Aktuelle Veranstaltungen

Die herkömmliche Bauwirtschaft, die auf Stahl und Beton setzt, braucht neue Ansätze, denn die Ressourcen werden knapp. Eine mögliche Alternative sieht Ferdinand Ludwig im Bauen mit Bäumen. Ein Jahr nachdem er 2006 sein Architekturstudium an der Universität Stuttgart abschloss, gründete er am dortigen Institut das neue Forschungsgebiet Baubotanik, das er bis 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter auch leitete. Seit März 2017 ist Ludwig Architektur-Professor an der Technischen Universität München, wo er die Konzeption neuer, nachhaltiger Bauten lehrt und zusammen mit seinem Kooperationspartner Daniel Schönle realisiert. 

150 Millionen Tonnen Plastikmüll treiben weltweit auf den Meeren und Ozeanen. Ganze Müllinseln driften auf dem Wasser, mit einer Fläche größer als Deutschland. Selbst die Arktis ist davon nicht verschont. Die Verschmutzung der Weltmeere ist zu einem globalen Problem geworden, denn Plastik baut sich nur sehr langsam ab. Es zerfällt in winzige Mikroplastikpartikel, die über Fische in den Nahrungskreislauf des Menschen gelangen. Den Beweis dafür lieferten soeben österreichische Forscher. Sie konnten im Darm von Menschen Spuren von Mikroplastik nachweisen.

Mit einem Verbot zahlreicher Einwegprodukte aus Plastik will die EU die Verschmutzung der Weltmeere eindämmen. Ende Oktober stimmten die Abgeordneten des EU-Parlaments mit großer Mehrheit für das von der EU-Kommission im Mai vorgeschlagene Einwegplastik-Verbot. Demnach sollen ab 2021 Essgeschirr, Trinkhalme, Wattestäbchen und Cocktail-Rührstäbchen sowie Luftballonhalterungen aus Plastik vom europäischen Markt verschwinden. Mehr als 70% des in den Weltmeeren schwimmenden Mülls wird nach Angaben des EU-Parlaments von diesen Einwegplastikartikeln verursacht; in Europa beträgt ihr Anteil etwa 43%.  

EU-Parlamentarier verschärfen Plastik-Verbot 

Mit einer verbindlichen Recyclingquote und einer Erweiterung der Liste der verbotenen Plastikprodukte verschärften die Parlamentarier den ursprünglichen Plan sogar noch. Demnach sollen bis 2025 90% aller Einweg-Plastikflaschen in der EU recycelt sowie der Verbrauch bestimmter Einwegprodukte wie Plastikbecher um ein Viertel gesenkt werden. Um die Nutzung anderer Wegwerfprodukte aus Kunststoff zu reduzieren, sollen die einzelnen Mitgliedstaaten die Preise für Einwegplastikartikel erhöhen und verstärkt für plastikfreie Waren werben. 

Auch Bioplastiktüten auf Verbotsliste

Neu auf der Verbotsliste sind Ultraleichtplastiktüten wie hauchdünne Obst- und Gemüsebeutel sowie Getränke- und Lebensmittelverpackungen aus Polystyrol wie To-go-Kaffeebecher oder Take-away-Essensboxen. Auch biobasierte sogenannte oxoabbaubare Tragetaschen wollen die EU-Parlamentarier verbieten. Dabei handelt es sich um Einweg-Bio-Plastik-Tüten, etwa auf Mais-Basis, die unter Licht und Sauerstoff schnell in Mikroplastikpartikel zerfallen, die sich wiederum nur langsam abbauen. Unserer Umwelt nützt es nichts, wenn Wegwerfartikel aus Plastik eins zu eins durch Wegwerfartikel aus Biokunststoff ersetzt werden. Biologisch abbaubares Plastik baut sich – anders als der Name vermuten lässt – zumeist unter natürlichen Bedingungen nur sehr langsam ab und darf normalerweise nicht in der Biotonne entsorgt werden“, erklärt der stellvertretende Leiter der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Philipp Sommer.

DUH fordert verbindliche Mehrwegquoten für Deutschland

Die Deutsche Umwelthilfe sieht die Vorgaben des EU-Parlaments grundsätzlich positiv. Sie seien ein „starkes politisches Signal“ und „wirksame Maßnahmen im Kampf gegen zu viel Plastikabfall in der Umwelt“, heißt es in ihrer Presseerklärung. Darin fordert der Verband Bundesumweltministerin Svenja Schulze auf, sich im Europäischen Rat für verbindliche Mehrwegquoten sowie Abfallvermeidungsmaßnahmen stark zu machen und diese bereits jetzt in Deutschland umzusetzen.

Anstieg der Recyclingquote auf 63% bis 2022

Der Kampf gegen Plastikmüll und der Schutz der Meere stehen seit langem auf der politischen Agenda der Bundesregierung. Sie sind auch ein wichtiger Eckpfeiler der neuen europäischen Bioökonomie-Strategie, die erst kürzlich verabschiedet wurde. Mit dem im Januar 2019 in Kraft tretenden neuen Verpackungsgesetz sollen mehr biobasierte Verpackungen auf den Markt kommen und die Recyclingquote erhöht werden. Bundesumweltministerin Schulze plant das Recycling von Kunststoffverpackungen im dualen System bis 2022 von derzeit 36% auf 63% anzuheben.

