Die Katalysatorin
Regina Palkovits
Beruf:
Chemieingenieurin & Hochschulprofessorin
Biopionierin für:
Heterogene Katalyse & Materialentwicklung
Regina Palkovits ist Professorin für Heterogene Katalyse und Technische Chemie an der RWTH Aachen. Zugleich ist sie Direktorin am Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft am Forschungszentrum Jülich. Das Forschungsgebiet der studierten Chemieingenieurin ist die Festkörper-Katalyse und das Design neuer Funktionsmaterialien für die heterogene Katalyse.
Die renommierte Forscherin und Hochschullehrerin ist mit Professor Jürgen Klankermayer vom Lehrstuhl für Translationale Molekulare Katalyse der RWTH Aachen und dem dazugehörigen Team von Forschenden 2024 mit dem Werner-Siemens-Preis zur Erforschung von Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung ausgezeichnet worden. Mit ihrem Forschungsvorhaben „catalaix“ will Prof. Palkovits aus Abfallströmen, allen voran den Kunststoffen, künftig wertvolle, wiederverwendbare Ressourcen herstellen. Dafür gilt es maßgeschneiderte Katalysatoren zu entwickeln, die bestehende Verbindungen in recycelbare Moleküle aufbrechen.
Das Spannende ist es doch, neue Technologien zu entwickeln. Eine typische Frage an die Chemie könnte es zum Beispiel sein, einen bestimmten neuen Baustein für einen kreislauffähigen Kunststoff zu entwickeln. Erst einmal muss man verstehen, was man dafür braucht. Entscheidend ist eine effiziente chemische Umwandlung, um aus dem Rohstoff unser Zielprodukt zu machen. Und für diesen Übergang nutzen wir den Katalysator. Das ist die magische Komponente, die die Reaktion bei möglichst wenig Energiebedarf und mit hoher Effizienz möglich macht.
Wir arbeiten jetzt mit Katalysatoren, die zum Beispiel saure oder basische Funktionen oder dann auch Metallvariationen enthalten. Aber es sind Feststoffe, es sind wirklich feste Materialien, die man anfassen kann, so wie Sandkörner am Strand. Die gehen in die Reaktionslösung und können am Ende einfach wieder rausgenommen werden.
Ich glaube, ein typisches Bild, was man aufmachen kann, ist ein Trägermaterial wie Siliziumdioxid. Das ist das Gleiche, woraus auch Sand oder Glasscheiben bestehen. Dieses Siliziumdioxid kann als Trägermaterial genutzt werden, um dann Edelmetalle in Form von winzig kleinen Nanopartikeln auf das Siliziumdioxid aufzubringen. Und wir nehmen ganz viele Nanopartikel und schaffen damit eine riesige Reaktionsfläche.
Wie sieht jetzt eine typische Reaktion aus? Wir haben unseren festen Katalysator und den Ausgangsstoff. Die werden vermischt und kommen dann in einen Reaktor. Bei Normalbedingungen reicht es allerdings nicht aus, nur die Reaktionskomponenten und den Katalysator zusammenzubringen. Da reagiert noch nichts. Denn jede Reaktion von einem Ausgangsstoff zu einem Zielprodukt hat eine Aktivierungsbarriere und die müssen wir überwinden.
Das Spiel mit den Elementen
Katalysatorenentwicklung
Ein wichtiger Schritt besteht darin zu verstehen, welchen Einfluss die verschiedenen Reaktionsbedingungen haben. Wir können mit der Temperatur spielen oder mit dem Verhältnis eines Lösungsmittels zum Ausgangsstoff. Wir können fragen: Brauchen wir Wasserstoff als Reaktionskomponente oder brauchen wir vielleicht Luft und dann auch erhöhte Druckverhältnisse?
Bei uns im Labor arbeiten wir mit der Thermokatalyse. Aber wir haben auch ein Augenmerk darauf, ob Elektrokatalyse oder Photokatalyse infrage kommt, die Reaktion also durch Strom oder Lichteinfluss in Gang gesetzt werden kann, und ob es vielleicht auch einen Brückenschlag zwischen den Technologien gibt. Viele unserer Reaktionen werden im Technikum durchgeführt, weil wir dort die richtige Infrastruktur haben, um zum Beispiel mit Gasen unter Druck zu arbeiten. Und das machen wir dann so:
Wir pressen Wasserstoff in einen Druckbehälter, zum Beispiel 50 bar, und dann wird dieser Reaktor auf ein Heizelement gesetzt und aufgeheizt auf die notwendige Reaktionstemperatur. Und wenn man es ganz geschickt macht, kann man in so einem System sich anschauen, wie die Stabilität eines Katalysators auf Dauer ist und seine Leistungsfähigkeit dann vielleicht auch extrapolieren für die reale Anwendung im technischen, großskaligen Prozess.
