Nährstoff-Gel düngt Pflanzen über die Blätter

Nährstoff-Gel düngt Pflanzen über die Blätter

Aachener und Bonner Biotechnologen haben ein spezielles Mikrogel mit Nährstoffen entwickelt. Damit können Pflanzen bedarfsgerecht über ihre Blätter gedüngt werden.

Forschende aus Aachen und Bonn konnten an Gurkenpflanzen die Wirkung des neuen Nährstoff-Gels demonstrieren.
An Gurkenblättern haben die Aachener und Bonner Forscher ihr Dünger-Gel getestet.

Pflanzen können Nährstoffe über ihre Wurzeln und Blätter aufnehmen. Obwohl die Blattdüngung beispielsweise im Weinbau längst praktiziert wird, birgt sie Gefahren für die Kulturpflanzen und die Umwelt. Bei Niederschlag wird der wasserlösliche Dünger schnell von den Blättern gewaschen und gelangt ins Erdreich, wo er, chemisch verändert, nicht mehr von der Pflanze aufgenommen werden kann. Stattdessen führt er zu einer Belastung der Umwelt. Bei warmen Temperaturen verdunstet das Wasser, in dem die Nährstoffe gelöst sind, von den Blättern. Die Nährstoffe bleiben als kristalline Salze liegen, entziehen dem Blatt Wasser und können Verbrennungsschäden verursachen. Forschende der Universität Bonn sowie der RWTH und des DWI-Leibnitz-Instituts für Interaktive Materialien in Aachen haben nun ein Gel entwickelt, mit dem Pflanzen bedarfsgerecht über ihre Blätter gedüngt werden.

Mikrogel-Partikel haften auf der Blattoberfläche und geben den Dünger dosiert frei.

Mikrogel-Partikel haften auf der Blattoberfläche und geben den Dünger dosiert frei.

Mikrogel gegen Eisenmangel bei Pflanzen

Das Mikrogel besteht aus winzigen Partikeln quervernetzter Moleküle. Ullrich Schwanenberg, Andrij Pich und ihr Team haben sich in der Welt der Mikroorganismen inspirieren lassen: Die Gelpartikel sind mit Bindestellen für Eisen-Ionen ausgestattet, die Eisen-bindenden Proteinen von Bakterien nachempfunden wurden. Bei einem sauren pH-Wert wird das Gel mit einer eisenhaltigen Lösung beladen. Anschließend wird der pH-Wert von 3 auf 7 erhöht. Ist die Umgebung pH-neutral, bindet das Eisen an das Gel und Wasser wird feigesetzt. An der Oberfläche der Gelpartikel befinden sich sogenannte Ankerpeptide aus Milchsäurebakterien. Sie sorgen dafür, dass das Gel an den wachsartigen Blattoberflächen haften bleibt. Durch das im Gel enthaltene Wasser, können die Eisen-Ionen langsam in einer wässrigen Umgebung von den Blättern aufgenommen werden. In der Fachzeitschrift "Angewandte Chemie" beschreibt das Team das Ergebnis seiner Versuche mit Gurkenpflanzen. Pflanzen mit Eisenmangel bekamen gelbe Blätter. Wurde das Nährstoff-Gel aufgetragen, so wurden die Stellen bald wieder grün.

Entwicklung bedarfsgerechter Zufuhrsysteme

Die Bindestellen im Mikrogel können variiert werden. Damit wären sie auch für die gezielte Applikation anderen Nährstoffe oder Wirkstoffe geeignet. Der Wirkstoffverlust bei gegenwärtig üblichen Blattapplikationen kann bis zu 80% betragen – zumeist wegen mangelnder Regenfestigkeit. Mit dem Mikrogel wäre eine bedarfsgerechte Freisetzung über einen längeren Zeitraum möglich. Anwender könnten die Einsatzmengen auf das notwendige Maß beschränken. Der ungewollte Eintrag von Dünger und Pflanzenschutzmitteln in die Umwelt könnte reduziert werden. Neben der Variabilität ist auch die Handhabung einfach: „Unser System benötigt keine Hilfsmittel und kann in wässriger Dispersion beladen, aufbewahrt und angewendet werden“, sagt Pich, Teamleiter und Inhaber einer Lichtenberg-Professur am DWI-Leibnitz-Institut für Interaktive Materialien. Die geringen Produktionskosten, eine hohe Konzentration an Nährstoffen und einstellbare Bindeeigenschaften machen das Produkt für die industrielle Anwendung interessant.

bp