Als nächstes werden sich die Umweltminister der EU-Mitgliedstaaten mit den Plastikverboten befassen. Sollte das EU-Verbot für Einwegplastikartikel tatsächlich kommen, könnte das die Nachfrage nach neuen nachhaltigen und umweltfreundlichen Biokunststoffen weiter steigern. Nachhaltige Alternativen zu den herkömmlichen Plastikartikeln, die verboten werden sollen, gibt es bereits. So könnten Trinkhalme aus Kunststoff durch kompostierbare Strohhalme aus Apfelresten oder Essensboxen aus Polystyrol durch Isolierverpackungen aus Stroh ersetzt werden.

bb

Knöllchenbakterien haben eine Fähigkeit, um die sie viele Chemiker beneiden: Die Mikroorganismen im Wurzelraum bestimmter Pflanzen können molekularen Stickstoff bei Normaltemperatur aufbrechen, um andere Moleküle herzustellen. Stickstoff liegt in der Atmosphäre elementar nur als Molekül aus zwei Atomen (N2) vor. Deren Elektronen bilden eine sogenannte Dreifachbindung, die äußerst stabil ist und das Molekül reaktionsträge macht. Mit roher Gewalt – Temperaturen bis 500 Grad Celsius und Drücken bis 350 Bar – machen Chemiker seit rund 100 Jahren das Molekül nutzbar. Chemiker des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT) in Rostock entwickeln dazu jetzt eine Alternative, die sich an der Chemie der Knöllchenbakterien orientiert.

Vorbild Knöllchenbakterien

In Knöllchenbakterien bindet ein Enzym namens Nitrogenase den elementaren Stickstoff und fungiert als Katalysator, um daraus Ammoniak (NH3) herzustellen. Das Enzym und diesen Prozess haben Mikrobiologen inzwischen gut verstanden. „In der Nitrogenase helfen Molybdän, teils auch Vanadium, und Eisen – also Metalle –, die Dreifachbindung des Luftstickstoffs aufzubrechen“, erläutert Nachwuchsgruppenleiter Christian Hering-Junghans vom LIKAT. Bereits 1995 hat er als Praktikant am MIT daran mitgewirkt, erstmalig ein Stickstoffmolekül bei Zimmertemperatur aufzubrechen und an ein Metall zu binden. Doch diese neue Bindung war so fest, dass sich der Stickstoff nicht weiter verwenden ließ.

Ein Korsett soll‘s richten

Jetzt soll der erneute Blick ins Knöllchenbakterium helfen. Dort werden die Metalle bei der Reaktion von einem festen molekularen Gerüst unterstützt. Genau so ein „Korsett“ hat Hering-Junghans mit seinem Team nun entwickelt. Im nächsten Schritt sollen die Metalle dort eingebettet werden. Mittels einer Kohlenstoffquelle wie Kohlendioxid könnte dann der Stickstoff vom Metall gelöst und an den Kohlenstoff gebunden werden. Verbindungen aus Stickstoff und Kohlenstoff sind in der chemischen Industrie stark nachgefragt. Deshalb will das Rostocker Team Luftstickstoff und CO2 für die Herstellung chemischer Grundstoffe nutzbar machen. Das Forschungsvorhaben mit dem Namen „LiDeNiAc“ (Ligand Design for Nitrogen Activation) wird von der EU bis 2020 im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 mit 168.000 Euro gefördert. 

Großes Klimaschutzpotenzial

Eine Alternative zum Haber-Bosch-Verfahren wird auch aus Klimaschutzgründen dringend benötigt: Das Verfahren verursacht rund zwei Prozent des weltweiten gewerblichen Energiebedarfs. Jede Tonne auf diese Weise gewonnenes Ammoniak verursacht 1,5 Tonnen CO2-Emissionen. „Es lohnt sich also, zumindest jenen Teil der Ammoniakproduktion durch moderne Verfahren zu ersetzen, der nicht für die Pflanzendüngung gedacht ist“, betont Hering-Junghans. 

bl

Forscher der Universität Hohenheim arbeiten seit Jahren daran, aus pflanzlicher Biomasse neue Plattformchemikalien zu entwickeln. Dafür experimentierte ein Team um Andrea Kruse in der Vergangenheit auch mit ungewöhnlichen Gewächsen wie dem in China beheimateten Schilfgras Miscanthus und der Salatpflanze Chicorèe. Aus diesen Pflanzen konnten die Wissenschaftler jeweils einen der wichtigsten Ausgangsstoffe zur Herstellung biogener Kunststoffe gewinnen. Hydroxymethylfurfural –kurz HMF– wird beispielsweise zur Herstellung von Plastikflaschen und Nylonstrümpfen verwendet. Aber auch Lebensmittelverpackungen, Fasern für Autositze, Sportbekleidung oder Autoteile können daraus hergestellt werden.

Technikum ermöglicht HMF-Produktion im großen Maßstab 

Nach den erfolgreichen Versuchen im Labor gehen die Wissenschaftler nun den nächsten Schritt: Mit der Eröffnung des neuen Bioraffinerie-Technikums starten sie das Scale-up und wollen demonstrieren, dass die Herstellung wichtiger Basischemikalien aus pflanzlicher Biomasse auch im großen Maßstab funktioniert und welche Vorteile sich daraus für Landwirte ergeben. Ende Oktober wurde die Anlage auf dem Gelände der Hohenheimer Versuchsstation Unterer Lindenhof eingeweiht.

