Urban Mining: Goldrecycling mit Bakterien
Eine innovative, biologische Laugungstechnologie ermöglicht die nachhaltige Rückgewinnung von Gold und anderen wertvollen Materialien aus Elektronikschrott – mit deutlich weniger CO₂-Emissionen und ohne den Einsatz giftiger Chemikalien.

Der Bedarf an Gold als Wertanlage, für Schmuck und in der Industrie ist enorm – jährlich werden schätzungsweise 4.000 Tonnen benötigt. Obwohl Recyclingansätze bereits existieren, wird der Großteil des Goldes noch aus Erzen gewonnen. Zwei Unternehmen haben sich im Rahmen der Urban-Mining-Initiative zusammengetan, um die biologische Rückgewinnung von Gold und anderen wertvollen Metallen aus kommunalen Abfällen voranzutreiben. Das Biotechnologieunternehmen BRAIN Biotech AG aus Zwingenberg und die auf Metallurgie spezialisierte PX Group aus dem Schweizer La Chaux-de-Fonds entwickelten dafür eine Pilotanlage zur biologischen Extraktion von Metallen.
BioXtractor: Gold aus Abfällen
Der sogenannte BioXtractor ist eine mobile, containerbasierte Lösung, die von BRAIN Biotech entwickelt wurde. Die aktuelle Version BioXtractor V2 am Schweizer Standort ist eine gemeinsame Lösung der beiden Unternehmen. Mit der Anlage soll der Prozess der Rückgewinnung direkt am Einsatzort demonstriert werden, wo auch goldhaltige Nebenströme gesammelt und verarbeitet werden. Die ersten Goldnuggets – mit dem Namen „BioGold“ – konnten bereits im vergangenen Jahr aus kommunalen Abfällen gewonnen werden.
„Das ist etwas, woran wir seit Gründung des Unternehmens arbeiten – also seit etwa 25 Jahren“, so Esther Gabor, die für das „Green Mining“ bei BRAIN Biotech verantwortlich ist. Um nützliche Mikroorganismen isolieren und charakterisieren zu können, untersucht sie deren Lebensraum und nimmt Proben: „Bis heute haben wir über 50.000 verschiedene Stämme in unseren Gefrierschränken.“
Für die Pilotanlage wird ein spezieller metalllösender Pseudomonas-Stamm eingesetzt. Pulverisierter Elektronikschrott, aus dem die Bakterien Goldpartikel herauslösen, wird zu den im Container verbauten Bioreaktoren zugegeben. Die entstandene Goldlösung wird abfiltriert und das reine Gold zurückgewonnen. Während herkömmliche Verfahren wie das Einschmelzen hohe CO₂-Emissionen verursachen und hochgiftige Säuren einsetzen, arbeitet die umweltfreundliche mikrobielle Rückgewinnung unter neutralen Bedingungen und emittiert nur halb so viele Emissionen.
Zukunft des Urban Mining
Die Machbarkeit des Verfahrens konnte erfolgreich demonstriert werden. Zwischen 100 und 400 Gramm Gold sollen sich auf diese Weise aus einer Tonne Elektronikschrott gewinnen lassen. Auf die Erfolge der letzten Jahre sei man sehr stolz, so Gabor: „Nachdem wir den Prozess nun erfolgreich auf den Kubikmeter-Maßstab hochskaliert haben, wollen wir die Anwendbarkeit auf weitere Nebenströme ausweiten.“
Solche ungewollten Materialreststoffe fallen in der Produktion regelmäßig an. Mit der mikrobiellen Rückgewinnung in der Pilotanlage lassen sich die wertvollen Ressourcen dem Kreislauf wieder zuführen. Der BioXtractor passe perfekt zur Urban-Mining-Initiative ihres Unternehmens, findet Alexandra Levesque, Leiterin der Forschung und Entwicklung Chemie bei der PX Group: „Unser Ziel ist es, den biologischen Extraktionsprozess als Schlüsselkomponente in andere Prozesse zu integrieren, um das Recycling aller Materialien in Elektroschrott, einschließlich Kupfer, Kunststoffen und anderen Metallen, zu ermöglichen.“
Durch den steigenden Bedarf an Gold sowie strengere Umweltvorschriften könnte die Nachfrage nach solchen innovativen und nachhaltigen Lösungen weiter steigen.
chk