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Die Verschmutzung der Weltmeere zu stoppen, ist eine globale Aufgabe, zu der sich die sieben großen Industrienationen der Welt beim G7-Gipfel im Sommer im bayrischen Elmau bekannt haben. Denn die Zahlen sind besorgniserregend: Bis zu acht Millionen Tonnen Plastikmüll werden jährlich aufs Meer hinausgetrieben und machen selbst vor der Arktis nicht halt. Dafür haben Forscher vom Alfred-Wegener-Institute am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) gemeinsam mit belgischen Wissenschaftlern Beweise gefunden. Im Fachjournal Polar Biology (Online-Veröffentlichung) berichtet das Team über die von ihnen gesammelten "Mülldaten" und deren Folgen für die Meeresbewohner. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka reagierte mit Besorgnis und appelliert: „Diese Entwicklung muss gestoppt werden“.

Plastik- und Chipstüten am Strand sind die sichtbaren Vorboten einer Vermüllung, die längst die Weltmeere erfasst hat. Laut einer im Jahr 2010 im Fachjournal Science erschienen Studie, landen jährlich etwa acht Millionen Tonnen Plastikmüll in den großen Gewässern unserer Erde. Inzwischen gibt es fünf große Müllteppiche aus Kunststoffresten: im Südpazifik, im Atlantik, im Mittelmeer, im Indischen Ozean und Nordpazifik , wobei letzterer als der größte Dreckteppich gilt. Der zwischen Nordamerika und Asien angehäufte Müllstrudel hat inzwischen die Größe Westeuropas erreicht. Sogenannte Müllflecken entstehen, wenn viele der im Wasser treibenden Plastikteile früher oder später von großen kreisenden Meeresströmungen eingefangen werden und sich im Zentrum dieser Wirbel konzentrieren.

Erste Müllzählung am nördlichen Polarkreis

Meeresbiologen vom Alfred-Wegener-Institutes am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) liefern nun in einer aktuellen Studie Anhaltspunkte dafür, dass ein sechster Müllflecken wahrscheinlich gerade in der Barentssee entsteht. Im Jahr 2012 hatte das Team gemeinsam mit belgischen Forschern vom Laboratory for Polar Ecology  eine erste große Müllzählung nördlich des Polarkreises durchgeführt. Das Ergebnis war ernüchternd: Selbst in der Arktis treiben inzwischen Plastikteile auf der Meeresoberfläche. Ihre sogenannte Müllwache erstreckte sich dabei über insgesamt 5.600 Kilometer.

Arktis-Verschnutzung offenbar weitaus großer

Wie das Team um Melanie Bergmann in der nun erschienen Studie schreibt, zählten sie insgesamt 31 entsprechende Müllteile. Die Zahl, so gering sie scheint, ist dennoch alarmierend.  Denn die auf der Meeresoberfläche treibenden Kunststoffreste sind Bergmann zufolge nur die Spitze des Eisberges. „Da wir die Zählungen von der Schiffsbrücke aus, also 18 Meter über der Meeresoberfläche, beziehungsweise von Bord eines Hubschraubers gemacht haben, haben wir natürlich in erster Linie großes Treibgut erfasst. Unsere Zahlen sind deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach eine Untertreibung des tatsächlichen Müllbestandes", sagt die AWI-Meeresbiologin Melanie Bergmann.

Plastikmüll bedroht Meerestiere

Das Problem: Kunststoffteile zersetzen sich allmählich im Wasser. Das Gros landet auf dem Meeresgrund und vergiftet in Form von zersetzter Mikroplastik nicht nur das Meer selbst, sondern auch deren Bewohner. Plastikreste wurden unter anderem schon in den Mägen von Seevögeln und Grönlandhaien gefunden. Der Studie zufolge ist das, was auf dem Meeresboden der von den Forschern untersuchten Framstraße lagert, 10 bis 100 mal höher als das, was an der Wasseroberfläche treibt.

Neuer Müllstrudel könnte Plastik in die Arktis treiben

Wie der Müll in die Arktis gelangt ist, ist noch unklar. Bergmann und ihr Team vermuten jedoch, dass die Kunststoffteile aus einem neuen Müllstrudel stammen könnten, der sich Computermodellen zufolge seit einigen Jahren in der Barentssee nördlich Norwegens und Russlands bildet. "Eine andere Ursache für die Müllfunde in der Arktis könnte der Rückgang des arktischen Meereises sein, wodurch immer mehr Fischtrawler, dem Kabeljau folgend, weiter nach Norden vorstoßen. Vermutlich gelangt von den Schiffen Müll absichtlich oder aus Versehen in die arktischen Gewässer“, so Bergmann weiter.

Aktion gegen Plastik im Meer

„Diese Entwicklung muss gestoppt werden“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka zu den Ergebnissen der neuen Studie.  In ihrer Stellungnahme machte die Ministerin unmissverständlich klar, dass Plastik nicht in die Umwelt gehöre und gehandelt werden muss. „Wir brauchen endlich eine gesicherte und vergleichbare Datenlage, verlässliche Aussagen zu den Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme und die Gesundheit des Menschen und wie Plastikmüll vermieden sowie am besten aus der Umwelt beseitigt werden kann“.  Um gegen diese globale Umweltgefahr durch Plastikmüll anzukämpfen, hat das BMBF auf EU-Ebene bereits im Frühjahr den Start des Forschungsprogramms „Mikroplastik in marinen Systemen“ maßgeblich mitinitiiert. Daran sind auch Forscher vom AWI maßgeblich mit beteiligt.

Hobbygärtner und Gartenbauer kennen das Problem gleichermaßen: Nach wiederholtem Anbau einer Pflanze scheint der Boden wie ausgelaugt, das Wachstum ist mäßig und der Ertrag ist ebenso spärlich. Für Experten sind das eindeutige Symptome dafür, dass die Anbaufläche unter der sogenannten Nachbaukrankheit oder einer Bodenmüdigkeit leidet. Die Ursachen einer solchen Wachstumsdepression wollen Forscher im Rahmen des neuen Verbundprojektes „BonaRes-ORDIAmur“ nun am Apfelbaum genauer untersuchen. Das Ziel: Die Entwicklung neuer Strategien zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Bodengesundheit. Das Projekt wird vom Bundesforschungsministerium im Rahmen der Förderinitiative „Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ (BonaRes) in den ersten drei Jahren mit drei Millionen Euro gefördert.

Die Pflanze gedeiht mickrig vor sich hin. Die Erträge schrumpfen. In solchen Fällen spricht der Experte von Wachstumsdepressionen, die auf Nachbaukrankheit oder Bodenmüdigkeit zurückzuführen sind. Bei kleinen Gewächsen reicht oft ein wenig Dünger oder Umpflanzen. Bei Obstbäumen wie dem Apfelbaum ist das jedoch eher problematisch. Aufgrund der Konzentration der Obstproduktion und der Anzucht der Obstbäume in Anbauzentren ist ein Umsetzen des Baumes meist nicht möglich. Daneben wird oft aus ökologischen oder ökonomischen Gründen auf chemische oder thermische Bodenbehandlungen verzichtet.

Neue Wachstumsstrategien für bodenmüde Apfelbäume

Aus diesem Grund hat das neue Verbundprojekt  „Overcoming Replant Disease by an Integrated Approach - ORDIAmur“, den Apfelbaum als Untersuchungsobjekt für die Forschungsarbeit gewählt. „Denkbare Wege könnten sein, geeignete Mikroorganismen in den Boden einzubringen oder tolerante Unterlagen für die Anzucht bereitzustellen“, erklärt Traud Winkelmann vom Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der Leibniz Universität Hannover, die das Verbundprojekt koordiniert.

In dem BonaRes-Verbundprojekt werden Forscher aus insgesamt elf Einrichtungen in den kommenden Jahren die Ursachen der Bodenkrankheit genauer untersuchen und Lösungswege entwickeln, um solche Bodenkrankheiten zu verhindern. „Unser Ziel ist es, neue Ansätze und Strategien zu entwickeln, um die Bodengesundheit zu erhalten und wiederherzustellen“, erklärt Winkelmann.

Einfluss der Pflanzenwurzeln auf Bodenfunktionen

Die Forscher konzentrieren sich dabei auf Fragen wie, welche Störungen für den Erhalt der Bodenfunktionen kritisch oder tolerabel sind, und wie durch Pflanzenwurzeln die Veränderungen im Boden entstehen? Eine Möglichkeit, die durch die Nachbaukrankheit veränderten Bodenverhältnisse zu ermitteln, ist die Analyse von Wurzelexsudaten sowie des Bioms in der Rhizosphäre – also dem von einer lebenden Wurzel beeinflusstem Raum. Auch die Reaktion der Pflanze auf die Krankheit kann darüber wertvolle Daten liefern. Für die Untersuchungen der komplexen Bodenverhältnisse stehen den Verbundpartnern für die ersten drei Jahre 3 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Darüber hinaus ist eine Verlängerung bis 2024 möglich.

Die Förderinitiative BonaRes wurde im Rahmen der Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030 vom BMBF initiiert. Ziel ist es, die Wirkung der Landnutzung auf die Böden zu ermittelt und neue Strategien für die Bewirtschaftung zu erarbeiten. Die Ergebnisse sollen schließlich die wissenschaftliche Grundlage sein, um standortabhängige Bewirtschaftungsstrategien entwickeln und somit langfristig Bodenfruchtbarkeit und Ertrag steigern zu können. Darüber hinaus ist eine Internetseite geplant, die wissensbasierte Handlungsoptionen für die Bewirtschaftung und Nutzung von Böden anbietet.

Meist erfordert die Gewinnung von Energie oder Wertstoffen aus Pflanzen viele Verfahrensschritte und aggressive Chemikalien. Um diese Prozesse effizienter und ressourcenschonender zu gestalten, suchen Forscher geeignete Enzyme als Werkzeuge. Mithilfe von Neutronenstrahlen haben Wissenschaftler den Wirkungsmechanismus der Enzymklasse der Glycosidasen auf Molekülebene untersucht. Die Messungen wurden an den US-Neutronenquellen in Los Alamos und Oak Ridge sowie an der Forschungs-Neutronenquelle der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt. Die Ergebnisse sind ein Schlüssel dazu, die großtechnische Verarbeitung von Biomasse zu verbessern. Die Forscher berichten im Fachjournal PNAS  (2015, Bd. 112. S. 12384).

Möchte man aus Biomasse Kunststoffe, chemische Zwischenprodukte oder Biokraftstoffe, herstellen, so muss zuerst die Hemicellulose, ein in Pflanzenzellwänden reichlich vorhandenes, großes Vielfachzuckermolekül, zu einfachen Zuckern abgebaut werden. Gegenüber der unkatalysierten Reaktion in neutraler Lösung beschleunigen Enzyme wie die Glykosidasen die Abbaureaktion um bis zu 18 Zehnerpotenzen. Die Biomasse wird typischer Weise in sehr alkalischem Milieu vorbehandelt. Ihre maximale Aktivität entwickeln die natürlichen Enzyme jedoch in einer leicht sauren Umgebung. Ein wichtiges Forschungsziel ist deshalb, diese Enzyme so zu verändern, dass sie auch in alkalischem Milieu effektiv arbeiten. Dazu ist es aber nötig, den Ablauf der Reaktionen am Enzym, insbesondere die genaue Position aller Wasserstoffatome im aktiven Zentrum eines Enzyms vor, während und nach der chemischen Reaktion im Detail zu kennen. Dieses Wissen fehlte bisher aber.

