Aktuelle Veranstaltungen

Martina Brockmeier hat in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, die Universität Hohenheim zu einem akademischen Bioökonomie-Hotspot zu entwickeln. Die Agrarökonomin ist überzeugt, dass die Bioökonomie entscheidend zum Erreichen der globalen Nachhaltigkeitsziele beitragen kann. Ab Mitte 2022 wird sie ihr Amt als Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft antreten. Im Interview erläutert sie, wie sie auch die Bioökonomie-Forschung in den Leibniz-Instiuten weiter stärken möchte.

From mid-2022, Martina Brockmeier will take office as President of the Leibniz Association. In recent years, she has helped to develop the University of Hohenheim into an academic bioeconomy hotspot. The agricultural economist is convinced that the bioeconomy can make a decisive contribution to achieving the global sustainability goals. In this interview, she explains how she would also like to further strengthen bioeconomy research at the Leibniz institutes.

Mit dem Förderkonzept „Innovationsräume Bioökonomie“ hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung 2016 ein Instrument geschaffen, um den Strukturwandel von einer erdölbasierten hin zu einer nachhaltigen, biobasierten Wirtschaft zu beschleunigen. Branchenübergreifende Bündnisse zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sollen bioökonomische Innovationen schneller in die Praxis bringen. Ein großes Potenzial birgt hier die Textilbranche. Der Innovationsraum BioTexFuture fokussiert daher Projekte zur Herstellung biobasierter Textilien auf Basis nachhaltiger Rohstoffkreisläufe.

Im Oktober ist eine neue Förderrunde gestartet. Erneut können sich Projekte mit ihren Ideen zu einer nachhaltigen Textilindustrie beim Innovationsraum BioTexFuture bewerben. Gefördert werden Forschungsvorhaben zum Textil-Finishing, zum Produkt- und Prozessmanagement, zum Recyclingmanagement sowie zur Entwicklung von Substraten und Materialien.

Von der Idee in die Praxis

Die Ausschreibung adressiert zwei Arten von Projekten: Seed-Fund-Projekte und Accelerator-Projekte. Im Rahmen der Seed-Fund-Projekte werden innovative Ideen unterstützt, für die noch der Machbarkeitsnachweis erbracht werden muss. Sechs bis zwölf Monate dürfen für ein solches Projekt veranschlagt werden und maximal 100.000 Euro. Das Format dient dazu, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei der Erforschung ihrer Ideen in einem interdisziplinären Team Unterstützung anzubieten. Projekte, die bereits über einen Konzeptnachweis verfügen und die Umsetzung ihrer Idee beschleunigen wollen, werden hingegen über das Accelerator-Projekt gefördert. Hier werden Projekte mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren gefördert. Entsprechende Projektanträge für beide Formate können bis zum 15. Januar 2022 beim Projektmanagement-Büro eingereicht werden. Der Innovationsraum BioTexFuture wird industrieseitig vom Sportartikelhersteller Adidas sowie forschungsseitig von der RWTH Aachen geleitet.

Mit ALGAETEX, BIOCOAT und BIOBASE werden über BioTexFuture bereits seit längerem drei Konzepte gefördert. Im Projekt ALGEAETEX sollen beispielsweise Polymere für die Garnherstellung aus Mikroalgen gewonnen und Textilien für die Sportartikelindustrie entwickelt werden. Das Projekt BIOCOAT will ein Verfahren etablieren, das es ermöglicht, biobasierte Textilien mit einer ebenfalls biobasierten Beschichtung zu versehen, um den Stoff mit Eigenschaften wie wasserabweisend, antimikrobiell oder schneller trocknend auszustatten. Das Projekt BIOBASE hat sich hingegen zum Ziel gesetzt, in den Bereichen Automobil, Sportbekleidung, Innenausstattung und technische Textilien jeweils ein erdölbasiertes Produkt durch eines aus Biopolymeren zu ersetzen.

Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Bereits 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 65 % gegenüber 1990 sinken. So steht es im neuen Klimaschutzgesetz, das im August dieses Jahres in Kraft trat. Um die Klimaziele – insbesondere das 1,5-Grad-Ziel – zu erreichen, empfiehlt der Bioökonomierat der künftigen Bundesregierung „die Bioökonomie als wesentliche Querschnittsaufgabe“ im Koalitionsvertrag zu verankern.

Ressortübergreifende Bioökonomiepolitik

„Will eine zukünftige Bundesregierung effizient und zielorientiert das 1,5 Grad-Ziel verfolgen, so muss sie der gegenwärtigen Fragmentierung politischer Maßnahmen gezielt entgegenwirken und eine abgestimmte, ressortübergreifende Bioökonomiepolitik bereits heute ins Zentrum ihrer Arbeit stellen“, so die Co-Vorsitzende des Bioökonomierats, Daniela Thrän. Mit der Bioökonomie halte Deutschland „einen wichtigen Schlüssel in Händen, den es benötigt, um den gesamtgesellschaftlichen „Transformationsprozess erfolgreich zu gestalten“, schreibt das Gremium in seinem kürzlich veröffentlichten Impulspapier.

Darin skizziert der Bioökonomierat die drängendsten Aufgaben, die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP aktiv angehen müssen und gibt Handlungsempfehlungen, um die Klimaziele zu erreichen. Mit einem klaren Bekenntnis zur Stärkung der Bioökonomie und einer angemessenen Verankerung als Querschnittsaufgabe im Koalitionsvertrag würde gegenüber allen relevanten Branchen und Interessengruppen ein klares und starkes Zeichen für ein entscheidendes Zukunftsfeld gesetzt, schreibt der Bioökonomierat.

Einbeziehung der Gesellschaft nötig

Dringender Handlungsbedarf besteht demnach in den Bereichen Klimaschutz, Nachhaltigkeit, technologische Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit. „Mit den Technologien, die auf die Ziele der Bioökonomie einzahlen, können wir in den kommenden Jahren den Weg hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft und Wirtschaft ebnen, ökologische und ökonomische Sichtweisen zusammenbringen und die Arbeitsplätze von morgen schaffen“, sagt Ratsmitglied und CEO der Firma bio.IMPACT & SymbioPharm GmbH, Jürgen Eck.

In seinem Impulspapier hebt das Beratergremium hervor, dass „der Erfolg des politischen Handelns“ jedoch auch „von der Einbeziehung und Akzeptanz der Gesellschaft“ abhängt.

Stabile politische Rahmenbedingungen schaffen

Damit der Transformationsprozess gelingt, müssten Ordnungs- und Prozesspolitik, Land- und Flächennutzungsstrategien sowie Wertschöpfungsnetzwerke unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Belange eng aufeinander abgestimmt und ganzheitlich gedacht werden. „Als Bioökonomierat empfehlen wir der neuen Bundesregierung daher, ihre Bestrebungen hin zu einer kohärenten Politik zu intensivieren, für stabile politische und gemeinschaftliche Rahmenbedingungen zu sorgen und die Forschungs- und Innovationsförderung in Richtung einer biobasierten und nachhaltigen Wirtschaft weiter auszubauen“, so Iris Lewandowski in ihrer Funktion als Co-Vorsitzende des Rates.

Der Bioökonomierat berät seit vielen Jahren die Bundesregierung zu Fragen der Bioökonomie. Er wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) berufen. Das 20-köpfige Fachgremium setzt sich aus Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Im Dezember 2020 hatte der dritte Bioökonomierat seine Arbeit aufgenommen.

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Die Landwirtschaft muss umwelt- und klimafreundlich werden. Peter Breunig ist überzeugt: Bioökonomische Innovationen können dazu beitragen, die Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Der Agrarökonom engagiert sich seit Jahren im öffentlichen Diskurs um eine klimaneutrale Landwirtschaft. Im Interview erläutert er, welche Bedeutung neue Technologien in Pflanzen- und Tierzucht, der Anbau von Zwischenfrüchten sowie die Renaturierung der Moore für die Zukunft der Landwirtschaft haben – und wie die Landwirtschaft sogar vom Klimaschutz profitieren kann.

