Industrielle Biotechnologie: Brain übernimmt Weissbiotech
Die Brain AG treibt den Konzernaufbau voran. Mit dem Einstieg bei einem Industrieenzym-Hersteller erschließt sich das Unternehmen einen weiteren direkten Marktzugang für die eigenen Produkte.
Kosmetik, Biobergbau, Naturstoffchemie – in diesen Feldern ist die Brain AG in Zwingenberg bereits heute aktiv. Mit einer Beteiligung an der Weissbiotech-Gruppe kommt nun noch der Bereich Industrieenzyme hinzu. Brain übernimmt die Mehrheit an der Weissbiotech GmbH im münsterländischen Ascheberg und der Weissbiotech France Sarl in Chanteloup-en-Brie nahe Paris. „Brain ist seit Jahrzehnten im Feld der Enzymentwicklung tätig. Die Partnerschaft mit Weissbiotech bietet uns nun den direkten Zugang für ausgewählte Märkte “, beschreibt Jürgen Eck, Forschungsvorstand von Brain, die Vorteile der neuen Partnerschaft.
Für Enzymhersteller wie Weissbiotech liege die Zukunft im Bereich der Technologie, da ist sich Firmenchef Hans de Bie sicher. Bei dem profitablen Unternehmen in Ascheberg waren denn auch eher strategische als finanzielle Überlegungen ausschlaggebend für den neuen Partner, so de Bie. Mit Brain könne die Lücke zwischen der Identifizierung neuer Enzyme auf der einen Seite sowie Produktion und Vermarktung auf der anderen Seite geschlossen werden. „Durch diese Allianz werden wir zusätzlich gestärkt, aber dennoch als unabhängige Einheit weiter tätig sein“, so de Bie. Weissbiotech wurde 2002 unter dem Namen Add Food Services GmbH gegründet und spezialisierte sich bald darauf, Biokraftstoff- und Bioethanol-Hersteller mit Enzymen zu beliefern. Inzwischen vertreibt die Firma mehr als 100 Enzymprodukte, lieferte allein 2013 tausende Tonnen Material in alle Welt.
Brain: Paradebeispiel für ein Unternehmen in der Bioökonomie
Brain ist eines der deutschen Vorzeigeunternehmen in Sachen Bioökonomie. Die Spezialität der Hessen: Zusammen mit strategischen Partnern werden bislang unerschlossene, leistungsfähige Enzyme, Mikroben oder Naturstoffe entwickelt, um sie industriell nutzbar zu machen. Ob , oder , dass damit verfolgte Ziel ist jeweils das gleiche. Entweder sollen klassisch-chemische Prozesse durch ressourcenschonende biobasierte Verfahren ersetzt werden oder durch einen Griff in den Werkzeugkasten der Natur sollen gleich gänzlich neue Produkte mit überlegenen Eigenschaften geschaffen werden. Mit diesem Wissen ist Brain auch in vielen Forschungsprojekten ein begehrter Kooperationspartner. So koordiniert das Unternehmen beispielsweise die Allianz „Natural Life Excellence Network 2020 (Natlife2020). Die insgesamt 22 Allianzpartner, bestehend aus Technologie-Entwicklern, KMU und Industrieunternehmen fahnden nach Naturstoffen, die den bitteren Geschmack auf raffinierte Art und Weise überdecken . Die seit dem Jahr 2012 geförderte Allianz hat für die gesamte Projektzeit ein Volumen von rund 30 Millionen Euro, die Hälfte davon steuert das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der . Beim deutsch-französischen Bergbauprojekt Eco-Metals steht die Aufarbeitung von Kupferschiefer in Polen sowie kupferreichen Haldenmaterialien aus deutschen wie auch aus französischen . Unterstützt werden die Projektpartner in dem auf drei Jahre angelegten Projekt mit 4,2 Millionen Euro durch das BMBF sowie mit einer Million Euro durch die Agence Nationale de la Recherche (ANR), einer französischen Forschungsfördereinrichtung. Das Projekt ist Teil einer gemeinsamen Initiative für eine stärkere Vernetzung der Forschung und Entwicklung für neue Rohstofftechnologien in Deutschland und Frankreich.
Enzymmarkt: Rasantes Wachstum
Gemeinsam nehmen Brain und Weissbiotech nun den rasant wachsenden Merkt für Industrie-Enzyme in den Blick. „In der Zeit von 2006 bis 2013 hat sich das Marktvolumen auf rund 3 Mrd. Euro fast verdoppelt“, berichtet Eck. „Immer mehr Industrien entdecken das Enzym als Arbeitspferd für sich.“
Zunächst konzentriert sich die Allianz auf die Bereiche Stärke-Prozessierung sowie Getränke- und Lebensmittelenzyme. „Wir werden neue Enzyme entwickeln, mit denen sich beispielsweise chemische Prozesse ersetzen lassen. Es geht aber auch darum, die Anwendungsfelder von bereits bekannten Enzymen zu erweitern“, so de Bie. Brain entwickelt derzeit jährlich rund zwei bis vier Produktkandidaten für eine Vielzahl industrieller Anwendungen. Gemeinsam werden nun auch Wachstumsmärkte wie Pflanzengesundheit und Ernährung in den Blick genommen.
Die Brain AG bleibt auch mit der jüngsten Beteiligung ihrer Strategie zum Konzern-Aufbaut mit Tochterunternehmen in unterschiedlichen Bereichen der Bioökonomie treu. Wohl auch zur Freude der Investoren, den MIG-Fonds und dem Family Office Putsch – zeigt das Modell doch inzwischen Erfolge: Das Kosmetik-Geschäft, in das Brain durch die Übernahme von Monteil 2012 eingestiegen ist, macht inzwischen rund die Hälfte des Unternehmensumsatzes aus.