Mehrere Nutzungsmöglichkeiten pro Pflanze

Das Bioraffinerie-Technikum besteht aus mehreren Modulen, die sowohl am Anfang als auch am Ende der Prozesskette ersetzt oder erweitert werden können. Zunächst werden die im Labor erfolgreich erprobten Prozesse für Miscanthus-Gras und Chicorèe-Rüben in der Anlage getestet. Bei dem sogenannten Chinaschilf handelt es sich um eine sehr robuste und genügsame Pflanze, die, einmal auf ein Feld gebracht, jahrzehntelang wächst und dabei einen hohen Flächenertrag bietet. Aus dem Stroh von Miscanthus kann sowohl Zucker als auch Lignin zur Herstellung von Kunststoffkomponenten gewonnen und der Rest vom Gras in der hauseigenen Biogasanlage weiter verarbeitet werden. Auch aus den Wurzelrüben des Chicorèe, die als Abfall anfallen, konnten die Hohenheimer Forscher die Basischemikalie HMF gewinnen.

Basischemikalien aus Biomasse gewonnen

Das Herz der Anlage ist jedoch das Modul mit dem Reaktor zur Umwandlung der Rohstoffe in HMF und der Einheit zur Abtrennung von HMF aus Wasser. „Wir starten damit, dass wir mit Wasser und Säure die Lignocellulose aus dem Miscanthus in Zucker umwandeln. Im nächsten Schritt wird dieser zu HMF, und anschließend wird das HMF aus der wässrigen Lösung abgetrennt“, erklärt Chemikerin Andrea Kruse. Darüber hinaus entsteht bei der Vorbehandlung des Miscanthus auch Lignin, aus dem wiederum die Basischemikalien Furfural und Phenole gewonnen und zur Herstellung von Kunstharz, biogenen Spanplatten und Sperrholz verwendet werden können. Anstelle von Miscanthus als Ausgangsstoff können Kruse zufolge neben Chicorée-Rüben auch Altbackwaren als Biomasse eingesetzt werden.

On-Farm-Anlage für den Bauernhof

Plastik direkt vom Acker – dies ist die Vision von Andrea Kruse, die mit dem Bioraffinerie-Technikum allmählich Wirklichkeit wird. Denn die Bioraffinerie ist Teil der „On-Farm-Anlage“, die Landwirten eine neue Perspektive geben soll. „Wir wollen damit die Bioökonomie umsetzen und gleichzeitig Landwirten eine neue Einnahmequelle verschaffen“, sagte Kruse in einem Gespräch mit bioökonomie.de.

Lignin ist neben Cellulose der wichtigste pflanzliche Rohstoff. Derzeit wird das Biopolymer vor allem zur Energiegewinnung genutzt. Seine strukturgebenden Eigenschaften machen den Holzinhaltsstoff aber auch für die chemische Industrie interessant, inbesondere als Ausgangsstoff für neue biologisch nachhaltige Plattformchemikalien. Ein europäisches Forscherteam unter Beteiligung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz will die Möglichkeiten der kommerziellen Nutzung von Lignin für die Industrie weiter ausbauen. Das Projekt LIBERATE wird von der Europäischen Union im Rahmen des Programms für Forschung und Innovation Horizont 2020 mit insgesamt 10 Mio. Euro gefördert.

Anlage zur Extraktion von Basischemikalien aus Lignin 

Ziel des im Oktober gestarteten Projektes ist der Bau einer elektrochemischen Anlage zur Extraktion von Basischemikalien aus Lignin für die europäische Industrie. Daraus sollen Polymere oder Antioxidantien hergestellt werden, die bisher noch aus dem fossilen Rohstoff Erdöl bestehen. „Wir werden zu dem Vorhaben mit unserer Expertise bei der elektrochemischen Zerlegung von Lignin beitragen“, sagt der Mainzer Chemiker Siegfried Waldvogel. Die Arbeit des Teams wird mit 1 Mio. Euro im Rahmen des EU-Projektes LIBERATE unterstützt.

Vor mehr als sechs Jahrn wurde die erste Bioökonomiestrategie für Europa von der Europäischen Kommission verabschiedet. Bereits damals, im Jahr 2012, hatte die Strategie zum Ziel, das öffentliche Interesse zu wecken und die Rahmenbedingungen für die Nutzung erneuerbarer biologischer Ressourcen in einer erdölunabhängigen Industrie voranzutreiben. Mit den Jahren haben sich die Bedingungen und die Prioritäten etwas verschoben: Nachhaltigkeit sowie Kreislaufwirtschaft haben noch mehr an Bedeutung gewonnen. Unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen wurde Mitte Oktober eine aktualisierte Version der europäischen Bioökonomiestrategie veröffentlicht, die angepasste politische Maßnahmen im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030  (SDGs) und für eine Kreislaufwirtschaft enthält. Da der Beitrag der Bioökonomie zum Bruttowert der EU bereits auf rund 4% geschätzt wird, veranstaltete die Generaldirektion Forschung, Wissenschaft und Innovation der Europäischen Kommission am 22. Oktober in Brüssel eine hochrangige Bioökonomiekonferenz, um die Änderungen der neuen Strategie zu kommunizieren und sich für die weiteren Anwendungsbereiche einzusetzen.

Die neue Strategie umfasst einen dreistufigen Plan zur Beschleunigung der Einführung einer nachhaltigen europäischen Bioökonomie durch eine Stärkung und Ausweitung des biobasierten Sektors, die Einführung lokaler Bioökonomie in ganz Europa sowie ein besseres Verständnis der ökologischen Grenzen der Bioökonomie. Das Ziel: Die Maximierung des bioökonomischen Beitrags zur Agenda 2030 und ihren SDGs sowie zum Pariser Klimaabkommen.

