Marktstudie: Nachwachsende Rohstoffe in der Industrie

Marktstudie: Nachwachsende Rohstoffe in der Industrie

Eine umfassende Marktanalyse zu nachwachsenden Rohstoffen zeigt, wie weitverbreitet die grünen Zutaten in der deutschen Industrie inzwischen genau sind und wie sich die Situation bis 2020 entwickeln könnte. Die Studie wurde am 19. März von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) veröffentlicht.

Biomasse ist für viele Industriesektoren inzwischen zum wertvollen Rohstoff geworden.

Biobasierte Rohstoffe sind aus vielen Wirtschaftsbereichen nicht mehr wegzudenken: Nicht nur die Chemie- und Pharmaindustrie auch Papierhersteller oder Stromerzeuger sind auf sie angewiesen. Tatsächlich ist die Anbaufläche für nachwachsende Rohstoffe in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Wie weitverbreitet die grünen Zutaten in der deutschen Industrie inzwischen genau sind und wie sich die Situation bis 2020 entwickeln könnte, das zeigt die umfassende „Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe“, die am 19. März von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) veröffentlicht wurde (zur Studie...).

Die Studie wurde im Auftrag der FNR federführend von Meo Carbon Solutions durchgeführt. Projektpartner waren das Fraunhofer Institut für Grenzflächen und Verfahrenstechnik, IGB, das Fraunhofer Institut für angewandte Polymerforschung, IAP, das Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) an der Hochschule Hannover sowie das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Aufbauend auf einer Erhebung des Ist-Zustandes 2011 und der bisherigen Marktentwicklung haben die Experten mögliche Szenarien für die Entwicklung bis 2020 erstellt und das Ergebnis mit den derzeitigen politischen Zielen abgeglichen. Die Analyse ist denkbar umfassend: Sieben stoffliche und drei Märkte zur energetischen Nutzung von Biomasse wurden mit einer einheitlichen Systematik im weltweiten Kontext untersucht.  

Die Studie zeigt auf, dass nachwachsende Rohstoffe in den vergangenen Jahren in vielfältigsten Märkten Einzug gehalten haben. Während beispielsweise in den Märkten für Baumaterialien sowie für Kunst- und Werkstoffe die Ziele voraussichtlich erfüllt werden, seien vor allem in der chemischen Industrie und bei Biokraftstoffen noch weitere Anstrengungen beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe erforderlich. Von grundlegender Bedeutung für die weitere Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen ist laut Studie die Sicherstellung einer nachhaltigen Produktion. Dabei stelle die Ermittlung und Reduktion von Treibhausgasemissionen eine besondere Herausforderung dar.

Der zunehmenden Verbreitung der nachwachsenden Rohstoffe trägt inzwischen auch die Politik Rechnung.  Mit der im Sommer 2013 vorgestellten Politikstrategie Bioökonomie unterstützt die Bundesregierung den Wandel zu einer rohstoffeffizienten Wirtschaft, die nicht auf fossilen, sondern auf nachwachsenden Ressourcen basiert. Offenbar mit Erfolg:  "Wir sind mit der Strategie auf einem guten Weg", sagte  der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundeslandwirtschaftsminister, Peter Bleser, anlässlich der heutigen Veröffentlichung einer Marktanalyse zu nachwachsenden Rohstoffen. "Die Analyse stellt eine gute Basis insbesondere für die stoffliche Nutzung dar. Damit sind wir dem Ziel näher, unsere Wirtschaft unabhängiger von endlichen fossilen Rohstoffen zu machen und gleichzeitig das Klima zu schonen."

Die Analyseergebnisse für die einzelnen Märkte im Überblick:

Chemikalien: Der Einsatz von Chemikalien ist nach wie vor relativ gering. Rund 1,7 Millionen Tonnen nachwachsende Rohstoffe wurden in 2011 für die Produktion von Chemikalien, 530.000 Tonnen für Wasch- und Körperpflegemitte, weniger als 100.000 Tonnen jeweils für Kunst- und Werkstoffe sowie Schmierstoffe eingesetzt. Damit liegt der Anteil der nachwachsenden Rohstoffe am Gesamtrohstoffverbrauch meist im unteren einstelligen Prozentbereich. Für die Produktion werden vor allem Zucker, Fette und Proteine eingesetzt. Bis 2020 könnten sich die biobasierten Produkte technisch etablieren, erwarten die Studienautoren.

Wasch- und Pflegemittel: In 2011 wurden in Deutschland rund 2,7 Millionen Tonnen  Wasch- und Körperpflegemittel hergestellt. Für die Produktion wurden rund 260.000 Tonnen Tenside, 62.000 Kubikmeter Alkohol und 29.000 Tonnen Citrate aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt. Für die nächsten Jahre werden ein geringes Marktwachstum und ein leichter Anstieg des Anteils nachwachsender Rohstoffe im Markt für Wasch- und Körperpflegemittel erwartet.

