Aktuelle Veranstaltungen
Ein internationales Forscherteam und die hessische Biotechnologiefirma Brain AG haben zusammen ein Biolaugungsverfahren entwickelt, das eine fast vollständige Kupfer-Extraktion aus Schiefervorkommen ermöglicht. Ende September wurde der sogenannte BioXtractor vorgestellt: Es handelt sich hierbei um eine mobile und in sich geschlossene Anlage im Technikumsmaßstab. Laut Brain liegt das System, ausgestattet mit 200-Liter-Fermentern, schon sehr nahe am industriellen Größenmaßstab. Mit dem BioXtractor können die drei Verfahrenstypen Bioadhäsion, Biosorption und Biolaugung zum Einsatz kommen. Das System ist so konzipiert, dass es schnell gebaut und angepasst werden kann, um dann bei Kunden und Partnern vor Ort getestet werden zu können. Zudem bietet der BioXtractor auch verschiedene biobasierte Lösungen zur Anreicherung von Edelmetallen wie Gold und Silber im Sinne einer effizienten Kreislaufwirtschaft.
Schonende Kupfergewinnung durch Biolaugung
Den Biotechnologen ist es gelungen, mithilfe von Mikroorganismen Kupfer fast vollständig aus heimischen Schiefervorkommen zu extrahieren. Die Forschungsergebnisse wurden Ende September 2017 im Rahmen des „22. International Biohydrometallurgy Symposium“ an der TU Bergakademie Freiberg vorgestellt: Für das Verfahren wurden Bakterien verwendet, die im Laufe des Extraktionsprozesses zunächst unlösliche Erzminerale in wasserlösliche Salze umwandeln. Durch eine biologisch-chemische Ausfällung können im Anschluss bis zu 97% des gelösten Kupfers zurückgewonnen werden.
Das Unternehmen Brain brachte dabei sein Know-how auf dem Gebiet der carbonatlösenden, metallresistenten Mikroorganismen in das Projekt ein. Guido Meurer, der bei Brain für die Stammentwicklung von Produktionsorganismen zuständig ist, beschreibt das Projekt so: „Ein Fokus liegt auf der schonenden und effizienten Gewinnung von Edelmetallen wie Gold, Silber und anderen Technologiemetallen aus Erzen und Abfallströmen. Als Ausgangsmaterial arbeiten wir beispielsweise auch mit Elektronikschrott, Müllverbrennungsaschen und metallurgischen Schlacken.“
Nachhaltige Metallgewinnung für moderne Technik
Die neue Rückgewinnungsmethode unterstreiche zudem die wachsende Bedeutung der Themengebiete Green Mining und Urban Mining. Vor allem in rohstoffarmen Regionen wie Deutschland sei die nachhaltige Metallgewinnung und –verwertung enorm wichtig. Esther Gabor, Program Manager Green & Urban Mining bei der Brain AG, sagt: „Es besteht eine wachsende Nachfrage nach Edelmetallen, denen eine Schlüsselfunktion in vielen Hightech-Anwendungen zukommt." Brain habe biotechnologischen Verfahren für das Green und Urban Mining im Sinne einer effizienten Kreislaufwirtschaft entwickelt.
International geförderte Kooperation
Das deutsch-französischen Forschungsvorhabens zur Entwicklung umweltverträglicher, energie- und rohstoffeffizienter Aufbereitungsprozesse stand unter der Leitung des Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und dem französischen Büro für Geologie- und Bergbauforschung (Bureau de recherches géologiques et minières, BRGM). Das Forschungsvorhaben war Bestandteil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der „Agence Nationale de la Recherche“ (ANR) bilateral geförderten Projekts EcoMetals.
jmr
An international research team involving scientists from Brain AG has succeeded in extracting nearly the entire copper content from local shale deposits by applying a novel bio-leaching process. In the early extraction phase, microbes that are used for the bio-leaching process first convert insoluble ore minerals into water-soluble salts. Downstream, a bio-chemical precipitation process then recovers up to 97% of the dissolved copper. A recently finalised demonstration unit, the Brain BioXtractor, offers biological process solutions to extract and recover precious metals from side and waste streams as well as from primary resources. The unit is a self-contained system equipped with fermenters close to industry scale. The system is built to be easily disassembled and adjusted to customer requirements on-site. Currently, the BioXtractor can be explored by enterprises interested in a test phase prior to joint further development and commercialization or licensing the technology.
Growing significance of Green Mining
For the new bio-leaching process Brain helped identify carbonate-dissolving, metal-resistant micro-organisms from their proprietary BioArchive, which contains more than 53,000 micro-organisms. In addition, Brain also provided their expertise regarding physiological and genetic micro-organism characterization. “This successful research project underscores the increasing significance of Green Mining and Urban Mining, both of which are areas in which we conduct intense research. We focus on the low-impact and efficient extraction and recovery of precious metals, such as gold, silver and other technology metals, from ores and waste streams. Source materials include electronic scrap, incineration bottom ashes and metallurgical slags,” says Guido Meurer, Member of the Management Board and Unit Head Producer Strain Development at Brain.
Where raw materials are scarce, new extraction methods are needed
Especially for regions such as Germany, where raw materials are scarce, new processes that allow for the sustainable extraction and recovery of metals are an increasingly important field of research and development. Esther Gabor, Program Manager Green & Urban Mining at Brain, says: “There is an increasing demand in precious metals, which play a key role in many high-tech applications. Based on biotechnological processes, Brain has developed various bio-based solutions for Green and Urban Mining as they are essential for an efficient circular economy.”
A Franco-German cooperation
The research project was co-managed by the French Geology and Mining Research Bureau (Bureau de recherches géologiques et minières, BRGM) and the German Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). The goal was to develop an energy and raw material efficient recovery process with a small ecological footprint that utilises local primary resources.
The copper recovery through bio-leaching research project was part of the EcoMetals scheme co-funded by the German Federal Ministry of Education and Research (Bundesministerium für Bildung und Forschung) and the French National Research Agency (Agence Nationale de la Recherche, ANR). The research results were presented on the occasion of the 22nd International Biohydrometallurgy Symposium held at Freiberg Technical University for Mining (TU Bergakademie Freiberg) in late September 2017.
jmr
Sei es im Lebensmittelbereich, bei Möbeln oder Baumaterial: Viele Kunden achten immer mehr auf Nachhaltigkeit bei neuen Produkten. Und tatsächlich stehen biobasierte Materialien den Eigenschaften erdölbasierter Kunststoffe in kaum noch etwas nach. Dafür sorgen unter anderem Patrick Hirsch und Kollegen am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle. Zusammen mit weiteren Kooperationspartnern aus Forschung und Industrie haben sie ein auf Buchenholz basierendes Biopolymer entwickelt, das sowohl in der Automobilindustrie als auch bei Kinderspielzeug zum Einsatz kommen könnte.