Bioökonomie wichtig für das Landleben

Mehr als 500 Bioökonomieexperten aus ganz Europa folgten der Einladung der Europäischen Kommission, über die neuen Schwerpunktthemen und Maßnahmen der überarbeiteten Strategie zu sprechen. Die Konferenz, die im Charlemagne-Gebäude in Brüssel stattfand, wurde online live übertragen und von John Bell, dem Direktor für Bioökonomie in der GD Forschung und Innovation, eröffnet. Er betonte, dass die neue Strategie es der Bioökonomie ermöglichen werde, den nächsten Schritt von einem Zukunftskonzept zur Realität zu machen. Seiner Ansicht nach sei „Bioökonomie das Gesicht der nächsten Wirtschaft".

Lebensqualität erhalten, Planet schützen

Auf Bell folgte Carlos Moedas, EU-Kommissar für Forschung, Wissenschaft und Innovation. Auch er verwies darauf, dass die neue Strategie nicht mehr nur eine Forschungs- und Innovationsstrategie sei, sondern ein enormes ungenutztes Potenzial für alle EU-Bürger enthalte - insbesondere für die Menschen in ländlichen Gebieten. Gleichzeitig forderte er das Publikum auf, aktiv an der Umsetzung mitzuwirken. Er nannte das Beispiel der Glühbirne, die vor fast 140 Jahren zunächst auf Skepsis und Ablehnung stieß, heute aber allgemein geschätzt wird. Moedas betonte auch die Notwendigkeit eines neuen Denkens. „Wir können nicht weiterhin auf die gleiche lineare Weise konsumieren, ohne Konsequenzen. Wir müssen die Lebensqualität erhalten und zugleich unseren Planeten schützen. Die Bioökonomie ist ein Weg, das zu erreichen", sagte er. Darüber hinaus hob Moedas die breite Anwendbarkeit hervor: „Das Prinzip der Bioökonomie ist für fast alle Industriezweige geeignet! Die neue Strategie muss diese Idee nun mit den europäischen Bürgern verbinden."

Bioökonomie-Grundlagen ausbauen und regional anpassen

Abgerundet wurden die hochrangigen Begrüßungsansprachen durch Phil Hogan, EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. „Wenn wir sie richtig handhaben, wird die Bioökonomie allen Seiten zugute kommen", so Hogan. Außerdem könne die Bioökonomie nicht nur die ländliche Wirtschaft ankurbeln und zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen, sondern auch eine neue, integrierte landwirtschaftliche Wertschöpfungskette schaffen. Er wies außerdem auf die vielen erfolgreichen Beispiele und Anwendungen von Bioökonomieprojekten in ganz Europa hin und forderte von den Teilnehmern, auf diesen Grundlagen aufzubauen und sie für ihre eigenen Regionen anzupassen. Laut Hogan stelle die überarbeitete Strategie die politischen Rahmenbedingungen für diese Unterfangen.

100 Mrd. Euro für Horizon-Europe-Programm

Er gab zudem zu bedenken, dass der Bedarf an Lebens- und Futtermitteln weiter steigen werde, und legte daher einen neuen Haushaltsvorschlag vor: „Für den nächsten Haushalt der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027 schlägt die Kommission ein Budget von 100 Milliarden Euro für das Horizon Europe Programm vor. Es wird das ehrgeizigste Forschungs- und Innovationsprogramm aller Zeiten sein!" Darüber hinaus schätzt die Kommission, dass die biobasierte Industrie mit dem Start dieser überarbeiteten EU-Bioökonomiestrategie bis zum Jahr 2030 bis zu eine Million neue Arbeitsplätze schaffen könnte. Diese zusätzlichen Arbeitsplätze werden vor allem in ländlichen Gebieten besonders wertvoll sein, so Hogan weiter und erklärte: „Ein weiterer ländlicher Arbeitsplatz bedeutet eine weitere Familie, die in ländlichen Gebieten lebt, in lokalen Geschäften einkauft und an sozialen Aktivitäten teilnimmt. Daher ist die Bioökonomiestrategie ein wichtiger Bestandteil des Plans der Kommission zur ländlichen Verjüngung."

It’s been more than six years since the European Commission has launched and adopted the first Bioeconomy Strategy for Europe. Back then in 2012, the strategy tried to establish a first framework of European public support to push the use of renewable biological resources for industrial use and to encourage the foundation of a post-petroleum energy independent Europe. Now, conditions have changed and sustainability as well as circular thinking have become more important. Taking these developments into account, an updated version of the European bioeconomy strategy was officially published in mid-October; it contains adjusted policy measures to the Global Sustainable Development Goals (SDGs) and the circular economy movement. Given that the bioeconomy’s contribution to the EU gross value is already estimated at around 4%, the European Commission’s Directorate-General for Research, Science and Innovation organised a High-Level Bioeconomy conference in Brussels on October 22 to communicate the changes of the new strategy and to advocate for the vast areas of application.

The new strategy includes a three-tiered plan to accelerate the deployment of a sustainable European bioeconomy via a strengthening and scale-up of the bio-based sector, the deployment of local bioeconomies across Europe as well as understanding the ecological boundaries of the bioeconomy. The goal: maximise the bioeconomy-contribution towards the 2030 Agenda and its SDGs, as well as the Paris Climate Agreement.

Bioeconomy important for rural rejuvenation

More than 500 bioeconomy experts from all over Europe followed the invitation of the European Commission to talk about new focus topics and measures. The conference, which took place in the Charlemagne building in Brussels, was live-streamed online and was opened by John Bell, the director of bioeconomy at the DG Research and Innovation. He emphasised that the new bioeconomy strategy will enable it to take the next step from an aspirational concept into reality. In his view, “Bioeconomy is the face of the next economy”.

