Fertigungsstraßen der Pflanzenzellen verstehen

Fertigungsstraßen der Pflanzenzellen verstehen

An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist ein Graduiertenkolleg gestartet, das das Zusammenspiel verschiedener Zellräume untersucht.

Wenn Raupen ein Blatt anfressen, produziert die Pflanze als Abwehrmechanismus Jasmonsäure. Deren Herstellung zu verstehen, ist eines der Ziele des neuen Graduiertenkollegs.
Wenn Raupen ein Blatt anfressen, produziert die Pflanze als Abwehrmechanismus Jasmonsäure. Deren Herstellung zu verstehen, ist eines der Ziele des neuen Graduiertenkollegs.

Pflanzenzellen funktionieren wie winzige Fabriken: In ihrem Inneren ist die Herstellung komplexer Produkte in mehrere Arbeitsschritte zerlegt, die wie am Fließband nacheinander abgearbeitet werden. Dabei erfolgen die Schritte in einzelnen Kompartimenten, die sich innerhalb der Zelle bewegen können. Wie die Pflanzenzellen diese Bewegungen und die Arbeitsteilung koordiniert, ist bislang wenig verstanden. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat deshalb in Zusammenarbeit mit Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie in Halle ein Graduiertenkolleg gegründet, das diesen Fragen nachgehen soll. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Vorhaben mit rund 4 Mio. Euro.

Jasmonsäure als Beispiel gewählt

Erstes Forschungsobjekt des frisch gestarteten Kollegs ist die Jasmonsäure. Das komplexe Moleküle produzieren Pflanzen als Reaktion auf Verletzungen durch Fraßinsekten und initiieren damit eine chemische Abwehrreaktion. „Die Produktion von Jasmonsäure ist ein Paradebeispiel für einen solchen mehrteiligen Prozess", begründet Ingo Heilmann, Sprecher des neuen Graduiertenkollegs, die Wahl. Mehrere der elf Teilprojekte des Kollegs werden sich deshalb damit befassen, wie die Arbeitsteilung zwischen den Zellkompartimenten organisiert und kontrolliert wird, um Jasmonsäure, aber auch weitere pflanzliche Inhaltsstoffe herzustellen. Weitere Projekte gehen der Frage nach, wie beteiligten Enzyme zur richtigen Zeit an den richtigen Ort geschickt werden, um diese Produktionsschritte zu vollziehen.

Vielseitige Methodik und ein internationales Team

Methodisch werden die zunächst elf Doktoranden sehr vielseitig arbeiten. Das Methodenspektrum umfasst hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie und moderne Massenspektrometrie ebenso wie genetische und biochemische Analysen. „Besonders erfreulich ist, dass unsere internationale Suche nach Bewerbern große Resonanz hatte und wir sieben der insgesamt elf Stellen mit exzellenten Bewerberinnen und Bewerben aus dem Ausland besetzen konnten“, sagt Heilmann.

Grundlagenforschung für mehr Optionen in der Züchtung

Die übergeordnete Aufgabe des Graduiertenkollegs ist klar definiert: „Ziel ist ein besseres Verständnis der pflanzlichen Stoffwechsel- und Abwehrprozesse sowie deren genetischer Grundlagen“, fasst Heilmann zusammen. Ein Problem heutiger Nutzpflanzen sei häufig, dass sie in Folge der Züchtung auf maximale Erträge Resistenzen gegen biotische und abiotische Umweltfaktoren eingebüßt hätten. Wenn man genau wisse, welche Gene für welche Prozesse verantwortlich sind, lasse sich dieses Wissen auch in der Züchtung anwenden.

bl