Detektivarbeit mit Neutronen

Im Rahmen eines internationalen Kooperationsprojekts bestimmte nun ein Forscherteam um Andrey Kovalevsky, Wissenschaftler am Oak Ridge National Laboratory, die Struktur einer Glycosidase mit bisher unerreichter Genauigkeit. Eine der drei im Projekt genutzten Neutronenquellen war die Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) der TU München. „Im Gegensatz zur Röntgenstrukturanalyse ist die Neutronenstreuung die Methode der Wahl um die Positionen von Wasserstoffatomen im aktiven Zentrum von Enzymen zu bestimmen", sagt TUM-Biologe Andreas Ostermann, der zusammen mit seinem Kollegen Tobias Schrader vom Forschungszentrum Jülich in Garching das Instrument BioDiff betreibt. Mithilfe der Streuung von Neutronen an Kristallen des Enzyms analysierten die Wissenschaftler die Struktur der Glykosidase. Sie untersuchten es bei verschiedenen pH-Werten und im Komplex mit einem Substratmolekül. Die aus den Neutronenstreu-Experimenten gewonnenen Erkenntnisse wurden anschließend mit computergestützten Simulationen der Moleküldynamik weiter verfeinert.

Wendiges Enzym

In ihrer Arbeit entdeckten sie so, dass der entscheidende Schritt von der Positionierung einer bestimmten Aminosäure-Seitenkette abhängt. Diese Seitenkette enthält einen Glutaminsäurerest. Dreht sie sich nach unten und weg vom Substrat, kann die Glutaminsäure ein Proton von einem Wassermolekül übernehmen. Dreht sich die Kette nach oben, verstärkt dies die Säurewirkung, und das Proton wird auf das Substrat übertragen.

Der leitende Autor der Publikation, Andrey Kovalevsky, ist sehr zufrieden mit dem Erfolg der Experimente: „Niemand hat jemals Wasserstoffatome in einer Glykosidase beobachtet und direkt gesehen, wie der katalytische Glutaminsäurerest protoniert wird.“ Mit diesem Wissen kann man nun daran gehen, das Enzym so zu verändern, dass der Biomasseabbau auch bei hohem pH-Wert effektiv funktioniert. Die Forschungsarbeiten wurden gefördert durch das Oak Ridge National Laboratory (ORNL), das Office of Basic Energy Sciences und das Office of Biological and Environmental Research des US Department of Energy (DOE), das chinesische Bildungsministerium und den Innovation Fund der Yangzhou University. Die Messungen wurden am Instrument BioDiff des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums (MLZ) an der Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) in Garching sowie an Instrumenten der Neutronenquellen in Los Alamos und Oak Ridge und der Advanced Photon Source des Argonne National Laboratory in den USA durchgeführt. Darüber hinaus waren Wissenschaftler der Nanjing Agricultural University und der Universität von Toledo an dem Projekt beteiligt.

Trockenheit bereitet jeder Nutzpflanze Stress und sorgt für Ernteausfälle mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung deutscher Pflanzenforscher hat die zellulären Prozesse untersucht, die Pflanzen dabei helfen, mit dem Stress zurechtkommen. Bei Untersuchungen der Ackerschmalwand stellten die Wissenschaftler fest: In punkto Stressbewältigung sind sich Pflanze und Mensch, zumindest in biochemischer Hinsicht, sehr ähnlich. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, entscheidet eine Proteinveränderung über die Empfindlichkeit bei Trockenheit. Bei den Pflanzen wird dadurch die Wirkung eines Pflanzenhormons verändert. Diese Erkenntnis ist sowohl für die Stressbiologie menschlicher Zellen als auch für die Züchtung neuer resistenter Nutzpflanzen von Bedeutung.

Die Entwicklung von Nutzpflanzen, die Trockenheit und anderen Umwelteinflüssen trotzen, steht seit langem im Fokus der Pflanzenforschung. Zentrales Anliegen ist dabei die Absicherung des weltweit wachsenden Ernährungsbedarfes sowie die Suche nach alternativen Rohstoffen für die Biomasseproduktion. Im Rahmen einer gemeinsamen  Förderinitiative haben erst kürzlich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Zellulärer Stressprozess bei Pflanze und Mensch ähnlich

Dass Trockenheit ein erheblicher Stressfaktor bei Pflanzen ist, ist seit Langem bekannt. Neu ist jedoch: Bei der Stressbewältigung sind sich Pflanzen und Menschen sehr ähnlich, zumindest  im Hinblick auf die biochemischen und zellbiologischen Abläufe, wie ein internationales Forscherteam herausfand. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Frankreich und Norwegen hatten Pflanzenforscher vom Centre for Organismal Studies der Universität Heidelberg, dem Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena und dem Zentrum für medizinische Forschung in Mannheim den zellulären Mechanismus bei Trockenstress anhand der Modellpflanze Ackerschmalwand untersucht.

Wie das Team um Rüdiger Hell und Markus Wirtz im Fachjournal Nature Communications berichtet, sind die Forscher einer bestimmten Proteinveränderung auf die Spur gekommen.  „Eine der häufigsten Veränderungen ist die Anbringung eines Essigsäurerestes am amino-terminalen Ende von Proteinen. Fehlt diese Veränderung vollständig, sind Pflanzen nicht überlebensfähig“, erläutert Rüdiger Hell. Hell zufolge kann diese fehlende Veränderung an bestimmten Proteinen beim Menschen sogar zu Erkrankungen, Entwicklungsstörungen bis hin zum Zelltod führen.

Pflanzenhormon beeinflusst Trockenstress

Im Rahmen der Studie experimentierten die Forscher mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Dabei führten sie eine Proteinmodifizierung mittels einer verringerten Menge von Essigsäureresten herbei und untersuchten deren Folgen. „Das bislang als stabil angesehene Veränderungsmuster der Proteine durch Essigsäurereste wandelte sich überraschenderweise in großem Umfang. Die gezielt gentechnisch veränderten Pflanzen erwiesen sich dabei als resistenter gegen Wassermangel“, so Markus Wirtz. Verantwortlich für diesen Effekt, so die Forscher, ist das Pflanzenhormon Abscisinsäure, das beim Trockenstress in Pflanzen eine zentrale Rolle spielt. Das Hormon sorgt dafür, dass die Pflanze ihren natürlichen Mechanismus gegen Trockenstress ständig aktiviert - wie dem Schließen der Spaltöffnungen und der Verlängerung der Primärwurzeln - und so gegen Wassermangel resistent ist.

Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist Realität, aber bleibt umstritten. Im Fokus der Kritik steht derzeit besonders das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Nach Einschätzung  der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO ist es „wahrscheinlich krebserregend“. Die Europäische Lebensmittelaufssicht EFSA hingegen hält es als "eher unwahrscheinlich", dass Glyphosat ein Krebsauslöser ist. Fest steht jedoch: Pestizidreste werden in Gewässern oder Nahrungsmittel nachgewiesen. Ob Grenzwerte dabei überschritten werden, lässt sich bisher allerdings nur in einem aufwendigen Verfahren im Labor klären. Nun wollen Forscher aus Leipzig und Dresden gemeinsam mit Partnern aus der Industrie einen biochemischen Test entwickeln, der schnell und einfach vor Ort Agrarchemikalien wie Pestizide aufspürt.

Glyphosat ist weltweit das am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel. Allein in Deutschland werden fast 40 Prozent aller Felder damit besprüht. Doch der Einsatz des Herbizids ist umstritten. Nicht nur Umweltaktivisten, sondern auch Politiker sehen Umwelt und Mensch dadurch zunehmend belastet.  Nach dem die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO, IARC,  Glyphosat im Sommer als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hat, geriet die Agarchemikalie wieder in die Diskussion. Erst vorige Woche hat die Europäische Lebensmittelaufsicht EFSA ihr Glyphosat-Gutachten veröffentlicht. Anders als die WHO-Experten hält die EFSA es für „unwahrscheinlich“, dass das Pflanzenschutzmittel karzinogen ist und rät der EU-Kommission, die auslaufende Glyphosat-Zulassung um weitere zehn Jahre zu verlängern.

Pestizidbelastung schnell und präzise ermitteln

Ob Glyphosat schädlich ist, hängt vor allem von der Konzentration der Substanz in den Gewässer und Nahrungsmitteln ab. Doch die Belastung zu messen, ist bisher sehr aufwendig und auf Labore begrenzt. Am Rande der Glyphosat-Debatte haben nun Forscher angekündigt, einen Pestizid-Schnelltest entwickeln zu wollen. Unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wollen Biochemiker der Universität Leipzig gemeinsam mit Genetikern der TU Dresden sowie Partnern aus der Industrie in den nächsten drei Jahren nach einer bioanalytischen Methode suchen, die schnell, präzise aber auch preiswert bei Bedarf vor Ort die Konzentration von Agrochemikalien ermittelt.

Farbänderung zeigt Glyphosat-Konzentration an

Dabei setzen die Forscher auf das Prinzip des Schwangerschaftstests. "Ähnlich wie bei bestimmten Schwangerschaftstests führt diese Reaktion zu einer mit bloßem Auge erkennbaren Farbänderung. Ob auf einem Teststreifen oder in einem Reagenzglas - über die Form der Anwendung müssen wir uns noch klar werden“, erklärt der Leipziger Biochemiker Tilo Pompe. Dafür wollen die Wissenschaftler den Mechanismus nachstellen, der sich abspielt, wenn Glyphosat und andere Pestizide auf die anvisierten Schädlinge wirken. Dann blockieren die Chemikalien meist - je nach Art des Pestizids - ein lebenswichtiges Enzym oder ein anderes Biomolekül, indem sie an es binden und damit außer Kraft setzen.

Glyphosat-Nachweis als Vorreiter für weitere Test

Der Glyphosat-Nachweis soll aber nur der Anfang sein, betont der Dresdner Genetiker Kai Ostermann. „Haben wir für diese Substanz eine erfolgreiche Methode entwickelt, wollen wir uns anschließend anderen Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln widmen". Da die Belastung von Gewässern und Nahrungsmitteln durch Herbizide ein globales Problem ist, muss der Schnelltest vor allem robust und preiswert sein, um auch in Entwicklungsländern eingesetzt werden zu können. "Tatsächlich ist es dort leider oft so, dass die Konzentration von Pestiziden in Umwelt und Nahrung vielerorts sogar höher liegt, als hierzulande", erklärt Pompe.

In vielen Obst- und Gemüsesorten schlummern gesunde Nährstoffe. Um die richtige Tagesdosis zu erreichen, müssten jedoch Massen davon konsumiert werden, weil die Kost meist nur geringe Mengen der Substanz enthält. Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) haben nun einen Weg gefunden, für die Medizin relevante Inhaltsstoffe der Sojabohne und der Weintraube in Masse herzustellen. Dafür nutzten die Wissenschaftler die Tomate als natürliche Arzneimittelfabrik.  Wie das Team im Fachjournal Nature (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, gelang es ihnen mithilfe eines gentechnischen Tricks die Produktion der eingeschleusten Naturstoffe in der Tomatenpflanze um das Hundertfache anzukurbeln.