Bell was followed by Carlos Moedas, EU Commissioner for Research, Science and Innovation, who stressed that the new strategy is no longer just a research and innovation strategy but holds enormous untapped potential for all EU citizens – especially for those living in rural areas. At the same time, he urged the audience to be proactive in the realization and be vocal in the discussions about the bioeconomy. He gave the example of the light bulb, which at first was met by skepticism and rejection nearly 140 years ago, but is now universally appreciated. Moedas also emphasised the need for a new thinking. "We can’t continue to consume in the same linear way without consequences. Somehow we have to maintain the same quality of life, and also protect our planet. And bioeconomy is a way to do that," he said. Moreover, Moedas highlighted the broad applicability: “Bioeconomy is a means to many, many ends! And this new strategy must connect that idea to the European citizens.”

Rounding out the high-level welcome addresses was Phil Hogan, EU commissioner of Agriculture and Rural Development. “It is clear that the bioeconomy, if we handle it correctly, can tick multiple boxes,” the Commissioner said, adding that beyond boosting rural economy and contributing to the climate challenge, it will create a new, integrated agricultural value chain. He further pointed out the many successful examples and applied best practices of bioeconomy projects all over Europe and called upon the audience members to build on these foundations and adapt them for their own regions. According to Hogan, the revised strategy provides the policy backdrop for this to happen. It will address for instance food waste, losses, and by-products (including nutrient recycling), resilience, the need for nutrition-sensitive food production, more food from the sustainable use of seas and oceans with an increased share of EU aquaculture production and market uptake. 

He also acknowledged that the need for food, feed and fibre will continue to grow and therefore introduced a new budget proposal: “For the next European Union budget spanning the years 2021 to 2027 the commission is proposing €100 billion for Horizon Europe. It will be the most ambitious research and innovation programme ever!” Moreover, with the launch of this revised EU bioeconomy strategy, the commission estimates that the bio-based industries can generate up to €1 million new jobs by 2030. Those additional jobs will be especially valuable in rural areas, continued Hogan and explained: “One more rural job means one more family living in rural areas and participating in local businesses and social activities. Thus, the bioeconomy strategy is an important part of the commission’s plan for rural rejuvenation.”

Erbgutverändernde Technologien wie die Genschere CRISPR-Cas bergen unzählige Anwendungsmöglichkeiten sowohl in der Pharmaindustrie für neue Therapien als auch in der Landwirtschaft für die Züchtung neuer Pflanzensorten. Zugleich ist über mögliche Nebenwirkungen der noch jungen Methode wenig bekannt. Im Jahr 2012 haben die Molekularbiologinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier die CRISPR-Cas-Geneditierungsmethode erstmals im Fachjournal „Science“ beschrieben. Seitdem haben sich etliche Forscher und Biotech-Unternehmen die Methode zunutze gemacht, um beispielsweise dürreresistente Kulturpflanzen zu züchten. Doch was im Labor gut funktioniert, ist auf dem Feld und dem Markt strikt reglementiert: Das im Juli gefällte EuGH-Urteil hat für Europa beschlossen, dass Produkte, die mittels CRISPR-Cas hergestellt wurden, den strengen Regulierungen von genveränderten Organismen (GVO) unterliegen – eine Entscheidung, die vielerorts mit Überraschung aufgenommen wurde.

Technischen Fortschritt dokumentieren

Nicht zuletzt durch die technischen Möglichkeiten von CRISPR-Cas ergeben sich auch viele ethische Fragestellungen bezüglich gezielt herbeigeführter Erbgutveränderungen. Um den methodischen Fortschritt zu dokumentieren und zugleich die ethische Diskussion zu begleiten, hat die interdisziplinäre Arbeitsgruppe (IAG) „Gentechnologiebericht“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) die vierte Ausgabe des Gentechnologieberichtes erstellt. Unter der Überschrift „Neue Herausforderungen für ein ‚altes' Monitoring" wurde dieser am Abend des 29. Oktober im BBAW-Gebäude in Berlin-Mitte vor rund 150 interessierten Gästen von den Autoren vorgestellt und anschließend in einer Podiumsdiskussion diskutiert.

Während der Bericht verschiedene Entwicklungen und Technologien beleuchtet und entsprechende Handlungsempfehlungen zur Forschungsförderung, den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie zu einem offenen Diskurs mit der Öffentlichkeit abgibt, befasste sich die Abendveranstaltung vor allem mit dem Potenzial und den Tücken der CRISPR-Cas-Technologie und hier insbesondere für die Präimplantationsidagnostik, also der Selektion gesunder Embryonen, sowie als Werkzeug für die Pflanzenzüchtung.

Der Gentechnologiebericht 4.0 war ursprünglich als Abschlussbericht der IAG nach 18 Jahren Arbeit konzipiert. Doch aufgrund des Potenzials und der vielen möglichen Anwendungsgebiete der neuen Geneditierungsmethode CRISPR-Cas wurde der Entschluss gefasst, die IAG weiterzuführen und den Gentechnologiebericht 4.0 als Zwischenbericht anzufertigen. Dies betonte auch BBAW-Präsident Martin Grötschel in seinem Grußwort: „Der vierte Gentechnologiebericht dient zum einen dazu, eine Bilanz der Arbeit der letzten 18 Jahre zu ziehen. Zugleich ist er aber auch als Wegweiser für die Zukunft zu verstehen.“ Ein weiteres erklärtes Ziel dieses wie der vorangegangenen Berichte sei zudem die Versachlichung des öffentlichen Diskurses, so Grötschel weiter.

