Termiten-Genom deckt Staatsgeheimnisse auf

Termiten-Genom deckt Staatsgeheimnisse auf

Forscher aus Münster und Freiburg haben erstmals das Erbgut einer Termite entziffert. Der Gencode verrät Details über die Evolution der Insektenstaaten.

Das Genom der Feuchtholztermite wurde entziffert. Es ermöglicht Einblicke in molekulare Grundlagen der Staatenbildung von Insekten

Ein internationales Forscherteam mit deutscher Beteiligung hat erstmals das Genom einer Termite entziffert und analysiert. Der Vergleich des 500 Megabasenpaare großen Termitengenoms mit dem von Ameisen und Bienen gewährt Forschern Einblicke in die Evolution von Insektenstaaten. Die Biologen berichten im Fachjournal Nature Communications (2014, Online-Veröffentlichtung) über ihre Ergebnisse.

„Unsere Untersuchungen liefern die Basis, um generelle Ursachen komplexen Sozialverhaltens bei Insekten zu studieren“, sagt die Freiburger Forscherin Judith Korb. Zusammen mit Forschern der Universität Münster und Kollegen in den USA und China hat sie den Gencode der Feuchtholz-Termite Zootermopsis nevadensis geknackt, die in typischer Holzbewohner ist. Termiten sind mit den Hautflüglern, zu denen Bienen und Ameisen zählen, nicht näher verwandt, haben aber eine ähnliche Lebensweise: Sie bilden als sogenannte eusoziale Insekten Kolonien und verschiedene Kasten, also beispielsweise Arbeiter und Geschlechtstiere wie Königinnen und männliche Tiere. Die Forscher untersuchten, ob die Evolution von sozialem Verhalten in den verschiedenen Insektengruppen auf den gleichen molekularen Mechanismen beruht.

Aktive Spermiengene

Einen auffälligen Unterschied fanden sie bei Gruppen von Genen, die bei den männlichen Tieren an der Reifung der Spermien beteiligt sind. Diese Gene sind bei den Feuchtholz-Termiten zahlreicher und stärker aktiv als bei den bisher untersuchten Ameisen- und Bienenarten. Die Forscher gehen davon aus, dass dies eine Besonderheit der Lebensweise widerspiegelt: Während die Männchen beispielsweise bei Ameisen und Bienen einmalig eine große Anzahl an Spermien produzieren und kurz nach der Paarung sterben, paaren sich die Termitenmännchen im Laufe ihres Lebens mehrfach mit der Königin ihres Nestes.

Kaum Geruchsrezeptoren

Ein weiterer Unterschied: Feuchtholz-Termiten besitzen im Vergleich zu den hoch sozialen Hautflüglern nur wenige Geruchsrezeptoren. Generell spielt der Geruch bei der Kommunikation und der Nestgenossen-Erkennung sozialer Insekten sowie bei der Futtersuche eine wichtige Rolle. Feuchtholz-Termiten haben jedoch eine einfachere Lebensweise als Ameisen oder Honigbienen. Sie entfernen sich zur Futtersuche beispielsweise nicht vom Nest und haben ein weniger komplexes Kommunikationsverhalten.

Gewappnet gegen Krankheiten

Die geringere Anzahl an Geruchsrezeptoren spiegelt diese Lebensweise wider.Die Forscher entdeckten jedoch auch Gemeinsamkeiten. So haben die Feuchtholz-Termiten beispielsweise ebenso wie Ameisen besonders viele Gene, die bei der Immunantwort eine Rolle spielen. Soziale Insekten sind verstärkt auf eine wirksame Infektionsbekämpfung angewiesen, da sich Krankheitserreger in den dicht besetzten Kolonien sonst leicht ausbreiten. Außerdem haben die Wissenschaftler Proteine gefunden, die eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der kastenspezifischen Merkmale spielen könnten – analog zu einem ähnlichen System bei der Honigbiene.

bb