Ob Orangen oder Weintrauben, Tomaten oder Spinat: Viele Obst- und Gemüsesorten haben Inhaltstoffe, die vor Krankheiten schützen oder sogar heilen. So sollen Tomaten das Schlaganfallrisiko senken und in gekochter Form auch vor Sonnenbrand schützen und die Hautstruktur stärken. Verantwortlich dafür ist hier die Substanz Lycopin. Doch davon ist in der Frucht nur wenig vorhanden, so dass riesige Mengen  verspeist werden müssten, um den Tagesbedarf zu decken und die hilfreiche Wirkung zu erzielen.

Naturstoffe für die Medizin

Diese sekundären Inhaltsstoffe für die Medizin nutzbar zu machen, ist ein Ziel, dem sich Forscher am Max-Planck-Institut für Pflanzenphysiologie verschrieben haben. Das Team um Alisdair Fernie und Cathie Martins vom John Innes Centre in England fand einen Weg, um diese Naturstoffe in großem Maßstab herzustellen. Dafür bedienten sie sich  der  Tomatenpflanze. Der Grund: Die Pflanze gehört mit einer Fruchtproduktion von 500 Tonnen pro Hektar zu den ertragreichsten Nutzpflanzen und ist daher besonders gut als „Biofabrik“ für pflanzliche Stoffe geeignet.

Doch nicht das Lycopin der Tomatenpflanze stand im Visier der Forscher. Für ihre Untersuchungen wählten sie die ebenfalls für die Medizin relevanten Stoffe Resveratrol und Genistein. Resveratrol kommt in Weintrauben vor und soll Tierstudien zufolge lebensverlängernd wirken. Genistein ist ein in Sojabohnen vorkommender Sekundärstoff, der verschiedene Krebsarten, wie Brustkrebs, verhindern soll. 

Gentechnischer Schalter integriert

Um die Produktion der beiden Naturstoffe in den Tomaten anzukurbeln, nutzten die Forscher einen gentechnischen Trick:  Sie schleusten zunächst das Gen AtMYB12 aus der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) in die Tomaten ein. Dieses AtMYB12 kodiert ein Protein, das an entscheidende Gene der sekundären Pflanzenstoffe andockt und deren Produktion ankurbelt. „Dieses Protein fungiert wie ein Schalter, der die Herstellung der sekundären Pflanzenstoffe an- und ausschalten kann“, erklärt Alisdair Fernie vom MPI-MP in Potsdam.

Tomate als Biofabrik überzeugt

Danach wurden die ausgewählten Nährstoffe gemeinsam mit weiteren Genen für Enzyme aus Sojabohne und Weintraube in die Tomatenpflanze eingebracht,  um deren Produktion voranzutreiben. Das Ergebnis: Die mit den sogenannten Phenylpropanoiden ausgestatteten Tomatenpflanzen reicherten im Vergleich zu Weintrauben mehr als ein Hundertfaches der Resveratrol-Menge in ihren Früchten an. Ähnlich verhielt es sich bei dem Genistein-Gehalt der Früchte. Auch sie übertraf die von Sojaprodukten um ein Vielfaches. Der Grund für die Produktionssteigerung ist ein völlig neuer Stoffwechselweg, der sich in der Tomatenpflanze etabliert hat und die Naturstoff-Produktion antrieb.

Tomatenpflanzen als Biofabriken zu nutzen hat aber auch einen wirtschaftlichen Vorteil. Anstatt einer aufwendigen synthetischen Herstellung im Labor können die Naturstoffe einfach aus dem gepressten Saft der Tomate extrahiert und das Substrat zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Die Max-Planck-Forscher sind überzeugt, dass mit Hilfe dieser Methode weitere Stoffe in großem Maßstab für die Medizin gewonnen werden können.

Orangen sind gesund. Doch werden die gesunden Inhaltsstoffe aus der Frucht vom Menschen tatsächlich gut aufgenommen? Eine neue Studie von Lebensmittelforschern der Universität Hohenheim legt nahe, dass der menschliche Körper bestimmte Nährstoffe besser über den Verzehr von Orangensaft aufnehmen kann, als über die frische Frucht. Ein Grund dafür sind offenbar die in der Schale enthaltenen Ballaststoffe, die eine Barriere für die gesunden Inhaltsstoffe darstellen. Dies berichten die Forscher im Fachjournal Molecular Nutrition & Food Research (2015, Bd.59, S. 1896-1904).

Orangen sind als Quelle für gesunde Inhaltsstoffe bekannt. Neben Vitamin C enthält die Frucht auch einen hohen Anteil an Carotinoiden und Flavonoiden. Diesen Pflanzenstoffen werden als Antioxidantien positive Effekte auf die Gesundheit zugesprochen. Doch unter Lebensmittelexperten herrscht Unklarheit darüber, wie die Aufnahme solcher Nährstoffe im Körper vonstatten geht und ob frische Früchte hierfür besser geeignet sind als industrielle Produkte wie Säfte. Dieser Frage sind nun Lebensmittelexperten der Universität Hohenheim am Beispiel der Orange und den Carotinoiden nachgegangen.

Saft enthält doppelt soviele Carotinoide

Das Team um Julian Aschoff und Reinhold Carle vom Lehrstuhl Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel wollte wissen, in welcher Form der menschliche Körper die Carotinoide  besser aufnimmt – als frische Frucht oder über einen hochprozentigen, pasteurisierten Fruchtsaft. In einem bereits im März 2015 durchgeführten in vitro-Test zeigte sich der Orangensaft überraschenderweise der frischen Frucht überlegen. Nun konnte das Laborergebnis mithilfe von Probanden im Rahmen einer kleinen Studie bestätigt werden. „Bei unseren Untersuchungen konnten wir feststellen, dass aus pasteurisiertem Orangensaft ungefähr doppelt so viele Carotinoide aufgenommen werden als aus einer handelsüblichen Orange“, sagt Julian Aschoff.

In Vorbereitung der Studie mussten ein Dutzend Testpersonen zwei Wochen lang auf andere carotinoidhaltige Lebensmittel wie Tomaten, Spinat, Möhren oder Orangen verzichten, um ihren Körper von dem Pflanzenstoff zu reinigen. Im Anschluss wurde ihnen zum Frühstück dann entweder ein Glas Orangensaft oder die gleiche Menge als Frucht serviert und nach dem Essen innerhalb von zehn Stunden mehrfach Blut abgenommen und der Carotinoid-Gehalt gemessen. 

Ballaststoffe in Orange hemmen Nährstoff-Freigabe

Warum die Nährstoffe aus dem  Fruchtsaft für den Menschen offenbar besser verträglich sind als die der Orange selbst, hat nach Aussage der Forscher gleich mehrere Gründe. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Molecular Nutrition & Food Research berichten, spielen dabei Ballaststoffe eine wichtige Rolle „In der Orange sind mehr unverdauliche Ballaststoffe enthalten als im Saft, weshalb die Aufnahme der Carotinoide aus der Frucht stark vermindert ist“, erklärt Reinhold Carle. Bei der Herstellung des Fruchtsaftes wiederum werden diese Ballaststoffe bereits teilweise abgetrennt. Außerdem werden beim Auspressen der Frucht die Catotinoide besser  freigesetzt. „Beim Zerkauen einer Orange wird die Frucht nie komplett zerkleinert. Viele Zellen bleiben so intakt und schließen die Carotinoide ein. Das erschwert ihre Aufnahme und Verwertung.“ Die Forscher sind daher überzeugt, dass der Orangensaft – trotz seines umstrittenen Zuckergehaltes – gesünder ist, zumindest wenn er in Maßen konsumiert wird. Aus der Sicht der Experten reichen etwa 200 ml am Tag aus, um den menschlichen Körper mit den notwendigen Nährstoffen zu versorgen.

Lange Trockenheit verursacht Pflanzen ebenso Stress wie zu viel Feuchtigkeit oder Lichtmangel. Stressgeplagte Äcker frühzeitig zu identifizieren, könnte somit helfen, Anbau und Ernte zu optimieren. Nun  hat die Europäische Weltraumorganisation ESA verkündet, ihre nächste Satellitenmission der Pflanzenforschung zu widmen. Mit einem hochauflösenden Spektrometer an Bord soll das Flugobjekt namens „FLEX“ in sieben Jahren Daten zur aktuellen Pflanzenfluoreszenz liefern und auf einer Weltkarte anzeigen, welche Pflanzen, in welchen Regionen unter Stress stehen. Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich haben dafür den Weg geebnet. Das von ihnen entwickelte flugzeuggestützte Spektrometer „HyPlant“ soll für die Mission ins All weiterentwickelt werden.

Stehen Pflanzen unter Stress, wird die Photosynthese behindert. Ein typisches Anzeichen dafür sind beispielsweise braune Blätter. Die Fluoreszenz der Pflanzen ist somit der entscheidende Gradmesser, um deren Produktivität zu bestimmen.  Mit Blick auf den wachsenden Ernährungsbedarf der Weltbevölkerung gewinnt daher die Pflanzenforschung zunehmend an Bedeutung. Nun hat auch die Europäische Weltraumorganisation ESA ihren nächsten unbemannten Raumfahrtflug diesem Forschungsfeld gewidmet. "Wir sind begeistert, dass sich die ESA für dieses relativ junge Forschungsfeld entschieden hat", sagt Uwe Rascher vom Jülicher Institut für Pflanzenwissenschaften (IBG-2).

Jülicher Spektrometer als Vorbild für ESA-Mission

Mit ihren Messsystem „HyPlant“ sind die Jülicher Wissenschaftler um Uwe Rascher sozusagen die Wegbereiter der kommenden Satellitenmission. "Trockenheit, Hitze, Luftverschmutzung, Parasitenbefall oder schlechte Bodenverhältnisse dämpfen die Photosyntheseaktivität von Pflanzen, und dies lässt sich mit HyPlant erstmals großflächig abbilden", erklärt Rascher.

Der Name des neuen Satelliten ist daher auch Programm: „Fluorescence Explorer“ – kurz FLEX – soll in sieben Jahren auf ihrem Weg um die Erde wertvolle Daten zur globalen Pflanzenproduktivität liefern.  Die Fluoreszenzintensität der Pflanzen bildet dabei die Basis. Denn es geht nicht nur um eine Bestandaufnahme. Das hochauflösende Gerät erkennt Pflanzen, die unter Stress stehen anhand der Fluoreszenzintensität, noch bevor das menschliche Auge Veränderungen wahrnimmt.

Umwelteinfluss mit Fluoreszenz messbar

Grundlage für die Messungen mit "HyPlant" ist ein Phänomen, das als Chlorophyllfluoreszenz bekannt ist. "Vereinfacht kann man sagen, je mehr Licht die Pflanze einfängt und je mehr Photosynthese sie betreibt, desto intensiver ist das Fluoreszenzsignal. Ist die Pflanze jedoch gestresst und läuft die Photosynthese nicht optimal, verändert sich das Signal. Durch diese Änderungen können wir den Effekt von ungünstigen Umweltbedingungen auf Pflanzen direkt messen.