Wachsen, wo wichtige Nährstoffe knapp sind – vor dieser Herausforderung steht auch das Seegras, das in flachen Küstenregionen gemäßigter und tropischer Meere regelrechte Wiesen bildet. Die meiste Zeit des Jahres gibt es dort jedoch keinen Stickstoff in einer Form, die die Wasserpflanze verwerten kann. Lediglich elementarer Stickstoff ist im Meer reichlich vorhanden, doch den kann Seegras nicht aufnehmen. Bislang gingen wurde deshalb davon ausgegangen, dass Bakterien in der Umgebung diesen Stickstoff in andere Formen umwandeln und so für die Nährstoffversorgung der benachbarten Pflanze sorgen. Jetzt konnte ein Forschungsteam jedoch zeigen, dass die Beziehung zwischen Mikrobe und Seegras noch viel enger ist als angenommen.

Symbiose in den Seegraswurzeln

„Die Bakterien leben in den Wurzeln der Seegräser“, berichtet Wiebke Mohr vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Das sei das erste Mal, dass so eine im wahrsten Sinn des Wortes innige Symbiose bei Seegräsern gezeigt werde. „Bisher war sie nur von Landpflanzen bekannt, insbesondere bei landwirtschaftlich wichtigen Arten, wie den Hülsenfrüchtlern, Weizen oder auch Zuckerrohr.“ Auch diese können den in der Luft reichlich vorhandenen elementaren Stickstoff nicht verwerten. Sie gehen daher mit Bakterien eine Symbiose ein und liefern diesen im Tausch gegen Stickstoff andere Nährstoffe.

Jahreszeiten beeinflussen die Symbionten

Im Meer scheint diese Symbiose an die Jahreszeiten gekoppelt zu sein: Im Winter und im Frühjahr gibt es für Seegras genügend verwertbaren Stickstoff im Meer und in den Sedimenten. „Die Symbionten sind dann zwar vereinzelt in den Wurzeln der Pflanzen vorhanden, aber wahrscheinlich nicht sehr aktiv“, schildert Mohr. Im Sommer allerdings konkurriert das Seegras mit immer mehr Algen um die knappen Nährstoffe – und die Bakterien breiten sich im Seegras aus. Das wächst dann trotz des scheinbaren Nährstoffmangels besonders stark.

Die symbiontischen Bakterien waren der Wissenschaft bislang unbekannt. Mohr und ihr Team haben sie nach dem Neptungras Posidonia, in dem die Mikroben leben, Celerinatantimonas neptuna getauft. Ähnliche Bakterien leben auch in Meeresalgen wie dem Seetang. „Als die Seegräser vor etwa 100 Millionen Jahren vom Land ins Meer gezogen sind, haben sie wohl die Bakterien von den großen Algen übernommen“, vermutet Mohr und nimmt weiter an: „Sie haben das an Land höchst erfolgreiche System sozusagen kopiert und sich dann, um im nährstoffarmen Meerwasser überleben zu können, einen marinen Symbionten erworben.“

Wichtig für Ökosysteme und Klima

Die Entdeckung dieser Symbiose ist nicht nur für das Verständnis der Meeresökosysteme relevant, die Heimat für Meeresschildkröten, Seepferdchen und Seekühe sind und Küsten vor der Abtragung durch Sturmfluten schützen. Zusätzlich spielen diese Pflanzen eine Rolle für den Kohlenstoffkreislauf und das Klima: Seegraswiesen bedecken bis zu 600.000 Quadratkilometer und binden durch ihr Wachstum jährlich Millionen Tonnen CO2, den sie für lange Zeit speichern und so der Atmosphäre entziehen.

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Growing even though nutrients are scarce - in shallow coastal regions of temperate and tropical seas, seagrass faces precisely this challenge. For most of the year, there is no nitrogen in a form that the aquatic plant can utilize. Only elemental nitrogen is abundant in the sea, but seagrass cannot absorb it. Until now, it was therefore assumed that bacteria in the environment convert this nitrogen and thus provide nutrients for the neighboring plant. Now, however, a research team has been able to show that the relationship between microbes and seagrass is even closer than assumed.