Kiefer und Fichte werden durch Buche ersetzt
Das IMWS in Halle ist Teil des Spitzenclusters „BioEconomy“ und ist hier für das Verbundprojekt „Polymere Materialien und Bauteile aus Biomasse“ zuständig. Das Großprojekt wurde zwischen September 2012 und Juni 2016 mit insgesamt knapp 754.000 Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Der promovierte Wirtschaftsingenieur Patrick Hirsch leitete dabei das Teilprojekt BioWPC. Das Kürzel WPC steht für wood plastic composites – Verbundwerkstoffe aus Holz und Kunststoffen. Als Rohstoff diente den Forschern das Holz der Buche. Der Laubbaum ist in den deutschen Wäldern auf dem Vormarsch und löst zunehmend die Fichte ab. „In unserem Teilprojekt wollten wir die molekulare Ebene erkunden und herausfinden, wie man Lignin und Cellulose der Buche nutzen und daraus möglicherweise sogar neue Werkstoffe kreieren kann“, sagt Hirsch.
Neues Co-Biopolymer senkt Schmelztemperatur
Tatsächlich wird Holz schon seit vielen Jahren als Verstärkung in Kunststoffmaterialien eingesetzt, und auch viele Biopolymere wurden bereits aus sogenanntem Matrixmaterial hergestellt. „Der Vorteil von Biopolymeren ist, dass sie eine sehr gute Bindung mit den Verstärkungsfasern eingehen und dadurch für bessere mechanische Eigenschaften im Endprodukt sorgen“, erklärt Hirsch. Allerdings lag genau hier auch einer der Knackpunkte des Projekts: „Die Schmelztemperaturen und Verarbeitungstemperaturen der von uns favorisierten Biopolymere liegen bei etwa 240 bis 250 Grad Celsius. Bei diesen hohen Temperaturen degradieren jedoch die meisten eingesetzten Holzfasern.“
In Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam kreierten die Hallenser Forscher ein völlig neues und komplett biobasiertes Co-Polymer aus zwei verschiedenen Biopolyamiden. „Dadurch konnte die Verarbeitungstemperatur gesenkt werden und in die niedrigschmelzenden Bio-Polyamide konnten dann die Holzfasern eingebaut werden, ohne dass diese durch die Hitze geschädigt wurden“, erklärt Hirsch.
Biobasiert, aber nicht biologisch abbaubar
Zwar lag der Fokus des Projektes auf der biobasierten Herkunft des Materials, nicht aber auf einer biologischen Abbaubarkeit der Produkte. Hirsch und seine Kooperationspartner arbeiteten anfangs eng mit der Automobilindustrie zusammen. Seitens der Autobauer bestand großes Interesse, Teile des Innenraums, der Türen oder der Sitzstrukturen aus Biokunststoff zu fertigen, denn die biobasierten Bauteile sind oft wesentlich leichter. Für potenzielle Kunden ist es jedoch enorm wichtig, dass der Autoinnenraum auch nach mehreren Jahren noch „wie neu“ aussieht und funktioniert, und sich nicht etwa nach 10 bis 15 Jahren selbst abbaut.
Ohne Hemicellulose steigt thermische Beständigkeit
In einem weiteren Teilprojekt haben Hirsch und seine Kollegen zudem untersucht, warum die Buchenholzfasern so anfällig für Hitze sind, und welche Bestandteile am empfindlichsten reagieren. „Wir haben die Mikrostrukturen der Fasern chemisch und molekularbiologisch sehr genau untersucht und konnten gut zeigen, dass es an der Hemicellulose, also dem Kleber zwischen Lignin und Cellulose, liegt.“
Anschließend haben die Wissenschaftler chemische Prozesse entwickelt, wie man diese Hemicellulose-Bestandteile an der Oberfläche und einige Mikrometer darunter entfernen, und somit die thermische Beständigkeit verbessern kann. „Durch diese Problemlösung von zwei Seiten – mit niedrigerem Schmelzpunkt und weniger Hemicellulose – konnten wir das Prozessfenster für unsere neuen Biopolymere immer mehr vergrößern“, sagt Hirsch. Diese könnten jetzt mit Standardmaschinen und herkömmlichen Spritzgussmaschinen verarbeitet werden, so der Wirtschaftsingenieur.
Industriereife Produktion
Tatsächlich gab es im Projekt auch eine Großproduktionsphase, in der die Partner an einem Tag etwa 500 Kilogramm Material hergestellt haben. Dabei wurden pro Stunde 80 bis 90 Kilogramm Material zu Granulat verarbeitet, aus dem sich dann mittels herkömmlicher Spritzgussverfahren Bauteile fertigen ließen.
Prozessseitig stünde einer großflächigen Anwendung also nichts mehr im Weg. „Allerdings sind die fertigen biobasierten Stücke noch immer teurer als herkömmlich produzierte Materialien.“ So liegen Biopolyamide derzeit bei etwa 8 bis 10 Euro pro Kilogramm, während erdölbasierte Kunststoffe nur mit etwa 2 bis 3 Euro pro Kilogramm zu Buche schlagen. „Die Kosten können vermutlich nie ganz angeglichen werden“, so Hirsch. „Vielmehr muss bei den Verbrauchern der Wille und die Einsicht entstehen, dass biobasierte Materialien mehr wert sind, weil sie hochwertiger sind, durch bessere Eigenschaften lange halten und gut für die Umwelt sind.“ Der Nachhaltigkeitsaspekt müsse positiv in den Köpfen ankommen und wertvoll erscheinen.
Know-how fließt in Fahrradsitze und Spielzeug
Während dieses BioWPC-Projektes lag der Fokus jedoch nicht auf Marketing und Marktplatzierung, sodass es trotz der vorhandenen technischen Möglichkeiten noch kein Produkt aus dem Forschungsvorhaben auf den freien Markt geschafft hat. Hirsch und Kollegen nutzen jedoch ihr gewonnenes Know-how für bereits gestartete Nachfolgeprojekte. „Wir arbeiten inzwischen an sogenannten Add-on-Lösungen wie Kindersitzen aus biobasiertem Material sowohl für das Fahrrad als auch das Auto. Zudem entwickeln wir auch noch nachhaltiges, biobasiertes Kinderspielzeug“, berichtet Hirsch. Sein Fazit: „Wir konnten in unserem Teilprojekt zeigen, dass alles, was bisher aus thermoplastischen Kunststoffen hergestellt wurde, jetzt aus Biopolymeren produziert werden könnte und die Technologie bereits dafür bereitsteht.“ Nun müsse nur noch das Verständnis und die Akzeptanz in der Bevölkerung weiter wachsen, damit sich solche Produkte für den Auftraggeber in Zukunft auch wirtschaftlich lohnen.