EuGH-Urteil vollkommen unverständlich

Anschließend gab Ferdinand Hucho, Mitglied der BBAW und stellvertretender Sprecher der IAG, einen kurzen Einblick in die Sicht- und Arbeitsweise der IAG. Diese habe mit „Entsetzen“ das überraschende Gentechnikurteil des EuGH im Juli aufgenommen. „CRISPR-Cas ist ein echter Quantensprung für die Gentechnologie und birgt zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten gerade auch für die Nahrungssicherung. Deshalb ist es für uns vollkommen unverständlich, dass Produkte, die mit CRISPR-Cas hergestellt wurden, unter die restriktive GVO-Verordnung fallen“, sagte Hucho.

Diese Problematik griff auch Bernd Müller-Röber auf, Mitglied der BBAW, Professor für Molekularbiologie an der Universität Potsdam und einziger Vertreter der grünen Gentechnologie während der Podiumsdiskussion. Müller-Röber wies in seinem Vortrag darauf hin, dass jegliche Art der Züchtung einen Eingriff in das Erbgut darstelle – dieser jedoch je nach Züchtungsmethode langwierig und sehr ungenau sein kann. Außerdem werde bei herkömmlichen gentechnischen Verfahren Pflanzen häufig fremde DNA eingesetzt, um eine gewünschte Eigenschaft zu erreichen. CRISPR-Cas biete hingegen die Möglichkeit der unmittelbaren Veränderung des Erbgutes, ohne dabei Fremd-DNA einzuschleusen. „Dadurch können schneller und gezielter beispielsweise dürreresistente Pflanzen gezüchtet werden“, so Müller-Röber. Außerdem würden weltweit,  auch in Deutschland, schon seit Jahren gentechnisch veränderte Pflanzen wie Soja oder Mais angebaut – ohne erkennbare Nebenwirkungen.

Industrie wandert aus EU ab

Vor allem die Forschung habe von der neuen Methode enorm profitiert. „Für die Grundlagenforschung war CRISPR-Cas wirklich ein Game-Changer. Dadurch können wir jetzt wesentlich schneller und präziser im Labor arbeiten“, betonte Müller-Röber. Doch eine im Labor neu gezüchtete Tomate auf einem Feld anzubauen oder gar auf den Markt zu bringen, sei derzeit in Deutschland durch den EuGH-Beschluss schier unmöglich. Als Folge haben bereits einige Biotech-Unternehmen wie der größte niederländische Kartoffelzüchter und Anbieter HZPC ihre Forschung zu CRISPR-Cas aus der EU ausgelagert.

Dem stimmte auch Günter Stock zu, Präsident der ALLEA – All European Academics, Vorstandsvositzender der Einstein Stiftung Berlin und Mitglied der BBAW: „In den Laboren der Grundlagenforschung mag CRISPR-Cas in Deutschland noch weit verbreitet sein. Doch die industrielle und anwendungsnahe Forschung hierzu ist spätestens seit dem EuGH-Urteil aus Deutschland abgewandert.“

Wissenschaftler fordern neue gesetzliche Regelung

Ähnlich besorgt und verärgert zeigen sich auch die Wissenschaftler von mehr als 85 Forschungsinstituten, die ein Positionspapier unterstützen. Es fordert die europäischen Gesetzgeber auf, die Pflanzenforschung und vor allem deren Anwendung auf dem Acker zu stützen und zu schützen. Sie setzen sich dafür ein, Kulturpflanzen und deren Früchte nicht nach ihrer Züchtungsart zu klassifizieren, sondern auf Basis des Produktes zu entscheiden. Stammen Früchte aus einer CRISPR-Cas-Züchtung enthalten diese beispielsweise keine fremde DNA und tragen außerdem weniger genetische Nebenwirkungen davon, als eine mit radioaktiver Bestrahlung entwickelte Frucht.

Auch Jochen Taupitz, Mitautor des Gentechnologieberichts, fand während der Podiumsdiskussion deutliche Worte: „Über kurz oder lang wird das EU-Gentechnikrecht so nicht haltbar sein. Nicht der Weg sollte hier reglementiert werden, sondern das Produkt!“ Taupitz ist Mitglied der IAG „Gentechnologiebericht“ und Professor für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim.

Das Fazit der Autoren ist demnach eindeutig: Um international und vor allem global mit der medizinischen und pflanzlichen Gentechnologieforschung und -anwendung schritthalten zu können, muss ein offener, sachlicher Dialog zwischen Forschung, Politik und Gesellschaft stattfinden, der die Gentechnik und ihre Anwendungen entdämonisiert und den Forschungs- und Industriestandort Deutschland stärkt.

jmr

Mutagenic technologies, such as the CRISPR-Cas genome editing tool, have numerous applications in both green, i.e. plant biotechnology, as well as red, medical biotechnology. At the same time, as of yet, little is known about possible side effects of this  method. In 2012, molecular biologists Jennifer Doudna and Emmanuelle Charpentier first described the CRISPR-Cas gene editing method in the journal "Science". Since then, several researchers and biotech companies have used the method to breed for instance drought-resistant crops. However, what works well in the laboratory is strictly regulated in the field and on the market: The ECJ ruling last July states that products produced with CRISPR-Cas are subject to the strict regulations of genetically modified organisms (GMOs).

