Klimaforschung: Messturm im Regenwald eingeweiht

Klimaforschung: Messturm im Regenwald eingeweiht

Nach einjähriger Bauzeit ist im brasilianischen Regenwald ein moderner Klima-Messturm eingeweiht worden. Die deutsch-brasilianische Forschungsstation hat mehr als acht Millionen Euro gekostet und soll dazu beitragen, die Rolle des Amazonas im weltweiten Klimageschehen besser zu verstehen.

Mit 325 Metern ragt der neue Klima-Messturm "ATTO" weit aus den Wipfeln des Brasilianischen Urwaldes heraus. (Blick von unten)
Mit 325 Metern ragt der neue Klima-Messturm "ATTO" weit aus den Wipfeln des Brasilianischen Urwaldes heraus. (Blick von unten)

Ein Jahr nach Baubeginn ist Ende August im brasilianischen Regenwald des Amazonas der Klima-Messturm "Amazonian Tall Tower Observatory" (ATTO) eingeweiht worden. Mithilfe des über 300 Meter hohen Giganen wollen Forscher fortan in luftiger Höhe Klimadaten sammeln und so die Grundlage für verbesserte Klimamodelle liefern. Er soll auch dazu beitragen, die Rolle des Amazonas im weltweiten Klimageschehen besser zu verstehen. Die Kosten für das deutsch-brasilianische Gemeinschaftsprojekt von insgesamt 8,4 Millionen Euro wurden jeweils zur Hälfte von beiden Ländern übernommen. Von deutscher Seite aus wurde das Vorhaben vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz koordiniert und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

Mit seinen 325 Metern ragt der Stahlkoloss weit über die Wipfel der Urwaldbäume heraus und übertrumpft damit um 24 Meter sogar den Pariser Eiferturm. Die Planung der Klimamessstation im brasilianischen Amazonasgebiet begann vor sechs Jahren. Vor einem Jahr wurde Nun ist der Stahlturm "Amazonian Tall Tower Observatory" (ATTO) 150 km von der Hauptstadt Manaus entfernt im Regenwald offiziellen der Wissenschaft übergeben worden. Zukünftig können die Forscher mithilfe der Messdaten von ATTO  Fragen beantwortetn werden, die im Zusammenhang mit der Entstehung von Treibhausgasen stehen. Für Bundesforschungsministerin Johanna Wanka ist die neue Messstation daher nicht nur ein „weithin sichtbares  Zeichen“ für die gute wissenschaftliche Zusammenarbeit beider Länder. "ATTO hilft, Klimaveränderungen besser zu verstehen und die grünen Lungen unseres Planeten zu schützen. Zudem ist der Turm Ausdruck für das Engagement Deutschlands, dem Klimawandel entgegen zu treten und durch eine verbesserte Wissensgrundlage die internationale Klimapolitik zu unterstützen", sagte die Ministerin anlässlich der Einweihung am 22. August in Brasilien.

Unverfälschte Klimadaten aus luftiger Höhe

Das Besondere an der neuen Klimastation ist vor allem seine geografische Lage. Das Amazonasgebiet ist bekannt für seinen Artenreichtum, aber auch für seinen Einfluss auf das Wetter. Schließlich ist der Regenwald eing großer CO₂-Speicher und umfangreiches Süßwasserreservoir. Mithilfe des ATTO-Turms werden deutsche und brasilianische Wissenschaftler fortan von hier aus, weit ab von Straßenlärm und anderen menschlichen Einflüssen, Klimabeobachtungen durchführen und unverfälschte Daten erhalten können.

Die neue Forschungsbasis wird ihnen auch dazu dienen, Klimavorgänge in unterschiedlichen Höhenlagen und den Einfluss des Amazonasgebietes auf das globale Klimageschehen besser analysieren und verstehen zu können. „Mit ATTO erreichen wir einen Meilenstein in der Erforschung des Erdsystems. Alle Daten, die wir an diesem neuen Messturm generieren, fließen in Modelle zur Vorhersage der Klimaentwicklung ein“, so der Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft, Ferdi Schüth.

Messwerte als Basis für neue Klimaschutzmodelle

Die Forscher sind zuversichtlich, dass der Messturm dazu beitragen wird, die klimarelevanten chemischen und physikalischen Prozesse über dem Amazonasgebiet zu erfassen, zu bewerten und damit neue Grundlagen für den Klimaschutz zu schaffen. „Bisher wissen wir nur unzureichend, welche Rolle der Urwald bei der Bildung von Aerosolpartikeln und somit der Wolkenbildung spielt. Es wartet somit eine ganze Palette von Geheimnissen darauf, mithilfe unseres neuen Messturms aufgedeckt zu werden“, so der Projektkoordinator der Max-Planck-Gesellschaft, Jürgen Kesselmeier.

Bessere Klimaprognosen möglich

Der Stahlkollos wurde in den vergangenen Monaten auf verschiedenen Ebenen mit Sensoren, Sendern und Pumpen ausgestattet, um Luft anzusaugen und so den Anteil an Aerosolen messen zu können. Von der Spitze des Messturms aus können die Forscher zudem nun  nachvollziehen, welche Veränderungen große Waldgebiete in Luftmassen auslösen, die den Regenwald überqueren. Daraus können wiederum Rückschlüsse über die Bedeutung des Regenwaldes auf die Chemie und Physik der Atmosphäre gezogen werden. „Mithilfe der Daten werden wir einen großen Fortschritt bei der Darstellung der tropischen Regenwälder in meteorologischen sowie Erdsystemmodellen erreichen. Es wird zukünftig möglich sein, viel detaillierte Wettervorhersagen und Klimaprognosen zu erstellen“, erklärt INPA-Wissenschaftler und Koordinator des ATTO Projekts auf der brasilianischen Seite, Antonio Manzi.

An dem Gemeinschaftsprojekt „ATTO“ waren neben dem Max-Planck-Institut für Chemie als Koordinator, das Max-Planck-Institut für Biogeochemie, das brasilianische Bundesinstitut für Amazonasforschung INPA (Instituto Nacional de Pesquisas da Amazônia) und die Universität des Staates Amazonas UEA (Universidade do Estado do Amazonas) beteiligt. Die Kosten von rund 8,4 Millionen Euro für den Bau der Klimamessstaion teilen sich Deutschland und Brasilien jeweils zur Hälfte. Eine vergleichbare Klimastation namens ZOTTO wurde bereits 2006 in Sibirien unter Leitung vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie errichtet.