Autorin: Judith Reichel
Be it in the food industry, in furniture or construction materials, more customers than ever before are taking an interest in the sustainability of new products. In fact, in many instances biobased materials are now in a position to compete with the characteristics of petroleum-based plastics. Among others, Patrick Hirsch and his colleagues at the Halle-based Fraunhofer Institute for Microstructure of Materials and Systems (IMWS) are working to make this an everyday reality. Together with partners in research and industry, they have developed a beech wood-based biopolymer that could one day find use in the automotive industry as well as in children’s toys.
Pine and spruce supplanted by beech
The IMWS in Halle is a member of the leading-edge ‘BioEconomy’ cluster and is responsible for the joint project ‘Polymere Materialien und Bauteile aus Biomasse’ (Polymer materials and components from biomass). Between September 2012 and June 2016, the large-scale project received funding of just under €754,000 from the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF). The industrial engineer Patrick Hirsch is heading the sub-project BioWPC, whereby the abbreviation WPC stands for wood plastic composites. The researchers’ raw material of choice is beech wood. This broad-leafed tree is increasingly prevalent in Germany’s forests, and is taking the place of spruce as an industrial raw material. “Our sub-project focused on the molecular level, and was aimed at finding out how we could utilise lignin and cellulose derived from beech, and even use these to create new materials,” says Hirsch.
New co-biopolymer lowers melting point
Wood has been used as a reinforcement in synthetic materials for many years now, and numerous biopolymers are already manufactured using these so-called matrix materials. “The advantage of biopolymers is that they bond extremely well with the reinforcing fibres, and thus provide better mechanical properties in the end product,” explains Hirsch. Unfortunately, it was precisely this quality that represented one of the project’s difficulties: “The melting and processing temperatures of our favoured biopolymers are around 240 to 250 degrees Celsius. However, most of the wood fibres that we use will degrade at these high temperatures.”
In cooperation with the Fraunhofer Institute for Applied Polymer Research IAP in Potsdam, the researchers in Halle used two different bio-polyamides in order to create an entirely new and completely biobased co-polymer. “This permitted a lower processing temperature, and the wood fibres could thus be incorporated with the low-melting bio-polyamides without being damaged by the heat,” explains Hirsch.
Bio-based but not biodegradable
While the focus of the project was on the bio-based origins of the material, it did not consider the biodegradability of the products. At the outset, Hirsch and his cooperation partners worked closely alongside the automotive industry. For the carmakers, the interest was primarily on the creation of bioplastic components for the interiors – for instance doors or seat structures, because bio-based parts are frequently much lighter. For potential customers, on the other hand, it is very important that the interior of the car looks and functions ‘as new’ even after several years, and does not begin to degrade after 10 to 15 years.
Without hemicellulose, thermal stability increases
In a different subproject, Hirsch and his colleagues also examined why beech wood fibres are so susceptible to heat, and which specific constituents are the most sensitive. “We studied the microstructures of the fibres in detail, both chemically as well as their molecular-biological basis, and were able to demonstrate that it is due to the hemicellulose, which is the glue between the lignin and the cellulose.”
In a subsequent phase, the scientists developed a series of chemical processes for removing these hemicellulose constituents on the surface as well as a few microns below, which had the effect of improving thermal stability. “By solving this problem from two sides – with a lower melting point and less hemicellulose – we were able to increase the process window for our new biopolymers by ever-increasing amounts,” says Hirsch. According to the industrial engineer, the materials can now be processed with conventional machines and standard injection moulding technology.
Industry-ready production
To underline the effectiveness of their new developments, the project undertook a phase of large-scale production, during which the partners produced around 500 kilograms of material in a single day. This involved the processing of 80 to 90 kilograms of material per hour into granules, from which components could be produced using conventional injection moulding.
On the process side, there is now little standing in the way of a large-scale application. “Despite our successes, the finished biobased objects are still more expensive than conventionally produced materials.” Biopolyamides are currently around €8 to €10 per kilogram, while petroleum-based plastics are around €2 to €3 per kilogram. “The costs are unlikely to be fully brought into line,” thinks Hirsch. “Rather, we need the willingness and understanding on the side of consumers that these bio-based materials are of greater worth because they are higher-quality, last longer due to better properties, and are good for the environment.” In short, the aspect of sustainability has to catch on in people’s minds and be perceived as valuable.
Know-how being put to use for bicycle seats and toys
There was little emphasis on marketing and market placement during the BioWPC project, meaning that despite the technical possibilities now available, no product from the research project has made it onto the free market. Nevertheless, Hirsch and his colleagues have already begun to apply their expertise in a number of follow-up projects. “We’re now working on so-called add-on solutions, such as child seats made of biobased material, both for bikes and cars. We’re also developing sustainable, biobased children’s toys,” reports Hirsch. His conclusion: “In our subproject, we were able to demonstrate that everything previously made of thermoplastics can now be manufactured using biopolymers, and the technology needed to do this is already available.” What is needed now is for this appreciation and acceptance to take hold among the general public, so that in the future these kinds of products also make economic sense for industry and manufacturers.
Author: Judith Reichel
24 weltweit führende akademische Institute und Regierungsorganisationen haben das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und der allgemeinen Gesundheit der Menschen unter die Lupe genommen, und deren Auswirkungen auf Regierungszugeständnisse im Rahmen des Pariser Klimaabkommens analysiert. Der Lancet Countdown 2017 Report wurde am 31. Oktober vorgestellt.
Folgen des Klimawandels sind irreversibel
Der Report ist schon die zweite Klima-Analyse die auf Initiative des britischen Wellcome Trusts und des Medizin-Fachjournals The Lancet erschienen ist. 2015 wurde eine "Lancet Commission on Health & Climate Change" gegründet, in der akademischen Einrichtungen und die Weltgesundheitsorganisation WHO eng zusammenarbeiten. In dem Report von 2015 kamen die Forscher zu dem Schluss: der von Menschenhand herbeigeführte Klimawandel gefährdet die Fortschritte und Errungenschaften der vergangenen fünf Jahrzehnte im Gesundheitswesen. Ein promptes und umfassendes Handeln, um den Klimawandel aufzuhalten, sei die beste Möglichkeit, die Gesundheit der Menschen weltweit zu fördern. Der diesjährige Report untersuchte 40 Indikatoren in fünf Gebieten und kommt zu dem Ergebnis: viele Folgen der globalen Erwärmung sind irreversibel. Zudem gefährde jegliche Verzögerung im Kampf gegen den Klimawandel Menschenleben und bedrohe Existenzgrundlagen.
Krankheiten breiten sich aus, Ernteerträge brechen ein
Durch die globale Erwärmung weiten sich außerdem auch die Territorien von Schädlingen und krankheitsübertragenden Tieren aus. So war der Lebensraum der Gelbfiebermücke Aedes aegypti, die das Dengue und das Zikavirus auf den Menschen übertragen kann, früher auf die Tropen begrenzt. Doch mit den steigenden Temperaturen weltweit vergrößerte sich auch ihr Verbreitungsgebiet. Mittlerweile sind Mücke und Dengue-Virus bereits in Südeuropa, dem Süden der USA und in Australien angekommen. Demnach trat laut WHO das Dengue-Fieber bis 1970 in nur neun Ländern gehäuft auf. Mittlerweile sind es über 100 Länder.
