzise und landschaftsbezogene Datenerhebungen für unterschiedliche Artengruppen, deren Lebensräume sowie genaue Informationen über die landwirtschaftlichen Maßnahmen auf den Äckern erfolgen. Hierfür sind standardisierte Feld- und Analysemethoden Voraussetzung. In BioZeit wird daher bezogen auf die hier betrachteten Fragen auch an einem Methodenhandbuch gearbeitet. Aktuell gibt es bisher wenig geeignete systematische und langjährige Erhebungen oder Programme, bei denen synchron ökologische und landwirtschaftliche Daten erfasst und in einem Monitoring zusammengeführt werden.

Frage

Was ist das Ziel des Projektes?

Antwort

Das Projekt verfolgt mehrere Ziele. Zunächst sollen Methoden aufbereitet werden, deren Anwendung auch die Einbindung historischer Daten ermöglichen kann. Die Biodiversitätsforschung in der Agrarlandschaft setzt fundierte Artenkenntnisse zu unterschiedlichen Artengruppen voraus. Dies zu verbessern, ist nicht Ziel des Projektes, es soll aber darauf hinweisen, dass Biodiversitätsforschung ohne solide Artenkenntnisse nicht funktioniert. Wir wollen mit dem Projekt die realen Veränderungen im Ackerbau, bei Kleinstrukturen und Arten, bei Artenvielfalt und Häufigkeiten (Abundanzen) aufzeigen. Wir wissen, dass sich betrachtete Gebiete teils unterschiedlich entwickelt haben. Daher wollen wir prüfen, was beispielsweise die Intensivierung mit Anwendung von Pestiziden oder die Umstellung auf ökologischen Landbau auf Kleinstrukturen und Artenvielfalt bewirkt haben.

Frage

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Antwort

Das Projekt hat im Oktober 2018 begonnen und wird über drei Jahre laufen. Zu Beginn des Projektes haben wir mit den Aufbereitungen der historischen Daten begonnen. Dies erforderte eine Vielzahl von Arbeiten, auch weil der überwiegende Teil der historischen Daten noch nicht in digitaler Form verfügbar war. Die Erarbeitung des Methodenhandbuches ist fast abgeschlossen, aber es sollen noch Erfahrungen der aktuellen Felduntersuchungen Eingang finden. Im Frühjahr 2019 sind die Feldkartierungen angelaufen. Erste interessante Ergebnisse zeichnen sich ab, über die wir gern später berichten.

Interview: Beatrix Boldt