Neue Papiere für die Industrie
Tiemo ArndtBeruf: Holz- und Papiertechnologe
Position: Leiter Forschung & Transfer an der Papiertechnischen Stiftung, Heidenau
Beruf: Holz- und Papiertechnologe
Position: Leiter Forschung & Transfer an der Papiertechnischen Stiftung, Heidenau
Tiemo Arndt von der Papiertechnischen Stiftung über Trends und Herausforderungen in der Papierherstellung.
Die Papiertechnische Stiftung (PTS) ist als Forschungs- und Dienstleistungsinstitut mit Sitz in Heidenau (bei Dresden) auf die Entwicklung und Anwendung von innovativen Papieren und anderen faserbasierten Lösungen spezialisiert. Die Papiertechnische Stiftung ist Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Der Wissenschaftliche Leiter der PTS, Tiemo Arndt, erläutert im Interview Trends und Herausforderungen in der Papierherstellung.
Bitte skizzieren Sie einige innovative Papiertechnologien und Werkstoffe, die Sie am Institut entwickeln. Welche Produkte werden derzeit besonders von der Industrie nachgefragt?
Eine besondere Nachfrage erfährt seit einigen Jahren der gesamte Bereich der papierbasierten Verpackungen. In diesem Bereich erforschen wir unter anderem, wie Rohstoffe in der Herstellung eingespart werden können und die Verarbeitungseigenschaften bis zu einer fertigen Verpackung verbessert werden können. Ein großer Treiber dabei ist insbesondere die Erfüllung von Anforderungen an Barriere-Eigenschaften für den Lebensmitteleinsatz. Darüber hinaus erforschen wir völlig neue Anwendungsfelder für papierbasierte Materialien. So entwickeln wir mit anderen Forschungspartnern Papiere für die Anwendung in Batterien oder Brennstoffzellen.
Welchen Anteil hat Altpapier als Ressource in der Papierindustrie?
In Deutschland werden jährlich etwa 22 bis 23 Millionen Tonnen Papier hergestellt. Neben Füllstoffen und Additiven ist der Hauptrohstoff Faserstoff unterschiedlicher Herkunft. Im Durchschnitt über alle Papiersorten nimmt Altpapier dabei einen Anteil von 73% ein. Wellpappe und Faltschachteln werden dabei nahezu vollständig aus Altpapier gefertigt.
Wo liegen bei der Papierherstellung Stärken und wo Schwachpunkte mit Blick auf die Ökobilanz?
Die Stärken sind natürlich, dass zur Herstellung von Papier überwiegend nachwachsende Rohstoffe eingesetzt werden und für deren Recycling ein sehr gut ausgebildetes System gibt und somit ein wertvoller Rohstoff mehrfach genutzt werden kann. Der Einsatz von Holz als Rohstoff zur Herstellung von Zellstoff als Frischfaser steht immer wieder in der Kritik. Dem muss man entgegenhalten, dass Papier an der Stelle eine Lücke in der Kaskadennutzung von Holz schließt, da hierfür überwiegend Sägerestholz und Durchforstungsholz genutzt wird. Aber natürlich gibt es auch große Herausforderungen: Die Papiererzeugung gehört zu den energieintensiven Industrien, für deren Herstellung sehr viel Wasser gebraucht wird. Hier gilt es, neue energieeffizientere Prozesse zu entwickeln und vor allem den Umstieg auf regenerative Energien zu meistern.
Wo sehen Sie beim Thema Verpackungen aus Papier den größten Forschungsbedarf?
Eines unserer wichtigsten Forschungsthemen ist der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen für das Streichen und Funktionalisieren von Papier, um bessere Verpackungslösungen zu entwickeln. Um dies zu erreichen, wollen wir die Wechselwirkungen mit Aromen, Wasserdampf, Sauerstoff oder auch Fett verbessern und den Übergang von kritischen Substanzen auf das Packgut minimieren. Insbesondere im Verpackungsbereich geht es aber nicht allein um Funktion. Forschungsbedarf besteht an der Stelle vor allem, Lösungen zu entwickeln, die die Recyclingfähigkeit im Altpapierkreislauf nicht stören. Dazu muss die Verpackung im Altpapierkreislauf sicher erfasst werden, sortierbar sein und möglichst störungsfrei wieder in der Herstellung eingesetzt werden können. Störend wirken hier häufig Bestandteile, die klebende Verunreinigungen oder optische Inhomogenitäten bilden. Diese sind häufig auf bestimmte Additive und Veredelungsschritte zurückzuführen. Um dies zu verhindern, muss der Papierkreislauf immer ganzheitlich betrachtet werden.
Welche Trends in der Papiernutzung bei Printmedien beobachten Sie?
Seit 2008 ist ein drastischer Rückgang im Bereich der grafischen Papieranwendungen zu verzeichnen. Gleichzeitig ist der Verpackungssektor sehr stark gewachsen. Grund ist für beide das sich wandelnde Verbraucherverhalten, etwa die Nutzung neuer Medien. Als Forschungs- und Dienstleistungsunternehmen in der Branche werden wir diesen Trend nicht ändern. Wir unterstützen die Unternehmen hier vor allem im Bereich der Rohstoffauswahl durch entsprechende Messsysteme in der Wareneingangskontrolle sowie in der Einhaltung von Umweltrichtlinien.
Interview: Philipp Graf