Neben den direkten gesundheitlichen Folgen durch die Ausbreitung bestimmter Krankheiten kommt es auch zu indirekten gesundheitlichen Schäden durch den Klimawandel, etwa Mangelerscheinungen durch Unterernährung. Denn steigende Temperaturen verringern vielerorts die Ernteausbeute von Getreide und anderen Lebensmitteln. Beispielsweise sinkt die Weizenernte jedes Mal um 6% und die Reisernte sogar um 10%, wenn sich die Temperatur in der Erdatmosphäre um ein Grad Celsius erhöht. In warmen Ozeanen leben zudem weniger Fische; diese wiederum enthalten lebenswichtige Mikronährstoffe wie Zink und Omega-3-Fettsäuren.
Experten und Themen zu allen Klimaaspekten
Der "Lancet Countdown"-Report ist der Ergebnis der Zusammenarbeit von 24 akademischen Instituten und internationalen Organisationen wie der WHO erstellt. Dabei sind alle Kontinente und viele verschiedene Disziplinen vertreten: Klimaforscher, Ökologen, Ökonomen, Ingenieure, Experten der Energie-, Ernährungs- und Transportsysteme, Geographen, Mathematiker, Sozial- und Politikwissenschaftler, Mitarbeiter des öffentlichen Gesundheitswesens sowie Mediziner. In dem Bericht werden jährlich Indikatoren aus fünf Bereichen vorgestellt: Anfälligkeiten für den - und Auswirkungen des Klimawandels; Anpassungs- und Widerstandfähigkeit der Gesundheit; Klimaschutzmaßnahmen und positive Nebeneffekte auf die Gesundheit; Wirtschafts- und Finanzwesen; öffentliches und politisches Engagement. Der Bericht beinhaltet außerdem Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträger.
jmr
24 leading academic institutions and inter-governmental agencies have been working together to track current progress on the relationship between public health and climate change, and their implications for governments’ commitments under the Paris Climate Agreement. The Lancet Countdown’s 2017 report was launched on the October 31st.
Consequences of climate change potentially irreversible
The report follows up on the work of the 2015 Lancet Commission, which concluded that anthropogenic climate change threatens to undermine the last 50 years of gains in public health, and conversely, that a comprehensive response to climate change could be “the greatest global health opportunity of the 21st century”. The Lancet Countdown's 2017 report tracks 40 indicators across five areas, and culminated in the conclusions that the human symptoms of climate change are unequivocal and potentially irreversible and that the delayed response to climate change over the past 25 years has jeopardised human life and livelihoods.
Diseases are spreading, harvest yields are decreasing
According to the authors, one consequence of global warming is the migration and expansion of disease carrying vermin, such as the mosquito that is spreading dengue fever. The insect used to be confined to tropical areas, however, due to warmer temperatures worldwide they were able to expand their territory and have now spread to the south of Europe, the south of the US, and even to Australia. This expansion of the disease-bringing mosquito translates to a drastic increase in dengue fever infections. While the WHO counted nine countries with severe dengue fever outbreaks in 1970, today there are more than 100 countries that report regular infections.
Moreover, due to increased temperatures, harvest yields are decreasing. For instance the authors calculate, the global harvest yield of wheat decreases by 6% each time the global temperature rises by one degree Celsius. Rice yields even decrease by 10% each time temperatures rise. Additionally, warming oceans are endangering the fishing industry, diminishing yet another food source.
Experts from five domains converge
The Lancet Countdown exists as a collaboration between 24 academic institutions and inter-governmental organisations, based in every continent, and with representation from a wide range of disciplines, including: climate scientists, ecologists, economists, engineers, experts in energy, food and transport systems, geographers, mathematicians, social and political scientists, public health professionals, and physicians. The collaboration reports annual indicators across five domains: climate change impacts, exposures and vulnerability; adaptation planning and resilience for health; mitigation actions and health co-benefits; economics and finance; and public and political engagement.
jmr
Das Start-up grünerdüngen GmbH der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Dresden sowie deren Lehrstuhl für Ökologischen Landbau wurden mit dem Sächsischen Umweltpreis 2017 ausgezeichnet. Der Preis wurde Ende Oktober von Thomas Schmidt, dem Sächsischen Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, an die Preisträger Beate Wunderlich, Simon Scheffler und Torsten Mick von grünerdüngen sowie Knut Schmidtke, Professor für Ökologischen Landbau, verliehen und ist mit 9.000 Euro dotiert.
Gründerstipendium für Kleedünger
Bereits im März erhielt das Unterfangen im Rahmen des Programms „EXIST-Existenzgründungen aus der Wissenschaft“ ein Stipendium des Bundeswirtschaftsministeriums. Ziel ist es, einen komplett biobasierten Dünger aus Klee herzustellen und an den Markt zu bringen. Denn, wie für Hülsenfrüchte typisch, leben Kleewurzeln in Symbiose mit Knöllchenbakterien, die Stickstoff aus der Luft fixieren können. Dieser wiederum ist ein essenzieller Nährstoff für Pflanzen und ist in Klee-Biomaterial in relativ hohen Mengen vorhanden. Durch ein spezielles Ernte- und Aufbereitungsverfahren wird aus reinem Bio-Klee das biologische Düngemittel in Pelletform. Der Biodünger, genannt KleePura, wird bereits seit Juni 2017 im Naturkostfachhandel angeboten, und soll ab 2018 auch in regionalen Baumärkten erhältlich sein.
Prämiertes Produkt: KleePura
Prämiert wurde KleePura in der Kategorie „Umweltfreundliche Produkte“, wobei besonders die Entwicklung und Vermarktung des ersten und komplett aus dem ökologischen Landbau stammenden Bio-Düngemittels honoriert wurden. Der Biodünger wurde im Rahmen eines vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung geförderten Forschungsprojektes an der Professur Ökologischer Landbau von 2013 bis 2016 entwickelt.
jmr
Am 31. Oktober hat der Clariant-Verwaltungsrat die Investition in eine neue kommerzielle Großanlage zur Produktion von Cellulose-Ethanol aus Pflanzenreststoffen bekanntgegeben. Zur Anwendung kommt hier die von Clariant entwickelte sunliquid-Technologie. Dieses Verfahren testet Clariant bereits seit fünf Jahren in einer Demonstrationsanlage im bayerischen Straubing. Die neue Anlage mit einer jährlichen Produktionskapazität von 50.000 Tonnen wird im Südwesten Rumäniens errichtet. Die Einrichtung soll als Referenzanlage die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der sunliquid-Technologie im kommerziellen Maßstab unter Beweis stellen.