Symbiosis in the seagrass roots

"The bacteria live in the roots of the seagrass," explains Wiebke Mohr from the Max Planck Institute for Marine Microbiology in Bremen. This is the first time such an intimate symbiosis has been shown in seagrass, she said. "Until now, this was only known from land plants, especially in agriculturally important species such as legumes, wheat or sugar cane." These, too, cannot utilize elemental nitrogen, which is abundant in the air. They therefore enter into a symbiotic relationship with bacteria and supply them with other nutrients in exchange for nitrogen.

Seasons influence the symbionts

In the sea, this symbiosis seems to be linked to the seasons: In winter and spring, there is enough usable nitrogen in the sea and sediments. "The symbionts are then present sporadically in the roots of the plants, but probably not very active," Mohr describes. In summer, however, the seagrass competes with more and more algae for the scarce nutrients - and the bacteria spread in the seagrass. This then grows particularly strongly despite the apparent lack of nutrients.

The symbiontic bacteria were previously unknown to science. Mohr and her team have named them Celerinatantimonas neptuna after the Posidonia neptune grass in which the microbes live. Similar bacteria also live in marine algae such as kelp. "When the seaweeds moved from the land to the sea about 100 million years ago, they probably adopted the bacteria from the large algae," Mohr assumes, "They sort of copied the system that was highly successful on land and then, in order to survive in the nutrient-poor seawater, acquired a marine symbiont."

Important for ecosystems and climate

The discovery of this symbiosis is not only relevant for understanding marine ecosystems, which are home to sea turtles, seahorses and manatees and protect coasts from erosion by storm surges. These plants play a role in the carbon cycle and climate: seagrass meadows cover up to 600,000 square kilometers and, as they grow, sequester millions of tons of CO2 each year, which they store for long periods of time, removing it from the atmosphere.

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Immer mehr Verbraucher verlangen nach Produkten, die umweltfreundlich sind und nachhaltig produziert werden. Das gilt in besonderem Maße auch für Textilien und Mode. Noch machen Chemiefasern den Löwenanteil aller Textilfasern weltweit aus. Doch ein Umdenken ist im Gange. Im Labor, im Designstudio und im Textilunternehmen – immer mehr Akteure haben sich zum Ziel gesetzt, biobasierte Rohmaterialien zu nutzen. Nachhaltige Design-Labels bieten erste Produkte an und kommen auf Veranstaltungen wie der Green Fashion Fair in Berlin zusammen – zuletzt Anfang September im Rahmen der Berlin Fashion Week.  „Wir haben im Rahmen dieser Veranstaltung das erste Sustainable Fashion Event für Konsument:innen auf die Beine gestellt“, berichtet Claudia Albert von der Eventagentur Moij Momente. „Meiner Co-Founderin Agnes Friedrich und mir geht es darum, die Vielfältigkeit der nachhaltigen Modeszene zu präsentieren, ihre Pioniere und innovativen Newcomer. Bei der Premiere waren 30 Brands dabei. Nächstes Jahr rechnen wir mit noch mehr Ausstellern und Designern, die mitmachen.“

Algen als innovative neue Rohstoffquellen in der Textilindustrie

Aber auch in der Wissenschaftscommunity wächst das Interesse am Thema. Algen und andere natürliche Ressourcen als nachhaltige Rohstoffquelle für Mode erschließen – das ist eines der Ziele, dem sich der Innovationsraum BIOTEXFUTURE widmet. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über fünf Jahre geförderte Konsortium wird gemeinsam von der RWTH Aachen und dem Sportartikelhersteller adidas geleitet.