Bis zum Start der Satellitenmission im Jahr 2022 soll das Jülicher Spektrometer von Industriepartner der ESA für den Flug ins Weltall weiterentwickelt werden. Das dann weltalltaugliche Gerät soll den Namen FLORIS – kurz für "Fluorescence Imaging Spectrometer" tragen.

Fluoreszenzverschiebung belegt Pflanzenstress

Den Einsatz im Flugzeug hat „HyPlant“ bereits erfolgreich bestanden. Mithilfe des Spektrometers wurden in Europa und den USA sowohl bewirtschaftete Agrarflächen als auch Ökosysteme und Landschaften abgebildet. Dabei gelang es erstmals, das äußerst schwache Fluoreszenzsignal von Pflanzen im roten und nahen Infrarot-Bereich zuverlässig darzustellen. Die hochauflösende Technik zeigte somit auch Verschiebungen der Fluoreszenz an, die ein klares Signal für Pflanzenstress sind. "Aus der Luft ist uns das im lokalen Maßstab gelungen, aus dem Orbit werden wir dann in der Lage sein, ein globales Bild zu erhalten, wie die Vegetation der Erde Photosynthese betreibt und dabei CO2 fixiert", erläutert Rascher.

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Algen sind eine Fundgrube wertvoller Inhaltsstoffe, die sowohl für die Pharma- und Kosmetikindustrie interessant sind. Doch in den Winzlingen steckt noch mehr: Ihr Stützskelett besteht aus Alginat. Dieses Material scheint der ideale Nährboden für die Vermehrung von pluripotenten Stammzellen zu sein. Das haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT im saarländischen Sulzbach herausgefunden.

Lessonia trabeculata und Lessonia nigrescens heißen die zwei Algenarten, die vor der Küste Chiles wachsen. Mit deren Hilfe könnte zukünftig auch hierzulande der wachsende Bedarf an pluripotenten Stammzellen für die medizinische Forschung gedeckt werden und Medikamententests erleichtert werden. Davon sind zumindest die Forscher vom Fraunhofer-IBMT überzeugt. Denn das Stützskelett der Winzlinge – das Alginat – erwies sich in Untersuchungen als perfekter Nährboden, um  Stammzellen im Labor zu kultivieren. Den Herstellungsprozess sowie die Technologieplattform haben die IBMT-Wissenschaftler aus Sulzbach gemeinsam mit Kollegen in Chile und Großbritannien entwickelt.

Perfekte Umgebung für Zellen

In einem vom IBMT und von Fraunhofer Chile betriebenen Labor an der Universität Coquimbo wurde die geernteten Algen zunächst innerhalb von 24 Stunden geschält, zerkleinert und getrocknet, bevor sie nach Deutschland kamen. Im Reinraum am IBMT lösten die Forscher dann das Alginat aus dem Granulat. Dieses dann in flüssiger Form vorliegende Material wurde mit Hilfe eines starken Luftstrahls wieder zu Kügelchen geformt. Mit Barium vernetzt, wurde die Masse stabil und flexibel gemacht, war aber dabei für Nährstoffe immer noch durchlässig. „Zellen fühlen sich wie im Körper in elastischen dreidimensionalen Umgebungen besonders wohl. Genau diese Umgebung kann mit Alginat perfekt simuliert werden“, erklärt IBMT-Institutsleiter Heiko Zimmermann. Gleichzeitig brachten die Forscher Wirkstoffe in das Alginat ein und setzten sie unter ständiger Kontrolle frei - etwa Stoffe, die pluripotente Stammzellen in bestimmte Körperzellen umwandeln. Durch die Mischung der beiden Algenarten konnten sie zudem Elastizität und Größe des Alginats flexibel bestimmen.

Algenskelett wird zur Petrischale für Stammzellzucht

In einem Bioreaktor wurde das mit Proteinen beschichtete Alginat unter optimaler Temperatur und CO2-Umgebung kontinuierlich umgerührt. Dabei stellten die Forscher fest:  Jedes einzelne der 200 Mikrometer großen Kügelchen übernahm dabei die Rolle einer Petrischale, in der Stammzellen das Alginat besiedelten und innerhalb von drei bis sieben Tagen vermehrten. Hinzukommt, dass die Alginatmengen in den Bioreaktoren unproblematisch erhöht werden konnten, so dass pluripotente Stammzellen auf wenig Raum in großer Zahl wachsen konnten. 

Alginat könnte auch Zellwachstum beeinflussen 

„Die Stammzellen wachsen besser auf unserem Alginat, insbesondere auch in automatisierten Bioreaktoren. Sie lassen sich besser ausdifferenzieren – in gewünschte Körperzellen umwandeln – als auf Kunststoffuntergrund, der heute standardmäßig eingesetzt wird“, erklärt Zimmermann. Er ist daher überzeugt, dass das Algenskelett in Zukunft nicht nur als passiver Nährboden fungieren, sondern auch aktiv das Wachstum der Stammzellen beeinflussen wird. Derzeit wird die Zellvermehrung in Laboren britischen Pharmaunternehmen validiert. Ziel ist es zu zeigen, dass mit dem Prozess stabil pluripotente Stammzellen produziert werden können. „Am Institut konnten wir das bereits für viele einzelne Stammzelllinien nachweisen“, sagt Zimmermann. Im nächsten Jahr sind weitere Versuche geplant. 

Auf Blättern und Wurzeln von Pflanzen siedeln unzählige Bakterienstämme, die vermutlich auch das Wachstum beeinflussen. Welche Rolle die Mikroorganismen dabei konkret spielen ist bislang nicht erforscht. Ein neuer Werkzeugkasten könnte das bald ändern. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und der ETH Zürich haben dafür erstmals einen Großteil der auf der Ackerschmalwand lebenden Mikroorganismen isoliert und kultiviert. Bei ihren Untersuchungen stellten sie fest, dass viele der Wurzel- und Blattbakterien vom Boden aus mit Mikroorganismen besiedelt werden und daher viele Gemeinsamkeiten haben. Damit liefern die Forscher erstmals ein Werkzeug, um im Labor gezielt den Einfluss von Bakterien auf das Wachstum und die Gesundheit der Pflanzen nachzustellen und zu untersuchen. Im Fachjournal Nature (2015, Online-Veröffentlichung) stellte das Team die Ergebnisse vor.

Ob im Darm oder auf der Haut - Milliarden von Mikroorganismen besiedeln den menschlichen Körper und sind für unsere Gesundheit von enormer Bedeutung. Auch bei Pflanzen – so vermuten Forscher - sollen die unsichtbaren Winzlinge Wachstum und Gesundheit beeinflussen. Um diese Frage konkret zu beantworten, fehlte es bislang an einer Inventur der auf Pflanzen lebenden Bakterienstämme. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und der ETH Zürich sind hier einen Schritt weiter gekommen. Wie das Team um Paul Schulze-Lefert und Julia Vorholt im Fachjournal Nature berichtet, nahmen sie dafür die Modellpflanze Arabidopsis thaliana genauer ins Visier.

10.000 Bakterienstämme isoliert

Mithilfe ausgefeilter Sequenziertechniken gelang es ihnen – entgegen langjähriger Annahme– nicht nur ein Prozent, sondern die Hälfte aller Bakterienarten, die natürlicherweise auf der Pflanze leben, zu erfassen und zu kultivieren und somit die umfassendste Sammlung von Bakterienstämmen der Ackerschmalwand anzulegen. „Die Sammlung ist zwar nicht perfekt, aber ein sehr guter Ausgangspunkt für Rekonstruktionsexperimente“, erklärt Max-Planck-Forscher Paul Schulze-Lefert. Konkret haben die Forscher fast 10.000 Bakterienstämme isoliert und daraus 432 für ihre weiterführenden Studien ausgewählt. „Damit liegen nicht nur Reinkulturen für die Rekonstitutionsexperimente vor, sondern wir kennen auch das komplette Erbgut jedes einzelnen Isolats in unserer Stammkollektion“, sagt Schulze-Lefert.

Mikrobiom von Blatt und Wurzel ähneln sich

Bei ihren Untersuchungen stellten sie große Ähnlichkeiten zwischen den mikrobiellen Lebensgemeinschaften auf den Blättern und den Wurzeln der Pflanze fest. „Fast die Hälfte der Arten sind identisch“, erklärt Schulze-Lefert. Die Ähnlichkeiten überraschten selbst die Forscher. Denn die Proben für das Mikrobiom von Wurzel und Blatt wurden an verschiedenen Orten in der Schweiz und Deutschland gesammelt. „Den Großteil der vorkommenden Arten haben wir an allen Standorten gefunden. Vieles spricht dafür, dass es konservierte Mechanismen gibt, die dafür sorgen, dass gewisse Bakterien auf Pflanzen wachsen können und andere nicht“, erklärt die schweizer Mikrobiologin Julia Vorholt.

Boden als Bakterienquelle

Das Team geht davon aus, dass die Mikrobiome trotz ihrer verschiedenen natürlichen Umgebung sehr robust sind. Wegen dieser Ähnlichkeit und einer hohen funktionalen Überlappung der Genome vermuten sie, dass ein Großteil der Blatt- und Wurzelbakterien ihren Ursprung in den Boden-Mikrobiom haben. Die Blätter einer Pflanze werden also nicht primär über Aerosole in der Luft oder Insekten-assoziierte Mikroorganismen besiedelt, sondern vom Boden aus über die Wurzel als Zwischenstation. „Obwohl das System sehr artifiziell ist, sind die Lebensgemeinschaften, die sich an den Blättern und Wurzeln ansiedeln, den natürlichen Lebensgemeinschaften sehr ähnlich“, sagt Schulze-Lefert.

Werkzeug für kontrollierte ökologische Forschung

Mithilfe dieser neuer einmaligen Bakteriensammlung ist erstmals eine kontrollierte ökologische Forschung möglich. Der Werkzeugkasten bietet die Möglichkeit, die Vorgänge in der Natur im Labor nachbauen und dabei gezielt zu untersuchen, welchen Einfluss Bakterienstämme auf das Wachstum und die Gesundheit von Pflanzen haben. Erste Experimente waren bereits erfolgreich. So fanden die Forscher Hinweise darauf, dass bei bestimmten Mikroorganismen Pflanzen mehr Nährstoffe aufnehmen und somit schneller wachsen oder Krankheitskeime besser blockiert werden. "Die Experimente waren reproduzierbar. Das heißt, dass unsere Bakterienkulturen und unser Ansatz für diese Art von Experimenten geeignet sind“, so Vorholt.

Passend zum Weltklimagipfel in Paris hat die Europäische Kommission grünes Licht für ein neues Umweltforschungsprojekt gegeben. Das „Integrated Carbon Observation System “ICOS-ERIC" soll europaweit Langzeitbeobachtungen zum Kohlenstoff- und Treibhausgaskreislaufs durchführen und die Daten allen Interessierten bereitstellen. Deutschland, als eines von acht Gründungsmitgliedern, übernimmt darin die Aufgabe, hochpräzise Dauer-Messstationen für atmosphärische Treibhausgase aufzubauen, sowohl an Land als auch zur See. Ferner wird am Jenaer Max-Planck-Institut das zentrale Kalibrier- und Analysenlabor sowie am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg das zentrale Radiokohlenstofflabor für ICOS aufgebaut. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt dafür 16 Millionen Euro zur Verfügung.