Nächste Stufe gezündet für sunliquid-Verfahren
„Clariant investiert laufend in die Entwicklung nachhaltiger Produkte und innovativer Lösungen wie sunliquid. Dieses bahnbrechende Verfahren demonstriert eindrucksvoll die Produktion effizienter, nachhaltiger und fortschrittlicher Biokraftstoffe und zeichnet sich darüber hinaus durch sein großes Potenzial als Technologieplattform für eine Vielzahl biobasierter Materialien aus“, so Christian Kohlpaintner, Mitglied des Executive Committee bei Clariant.
Neue Geschäftssparte für Biokraftstoffe geschaffen
Um sich weiter auf die Kommerzialisierung von Bioethanol, Lizenzen und Enzymen zu fokussieren, hat Clariant eine neue Business Line namens Biofuels & Derivatives gegründet, die Teil des Geschäftsbereichs Catalysis ist. Ab Januar 2018 gehen sämtliche Aktivitäten und Kosten in Zusammenhang mit der sunliquid-Technologieplattform auf dieses Geschäftssparte über. Im September dieses Jahres hatte Clariant eine Technologie-Lizenzvereinbarung mit Enviral geschlossen.
„Nach fünfjährigem Betrieb unserer vorkommerziellen sunliquid-Anlage in Straubing, Deutschland und sorgfältiger Prozessdemonstration sind wir jetzt bereit für den Scale-up auf die nächste Stufe“, erläutert Markus Rarbach, Leiter Start-up-Geschäft Biofuels & Derivates bei Clariant. Die Investition bringe auch erhebliche ökonomische Vorteile für die Region mit sich. Durch die regionale Beschaffung von Rohstoffen sind maximale Einsparungen von Treibhausgasen möglich und in der Region entsteht zusätzliche Wertschöpfung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Errichtung der Anlage von EU gefördert
In einem nächsten Schritt finden ausführliche technische Planungen vor dem offiziellen Spatenstich statt, der für 2018 geplant ist. Die Auslieferung der ersten Produktcharge aus der Anlage ist für 2020 vorgesehen. Von der Anlage wird ein Umsatzpotenzial im mittleren zweistelligen Millionenbereich durch sunliquid-Cellulose-Ethanol erwartet. Der Aufbau der Bioraffinerie-Großanlage wird von der EU im Rahmen des Bio-Based Industries Joint Undertaking (BBI) unterstützt.
Bei voller Kapazitätsauslastung verarbeitet die neue Anlage pro Jahr ca. 250.000 Tonnen Weizenstroh und sonstiges Getreidestroh, das von lokalen Landwirten bezogen wird. Im Prozess entstehende Nebenprodukte werden zur Erzeugung erneuerbarer Energie verwendet. Ziel hierbei ist die Unabhängigkeit der Anlage von fossilen Energiequellen. Daher ist das entstehende Cellulose-Ethanol ein praktisch klimagasneutraler, fortschrittlicher Biokraftstoff.
Clariant hatte eine Fusion mit dem US-Chemiekonzern Huntsman angestrebt. Ende Oktober wurde die geplante Fusion jedoch abgesagt, nachdem ein Clariant-Investor den Plan infrage gestellt hatte.
pg
Clariant, a specialty chemicals company based in Switzerland and with a demonstration plant in Straubing, Germany, will invest in a new full-scale commercial biorefinery for the production of cellulosic ethanol from agricultural residues using its sunliquid® technology. The new plant, with an annual production capacity of 50.000 tons, will be built in the south-western part of Romania.
Ready for scale-up
Just a little over a month ago, Clariant announced the licensing of their sunliquid® technology to Enviral, a member of the Envien Group. "After five years of operating our pre-commercial sunliquid® plant in Straubing, Germany, and thorough process demonstration we are now ready to scale-up to the next level", explains Markus Rarbach, Head of Start-up Business Biofuels & Derivatives at Clariant. "It is the next big step into an attractive market and a significant advancement in the successful commercialization of this highly innovative and sustainable technology." The investment also brings substantial economic benefits to the region. By locally sourcing feedstock, greenhouse gas savings can be maximized and additional business opportunities arise in the region along the value chain.
Cellulosic ethanol: a truly sustainable biofuel
At full capacity, the new plant will process approximately 250.000 tons of wheat straw and other cereal straw annually, which will be sourced from local farmers. Co-products from the process will be used for the generation of renewable energy with the goal of making the plant independent from fossil energy sources. Therefore, the resulting cellulosic ethanol is an almost carbon neutral and truly sustainable, advanced biofuel. It is produced from agricultural residue such as wheat straw and corn stover that is obtained from farmers. The straw is converted into cellulosic sugars followed by fermentation of cellulosic sugars to cellulosic ethanol. By using agricultural residue, cellulosic ethanol can extend current biofuels production to new feedstocks and improved performance. Cellulosic sugars also have the potential to serve as a building block for future production of bio-based chemicals.
Construction will start in 2018
To further focus on the commercialization of bio-ethanol, licenses and enzymes, Clariant has set-up a new Business Line Biofuels & Derivatives, as part of the Business Area Catalysis. As of January 2018, all activities and costs related to the sunliquid® technology platform will be transferred from Corporate Costs to the Business Line Biofuels & Derivatives.
Construction for the new biorefinery in Romania will start in 2018. The plant is anticipated to deliver its first batch of product in 2020. Peak sales from the sunliquid® cellulosic ethanol plant are expected to be in the mid double-digit million range. The project receives funding from the European Union's Seventh Framework Program for research, technological development and demonstration and from the Bio-Based Industries Joint Undertaking under the European Union's Horizon 2020 research and innovation program.
jmr
Phosphor ist ein essenzieller Nährstoff für Pflanzen. Allerdings ist er in vielen Böden nicht in ausreichenden Mengen vorhanden, sodass er entweder über Dünger zugefügt werden muss oder die Pflanzen nicht optimal wachsen können. Umso bedeutsamer sind die neuen Erkenntnisse von Forschern der Universität Köln: Sie haben einen bisher unbekannten Pilz entdeckt, der Pflanzen mit dem wichtigen Mineralstoff Phosphor versorgt. Vor allem im Hinblick auf begrenzte Bodenressourcen könnte diese Symbiose künftig eine enorme Hilfe für die Landwirtschaft sein. Die Forscher haben ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „PNAS“ veröffentlicht.
