Algenanbau im Meer

Algenanbau im Meer

Die Ostsee künftig als Ackerfläche nutzen – an dieser Vision arbeiten Forschende der Universität Rostock und nehmen dafür Algen ins Visier.

Ostsee
Algenanbau in der Ostsee? Forschende aus Rostock wollen das möglich machen.

Ob Dürre, Hitze, Schädlingsbefall oder Wassermangel: die Landwirtschaft kämpft seit Jahren gegen die Folgen des Klimawandels und um die Sicherstellung der Nahrungsmittelproduktion. Die Landwirtschaft aufs Meer zu verlagern, könnte den Druck von den Landwirten nehmen und neue Perspektiven eröffnen. Davon sind zumindest Forschende der Universität Rostock überzeugt. Ein Team um Klaus Herburger forscht daher an Algen, damit diese Vision Realität wird.

Weniger Druck auf Agrarflächen an Land

„Die meisten Algen wachsen sehr rasch, wobei sie die dafür benötigten Nährstoffe direkt aus dem sie umgebenen Meereswasser nehmen. Es ist nicht notwendig, teure Düngemittel oder Bewässerungstechniken einzusetzen“, sagt Herburger. Gleichzeitig würde ein landwirtschaftlicher Anbau von Algen in der Ostsee keine zusätzliche Landfläche verbrauchen und auch Grundwasser und Flüsse nicht verschmutzen. „Könnten wir Teile der Biomasseproduktion, beispielsweise die Nahrungs- und Futtermittelproduktion ins Meer verlagern, würde das den Druck von überbeanspruchten Agrarflächen an Land nehmen“, sagt Herburger. Auch mit Blick auf eine nachhaltige Energieproduktion könnten Meeresalgen dem Forscher zufolge einen entscheidenden Beitrag leisten.

Günstige Bedingungen für Algenfarmen in Norddeutschland

Das Meer zum Algenanbau nutzen, wird in Teilen Asiens wie in Indonesien oder China seit Jahren praktiziert. Dort hat das Gemüse aus dem Meer seit langem einen festen Platz im Speiseplan. Doch auch hierzulande gewinnen Algen immer mehr an Bedeutung. Vor allem die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie hat den proteinreichen Rohstoff für sich entdeckt. Algenfarmen in der Ostsee sucht man hierzulande allerdings noch vergebens – und das, obwohl die Küsten in Norddeutschland den Forschenden zufolge hervorragende Bedingungen bieten.

Biomasseproduktion aus Algen im Fokus

Die Produktion von Biomasse aus Algen steht im Fokus der Forschung von Herburger. Der Biologe erforscht unter anderem, wie sich der so genannte „Meersalat“ – eine Grünalge, die häufig an der Ostsee zu finden ist – unter bestimmten Umwelteinflüssen wie Trockenheit im Küstenbereich verändert. So untersucht er die zellulosehaltigen Zellwände der Grünalge, die das strukturelle Rückgrat der Pflanzen bilden. „Zellwände machen den Großteil der grünen Biomasse aus und sind eine grundlegende natürliche Ressource für unsere Gesellschaft, sprich für Nahrung, Futtermittel, Fasern und Brennstoff“, erklärt Herburger.

Forschung zur Struktur der Algen-Zellwand

Der Forscher will klären, wie lebende Pflanzen und Algen es schaffen, die Festigkeit der Zellwände so zu regulieren, dass sie einerseits flexibel bleiben, andererseits aber über ausreichend Steifigkeit verfügen, damit die Zellen zwar rasch wachsen, aber auch dem Druck äußerer Einflüsse widerstehen können. Das Wissen über die hochdynamischen Strukturen könnte helfen, Pflanzen mit stärkeren Zellwänden zu züchten und damit Ernteausfälle reduzieren. „Solche Pflanzen sind widerstandsfähiger gegen Gewebezerfall durch Umwelteinwirkungen, lange Trockenheit zum Beispiel“, betont der Herburger. Der Biologe ist überzeugt, dass die so gewonnene Biomasse sich beispielsweise auch für qualitativ bessere Dämmmaterialien im Gebäudebau nutzen lassen würde. Aber nicht nur das.

bb