Während beim 21. Welt-Klimagipfel in Paris die Mitgliedstaaten noch um einen Konsens bei den zukünftigen Klimazielen ringen, zeigt die EU mit dem neuen Umweltforschungsprogramm „ICOS-ERIC“ erneut Flagge. Für den Generaldirektor für Forschung, Wissenschaft und Innovation der Europäischen Kommission, Robert-Jan Smits, ist das ein weiteres klares Bekenntnis der EU zum  Klimaschutz. „Durch die Einrichtung europaweiter Langzeitmessungen der Kohlenstoff- und Treibhausgasumsätze wird ICOS eine entscheidende Wissensgrundlage zur Unterstützung der europäischen und globalen Anstrengungen zur Erreichung der Klimaschutzziele liefern“.

Ende November hatte die EU-Kommission mit dem sogenannten Treibhausgasbeobachtungssystem den Startschuss für das nunmehr zwölfte Forschungsinfrastruktur-Projekt (ERIC) erteilt. ERIC steht für European Research Infrastructure Consortium und ist ein 2009 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufenes Instrument zur Förderung europäischer Forschungsnetzwerke.  Im Fokus des neuen Vorhabens - „Integrated Carbon Observation System“ - kurz ICOS ERIC - , sind neben Deutschland auch Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden und Finnland beteiligt. Das Ziel: Langzeitbeobachtungen des Kohlenstoff- und Treibhausgaskreislaufs in Europa durchführen und allen interessierten Nutzern zur Verfügung stellen.

Standardisierte Messungen an Land und auf dem Meer

Neben Messungen des Kohlenstoffkreislaufs und der Treibhausgasemissionen soll ICOS auch Daten zur atmosphärischen Konzentration der wichtigsten Treibhausgase liefern. Mit der Integration nationaler Beobachtungsnetze für Atmosphäre, Landökosysteme und Meere soll die Basis für eine vollständige europäische Kohlenstoffbilanz und deren Langzeitentwicklung geschaffen werden. Dafür werden flächendeckend in ganz Europa – von der Arktis bis zum Mittelmeer– standardisierte Messungen durchgeführt. Hohe Messtürme wie das UFZ-Wald-Klima-Observatorium bei Oschersleben (Sachsen-Anhalt) sammeln dazu langfristig Klimadaten. Auch Forschungs- und Handelsschiffe sollen hierfür Messungen im Nordatlantik und in der Ostsee vornehmen.  Thematische Zentren koordinieren wiederum die einzelnen Netzwerke und sind zugleich für Datenauswertung und –integration sowie für die zentrale Qualitätskontrolle und Datenweitergabe verantwortlich. Das ATC (Atmosphäre) ist in Frankreich und Finnland angesiedelt, das ETC (Ökosysteme) in Italien, Belgien und Frankreich und das OTC (Ozeane) in Norwegen.

BMBF steckt Millionen in Aufbau hochpräziser Messstationen

In Deutschland werden dafür explizit Zentrale analytische Labore (CAL) eingerichtet. So entsteht am Jenaer Max-Planck-Institut ein Kalibrier- und Analysenlabor und am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg das Radiokohlenstofflabor. Die Zentren sollen präzise Referenzgase zur Kalibrierung an die anderen europäischen Messnetze liefern und hochempfindliche Messungen von Luftproben durchführen. Darüber hinaus stellt das BMBF in den kommenden fünf Jahren 16 Millionen Euro bereit, um dafür in Deutschland insgesamt 28 hochpräzise Dauer-Messstationen für atmosphärische Treibhausgase aufzubauen, darunter auch zwei Observatorien auf dem Meer. An dem deutschen Netzwerk sind insgesamt 14 deutschen Forschungszentren und Hochschulen beteiligt.

Der schwarze Hautkrebs ist äußerst aggressiv und wegen seiner rasanten Ausbreitung daher besonders gefährlich. Denn hat der Tumor einmal Metastasen gebildet, sinken die Heilungschancen. Bislang müssen sich Patienten einer aufwendigen Biopsie unterziehen, um festzustellen, ob der Krebs bereits die Lymphknoten befallen hat oder nicht. Forscher am Universitätsklinikum Essen haben nun ein alternatives, nicht-invasives Bildgebungsverfahren getestet, das vom Münchner Start-up iThera Medical entwickelt wurde und auf Optoakustik setzt.  Wie sie im Fachjournal Science Translation Medicine (2015, Bd. 317,S. 199) berichten, konnte mithilfe der „Multispektralen Optoakustischen Tomographie“ (MSOT) erstmals sicher und ohne belastende Operation für den Patienten von außen nachgewiesen werden, ob sich der Hautkrebs bereits ausgebreitet hat. iThera Medical ist ein Spin-Off des Münchner Helmholtz-Zentrums und wurde im Rahmen der „Gründungsoffensive Biotechnologie GO-Bio“ drei Jahre lang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 2,9 Millionen Euro gefördert.

Die Diagnose Krebs hat bis heute an ihren Schrecken nichts verloren. Eine der gefährlichsten Tumorerkrankungen ist dabei der schwarze Hautkrebs, weil er sich rasend schnell verbreitet. Über 220.000 neue Fälle werden weltweit jedes Jahr registriert, wobei die Zahl der Neuerkrankungen seit Jahren steigt. Eine Trendwende ist nicht absehbar. Fest steht: Hat der Krebs einmal Metastasen gebildet, sinken die Heilungschancen für den Patienten beachtlich. Beim schwarzen Hautkrebs werden als erstes die nahegelegenen Lymphknoten befallen. Ein Metastasenbefall kann bisher nur mit einer Biopsie geklärt werden. Diese für den Patienten belastende Gewebeentnahme könnte künftig entfallen.

Mit Licht Metastasen von außen erkennen

Am Universitätklinikum Essen wurden Patienten mit schwarzem Hautkrebs erstmals mit einem völlig neuartigen Bildgebungsverfahren untersucht, das über optoakustische Signale frühzeitig Metastasen in Lymphknoten aufspürt. Das Team um Joachim Klode und Ingo Stoffels an der Hautklinik nutzte dafür die von der Münchner Firma iThera Medical entwickelte MSOT-Methode. Die „Multispektrale Optoakustische Tomographie“ ist ein nicht-invasives Verfahren, das von außen – also ohne jeglichen chirurgischen Eingriff - erkennt, ob Lymphknoten von Metastasen befallen sind. Das Prinzip ist eine Kombination aus Ultraschall und molekularer Bildgebung: Um die Lymphknoten zu identifizieren wird der Farbstoff Indocyaningrün dem Patienten injiziert. Damit werden die sogenannten Wächter-Lymphknoten erkennbar. Bislang mussten diese für eine Untersuchung herausoperiert werden, was einen längeren Krankenhausaufenthalt zur Folge hatte. Bei der MSOT wird das Gewebe des identifizierten Lymphknoten nun von verschiedenen Stellen von außen mit Laserlicht bestahlt. Die absorbierte Lichtenergie im Gewebe erzeugt ein Ultraschallsignal, das ein hochsensibler Detektor aufnimmt. Zeigen die mit mehreren Wellenlängen gemessenen Bilder an, dass sich im Gewebe Melanin befindet, ist dies ein klares Anzeichen für eine mögliche Metastase. Denn Metastasen des Schwarzen Hautkrebses enthalten in der Regel das dunkle Pigment Melanin.

MSOT-Technik hat ersten Kliniktest bei Hautkrebs bestanden

Wie die Ärzte aus Essen nun im Fachjournal "Science Translational Medicine" berichten, hat die MSOT-Bildgebung den Praxistest offenbar bestanden. Das Team hat das neue und das herkömmliche Verfahren zunächst an 506 Lymphknoten verglichen, die 214 Melanom-Patienten entnommen worden waren. Dabei erwies sich die MSOT-Diagnostik als wesentlich sensibler: Das herkömmliche Verfahren fand bei 14,2 Prozent der Proben Metastasen, die MSOT-gestützte Diagnostik dagegen bei 22,9 Prozent. Im nächsten Schritt testeten die Mediziner das MSOT-Verfahren an 20 Melanom-Patienten, denen noch keine Lymphknoten entfernt worden waren. Hier fand die nicht-invasive Methode sämtliche Lymphknoten-Metastasen und gab bei einem großen Teil der Patienten Entwarnung. "Wenn ein nicht invasiver Ansatz zuverlässig Metastasen der Schildwächter ausschließen könnte, könnte man fast 80 Prozent der Patienten diese Operation ersparen", schreiben die Forscher.

Weitere Studien in Planung

Allerdings kann MSOT auch Fehlalarme auslösen: Etwa die Hälfte der auffälligen Befunde in der Studie war nicht durch Metastasen bedingt, sondern durch andere Ursachen. Dies waren beispielsweise körpereigene Stoffe wie Reste kleiner Blutungen oder Tattoopigmente. Zudem gibt es Melanome, die kein Melanin enthalten. Dennoch sei das neue Verfahren eine wertvolle diagnostische Hilfe, mit der man Metastasen zuverlässig ausschließen könne, betonen die Autoren. Krebsexperte Stefan Delorme vom Deutschen Krebsforschungszentrum zeigte sich ebenfalls positiv: die Technik sei innovativ un müsste sich nun im weiteren klinischen Einsatz beweisen. In Essen soll nun eine noch größere Studie vorbereitet werden. Nach Angaben von IThera Medical-Geschäftsführer Christian Wiest werden auch bereits weitere Einsatzmöglichkeiten wie bei Brustkrebs, Schilddrüsenkrebs, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder peripherer Arteriosklerose geprüft.

Von der GO-Bio-Förderung zum Startup

Entwickelt wurde die neue Bildgebung von einem Team um Vasilis Ntziachristos vom Helmholtz Zentrum München, der 2013 mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2010 hat er zusammen mit Christian Wiest die iThera Medical GmbH gegründet. Das Startup ist im Rahmen der GO-Bio-Förderung entstanden, das Team wurde im Jahr 2009 in der dritten Förderrunde als eines der Gewinnerprojekte ausgewählt. Mithilfe einer Förderung über 2,9 Millionen Euro durch das BMBF konnte die Firma ihre vielversprechende Idee zur Marktreife führen. 2014 wurde das Münchner Team dafür mit dem Innovationspreis ausgezeichnet.

Phosphat ist nicht nur für den Menschen ein lebenswichtiger Baustein. Das Salz ist neben Stickstoff der wichtigste Pflanzennährstoff. Da Deutschland über keine eigenen natürlichen Ressourcen verfügt, muss der Rohstoff in großen Mengen aus dem Ausland importiert werden, wo er in Bergwerken abgebaut wird. Der mit Abstand größte Teil des kostbaren Minerals landet hierzulande als Dünger auf den Äckern. Eine bisher vernachlässigte Phosphatquelle ist Tiermehl, das aus den Abfällen der Schlachthöfe gewonnen und anschließend wieder verfüttert oder verbrannt wird. Nun haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg ein Verfahren entwickelt, um den im Tiermehl enthaltenen kostbaren Rohstoff Phosphat zu recyceln. Die Wirbelschichtanlage der Magdeburger filtert aus der Asche unerwünschte Schadstoffe wie die Schwermetalle heraus, so dass der Phosphat-Anteil als Dünger für die Landwirtschaft wieder genutzt werden könnte.