Bisher unbekannter Pilz versorgt Phosphor
„Die Ergebnisse der Arbeit sind wichtig für das Verständnis der Kooperation von Pflanzen mit den Kleinstlebewesen, die zu Abertausenden ihre Wurzeln besiedeln“, sagt Marcel Bucher vom Exzellenzcluster CEPLAS (Cluster of Excellence on Plant Science). Diese Kleinstlebewesen, die in großer Zahl Pflanzen besiedeln, werden zusammengefasst auch Mikrobiom genannt. Zu diesem gehören auch die Pilze aus dem Boden. Wie die Forschergruppe unter der Leitung von Bucher nun herausgefunden hat, versorgt ein bisher unbekannter Pilz aus dem Mikrobiom in der Wurzel von Arabis alpina (Alpen-Gänsekresse) seine Wirtspflanze bei nährstoffarmen Böden mit Phosphor und fördert so ihr Wachstum. Mit ihren Ergebnissen haben die Forscher das Rätsel der Alpen-Gänsekresse gelüftet, wie diese sogar auf phosphorarmen Böden gut gedeihen kann. Tatsächlich bilden die meisten Landpflanzen mit bestimmten Bodenpilzen eine sogenannte Mykorrhiza-Symbiose, die für die Pflanze äußerst förderlich ist. Allerdings gibt es diese Art der Symbiose bei Arabis alpina nicht.
Pflanzen filtern Kleinstlebewesen im Boden
Nachdem der besondere Mikrobiom-Pilz identifiziert war, stellte sich für die Forscher die Frage, ob auch andere die Pflanze auch von anderen Pilzen profitieren würde. Dazu wurde in einem ersten Schritt das Mikrobiom der Wurzel untersucht und ein kurzer, für Pilze typischer Genomabschnitt sequenziert. Dadurch konnten Rückschlüsse auf die Identität und die Funktionen der Pilze im Mikrobiom gezogen werden. Anschließend analysierten die Wissenschaftler die biologische Vielfalt und evolutionären Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Pilzarten. Das Ergebnis: Die Diversität der Pilze ist im unbepflanzten Boden am höchsten und im Wurzelinnern am niedrigsten. „Dies deutet darauf hin, dass Pflanzen als Filter für Kleinstlebewesen im Boden wirken können und die Fähigkeit besitzen, bestimmte Pilzkonsortien auszuwählen“, so Bucher. Mit anderen Worten, diese Symbiose funktioniert nur mit diesem speziellen Pilz.
Helotiales-Pilz verbessert Wachstum auf phosphorarmen Böden
Parallel dazu wurden zahlreiche Pilze aus der Arabiswurzel im Labor in kultiviert. „Wir konnten eine bisher unbekannte Pilzart aus der Ordnung der Helotiales detailliert untersuchen, die unter den rauen Bedingungen in den französischen Alpen sehr häufig auftritt und folglich wohl eine wichtige Funktion für das Überleben der Pflanze ausübt“, sagt Bucher. Dieser Helotiales-Pilz lebt im Inneren der Wurzel, wächst dabei in einzelne Wurzelzellen hinein und verbindet das Wurzelinnere über Pilzfäden mit dem Wurzelraum außerhalb der Wurzel. Auf phosphorarmen Böden wachsen Pflanzen mit diesem Pilz in ihrem Mikrobiom deutlich besser, und die Forscher konnten ein erhöhte Phosphoraufnahme der Pflanze feststellen.
jmr
Crowdfunding ist ein beliebtes Finanzierungsmodell vor allem für Start-ups. Mit GREEN ROCKET hat Gründer und Geschäftsführer Wolfgang Deutschmann 2013 erstmals in Europa eine Plattform für Investments in grünen Ideen etabliert. Das einst in Österreich beheimatetet Portal will vor allem Geschäftsideen aus den Bereichen Energie, Umwelt, Mobilität und Gesundheit Starthilfe geben. Seit diesem Jahr ist die Crowdfunding-Plattform auch für Start-ups aus Deutschland offen. Die ersten Kampagnen waren erfolgreich, weitere sind bereits geplant.
Die Züchtung von Nutzpflanzen ist aufwendig. Bis zu zehn Jahre können vergehen, ehe nach einer Kreuzung und etlichen Selektionsschritten eine Zuchtlinie entsteht und als neue Sorte für den Ackerbau zugelassen wird. Gefragt sind neue Pflanzensorten mit vielen Talenten. „Am Ende muss die Sorte einen hohen Ertrag haben und ertragsstabil sein. Sie muss aber auch eine gewisse Stressresistenz gegenüber Krankheiten und Trockenheit haben“, erklärt Jutta Ahlemeyer, Saatzuchtleiterin bei der Deutschen Saatveredelung AG.
Pflanzenzüchtungs-Prozess verkürzen
Für die Pflanzenzüchtung ist es eine Herausforderung diesen langen Zeitraum mit neuen Methoden zu verkürzen. Bisher ist der Einsatz der markergestützten Selektion etabliert, der auch als Smart Breeding bekannt ist. Smart Breeding wird benutzt, um schon früh in der Entwicklung einer Pflanze zu prüfen, ob sie ein bestimmtes Merkmal besitzt und damit etwa als Kreuzungspartner geeignet ist. Solche molekularen Marker liegen im DNA-Strang in der Nähe von Genen, die einen großen Einfluss auf das betreffende Merkmal haben. Gut geeignet ist Smart-Breeding für die Selektion einer Reihe von Krankheitsresistenzen. Wird eine Resistenz durch ein einzelnes Gen vererbt, reicht es im Selektionsprozess aus, einen gekoppelten molekularen Marker zu untersuchen anstatt einen aufwendigen Resistenztest durchzuführen. Viele ökonomisch wichtige Merkmale wie zum Beispiel der Ertrag lassen sich durch den Blick auf einzelne molekulare Marker jedoch nicht abschätzen, weil für ihre Ausprägung nicht nur ein Gen, sondern eine Vielzahl von Genen verantwortlich ist.
Genomische Selektion in der Gerstenzüchtung
Abhilfe kann hier eine Methode schaffen, die in der Rinderzucht bereits seit Längerem Anwendung findet: die genomische Selektion. Anders als beim Smart Breeding werden hierbei nicht nur einzelne molekulare Marker analysiert, sondern Zehntausende. Indem für eine große Population von Pflanzen der Phänotyp detailliert beschrieben wird und gleichzeitig das ganze Genom mit einer Vielzahl molekular Marker untersucht wird, können sogenannte „genomische Zuchtwerte“ geschätzt werden. Möglich wird dies durch entsprechende bioinformatische Methoden.
Forscher um Jutta Ahlemeyer haben im Verbundprojekt „BARSELECT“ untersucht, ob die Methode der genomischen Selektion auch in der Gersten-Züchtung etabliert werden kann. An dem Projekt waren weitere Partner aus Industrie sowie Forschung beteiligt. Das Vorhaben wurde zwischen 2011 und 2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie der Zukunft“ mit rund 1,5 Mio. Euro gefördert. Weitere 570.000 Euro steuerten die beteiligten Unternehmen bei.