Die Forschung beruht immer darauf, dass wir wirklich gut verstehen, was wir tun. Und das müssen wir analysieren. Und eine sehr leistungsstarke Technologie, um sich solche Reaktionslösungen, aber auch den festen Katalysator anzuschauen, ist die NMR, die Magnetresonanzspektroskopie.
Regina Palkovits - Die Katalysatorin
Seit einigen Jahren versuchen wir ganz aktiv auch Start-ups aus dem Bereich der Katalyse stärker anzuschieben, weil wir glauben, dass die Transformation auch durch junge Gründerteams beschleunigt werden kann, die die Technologien in den Markt bringen können. Eins unserer Start-ups kommt aus meinem Bereich, wo wir versuchen, mit heterogenen Katalysatoren Kunststoffrecycling zu betreiben und das am Beispiel von technischen Kunststoffen, insbesondere aus dem Energiebereich, aus dem Motorenbereich.
Oft sind das diese glasfaserverstärkten Bausteine, oft noch mit Kohlenstoff-Füllmaterialien, so dass man schon ein anspruchsvolles Gemisch hat, was dann mit so einer Katalyse-Technologie auch wieder in die Einzelkomponenten zerlegt werden soll. Und ich bin davon überzeugt, dass das Start-up Team mit seiner Technologie die Recyclingfähigkeit für diese komplexen Produktmischungen auch gewährleisten wird.
Dieses Recycling wird aber nie zu 100 % einen Ressourcenkreislauf ermöglichen. Wir haben immer Verluste; wir haben immer schwer recycelbare Ströme, die vielleicht am Ende doch einer Energierückgewinnung, also einer Verbrennung, zugeführt werden. Dann kann man, um jetzt diese Lücke zu füllen, andere nachhaltige Kohlenstoffquellen einkoppeln. Und das sind zum Beispiel entweder Kohlendioxid, eingefangen aus der Luft, oder eben Biomasse.
Aus Biomasse und anderen nachhaltigen CO2-Quellen können wir wieder Bausteine herzustellen, die im Kreislauf mit genutzt werden. Aber genauso nachhaltig muss eben auch das Katalysatormaterial sein. Mithilfe weitverbreiteter Metalle und Feststoffe wollen wir möglichst ressourcenschonend hochaktive Katalysatoren herstellen. – Wir brauchen also den Vielklang aller Ressourcen, um zukünftig zu einer tragfähigen Kreislaufwirtschaft auch für die gesamte chemische Industrie zu kommen.
Also mein Traum ist es, eigene Katalysatoren in realtechnischen Anwendungen wiederzufinden. Wir machen den ganzen Weg von der Entwicklung unserer Katalysatoren über deren Analytik, Testung, Skalierung… und das Ziel unserer Forschung muss es immer sein, und das liegt mir auch besonders am Herzen, dass unsere Katalysatoren den Weg in Zukunftstechnologien finden und dort wirklich großskalig eingesetzt werden.
Die Katalysatorin - Regina Palkovits
Die Chemieingenieurin Regina Palkovits versucht mit ihrem Forschungsbeitrag zur heterogenen Katalyse die Chemie nachhaltiger und kreislauffähiger zu machen. In unserem Podcast erläutert sie eingängig, wie es zukünftig funktionieren könnte, die vielen nicht mehr wegzudenkenden Produkte aus unserem Alltag ohne neu gewonnenes Erdöl zu produzieren. Dafür braucht es ein Kreislaufsystem, wo einerseits bestehende Materialrestströme über die Katalyse zu wertvollen Bausteinen recycelt und andererseits mit biogenen CO2-Quellen, z.B. aus dem Agrarsektor, ergänzt werden. Ein sehr spannender, innovativer Weg, wie ich finde. Unbedingt reinhören in die „anwendungsinspirierte Grundlagenforschung“ von Regina Palkovits!