530.000 Tonnen Phosphat muss Deutschland nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) jedes Jahr aus Ländern wie China, USA oder Russland importieren, weil es über keine eigenen nennenswerten Vorkommen verfügt. Als lebenswichtiger Baustein für Mensch und Pflanze ist das kostbare Mineral sowohl für die Nahrungsmittelindustrie als auch für Futtermittel- und Düngemittelhersteller unverzichtbar. Gleichzeitig gehen hierzulande große Mengen des wertvollen Nährstoffes durch Abwässer, Klärschlamm und Tiermehl verloren.

Die Quelle mit dem größten ungenutzten Phosphatanteil ist jedoch Tiermehl, das aus den Abfällen von Schlachthöfen gewonnen wird. Durch die Verarbeitung von Zähnen, Hufen oder Knochen fallen allein hierzulande jährlich etwa 200.000 Tonnen an. Ein Teil davon landet als Futter wieder im Trog der Tiere. Doch das Gros wird zusammen mit anderem Abfall in der Müllverbrennungsanlage verbrannt und so mit Schwermetallen wie Quecksilber, Blei, Arsen oder Nickel verunreinigt. Der in der Asche enthaltene Phosphatanteil von 16 Prozent verpufft buchstäblich. 

Schwermetalle aus der Asche filtern

Das soll sich nun ändern. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben einen Weg gefunden, diese ungenutzte Phosphatquelle anzuzapfen und so den kostbaren Rohstoff aus dem Tiermehl zurecyceln.
„Wir verbrennen das Tiermehl auf spezielle Weise, so dass wir daraus ein wichtiges Mineral zurückgewinnen können“, erläutert Patric Heidecke vom IFF. Die neuartige Recyclingmethode setzt zwar auch auf das Prinzip der Verbrennung von Tiermehl.  Doch anders als bisher, werden hierbei giftige Schwermetalle aus der Asche geschickt getrennt.

Luftwirbel trennen gute von schlechten Stoffen

Dafür wird das Tiermehl in eine 850 Grad Celsius heiße Wirbelschichtanlage gefüllt, in der kontinuierlich Luft in eine Brennkammer strömt, das Mehl mit heißem Quarzsand vermischt und die organischen Partikel in der Masse vollständig verbrennt. Das entstehende Verbrennungsgas, das aufgrund der Luftwirbel auch einen Großteil der Asche enthält, wird in den Ausbrandzyklon geleitet. Dieser trennt dann die gute, saubere Asche von der schlechten, in der sich die giftigen Schwermetalle befinden. Hierfür wird der Luftstrom abgesenkt, so dass die Asche zu Boden sinkt, während die Schwermetalle und Ascheteilchen, die kleiner als einen Zehntel Millimeter sind, in der Luft verbleiben. Diese werden später abgeschieden und entsorgt.

Wirbelschichtanlage vor Praxistest

„Die Asche könnte – ebenso wie das phosphorhaltige Material, das in den Lagerstätten gewonnen wird – zu Düngemittel weiterverarbeitet werden. Rein rechnerisch lässt sich damit rund fünf Prozent des jährlichen Phosphat-Düngemittelbedarfs in Deutschland ersetzen“, sagt Heidecke. Die erste Wirbelschichtanlage wollen die Magdeburger Forscher demnächst bei einem  Partner aus der Industrie aufbauen. Heidecke ist zuversichtlich, dass sich ihr neues Verfahren in zehn Jahren in der Praxis durchgesetzt hat. Denn neben dem Brennstoff Tiermehl ist es auch zum Recyceln von Klärschlamm geeignet.

Aminosäuren sind ein essentieller Bestandteil der Ernährung und sind in vielen Pflanzen enthalten. Je mehr Aminosäuren sie in sich tragen, umso höher ist ihr Nährwert für Menschen und Tiere, die diese wichtigen eiweißbildenden Bausteine nicht selbst herstellen können. Forscher der Universität Regensburg haben nun anhand der Modellpflanze Ackerschmalwand entschlüsselt, wie Aminosäuren überhaupt in Pflanzensamen gelangen. Wie das Team im Fachjournal „Current Biology“ (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, konnten sie ein genetisches Quartett ausfindig machen, das den Aminosäuretransport von der Mutterpflanze zum Embryo steuert. Mit diesem Wissen könnten zukünftig die Erträge von Nutzpflanzen weiter verbessert werden.

Die Natur hat 20 verschiedene Aminosäuren zu bieten, die sich in unterschiedlichster Form zu Ketten verbinden. Je nach Zusammensetzung entstehen Eiweiße, die verschiedene Funktionen übernehmen. Der Mensch kann aber nur einen Teil der Aminosäuren selbst herstellen und muss sich daher die restlichen lebenswichtigen Bausteine über die Ernährung einholen - etwa indem er pflanzliche Nahrung zu sich nimmt. Denn Pflanzen können Aminosäuren selbst produzieren. Dieses Talent wird sehr häufig über die im Samen enthaltenen Embryonen von Pflanze zu Pflanze vererbt und ist für Pflanzenzüchter ein wichtiges Instrument: Je mehr Aminosäuren Pflanzen produzieren, umso höher ist ihr Nährwert und ihr Ertrag.

Von der Modellpflanze zur Nutzpflanze

Forscher um Ulrich Hammes und Thomas Dresselhaus vom Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenbiochemie der Universität Regensburg haben sich nun genauer mit den genetischen Grundlagen des Aminosäuretransportes in den Pflanzensamen beschäftigt. Dafür wollten sie zunächst anhand der Modellpflanze Arabidopsis thaliana die grundlegenden Mechanismen verstehen. Sie konnten dabei insgesamt vier Gene als Hauptakteure des Transportprozesses aufspüren und charakterisieren. Konkret handelt es sich dabei um Gene, die der Familie der pflanzenspezifischen UmamiT-Transporter angehören. Dieses Quartett steuert offenbar die Codierung der Transportproteine, welche die Aminosäuren von der Mutterpflanze in den Pflanzensamen übertragen. Denn die Studie ergab: der Aminosäuretransport zum Embryo war massiv gestört und das Samenwachstum beeinträchtigt, wenn diese vier Gene in der Pflanze fehlten. Da sich viele Nutzpflanzen wie Mais oder Gerste über Samen verbreiten, wollen die Regensburger Forscher ihre Studienergebnisse nun auch auf Nutzpflanzen übertragen. Ihr Ziel: Züchtern die richtigen Werkzeuge an die Hand geben, um den Nährwert und den Ertrag von Nutzpflanzen zu verbessern.

Weizen ist neben Reis und Mais eine der wichtigsten Nahrungspflanzen weltweit. Doch Klimaveränderungen gefährden die Ernten und somit auch die weltweite Nahrungsmittelproduktion für eine ohnehin wachsende Weltbevölkerung. Pflanzenwissenschaftler setzen daher große Hoffnungen auf die Entzifferung des Weizengenoms, an dem ein internationales Team seit zehn Jahren arbeitet. Nun kündigt das Konsortium zur Sequenzierung (IWGSC) an, die vollständige Sequenz des Brotweizens schon 2017 vorlegen zu können. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass das Wissen um den molekularen Bauplan der Nutzpflanze die Entwicklung neuer resistenter und ertragreicher Weizensorten beflügeln wird.

Die Entschlüsselung des Weizengenoms ist eine Herkulesaufgabe.  Mit 17 Milliarden Basenpaaren (17 Gb) ist das Genom des Brotweizens (Triticum aestivum) nicht nur fast sechsmal so groß wie das Erbgut des Menschen. Es ist auch äußerst komplex, denn  es liegt in jeder Zelle in sechs Kopien vor. Seit 2005 sind Forscher dabei den molekulare Bauplan des Giganten zu ergründen. Unter dem Dach des Internationalen Konsortiums  zur Sequenzierung des Weizengenoms (IWGSC) arbeiten 1.100 Forscher aus 55 Länder zusammen, darunter auch Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben (IPK).

Gegenwärtig sind 14 der 21 Chromosomen identifiziert. Dazu haben die Wissenschaftler am IPK wesentlich beigetragen. Unter der Leitung von Pflanzengenetiker Nils Stein wurde die Analyse der ersten gesamt-genomischen Weizensequenzen koordiniert und durchführt. Damit war ein erster Blick in die Organisation dieses sehr komplexen Genoms möglich.

Neue Analysetechnik bring Genomentzifferung voran

Dank einer neuen Analysemethode sehen sich die Leibnizforscher nach zehn Jahren nun kurz vor der Zielgeraden. Der Grund: Ein Teilprojekt zur Sequenzierung des Genoms der Brotweizensorte "Chinese Spring" konnte mithilfe der von der israelischen Firma NRGene entwickelten Analysetechnik Whole Genome Shotgun Sequencing erheblich schneller entziffert werden als geplant. Stein rechnet nun damit, dass auf diese Weise die komplette Weizen-DNA bis spätestens 2017 entschlüsselt ist.

Datensätze schneller zusammensetzen

„Das Verfahren ermöglicht eine deutlich schnellere und bessere Zusammensetzung der umfangreichen Illumina Sequenz-Daten. Für das zentrale Ziel des IWGSC, eine qualitativ hochwertige Genomsequenz aller Brotweizenchromosomen zur Verfügung zu stellen, war dies ein gewaltiger Durchbruch“, sagt Nils Stein. Bis der vollständige Bauplan auf den Tisch liegt, müssen die gewonnenen Informationen zu jedem einzelnen Chromosom wie ein Puzzle zu einer Referenzsequenz zusammengefügt werden.  Doch auch der Vorsitzende des internationalen Konsortiums hält das Zweijahres-Ziel für realistisch. Kellye Eversole, IWGSC Executive Director erklärt: „Die vorläufigen Ergebnisse sind beeindruckend und der Zeitpunkt ist perfekt; wir können die in den letzten zehn Jahren erfassten Daten jetzt schneller integrieren und aller Voraussicht nach in weniger als zwei Jahren eine komplette Genomsequenz des Brotweizens vorlegen.“

Neue Perspektiven für die Pflanzenzucht

Vor allem für Pflanzenforscher und -züchter bietet die Referenzsequenz des Weizengenoms erstmals die Möglichkeit, den genetischen Bauplan dieser wichtigen Nutzpflanze besser zu verstehen. „Forschern und Züchtern eröffnet sich damit die Möglichkeit, Gene und die mit ihnen verknüpften Merkmale wie Anpassungsfähigkeit, Stresstoleranz, Krankheitsresistenz oder Ertragsstärke sofort zu lokalisieren“, betont Curtis Pozniak, Projektleiter am Crop Development Centre der University of Saskatchewan. Die Ergebnisse zur Sequenzierung des Weizengenoms werden derzeit in den USA auf der 24. Plant & Animal Genome Conference in San Diego vorgestellt.

