Schädliche Spuren von Pestiziden vorhersagen

Schädliche Spuren von Pestiziden vorhersagen

Leipziger Umweltforscher können das ökologische Schadpotenzial der Zersetzungsprodukte von Pestiziden berechnen.

Der Einsatz von Pestiziden kann im Boden zu toxischen Rückständen führen.
Der Einsatz von Pestiziden kann im Boden zu toxischen Rückständen führen.

Werden Pestizide im Freiland ausgebracht, gelangt immer ein Teil in den Boden und wird dort zersetzt. Dabei entstehen sogenannte nicht extrahierbare Rückstände, die sich aus dem Pestizid selbst, dessen Abbauprodukten und der am Abbau beteiligten Biomasse zusammensetzen. Weil die Abbauprodukte ökologisch problematisch sein können, ist es wichtig, deren Menge bestimmen zu können. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und der Technischen Universität Dänemark haben jetzt im Fachjournal „Environmental Science and Technology“ eine Methode vorgestellt, mit der sich genau das für beliebige Pestizide mathematisch vorhersagen lässt.

Biomasse schwer zu kalkulieren

Zwar werden schon heute die nicht extrahierbaren Rückstände bei der Zulassung von Pestiziden ermittelt. Eine Bestimmung allein des Anteils der Abbauprodukte war bislang jedoch schwierig. „Doch das ist wichtig zu wissen, wenn eine möglichst realistische Abschätzung der Gefährdung erfolgen soll“, erklärt Matthias Kästner, Umweltbiotechnologe am UFZ.

Die Wissenschaftler haben daher ein mathematisches Modell entwickelt, das anhand der chemischen Struktur eines Pestizids errechnet, wie diese Moleküle von Mikroorganismen verwertet werden können. „Da Mikroorganismen sich prinzipiell von allem ernähren, was ihnen Energie liefert, können ihnen auch Schadstoffe wie Pestizide als Nahrungsquelle dienen“, erläutert Kästner. „Und je nach chemischen Bindungs- und Energieeigenschaften eines Stoffs können die Bakterien ihn schneller oder langsamer knacken und mehr oder weniger Energie aus ihm ziehen.“

Modellrechnung statt Versuchsreihen

Zieht man die so ermittelte ökologisch unschädliche Biomasse von der Gesamtheit der nicht extrahierbaren Rückstände ab, erhält man die Masse der potenziell problematischen Abbauprodukte des Pestizids. „Das macht es nun möglich, anhand von Moleküleigenschaften im Vorhinein abzuschätzen, welche Pestizide potenziell biologisch abbaubar sind und mit welchem Anteil toxischer Rückstände zu rechnen ist. Dafür sind nun keine langwierigen Versuchsreihen mehr notwendig“, schildert Kästner die Vorteile des neuen Modells.

Praxistest erfolgreich

Um ihren Ansatz zu überprüfen, haben die Wissenschaftler für 40 Pestizide die Biomasse in den Rückständen berechnet. Die Ergebnisse verglichen sie mit Messwerten aus Bodenuntersuchungen, die für die Zulassung der Pestizide durchgeführt worden waren. „Es war mehr als zufriedenstellend zu sehen, dass unsere Modellrechnungen mit den tatsächlich ermittelten Werten weitgehend übereinstimmten“, resümiert Kästner.

bl