Documenting progress

Given the many technical possibilities of CRISPR-Cas, many ethical questions arise regarding specifically induced genetic alterations. In order to document the methodological progress and to accompany the ethical discussion, the interdisciplinary working group (IAG) "Gene Technology Report" of the Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW) has prepared the fourth edition of the Gene Technology Report. Under the banner of "New challenges for "old" monitoring", the authors presented the report on the evening of 29 October in the BBAW building in Berlin-Mitte to around 150 interested guests and subsequently discussed key points of it during a panel discussion. While the report highlights various developments and technologies and makes corresponding recommendations regarding research funding, the legal framework and an open discourse with the public, the evening event focused on the potential and pitfalls of the CRISPR-Cas technology in the context of pre-implantation diagnostics, i.e. the selection of healthy embryos, and as a tool for plant breeding.

The Gene Technology Report 4.0 was originally conceived as the final report of the IAG after 18 years of work. However, due to the potential and the many possible fields of application of the new genome editing tool CRISPR-Cas, the decision was made to continue the IAG and to prepare the Gene Technology Report 4.0 as an interim report. BBAW President Martin Grötschel also emphasized this in his welcoming address: "ONe the one hand, the fourth Gene Technology Report serves to take stock of the work over the last 18 years. At the same time, however, it should also be seen as an outlook towards the future". Another goal of this report, like the previous ones, is to provide an objective frame to the public discourse, Grötschel continued.

ECJ judgement completely incomprehensible

Ferdinand Hucho, member of the BBAW and deputy spokesman of the IAG, then gave a brief insight into the views and inner workings of the IAG. With "horror", the IAG had reacted to the surprising genetic engineering ruling of the ECJ in July. "CRISPR-Cas is a true quantum leap for genetic engineering and holds numerous application possibilities, especially for food security. It is therefore completely incomprehensible to us that products manufactured with CRISPR-Cas fall under the restrictive GMO regulation," said Hucho.

Bernd Müller-Röber, member of the BBAW, Professor of Molecular Biology at the University of Potsdam and sole representative of the area of green biotechnology during the panel discussion, also addressed this issue. In his lecture, Müller-Röber pointed out that any kind of breeding involves changing the genetic material - however, depending on the breeding method, this can be lengthy and very inaccurate. In addition, conventional genetic engineering methods often involve introducing foreign DNA into the plants in order to achieve a desired trait. CRISPR-Cas, on the other hand, offers the possibility of directly altering the genetic material without using foreign DNA. "This makes it possible, for example, to grow drought-resistant plants more quickly and specifically," said Müller-Röber. In addition, genetically modified plants such as soy or maize have been cultivated worldwide for years, including in Germany - without any noticeable side effects.

Industry is leaving the EU

Basic research in particular had benefited enormously from the new method. "CRISPR-Cas really was a game changer for basic research. This allows us to work much faster and more precisely in the laboratory," emphasized Müller-Röber. However, the decision of the ECJ has made it almost impossible to cultivate a tomato bred in the laboratory in a field, let alone bringing it to market. As a result, several biotech companies such as the largest Dutch potato grower and supplier HZPC have already outsourced their research on CRISPR-Cas outside of the EU.

Günter Stock, President of ALLEA - All European Academics, Chairman of the Board of the Einstein Foundation Berlin and member of the BBAW, agreed: "CRISPR-Cas may still be widespread in basic research laboratories in Germany. However, industrial and application-oriented research in this field have left Germany following the ECJ."

Scientists demand new legal regulation

Meanwhile, scientists from more than 85 research institutes have openly endorsed a position paper calling on European legislators to support and protect plant research and, above all, its application in the field. They are committed to not classifying cultivated plants and their fruits according to their type of cultivation, but on the basis of the product. For example, fruits from a CRISPR-Cas breeding do not contain any foreign DNA and also have fewer genetic side effects than a fruit developed with radioactive irradiation.

Jochen Taupitz, co-author of the genetic engineering report, also left little room for interpretation in his statement: "Sooner or later the EU genetic engineering laws will crumble. Not how a product is generated but the product itself should be regulated." Taupitz is a member of the IAG and Professor of Law and Economics at the University of Mannheim.

The conclusion of all authors of the report is clear: in order to keep up with medical and plant genetic engineering research and application internationally and, above all, globally, an open, objective dialogue between research, politics and society must take place that de-demonises genetic engineering and its applications and strengthens Germany as a research hub and ideal industry location.

jmr

Zum 26. Mal wurde Ende Oktober der Deutsche Umweltpreis verliehen. In diesem Jahr lud die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) zum Festakt nach Erfurt ein. Ein 14-köpfiges Kuratorium hatte zuvor aus einer Vielzahl von Bewerbern die Gewinner bestimmt. Das Preisgeld von insgesamt 500.000 Euro teilt sich die Meeresbiologin Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven mit einem interdisziplinären Abwasser-Expertenteam aus Leipzig um Roland A. Müller, Manfred van Afferden vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und den Initiatoren des Bildungs- und Demonstrationszentrums für dezentrale Abwasserbehandlung, Mi-Yong Lee und Wolf-Michael Hirschfeld. Die Auszeichnung wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der DBU-Kuratoriumsvorsitzenden und Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, überreicht.