Mit Markern Zuchtlinien besser einschätzen
Im Projekt BARSELECT konzentrierten sich die Forscher auf die Wintergerste. „Unser großes Ziel war es, mit Unterstützung von Markern Zuchtlinien besser einzuschätzen und deren Leistung vorherzusagen, um ohne eine weitere Phänotypisierung in eine neue Kreuzungsrunde zu gehen“, so Ahlemeyer. 750 Wintergerste-Linien – das sogenannte Trainingsset - wurden über zwei Jahre in Feld- und Klimakammer-Versuchen auf relevante Merkmale wie Ertrag, Trockentoleranz und Wurzelwachstum untersucht. Neben komplexen Merkmalen wie dem Kornertrag wählten die Forscher auch Eigenschaften, die von relativ wenigen Genen beeinflusst werden und die daher relativ einfach vorherzusagen sein sollten, wie etwa die Wuchshöhe und der Zeitpunkt des Ährenschiebens.
Sämtliche von den Projektpartnern bereitgestellten genotypischen und phänotypischen Daten wurden von der Universität Hohenheim analysiert. Basierend auf sogenannten SNP-Markern wurden die Unterschiede im Genom der einzelnen Linien bestimmt und mit ihren Merkmalen verglichen. „Die Aufgabe war, auf Grundlage der Daten, die wir in den ersten zwei Jahren am Trainingsset aufgenommen hatten, die Leistung der Zuchtlinien in einem Validierungsset im dritten Jahr allein aufgrund der molekularen Marker vorherzusagen“, erklärt Ahlemeyer. Während die Forscher rechneten, wurden die Merkmale von 750 neue Linien, die mit den Linien des Trainingssets unterschiedlich stark verwandt waren, in Feld- und Klimakammer-Versuchen untersucht. Ein Vergleich der von den Wissenschaftlern auf Basis der Marker vorhergesagten Werte mit den tatsächlich im Feld ermittelten Eigenschaften ermöglichte es, die Genauigkeit der Methode zu beurteilen.
Bienen und Hummeln sind als Bestäuber wichtige landwirtschaftliche Gehilfen. Sie sichern das Überleben vieler Pflanzen und fördern gleichfalls die Biodiversität. Untersuchungen belegen auch, dass die Bestäubung durch Insekten einen wichtigen Einfluss auf Ertrag und Qualität von Obst und Gemüse hat. Im Obst- und Gartenbau werden die fliegenden Helfer daher seit Langem zur Ertragssteigerung genutzt. Einzelne Insektenarten wie etwa Hummeln werden für ihren Einsatz im Tomaten-Gewächshaus beim Versandhandel bestellt. Beim Anbau von Gewürz- und Arzneipflanzen ist die Bestäubung durch Insekten bisher nicht üblich, aber denkbar.
Insektenbestäubung bei Kräutern gezielt managen
Agrarökologen der Universität Bonn wollen daher untersuchen, ob auch beim Anbau von Fenchel, Lein und Thymian eine gezielte Insektenbestäubung erfolgreich ist. Das Team verspricht sich davon nicht nur höhere, sondern auch qualitativ bessere Erträge sowie mehr Biodiversität und Vorteile für die Agrarökosysteme. Ziel ist die Entwicklung eines Managmentsystems zur gezielten Bestäubung durch Insekten, wie es im Obst- und Gemüseanbau bereits Praxis ist.
Neue Insekten als Bestäuber fördern
In den kommenden drei Jahren wollen die Wissenschaftler ergründen, welche Insekten bundesweit die etwa 125 angebauten Kräuterpflanzen bestäuben. "In diesem Projekt wollen wir nicht mit aus Zuchten stammenden Hummelvölkern oder ausschließlich mit Honigbienen arbeiten, sondern vor allem auch mit ehemals einheimischen Arten, die wir fördern bzw. wieder ansiedeln. Dadurch können wir eine Faunenverfälschung auch auf genetischer Ebene ausschließen“, erklärt Tierökologe Andreé Hamm.
Einfluss auf Ernte und Artenvielfalt
Im Fokus der Untersuchung stehen Fenchel, Lein und Bohnenkraut. Hier wollen die Forscher untersuchen, welchen Einfluss die Insektenbestäubung auf Qualität und Menge der Ernte hat. Zugleich sollen Möglichkeit ausgelotet werden, wie die fliegenden Helfer gezielt gefördert werden können und wie benachbarte Kulturen davon profitieren. „Wir planen zudem einen Vergleich mit geförderten, klassischen Agrarumweltmaßnahmen wie Blühstreifen. Eventuell haben Arznei- und Gewürzpflanzen sogar höhere Effekte in punkto Artenvielfalt, gleichzeitig bringen sie aber noch einen wirtschaftlichen Ertrag“, sagt Projektleiter Ralf Pude.
Mehr heimische Kräuter für die Industrie
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen schließlich in Praxisanleitungen und Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität einfließen. Zudem soll die Nutzung heimischer pflanzlicher Rohstoffe im Pharma-, Kosmetik- und Nahrungsmittelbereich gesteigert werden. Bisher werden lediglich 15% des Bedarfs durch in Deutschland angebaute Kräuter abgedeckt. Doch das Interesse der Industrie wächst.
bb
Herkömmliche Schmiermittel wie Motoröl bestehen meist aus erdölbasierten Substanzen. Sie sind umweltschädlich und ihre Entsorgung problematisch. Biologische Reststoffe wie Lebensmittelabfälle oder Agrarrückstände könnten hier eine Alternative bieten. Im soeben gestarteten Verbundprojekt „PHAt“ wollen Forscher vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik UMSICHT gemeinsam mit Industriepartnern daher Verdickungs- und Bindemittel aus biotechnologisch hergestelltem Polyhydroxyalkanoat (PHA) entwickeln. Das Biopolymer wird bereits zur Herstellung von Biokunststoffen vor allem für Lebensmittelverpackungen verwendet.
PHA-Biopolymere nutzen
„Die Idee PHA als Verdickungs- und Bindemittel in Schmierstoff-Anwendungen zu nutzen ist neu aber vielversprechend. PHA wird biotechnologisch hergestellt. Als Kohlenstoffquelle für die produzierenden Mikroorganismen können biogene Reststoffe verwendet werden. Die aus dem PHA resultierenden Schmiermittel sind sowohl biobasiert als auch bioabbaubar“, sagt Projektkoordinatorin Inna Bretz vom Fraunhofer UMSICHT.
Eigenschaften ausloten und optimieren
Je nach Anwendung müssen Schmierstoffe allerdings verschiedene Eigenschaften erfüllen. Um Reibung und Verschleiß zu verhindern, müssen sie beispielsweise Temperaturen und Belastungen standhalten oder auch Kühlfunktionen übernehmen. In den kommenden drei Jahren will das Konsortium daher zunächst die Eigenschaften für verschiedene Anwendungen bestimmen. Im Fokus stehen dabei Fließeigenschaften, Löslichkeit sowie thermische und oxidative Stabilität. Anschließend sollen verschiedene PHA-Varianten für Verdickungs- und Bindemittel entwickelt und hinsichtlich der erforderlichen Eigenschaften optimiert werden. Ein am Projekt beteiligter Schmierstoff-Hersteller wird schließlich die neuen, umweltfreundlichen Inhaltstoffe in Schmierstoffen und Gleitlacken prüfen.