Muscheln sind die natürlichen Kläranlagen der Gewässer. Doch vielerorts sterben Arten aus. Deutsche und portugiesische Forscher haben nun den Bestand  der Süßwassermuscheln in Europa erstmals katalogisiert und auch deren Bedeutung für das aquatische Ökosystem herausgestellt. In der im Fachjournal Biological Reviews (2016, Online-Vorabveröffentlichung) erschienenen Studie berichten sie, wo welche der insgesamt 16 Muschelarten zu finden sind, welche Gefahren  das Überleben der Schalentiere bedrohen und wie die winzigen Wasserlebewesen vorm Aussterben geschützt werden können. Das Projekt, an dem Forscher aus 26 europäischen Ländern beteiligt waren, wurde von Wissenschaftlern der Technischen Universität München und vom Zentrum für Meeres- und Umweltforschung (CIMAR) in Porto koordiniert.

Die Flußperlmuschel Margaritifera margaritifera ist mit zehn Zentimetern eine der größten Süßwasser-Muscheln. Doch in Europas Gewässern sind sie immer seltener zu finden, obwohl sie über 100 Jahre werden kann. Wie viele ihrer Artgenossen ist auch die Flußperlmuschel vom Aussterben bedroht. Die eher unscheinbaren Lebewesen haben jedoch eine enorme Bedeutung für das Ökosystem. Sie machen 90 Prozent der Biomasse am Boden eines Gewässers aus und halten es sauber. Muscheln sind sozusagen die natürlichen Kläranlagen der Gewässer. „Da eine Muschel allein täglich bis zu 40 Liter Wasser filtert, profitiert auch der Mensch von den Ökosystemdienstleistungen der Muscheln“, erklärt Jürgen Geist vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie der TU München.

16 Muschelarten katalogisiert

Gemeinsam mit Manuel Lopes-Lima und Ronaldo Sousa vom Zentrum für Meeres- und Umweltforschung (CIMAR) in Porto hat der Münchner Biologe in den vergangenen Jahren ein Projekt koordiniert, in dem Wissenschaftler aus 26 europäischen Länder die Muschelfauna in Süßwassern analysierten. Im Ergebnis entstand ein Katalog, der erstmals den tatsächlichen Bestand von 16 Muschelarten und deren Lebensräume abbildet. „Ein Ergebnis der europaweiten Untersuchung ist der große Unterschied zwischen Nord und Süd. Es existieren im Norden Europas wie etwa in Skandinavien, weniger Arten, dafür aber größere Populationen“, erläutert Geist.

Viele Spezies bedroht

Die im Fachjournal "Biological Reviews" veröffentlichte Studie zeigt damit erstmals deutlich auf,  wo welche Spezies tatsächlich bedroht ist und welche Auswirkungen das Artensterben auf das gesamt Ökosystem der Gewässer hat. „Stirbt dann im Süden an nur einem Standort eine Muschelpopulation aus, kann dies bereits die Hälfte des weltweiten Bestands sein“, erläutert der Münchner Forscher.

Die großen Gefahren der Muschelwelt

In ihrer Studie listen die Autoren zugleich die größten Bedrohungen für die Muschelwelt auf. Danach werden die Unterwasserlebewesen vor allem durch Staudämme, Wehre und Talsperren, durch Perlfischerei und den Verlust der Wirtsfische aber auch durch Verschmutzung und Überdüngung sowie  Wasserentnahme und Klimawandel in ihrer Existenz gefährdet. Die Forscher kommen daher zu dem Schluss: Um das aquatischen Ökosystem zu erhalten, müssen Süßwassermuscheln und Gewässer mit hoher Population besonders geschützt werden. Die Autoren schlagen vor, dafür wissenschaftlich fundierte Pläne mit einem klar definierten Ziel aufzustellen. „Da eine Muschel sehr abhängig von ihrem Wirtsfisch ist und diese zunehmend weniger werden, sollte ein weiteres Augenmerk auf den Fischbeständen liegen, selbst wenn so manche Fischart keinen hohen ökonomischem Wert hat “, rät Jürgen Geist vor.

Lithium-Ionen-Batterien sind der Energiespender für zahlreiche elektronischer Geräte. Doch das Alkali-Material ist teuer und die Gewinnung belastet die Umwelt. Wesentlich umweltfreundlicher und kostengünstiger sind dagegen Natrium-Ionen-Batterien. Denn dieser Stoff steht in der Natur als Kochsalz fast unbegrenzt zur Verfügung. Auf der Suche nach verbesserten Materialen für diese neue Batterie-Generation sind Forscher vom Helmholtz-Institut Ulm des Karlsruher Instituts für Technologie nun fündig geworden – und zwar auf dem Komposthaufen. Aus Apfelresten entwickelten sie ein kohlenstoffbasiertes Aktivmaterial für die negative Elektrode. Für die Postiv-Elektrode wurde widerrum ein Material aus Schichtoxiden kreiert. Beide Stoffe überzeugten im Test mit „exzellenten elektrochemischen Eigenschaften“, wie das Team in den Fachjournalen „ChemElectroChem“ (2015, Online-Veröffentlichung) und „Advanced Energy Materials“  (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet.

Ob in Handys, Laptops oder Tablets: Lithium-Ionen-Batterien sind für diverse elektronische Geräte der Energiespeicher. Doch die Gewinnung von Lithium ist aufwendig und teuer. Lange Zeit gab es keine Alternative zu den leistungsstarken Minimotoren. Nun bekommt das Alkalimaterial Konkurrenz. Natrium-Ionen-Batterien könnten den beliebten Speichergiganten bald den Rang ablaufen. Der Grund: Natrium-Ionen-Batterien sind nicht nur deutlich leistungsstärker als Systeme wie Nickel-Metallhydrid-, Bleisäure-Akkumulatoren oder die Lithium-Ionen-Technologie. Im Vergleich zum Lithium ist Natrium auch in der Natur als Kochsalz fast unbegrenzt verfügbar, leichter abbaubar und somit günstiger.

Kohlenstoff aus Apfelabfällen gewonnen

Wissenschaftler um Stefano Passerini und Daniel Buchholz vom Helmholtz-Institut Ulm des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun zwei neue Aktivmaterialien für diese vielversprechende Batterie-Generation entwickelt. Für die negative Elektrode kreierten sie einen kohlenstoffbasierten Stoff, der aus Apfelresten gewonnen wurde, der beispielsweise beim Pressen von Saft entsteht. Unter Luftabschluss entwickelt der Kohlenstoff eine Konsistenz, die für Batterieelektroden besonders gut geeignet ist. Der Studie zufolge überzeugte das neue Material in über 1.000 Lade- und Entladezyklen sowohl mit einer hoher Zyklenstabilität als auch einer hohen Kapazität.

Cobalt durch Natriumoxidschicht ersetzt

Für die Positiv-Elektrode entwickelte das Team ein Material, welches aus verschiedenen Schichten von Natriumoxiden besteht. Der Vorteil hier: Das Aktivmaterial kommt ohne das teure und umweltschädliche Element Cobalt aus, das ein wichtiger Bestandteil der kommerziellen Lithium-Ionen-Batterien ist. Auch dieses neue Aktivmaterial, in dem die eigentliche elektrochemische Speicherung von Energie stattfindet, überzeugte im Labor und konnte in über hundert Zyklen in Punkto Effizienz, Zyklenstabilität, Kapazität sowie Spannung die gleichen Leistungsdaten erreichen, wie die Cobalt-beladenen Lithium-Ionen-Batterien. Mit der Entwicklung dieser beiden nachhaltigen Materialien, so die Hoffnung der Forscher, könnte ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entwicklung kostengünstiger und umweltfreundlicher Natrium-Ionen-Batterien gelungen sein.

Mit der Designernuklease Crispr-Cas9 haben Molekularbiologen seit Kurzem ein Präzisionsinstrument in der Hand, mit dem gezielt Veränderungen im Erbgut vorgenommen werden können. Die Methoden des sogenannten Genome Editing sind auch für Pflanzenzüchter eine vielversprechende Technologie, um Nutzpflanzen mit besseren Eigenschaften auszustatten. Umstritten ist jedoch, ob per Genome Editing bearbeitete Pflanzen als gentechnisch veränderte Organismen betrachtet werden sollten. Nein - sagt eine Gruppe internationaler Wissenschaftler, darunter Detlef Weigel vom Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie. Im Fachjournal Nature Genetics (2016, Online-Vorabveröffentlichung) machen die Forscher Vorschläge, wie genom-editierte Pflanzen aus regulatorischer Sicht eingestuft und behandelt werden sollten. 

Hitze, Überschwemmungen oder Pilzbefall sind Stressfaktoren, die das Pflanzenwachstum hemmen und  Erträge schrumpfen lassen. Neue resistentere und ertragreiche Pflanzenarten zu entwickeln, die zudem mit weniger Dünger auskommen, ist daher ein Ziel der Pflanzenforschung. Mit dem Genome Editing haben die Forscher eine vielversprechende Technologie in der Hand. Das neueste Werkzeug – die Designernuklease Crispr-Cas9 - ermöglicht es erstmals einfach und schnell, Gene gezielt zu verändern. Doch ist das Hantieren mit Genome-Editing-Werkzeugen Gentechnik oder nicht? Die Forscher, darunter Detlef Weigel, Direktor am  Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen, sind überzeugt, dass diese Technologien, sinnvoll genutzt, ein großes Potenzial für die Pflanzenforschung haben. Für das Genome Editing werde gerne die Metapher von der Genomchirurgie bemüht. „Die herkömmliche Gentechnik bei Pflanzen kann man mit einer Herzoperation unter Öffnung des gesamten Brustkorbs vergleichen“. Das Genome Editing sei hingegen eher ein minimal-invasiver Eingriff, argumentiert Weigel.

Gene präzise und schnell verändern

Der Vorteil des Genome Editing: Mithilfe dieser Technologie kann präzise bestimmt werden, an welcher Stelle des Erbguts Veränderungen durchgeführt werden.  Meist reicht es aus, nur einen einzigen Buchstaben in der DNA auszutauschen oder zu entfernen. Mithilfe dieses minimalen genetischen Eingriffs können Nutzpflanzen wie Weizen, Reis oder Mais so verändert werden, dass sie widerstandsfähiger gegen Pilzbefall sind oder weniger unter Hitze leiden.

Im Rahmen der im Fachjournal Nature Genetics erschienenen Studie gehen die Forscher auch auf die Nachteile bisheriger Gentechnik-Verfahren ein. Gene von anderen Pflanzenarten oder Organismen einzuschleusen, ist seit Langem möglich. Doch es ist nicht kontrollierbar, mit denen die neuen Gene im Erbgut schließlich landen. Deshalb müssten viele Kandidaten durchmustert werden, bis man eine Pflanze mit den gewünschten Eigenschaften habe, so Weigel.

Die Forscher verweisen zugleich auf die Standardwerkzeuge der Züchtung – wie die Kreuzung von Pflanzen oder den Einsatz von Chemikalien oder Strahlung – wo ebenfalls im Erbgut Mutationen ausgelöst werden. Der Studie zufolge ist das Züchtungsergebnis nicht immer besser und „das Auffinden von vielversprechenden Individuen“ ebenfalls  sehr langwierig und aufwendig. Im Vergleich zu Pflanzen, die mit dem Genome Editing erzeugt wurden, dürfen diese  Produkte jedoch ohne Zulassung vermarktet werden

Keine Sonderregeln bei Zulassung

In ihrem Appell sprechen sich Weigel und seine Forscherkollegen für ein Umdenken bei der Zulassung von genom-editierten Pflanzen aus. Danach sollten diese grundsätzlich nicht anders als Produkte aus konventionellen Züchtungen behandelt werden. Weigel verweist dabei auf das deutschen Gentechnikgesetz, das nur die Organismen als gentechnisch verändert einstuft, deren „genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“. Die Gesetzeslage bietet danach keinen Grund, die mit Genome Editing erzeugten Pflanzen anders als konventionelle Züchtungsprodukte zu bewerten.