Eines der hier geförderten Projekte ist Algaetex, an dem auch Wissenschaftler des Fraunhofer IGB und der Universität Bayreuth beteiligt sind. „Gemeinsam wollen sie einen technisch machbaren Weg aufzeigen, wie aus Algen bzw. den von ihnen produzierten Fettsäuren Materialien für textile Anwendungen hergestellt werden können: sogenannte thermoplastische Biopolymere“, sagt Marco Schmitt, an der RWTH Aachen am Lehrstuhl für Soziologie mit dem Schwerpunkt Technik- und Organisationssoziologie tätig. Ein anderes Projekt – GOLD genannt – dreht sich um die Goldschlägerhaut und wie sich dieses Material biomimetisch nachbauen lässt, ohne Tiere dafür einsetzen zu müssen. Das Team um Claudio Flores von der Mimetype Technologies GmbH will dafür die molekularbiologischen Details des Rinderdarms entschüsseln und dieses Wissen auf die Herstellung von elastischen Materialien anwenden.  

Schmitt und seine RWTH-Kollegen am Lehrstuhl für Soziologie wiederum  wollen Materialinnovationen im Projekt TransitionLab aus der Perspektive der Konsumenten und notwendiger Innovationen in den gesellschaftlichen Praktiken begleiten: Was wünschen sich die Verbraucher:innen? Welche Erwartungen setzen sie beispielsweise in Mode aus Algen oder anderen Ressourcen? Welche Probleme könnten aus ihrer Sicht damit gelöst werden, welche nicht? Was können sie zu einer nachhaltigeren Textilwirtschaft beitragen?

BürgerWissenschaftsDialog am 11. November im Naturkundemuseum

Im Rahmen der Ausstellung NaturFutur, die seit Anfang November noch bis zum 5. Dezember im Naturkundemuseum Berlin umgesetzt wird, wollen die Forscher zum gemeinsamen Gespräch mit Experten und Bürger:innen zusammenkommen. In Rahmen der Themenwoche Material|Mode|Konsum organisiert BIOTEXFUTURE am 11. November gemeinsam mit bioökonomie.de in der Reihe „Bioökonomie im Gespräch“ die Veranstaltung „Mode aus Algen – Wege zu einer nachhaltigen Textilwirtschaft“ von 18:00 bis 19:30 Uhr. Als weitere Experten vor Ort dabei sind Johannes Kopton, Algenexperte und Biotech-Enthusiast vom Verein Ökoprogressive Agrarwende (ÖkoProg), Claudia Albert, Gründerin der Green Fashion Fair in Berlin und Claudio Flores (Mimotype Technologies GmbH) vom Projekt GOLD im Innovationsraum BIOTEXFUTURE.

Nicht weniger als ein vollständig neues Verfahren zur Genom-Editierung – das hatte sich das Forschungsprojekt getLight (Novel light-inducible genome editing technology for crops) zum Ziel gesetzt. Damit wäre beispielsweise in der Pflanzenzüchtung die schnelle und präzise Entwicklung verbesserter Sorten möglich, ohne dass teure Lizenzgebühren für etablierte Verfahren wie CRISPR-Cas anfielen. Für den Machbarkeitsnachweis hat die Projektdauer von Juni 2018 bis Mai 2020 zwar nicht gereicht, doch wichtige erste Schritte konnten die Forschenden vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME auf dem Weg zu ihrem ehrgeizigen Ziel zurücklegen.

Lizenzkosten für CRISPR-Cas umgehen

„Für die Forschung ist CRISPR-Cas toll, weil man damit schnell Ergebnisse erzielen und publizieren kann“, erläutert Projektleiter Stefan Schillberg. „Am Fraunhofer-Institut sind wir aber an der Anwendung interessiert, und weil bei CRISPR andere die Patente haben, müssten unsere Industriepartner immer dafür bezahlen.“ Dadurch seien die Kosten in der Pflanzenzüchtung schnell so hoch, dass sie keiner mehr tragen wolle. „Mein Traum war es, stattdessen ein eigenes Verfahren hinzubekommen“, verrät der Biotechnologe. Den Ansatz dazu sollten sogenannte Quantum Cluster bilden. Die nötige Finanzierung über rund 500.000 Euro kam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Als Quantum Cluster bezeichnen die Forschenden eine Verbindung aus einem kurzen DNA-Strang, der in der Zelle an die Zielsequenz koppeln kann, mit einer weiteren DNA-Struktur, beispielsweise einem sogenannten Loop, die Metallionen wie geladene Silberteilchen binden kann. Wird ein solcher Quantum Cluster mit Licht angeregt, fluoresziert er – je nach Wellenlänge, die auf ihn fällt, mit einer anderen Wellenlänge. Bislang werden solche Konstrukte in Nachweisverfahren genutzt, wo die Fluoreszenz entsprechend Aufschluss über den Aufenthaltsort des Quantum Clusters gibt.