BMBF-Förderung in Millionenhöhe
Das Verbundvorhaben wird im Rahmen der Fördermaßnahme „Maßgeschneiderte biobasierte Inhaltsstoffe für eine wettbewerbsfähige Bioökonomie“ mit 1,25 Mio. Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt. Initiator ist das Kooperationsnetzwerk „BioPlastik, das nach Auslaufen der öffentlichen Förderung seit diesem Jahr von den Netzwerkpartnern selbst finanziert wird.
bb
Essigfliegen mögen bekannterweise Obst, genauer gesagt – faulige und matschige Früchte. Die Tiere sind zwar lästig, aber für die Landwirtschaft eher ungefährlich. Anders verhält es sich mit der Kirschessigfliege. Die aus Asien eingewanderte Spezies bevorzugt zum Ablegen ihrer Eier ausschließlich reifes und unversehrtes Obst und ist damit für Landwirte und Winzer längst zur Plage geworden. Klimawandel und Globalisierung haben dafür gesorgt, dass sich die Obstschädlinge hierzulande heimisch fühlen und rasant vermehren. Hinzu kommt, dass Kirschessigfliegen auf eine Vielzahl von Früchten stehen.
Licht und Duftstoffe als Lockmittel
Alle Versuche, der Schädlinge Herr zu werden, erwiesen sich bislang als erfolglos oder gefährdeten andere, mit unter nützliche, Insektenarten. Nun scheint es, doch eine Lösung zu geben. Mit einer Fliegenfalle wollen Forscher der Universität Hohenheim und die Aachener Firma 3win Maschinenbau den Insekten den Garaus machen. Mit Licht und Duftstoffen wollen sie die Tiere dabei gezielt in die Falle locken, wo ein kurzer Stromschlag sie abtötet. Der Vorteil der Methode: Sie ist effizient, umweltfreundlich und geht nicht zu Lasten anderer Insektenarten wie Bienen.
Fliegenfalle für nachhaltigen Obstbau
Ernteausfälle wie im Jahr 2014 in Deutschland mit einem Schaden in Millionenhöhe verdeutlichen das Ausmaß der Schädlingsplage und die Dringlichkeit einer Lösung. „Schon heute ändern Obstbauern und Winzer wegen dieser Fliege ihre Anbaugewohnheiten. In Südeuropa werden die gefährdeten Herbsthimbeeren bereits nicht mehr angebaut“, sagt Dagmar Wirtz, Geschäftsführerin von 3win Maschinenbau. Die Fliegefalle steht für einen nachhaltigen Anbau und wird im Rahmen des Projektes von Praxispartnern getestet.
Artenvielfalt und Boden schonen
Die Entwicklung einer umweltfreundlichen Schädlingsfalle wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit 300.000 Euro gefördert. „Mit solchen Projekten wollen wir helfen, Boden, Biodiversität und Gewässerqualität zu sichern und dem Erwerbsobstbau Zukunftsperspektiven zu bieten“, so der stellvertretende Generalsekretär der DBU Werner Wahmhoff. Doch nicht nur Obst- und Weinproduzenten werden von der Fliegenfalle profitierten. Auch Verbraucher müssten beim Kauf von Lebensmitteln keine Sorge haben, dass das Obst mit Schädlingsbekämpfungsmittel behandelt wurde.
bb
Gerste wird in Deutschland nicht nur als Futtermittel genutzt, sondern auch zum Bierbrauen. Der Anbau von spezieller Braugerste ist in den vergangenen Jahren jedoch zurückgegangen, obwohl das Geschäft für Landwirte grundsätzlich wesentlich attraktiver ist als der Futtermittelanbau. Das Problem: Ob die Braugerste in der Brauerei oder im Futtertrog landet, hängt vom Proteingehalt der Getreidekörner ab. Für die Bierherstellung muss dieser zwischen 9,5 und 11,5% liegen. Damit ist zugleich die Schaumbildung beim Bier garantiert. Ist der Proteingehalt der Braugerste nicht ausreichend, bleibt nur die Verwertung als Tierfutter. Mit der Düngung kann der Landwirt durch die Zufuhr von Stickstoff den Eiweißgehalt in den Körnern zwar gezielt beeinflussen. Dem entgegen wirkt jedoch der klimabedingte Anstieg von Kohlendioxid in der Luft, durch den in den Körnern weniger Proteine produziert werden. So ist es schwierig, den exakten Düngemittelbedarf zu ermitteln, damit die Braugerste nicht doch als Tierfutter enden muss.
Optimale Düngemenge per App ermitteln
Im EU-Projekt „BARLEY IT“ wollen Partner aus Deutschland und Frankreich nun eine App entwickeln, die helfen soll: Die Software soll Auskunft über die optimale Menge an Stickstoffdünger für die Braugerste bis zur Ernte geben. Dazu wollen die Forscher Analyseergebnisse von Modellierungs- und Satellitendaten bündeln. An dem Projekt sind neben dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) in Müncheberg, das französische Start-up-Unternehmen "CybeleTech" sowie das Institut national de la recherche agronomique (INRA) in Frankreich beteiligt.
Farbe der Pflanze zeigt Stickstoffgehalt
Anhand der Farbe der Pflanzen können die Forscher den Stickstoffgehalt ermitteln. „Ist die Pflanze dunkelgrün, ist der Stickstoffgehalt zu hoch; ist die Pflanze gelblich, ist er zu niedrig“, erklärt Claas Nendel, Spezialist für landwirtschaftliche Wachstumssimulationen am ZALF. Für die geplante Anwendung werden Agrarbilder vom ESA Erdbeobachtungssatelliten Sentinel verwendet. „Auf den Satellitenfotos können wir erkennen, in welchem Versorgungsbereich die Pflanze liegt und durch kontrollierte Stickstoffgabe nachjustieren“, sagt Claas Nendel.
Modellierung und Satellitendaten kombinieren
In dem seit Oktober 2017 laufenden Projekt werden die ZALF-Forscher das Wachstum der Braugerste am Computer mithilfe von Beobachtungs- und Satellitendaten simulieren, während die Pflanze parallel dazu auf dem Feld gedeiht. Auf diese Weise soll später der Einfluss der Düngemenge auf die Qualität der Gerste vorausberechnet und der für den angestrebten Proteingehalt der Gerste günstigste Wert ermittelt werden können. Wird es den Forschern gelingen, Fernerkundungsdaten und Modellierung zu kombinieren, sollen die Analysedaten zukünftig für Landwirte über die App auf Tablet oder Smartphone abrufbar sein.
bb