Anbausystem ohne chemischen Pflanzenschutz zeigt sein Potenzial

Anbausystem ohne chemischen Pflanzenschutz zeigt sein Potenzial

Auch ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel können gute Erträge und Produktqualität im Pflanzenanbau erreicht werden. Das zeigen Feldversuche des Forschungskonsortiums NOcsPS.

Feldversuch der Universität Hohenheim
Im Verbundprojekt NOcsPs wurden neben biologischen Anbauprinzipien auch modernste Technologien genutzt.

Die Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit bezahlbaren Nahrungsmitteln wird durch klimabedingte Extreme wie Hitze, Trockenheit oder Starkregen zunehmend erschwert. Doch nicht nur der Klimawandel gefährdet die Ernährungssicherung. Die Düngepraxis der Landwirtschaft ist Studien zufolge mitverantwortlich dafür, dass Ökosysteme wie der Boden überdüngt sind und unter Druck geraten. Gefragt sind daher neue Lösungen für eine nachhaltige, ressourceneffiziente und anpassungsfähige Agrarproduktion.

Im Rahmen der Fördermaßnahme „Agrarsysteme der Zukunft“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2019 die Entwicklung innovativer Agrarsysteme wie das NOcsPS-System. Das von der Universität Hohenheim koordinierte Verbundvorhaben „Nachhaltigere Landwirtschaft 4.0 Ohne chemisch‐synthetischen PflanzenSchutz-NOcsPS“ zielt darauf ab, nachhaltigere Anbausysteme zu entwickeln, ohne die Ertragsleistung signifikant zu beeinträchtigen.

Vorteile von ökologischem und konventionellem Anbau kombinieren

„Die NOcsPS‐Anbausysteme stellen eine komplette Neuorientierung in der landwirtschaftlichen Produktion dar. Sie versuchen, die Vorteile von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft zu vereinen und gleichzeitig deren jeweiligen Nachteile zu minimieren“, erklärt der Sprecher des Forschungsprojektes Enno Bahrs von der Universität Hohenheim.

Konkret heißt das: Beim NOcsPS-System wird auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel (csPS) verzichtet, aber Mineraldünger eingesetzt. An dem Projekt beteiligen sich neben der Universität Hohenheim auch das Julius Kühn-Institut (JKI) und die Universität Göttingen. Das Vorhaben wird vom BMBF mit rund 5,3 Mio. Euro unterstützt.

Im Rahmen großangelegter Feldversuche an der Universität Hohenheim in Baden-Württemberg und beim JKI in Dahnsdorf, Brandenburg, verglichen die Forschenden verschiedene NOcsPS-Anbausysteme mit konventionellen und ökologischen Systemen. Nun liegen erste vielversprechende Ergebnisse vor: Demnach haben diese Anbausysteme tatsächlich ein hohes Potenzial, die Landwirtschaft widerstandsfähiger und nachhaltiger zu machen.

Neues Anbausystem erzielt gute Erträge

Den Forschenden zufolge bringen NOcsPS-Systeme zwar geringere Erträge als konventionelle Methoden. Doch auch ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel können „gute Erträge und Produktqualität“ erreicht werden, heißt es. Vor allem aber seien NOcsPS-Systeme umweltfreundlicher und könnten die Biodiversität fördern, was sich konkret an der Vielfalt der Insekten gezeigt habe, berichten die Forschenden.

Agrarsysteme der Zukunft im Überblick

Über Konzepte, Ziele und bisherigen Erfolge der Fördermaßnahme „Agrarsysteme der Zukunft“ informiert eine neue Broschüre, die bioökonomie.de in Kooperation mit den Akteuren umgesetzt hat.

Hier geht es zur Broschüre (PDF-Download)

So waren die NOcsPS-Erträge bei Weizen in Dahnsdorf „aufgrund der Standortbedingungen im Vergleich zum konventionellen Anbau“ zwar stärker zurückgegangen. In Hohenheim blieben die Erträge aber stabil und „unterschieden sich kaum von denen im konventionellen Anbau“. „Hier sichert der Standort unter anderem eine bessere Wasser- und Stickstoffverfügbarkeit“, erklärt Bahrs.

Verglichen mit dem ökologischen Anbau, der häufig mit Stickstoffmangel zu kämpfen hat, waren die Weizenerträge beim NOcsPS-System höher. Auch bei anderen Getreidesorten wie Sommergerste, Triticale (einer Kreuzung aus Roggen und Weizen) und Roggen zeigte sich ein ähnliches Bild.

Effekte bei Unkrautbekämpfung mit smarten Technologien

Anders war es jedoch bei Leguminosen. Sojabohnen und Erbsen schnitten im NOcsPS-System besser ab als im Öko-Anbau, aber „erkennbar schlechter als in den konventionellen Systemen“. Lediglich bei den Maiserträgen gab es den Forschenden zufolge zwischen dem neuen und dem konventionellen Anbausystem keine nennenswerten Unterschiede.

Neben dem gezielten Einsatz von Mineraldüngern zur Stickstoffversorgung setzte das Forschungsteam im Feldversuch auch auf modernste digitalisierte Technologien wie Robotik, künstliche Intelligenz sowie biologischen Prinzipien folgende Agrartechnologien. So wurden beispielsweise neben Getreide und Mais auch Eiweißpflanzen und Zwischenfrüchte angebaut.

Mit intelligenter Hack- und Striegeltechnik wurden hier Unkräuter beseitigt. Diese smarten Technologien haben den Vorteil, „zwischen Kulturpflanzen und unerwünschtem Bewuchs zu unterscheiden“ und würden damit „auch geschützte Arten oder solche verschonen, die für den Erhalt der biologischen Vielfalt eine besondere Rolle spielen“, heißt es.

Versuch des Anbausystems wird ausgedehnt

Auch die betriebswirtschaftliche Seite des neuen Anbausystems wurde analysiert. In den Feldversuchen lagen die im NOcsPS-System erzielten Erträge demnach „zwischen ökologischem und konventionellem Anbau“. Nach den ersten positiven Ergebnissen will das NOcsPS-Team das neue Anbausystem auch an anspruchsvolleren Kulturen wie Raps, Zuckerrübe und Kartoffel testen. 

bb