Dokumentation des Entwicklungsprozesses

Vor diesem Hintergrund unterbreiten Weigel und seine Kollegen aus China und den USA Vorschläge, was bei der Entwicklung von genom-editierten Pflanzen beachtet werden sollte. So raten sie, bereits während der Entwicklungsphase das Risiko einer Ausbreitung im Freiland zu minimieren. Zweitens sollten die entstandenen DNA-Veränderungen exakt dokumentiert und drittens beachtet werden, dass bei vielen Crispr-Cas9-Verfahren zuerst Fremd-DNA in die Zelle eingeschleust werden muss. Andernfalls sollte belegt sein, dass diese Fremd-DNA in der zuzulassenden Sorte spurlos entfernt wurde. Sollten ein Gen durch das einer anderen Art ersetzt werden, sollte der Grad der Verwandtschaft benannt und im Fall einer entfernten Verwandtschaft Nachuntersuchungen geprüft werden. All diese Punkte sollten der Studie zufolge bei der Zulassung neuer Pflanzensorten genau festgehalten werden. Diese Vorschläge könnten auch Ratgeber bei der noch ausstehenden Entscheidung der Europäischen Union zur Bewertung genom-editierter Pflanzen sein. In Deutschland und Schweden wurden einige dieser Pflanzensorten bereits Produkten aus herkömmlicher Züchtung gleichgestellt. „Ein wichtiges Ziel der Züchtung ist, die Versorgung mit Agrarprodukten nachhaltiger zu machen. Diese Möglichkeit sollten wir uns nicht vorenthalten“, erklärt Weigel.

Über die Risiken der Gentechnik wird europaweit gestritten. Nun tut sich ein neuer Skandal auf: In Italien soll ein Forscher gleich sieben Studien zur Gefahr von Gentech-Soja gefälscht haben. Auf eine dieser Studien hatte sich einst auch das Bundesinstitut für Risikobewertung bezogen. Einen Einfluss von Gentech-Soja auf Tier und Mensch wurde aber nicht festgestellt.

Wie gefährlich sind gentechnisch veränderte Pflanzen für Tier und Mensch? Über diese Frage wird seit Jahren heftig gestritten – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Während Gegner der grünen Gentechnik mit Nachdruck vor den schädlichen Folgen von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen wie Mais warnen, heben Befürworten mit Vehemenz den Nutzen hervor. Beide – ob Gegner oder Fürsprecher – stützen sich dabei häufig auf wissenschaftliche Studien, um ihre Argumente zu untermauern.

Erst kürzlich hatte Christoph Then von Testbiotech erneut auf die gesundheitlichen Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen für die Tiere aufmerksam gemacht. Die jüngsten Enthüllungen in Italien sind nun allerdings ein Rückschlag für alle Kritiker: Wie das Fachjournal Nature (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, stehen mehrere Gentechnik-kritische Studien unter Fälschungsverdacht.

Forscher überzeugte Senat

Die Publikationen zu Gefahren von Gentech-Soja hatte der Tiermediziner Frederico Infascelli von der Universität Neapel veröffentlicht. Der brisante Inhalt: Beweise dafür, dass sich eingefügte Gene aus der Sojapflanze im Fleisch und in der Muttermilch von Nutztieren wiederfinden und diese sogar den Tieren schaden. Die Studien werden häufig auf Anti-Gentech-Webseiten zitiert. Zudem konnte Infascelli bei einer Sitzung im vergangenen Sommer sogar den italienischen Senat von seinen Forschungsergebnissen überzeugen und dessen Haltung bestätigen. Italien zählt innerhalb der EU zu den Gegnern der Grünen Gentechnik.

Bilder wurden bearbeitet

Nur eine Senatorin blieb skeptisch: Elena Cattaneo, eine Pharmakologin aus Mailand. Cattaneo schaute sich die Studienergebnisse dreier Publikationen noch einmal genauer an und stieß dabei auf Fotos, die fast gleich waren, aber in allen drei Publikationen völlig unterschiedliche Ergebnisse zeigen sollten. Zudem gab auch Bilder, die offensichtlich bearbeitet worden waren. Eine von der Senatorin angestoßene Untersuchung soll nun schließlich die Manipulation von nicht nur drei, sondern insgesamt sieben Arbeiten aus dem Labor Infascelli bestätigen.

Untersuchungsbericht im Februar erwartet

Das Resultat der Untersuchungen soll zwar erst im Februar veröffentlicht werden, jedoch gelangten nun schon Informationen der Kommission ins Netz.Auf eine der Veröffentlichungen hatte sich 2011 auch das Bundesinstitut für Risikobewertung berufen. Die deutschen Experten kamen jedoch zu dem Schluss, dass der Übergang von DNA-Fragmenten ins Gewebe von Tieren zwar ein "natürlicher“ aber "vorübergehender" Vorgang sei und ein Einfluss auf die DNA von Tier und Mensch bislang nicht festgestellt werden konnte.

Die Zika-Epidemie hält die Welt in Atem: Die WHO hat den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen – weil der virale Erreger unter dringendem Verdacht steht, massenhaft Fehlbildungen bei Babys in Südamerika zu verursachen. Impfstoffe oder Arzneien sind derzeit Fehlanzeige. Das lenkt die Strategien für eine Bekämpfung des Ausbruchs auf die mutmaßlichen Überträger: Moskitos wie die Gelbfiebermücke oder die Asiatische Tigermücke. Weil die Blutsauger mehrere Wirte in Serie stechen, infizieren sie sich selbst mit dem Erreger und sorgen so für dessen massive Ausbreitung. Auch in Süddeutschland ist die invasive Tigermücke bereits aufgetaucht – Mücken-Experten vom Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald sehen im Gespräch mit bioökonomie.de aber momentan keinen Grund zur Panik.

Vermutlich gelangte der Erreger mit den vielen Reisenden zur Fußball-WM 2014 nach Brasilien. Das mehrwöchige Sportereignis in dem Tropenland könnte der Ausbreitung des Zika-Virus den perfekten Boden bereitet haben. Mit Zika infizierte Menschen haben Fieber, Hautausschlag, Gelenkschmerzen – keine lebensbedrohlichen Symptome. Doch nun steht der Erreger im Verdacht, schlimme Gehirnfehlbildungen bei Babys – die sogenannte Mikrozephalie – auszulösen. Das Rätsel um die massenhafte Häufung dieser schwerwiegenden Schädigung bei Babys hat die WHO nun auf den Plan gerufen – WHO-Direktorin Margaret Chan verkündete am 1. Februar den weltweiten Gesundheitsnotstand.

Doch wie konnte sich das Zika-Virus binnen eines Jahres so massiv auf dem südamerikanischen Kontinent ausbreiten? Als Hauptüberträger gelten blutsaugende Stechmücken der Gattung Aedes: Die Gelbfiebermücke Aedes aegypti und die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus. „Beide mögen es warm, sie sind sehr stechlustig und gelten als sehr gute Überträger von Viren wie Dengue und Chikungunya“, sagt Helge Kampen. Er ist am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut fürTiergesundheit, Spezialist für Insekten als Krankheitsüberträger.

Angesteckte Stechmücke löst Infektionswelle aus

Die Stechmücken werden arglos zum Seuchenboten. Zunächst sind sie selbst gar nicht mit dem Erreger infiziert. Erst wenn die weiblichen Tiere bei einer mit dem Zika-Virus infizierten Person Blut saugen, stecken sich die Insekten an. „Die Viren vermehren sich daraufhin in der Mücke, setzen sich in den Speicheldrüsen fest und werden so bei den nächsten Stichen übertragen“, erläutert Kampen. Von der Tigermücke wisse man, dass sie häufig mehre Wirte hintereinander sticht, bis sie ausreichend mit Blut vollgesogen ist.  Als Serientäter werden die Mücken so zum idealen Krankheitsüberträger - das Virus kann sich wie ein Lauffeuer ausbreiten.

In Südamerika herrschen für die Vermehrung der Moskitos paradiesische Bedingungen. Aber nur wenn die Insekten auch auf eine kritische Masse an akut infizierten Menschen treffen, nimmt die Seuchenwelle Fahrt auf. So könnte es sich im vergangenen Jahr abgespielt haben. Die Behörden haben den Insekten und ihren Brutstätten jedenfalls den Kampf angesagt. Die einzigen präventiven Maßnahmen für Reisende bleibt ein rigoroser Mückenschutz, etwa helle, bedeckende Kleidung, Insektenschutzmittel oder Moskitonetze.

Infektionsforscher rechnen damit, dass die Zika-Epidemie schon bald in eine neue Phase übergeht und sich selbst begrenzt: „Anders als bei Dengue kann man sich nur einmal mit Zika-Viren infizieren und ist danach immun“, sagt Jan Drexler vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) am Standort Bonn. „Derzeit sieht es so aus, dass wir nach der massiven Virusausbreitung eine Bevölkerungsimmunität haben werden, so dass sich die Epidemie von selbst eindämmt“. Schon zu den Olympischen Spielen in Rio diesen Sommer könnte die Situation in Brasilien wohl wieder entschärft sein.

Ein ähnliches Muster hat es in der Vergangenheit auch bei von Blutsaugern übertragenen Tierseuchen gegeben. „Bei der Blauzungenkrankheit und dem Schmallenberg-Virus lief es genauso“, sagt Helge Kampen vom FLI, „im Folgejahr der Erkrankungswelle in Deutschland waren die Seuchen wieder abgeflaut.“

Tigermücke in Süddeutschland aufgetaucht

Doch könnte das Zika-Virus und seine Überträger auch hierzulande Fuß fassen? Kampen hat darüber einen guten Überblick – der Insektenkundler vom FLI betreut zusammen mit Kollegen vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg den „Mückenatlas“. Bei diesem Citizen-Science- Projekt sind Bürger seit 2012 dazu aufgerufen, Stechmücken per Post einzuschicken; die Forscher können mit diesen Proben Verbreitungskarten einzelner Arten erstellen.

„Die Gelbfiebermücke Aedes aegypti kommt gar nicht bei uns vor“, sagt Kampen. Anders sehe es bei der Asiatischen Tigermücke aus, die sich in der vergangenen Jahrzehnten weltweit ausgebreitet hat. 2014 gelang es einigen Exemplaren in Freiburg offenbar zu überwintern. „In Freiburg und Heidelberg sind 2015 Populationen von Aedes albopictus aufgetaucht, in einigen Fällen wurden sie auch bekämpft“, so Kampen.

Dass die Tigermücken aber hierzulande einmal eine Dengue- oder Zika-Epidemie verursachen, dieses Risiko hält Kampen für verschwindend gering. „Dafür ist die Mückendichte und die Zahl infizierter Menschen zu klein.“ Die verbreitetste Stechmücke in Deutschland, Culex pipiens, komme jedenfalls nicht als Überträger des Zika-Virus infrage.