The research project getLIGHT (Novel light-inducible genome editing technology for crops) aimed to develop nothing less than a completely new genome editing method. In plant breeding, for example, this would enable the rapid and precise development of improved varieties without incurring expensive licensing fees for established methods such as CRISPR-Cas. Although the project period from June 2018 to May 2020 was not long enough to prove feasibility, the researchers from the Fraunhofer Institute for Molecular Biology and Applied Ecology IME were able to take important first steps towards their ambitious goal.

Bypassing licensing costs for CRISPR-Cas

"For research, CRISPR-Cas is great because you can quickly obtain results and publish them," explains project leader Stefan Schillberg. "But at the Fraunhofer Institute, we are interested in applications, and because others have the patents in CRISPR, our industrial partners would always have to pay for it." As a result, the costs in plant breeding would quickly become so high that no one would want to cover them.  "My dream was to come up with my own process instead," the biotechnologist reveals. So-called quantum clusters were to form the approach to this. The necessary funding of around 500,000 euros came from the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF).

The researchers call a quantum cluster a connection between a short DNA strand, which can couple to the target sequence in the cell, and another DNA structure, for example a so-called loop, which can bind metal ions such as charged silver particles. When such a quantum cluster is excited with light, it fluoresces - with a different wavelength depending on the wavelength that falls on it. So far, such constructs have been used in detection methods, where the fluorescence provides information about the location of the quantum cluster.

Das Preisgeld von 300 Euro hat eher symbolischen Wert, doch der Sieg schafft Aufmerksamkeit: Das Konzept von Kykeon Biotech hat am 10. November 2021 den „Gründer*innen-Pitch“ der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg (BTU) gewonnen. Vor zwölf Investorinnen und Investoren vor Ort und mehr als 120 zugeschalteten Zuschauerinnen und Zuschauern überzeugte das junge Team mit einem Verfahren zur zellfreien Herstellung künstlicher Proteine. Teilen müssen sich die Gründungswilligen den Publikumspreis mit Inflatable Lunar Habitat, einem Projekt, das ein portables und aufblasbares Forschungszelt für den Einsatz auf dem Mond entworfen hat.

Zellfreie Proteinsynthese hat viele Vorteile

Kykeon Biotech behauptet von sich, das eigene Verfahren „vereint die Vorteile aller anderen Proteinproduktionssysteme, ohne durch deren Nachteile eingeschränkt zu werden“. Martin Kern, der neben Vincenzo Rocchis und Wilhelm Gossing das Team von Kykeon Biotech bildet, verspricht: „Durch unsere Innovationen im Bereich der zellfreien Proteinsynthese wollen wir mit Kykeon Biotech die Produktion von rekombinanten Proteinen nachhaltiger und effizienter machen, sodass wichtige diagnostische Tests, z. B. auch Corona-Tests, ökonomischer und ökologischer werden.“

Medikamente und Diagnostika im Fokus

Wie viel davon das Team am Ende einlösen kann, bleibt abzuwarten. In jedem Fall setzen die Forscher nicht auf Zellkulturen, sondern auf natürlich vorkommende pflanzliche Biomassen, aus denen in zellfreier Umgebung rekombinante Proteine erzeugt werden. Diese sollen die Grundlage bilden, um etwa Medikamente wie Insulin nachhaltiger zu produzieren. Der zellfreie Prozess wäre zudem leichter zu steuern und produktiver. Bis zur Marktreife muss das Verfahren jedoch noch weiterentwickelt werden. Aktuell interessierten sich die potenziellen Investorinnen und Investoren besonders für die Möglichkeit, mit dem zellfreien Verfahren rekombinante Proteine für diagnostische Tests ökonomischer und ökologischer herzustellen.