Biokunststoffe: In Deutschland wurden in 2011 knapp 80.000 Tonnen biobasierte Kunststoffe und 70.000 Tonnen naturfaserverstärkte Verbundwerkstoffe erzeugt. Dafür wurden insgesamt ungefähr 90.000 Tonnen nachwachsender Rohstoffe eingesetzt. In den kommenden Jahren soll sich das Marktwachstum der vergangenen Jahre weiter fortsetzen

Oleochemie: Der Gesamtmarkt für Schmierstoffe stagniert bei rund einer Millionen Tonnen, mit einem Bioschmierstoffanteil von weniger als drei Prozent. Die weitere Marktentwicklung wird im Wesentlichen von staatlichen Anreizen abhängen, heißt es in der Studie.

Bauen und Wohnen: Dieser Markt entwickelt sich positiv. Vor allem Holz, Leinöl und Faserpflanzen finden hier Verwendung. In 2011 wurden knapp 54 Millionen Kubikmeter Holz in der Säge- und Holzwerkstoffindustrie verbraucht. Insbesondere der Einsatz von Holz bei Neubauten und Sanierungen hat stark zugenommen. Rund zwei Drittel aller verkauften Möbel sind aus Holz. Die Studienautoren gehen davon aus, dass der Gesamtmarkt "Bauen und Wohnen" weiter wachsen wird.

Papier, Pappe und Kartonagen: Der Markt für Papier, Pappe und Kartonagen ist ein reifer Markt. In 2011 wurden rund 6,3 Millionen Tonnen Holz-, Papier- und Chemiezellstoff sowie Stärke abgesetzt. Die deutsche Industrie nimmt international eine starke Position ein. Sie ist die viertgrößte der Welt hinter China, USA und JapanBis zum Jahr 2020 wird von einem leichten weiteren Wachstum des Marktes ausgegangen. Voraussetzung dafür ist ein ausreichendes Angebot an Biomasse zu günstigen Preisen und eine konstante Altpapiereinsatzquote.

Pharmaprodukte: Im Markt für pharmazeutische Produkte wurde im Rahmen der Studie die Verwendung von Arzneipflanzen in den Märkten Phytopharmazeutika, Health Food, Veterinäranwendungen und Kosmetik untersucht. Die Nachfrage nach entsprechenden Roh-Zutaten im Jahr 2011 wurde auf knapp 31.000 Tonnen geschätzt. Von den wichtigsten Arzneipflanzen wird noch immer der weitaus größte Teil importiert. Der Markt zeigt keine besondere Dynamik. Für die nächsten Jahre wird nur eine geringe Erhöhung der Gesamtnachfrage erwartet.

Wärmeerzeugung: Die Wärmeerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen hat in 2011 mit rund 130 Terrawattstunden einen Marktanteil von rund zehn Prozent erreicht. Ein weiteres Wachstum der Wärmeproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen wird als realistisch beurteilt, im Jahr 2020 könnten rund 150 Terrawattstunden erreicht werden. Das Wachstum wird allerdings durch die nachhaltig verfügbare Fläche und zunehmende Nutzungskonkurrenzen begrenzt.

Elektrizitätserzeugung: Die Elektrizitätserzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen betrug knapp 35 Terrawattstunden im Jahr 2011 und hat damit einen Marktanteil von rund sechs Prozent erreicht. Die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist der entscheidende Treiber für das Wachstum. Für das Jahr 2020 wird eine weitere Steigerung der Stromproduktion aus nachwachsenden Rostoffen erwartet, insbesondere auf Basis von Biogas. Das Wachstum wird durch Nutzungskonkurrenzen, hohe Rohstoffpreise und sinkende gesellschaftliche Akzeptanz begrenzt.

Biokraftstoffe: Auch Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen haben in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Deutschland ist führender Biokraftstoffproduzent in der EU. In 2011 wurden 2,8 Millionen Tonnen Biodiesel und Pflanzenöl sowie 600.000 Tonnen Bioethanol produziert. Im Biokraftstoffmarkt findet derzeit eine Konsolidierung statt. Nur bei einer Umkehr der heute diskutierten Biokraftstoffpolitik kann es zu einem deutlichen Wachstum kommen, mahnen die Autoren.

bb

Information

Nationale Politikstrategie Bioökonomie

Um den Wandel hin zu einer biobasierten Wirtschaft voranzutreiben, hat die Bundesregierung im Juli 2013 die Politikstrategie Bioökonomie beschlossen. Sie kann beim Bundesministerium für Landwirtschaft kostenfrei bestellt und heruntergeladen werden.

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