Einzige Gründungsidee aus der Bioökonomie

Kykeon Biotech war bei der Veranstaltung das einzige Team mit einer Gründungsidee aus dem Bereich der Bioökonomie. Die Forschenden werden seit Januar 2021 durch ein EXIST-Gründerstipendium gefördert. Insgesamt hatten sich den rund 30 interessierten Business Angels acht Teams mit ihren Ideen präsentiert. Die anlässlich der Eröffnung des Innovations- und Gründungszentrums Startblock B in Cottbus abgehaltene Veranstaltung sollte Studierenden, Mitarbeitenden und Alumni der BTU Cottbus-Senftenberg und der TH Wildau die Möglichkeit geben, auf ihre Gründungsideen aufmerksam zu machen und mit Investorinnen und Investoren sowie mit Beraterinnen und Beratern ins Gespräch zu kommen.

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The prize money of 300 euros is rather symbolic, but attention is guaranteed: Kykeon Biotech won the "Founders' Pitch" of the Brandenburg University of Technology Cottbus-Senftenberg (BTU) on November 10, 2021. The young team convinced the twelve investors and more than 120 online viewers with its process for the cell-free production of artificial proteins. They had to share the audience award with 'Inflatable Lunar Habitat', a project that designed a portable and inflatable research tent for use on the moon.

The many advantages of cell-free protein synthesis

Kykeon Biotech explains that its own process "combines the advantages of all other protein production systems without being limited by their disadvantages." Martin Kern, who along with Vincenzo Rocchis and Wilhelm Gossing makes up the Kykeon Biotech team, promises, "Through our innovations in cell-free protein synthesis, we aim to make the production of recombinant proteins more sustainable and efficient, so that important diagnostic tests, including corona tests, become more economical and ecological."

Focus on drugs and diagnostics

The researchers are not relying on cell cultures, but on naturally occurring plant biomasses from which recombinant proteins are produced in a cell-free environment.These would form the basis for producing drugs such as insulin more sustainably. The cell-free process would also be easier to control and more productive, but still needs to be further developed until it is ready for the market. Currently, potential investors are particularly interested in the possibility of using the cell-free process to produce recombinant proteins for diagnostic tests more economically and ecologically. 

Only start-up idea from the bioeconomy

Kykeon Biotech was the only one of eight teams at the event with a start-up idea from the bioeconomy. The researchers have been funded by an EXIST start-up grant since January 2021. The event, held on the occasion of the opening of the innovation and start-up center Startblock B in Cottbus, was intended to give students, employees and alumni of BTU Cottbus-Senftenberg and TH Wildau the opportunity to draw attention to their start-up ideas and to talk to investors and advisors.

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Ob im Labor, im Designstudio oder im Textilunternehmen – immer mehr Akteure der Textilbranche setzen auf nachhaltige Materialien und biobasierte Ressourcen. Eine vielseitige und vielversprechende Quelle für solche Materialien sind Algen. Sie sind aufgrund ihrer großen Palette an Inhaltsstoffen nicht nur für die Lebensmittel-, Kosmetik- oder Pharmaindustrie interessant. Algen können auch zum Färben und als Rohstofflieferant für die Herstellung von Biopolymeren genutzt werden. Warum Algen zu wichtigen Impulsgebern für Innovationen in der Textilbranche geworden sind, davon konnten sich die Teilnehmenden des BürgerWissenschaftsDialogs zum Thema „Mode aus Algen“ ein Bild machen. Am 11. November fand ein Workshop und eine Diskussionsrunde im Rahmen der Ausstellung NaturFutur statt. Für die Reihe „Bioökonomie im Gespräch“ hatten das Informationsportal bioökonomie.de und der vom Bundesforschungsministerium geförderte Innovationsraum BIOTEXFUTURE ins Museum für Naturkunde Berlin geladen, um über das Potenzial von Algen als nachhaltiger Rohstoff für Mode zu diskutieren. Moderiert wurde die Diskussion von Sandra Wirsching von bioökonomie.de.

Jede Alge hat besondere Fähigkeiten

Der Biologe Johannes Kopton ist besonders von der Vielfalt und der Vielseitigkeit von Algen fasziniert. „Algen betreiben Photosynthese, alles, was sie zum Wachsen brauchen, ist Wasser, Licht, CO2 und Nährsalze“, sagte er. Algen könnten daher überall wachsen – auch im Nudelglas auf dem heimischen Fenstersims, wie Kopton in seinen Do-it-Yourself-Videos erklärt. „Algen brauchen keine Landflächen und auch weniger Wasser als Pflanzen auf dem Acker", so Kopton, der sich im Verein Ökoprogressive Agrarwende (ÖkoProg) engagiert. Nicht alle Algen seien auch Pflanzen. „Die Mikroalge Spirulina, mit der ich gerne arbeite, gehört zum Beispiel zu den Cyanobakterien.“ Mittlerweile richte sich das Augenmerk der Forschung und der Industrie auf die zahlreichen Inhaltsstoffe, die Algen als grüne Biofabriken herstellen können. „Es gibt sehr viele Algenarten und jede hat besondere Fähigkeiten. Oft sind es jedoch Algen, die unter extremen Bedingungen vorkommen, die sich für die technische Nutzung anbieten – auch aus Sicht der Nachhaltigkeit“, so Kopton.

Damit Produkte wie Textilien aus Algen entstehen, seien jedoch entsprechende biotechnologische Prozesse nötig. Und diese müssten nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich sein. „Bis dahin ist es aber noch ein Stück Weg“, so Kopton. Der Forscher vom Max-Planck-Institut für Kybernetik komplexer technischer Systeme untersucht gegenwärtig in seiner Masterarbeit, wie umweltfreundlich und nachhaltig die Verarbeitungsketten von Mikroalgen sind.

Das Forschungsteam ging der bisher ungeklärten Frage nach, ob die globale Mobilität von Arten die ökologischen Folgen des vom Menschen verursachten Artenschwunds ausgleichen kann. Die ozeanischen Inseln wurden ausgewählt, da sie eine hohe Zahl von endemischen Vogelarten, also von Arten, die in keiner anderen Region der Erde heimisch sind, hervorgebracht haben und sich dort zugleich viele Vogelarten neu ansiedelten – somit lässt sich auf diesen Inseln besonders gut beobachten, wie sich die Kombination von Artenverlust und Etablierung neuer Arten auswirkt.

Insgesamt hat das Team der Universität Bayreuth, zusammen mit Forschungspartnern aus Göteborg, London und Oxford, durch Untersuchungen an Fossilien und lebenden Tieren Daten von 1.302 Vogelarten auf neun Archipelen gewinnen können. Davon sind 265 Arten heute zumindest auf diesen Inseln ausgestorben. 143 Arten sind als ursprünglich gebietsfremde Arten eingewandert und allmählich heimisch geworden.

Die unterschiedlichen quantitativen Befunde wurden nun abgeglichen mit den ökologischen Funktionen der Vogelarten. Hierzu zählen beispielsweise die Form und Länge des Schnabels oder die Flugfähigkeit.
Das Ergebnis: Die meist durch den Menschen verursachte Zuwanderung neuer Vogelarten, die an die Stelle ausgestorbener Arten treten, führt dazu, dass die Vogelwelt auf den Meeresinseln in funktionaler Hinsicht weniger ausdifferenziert ist. Die ursprüngliche Vielfalt ökologischer Funktionen weicht dem Trend zur Vereinheitlichung. Zahlreiche Funktionen, die einige der mittlerweile ausgestorbenen Arten durch Anpassungen an spezifische Inselgegebenheiten entwickelt haben, sind verloren gegangen. Sie konnten durch neue gebietsfremde Arten nicht oder allenfalls nur teilweise ersetzt werden.