Bedeutung der Tiefsee-Bakterien für das Weltklima belegt

Mit dem Umweltpreis würdigt die DBU Antje Boetius für ihre Forschung zum Ökosystem Meer und dabei insbesondere zur Bedeutung der Tiefsee-Bakterien für das Weltklima. „Nur wenn wir diese Prozesse verstehen, verstehen wir den globalen Klimakreislauf und können auf der Basis dieser Erkenntnisse handeln“, sagte DBU-Generalsekretär Alexander Bonde bei der Preisverleihung. Die Meeresbiologin habe belegt, dass Tiefsee-Bakterien dafür sorgen, dass nur ein Teil des klimaschädigenden Methans aus den Ozeanen in die Atmosphäre entweiche und so ein schnelleres Aufheizen des Planeten verhindert werde, heißt es zur Begründung. Auch habe sie mehrfach gezeigt, dass menschliches Handeln in den entlegensten Winkeln der Erde nachweisbar sei.

Zukunftsressource Meer schützen

Boetius ist überzeugt, dass die Vielfalt des Lebens im Meer und in den Polarregionen ebenfalls eine wichtige Zukunftsressource ist, die geschützt werden muss. Mit ihrer Forschung will sie dazu beitragen, dass die noch wenig erforschte Welt der Tiefsee durch den Abbau von Rohstoffen wie Mangan nicht Opfer destruktiver Verfahren des Tiefseebergbaus wird.

Dezentrale und flexible Abwassersysteme

Die Leipziger Abwasserexperten erhielten den Preis für die Entwicklung und Etablierung von dezentralen und flexiblen Abwassersystemen in Jordanien. Das Team habe als Anwalt für den Wasserressourcenschutz in Jordanien Pionierarbeit und Hilfe zur Selbsthilfe geleistet, heißt es zur Begründung. Die Leipziger Entwicklung ergänzt bestehende Systeme vor Ort. Dadurch wird das Abwasser noch am Entstehungsort behandelt, das Grundwasser damit vor Abwasserverunreinigungen geschützt und zugleich als Trinkwasserressource gesichert.

Weltmeere als Wärmespeicher und Klimaregulatur

Bonde verwies in seiner Rede auf die Bedeutung der Ozeane als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten sowie als wichtigster Wärmespeicher und Klimaregulator. Der Zustand der Weltmeere sei jedoch „bedenklich“, sagte er. Ein Grund dafür ist auch, dass in den Entwicklungsländern 80% bis 90% des Abwassers direkt und unbehandelt in Flüsse, Seen und Meere gelangen. In diesen Ländern einen funktionierenden, handhabbaren, wartungsarmen, kosten- und energiesparenden Abwassersektor zu schaffen, sei daher bahnbrechend für eine Verbesserung der Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort und ihrer Kinder und Kindeskinder, hieß es. Jordanien ist eines der drei Länder, die weltweit am stärksten von Wasserknappheit betroffen sind. Dessen Bevölkerung wuchs seit  2006 durch die Aufnahme von Flüchtlingen um fast 70% auf 9,5 Millionen Menschen (2016).

Der Deutsche Umweltpreis wird seit 1993 jährlich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) verliehen. Mit einem Preisgeld von insgesamt 500.000 Euro ist sie Europas höchstdotierte Auszeichnung dieser Art. Im November startet die DBU bereits das vierstufige Auswahl- und Bewerbungsverfahren für die kommenden Preisträger.  

bb

Noch vor wenigen Jahren hat sie nur wenige Wissenschaftler interessiert, doch inzwischen beschäftigen sich viele Pflanzenforscher mit ihr – der Wasserlinse. Sie wächst schnell und lässt sich einfach ernten. Sie ist reich an Stärke und Proteinen, was sie als Futter für Geflügel, Fische, Schweine und Wiederkäuer gleichermaßen interessant macht. Sie wird als Nahrungsmittel sowohl in der traditionellen Küche als auch in Modegetränken genutzt. Nicht zuletzt hilft sie, Abwässer zu reinigen, dient als Rohstoff für Biokraftstoffe und wird in der Biotechnologie eingesetzt, um pharmazeutische Produkte herzustellen. Doch damit Pflanzenzüchter sie für all diese Zwecke optimieren können, müssen sie ihr Genom kennen. Und da lag bislang das Problem.

Widersprüche bei der Kartierung gefunden

Die erste Dechiffrierung eines Wasserlinsengenoms, der vielwurzligen Teichlinse (Spirodela polyrhiza), veröffentlichte 2014 ein internationales Konsortium unter Leitung der Rugters University. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben ordneten zwei Jahre später die gefundenen Sequenzen den jeweiligen Chromosomen zu. Dann folgte die Überraschung: Eine optische Kartierung des Genoms einer anderen Herkunft der gleichen Art durch eine andere Forschergruppe zeigte enorme Abweichungen – nur ein Chromosom war identisch.

Gemeinsam Widersprüche aufgelöst

Beide Gruppen schlossen sich zusammen und führten erneute Genomanalysen der Wasserlinse mit mehreren Sequenzierungsmethoden durch. Am Ende konnten die Pflanzenforscher im Fachjournal „The Plant Genome“ ein Genom publizieren, das sie an sieben Herkünften derselben Art überprüft hatten, ohne strukturelle Unterschiede zu finden. Auf dieser Grundlage lassen sich nun weitere Genome von Wasserlinsen analysieren.

Plastik, Plastikverpackungen und der daraus resultierende Müll und die Gefährdung der Umwelt sowie unserer Gesundheit sind zur Zeit in aller Munde. Nahezu gleichzeitig mit den ersten Nachweisen von Mikroplastik im Verdauungstrakt von Menschen, hat das EU- Parlament einem Verbot von Einwegplastikartikeln zugestimmt. Dadurch könnten schon ab 2021 Plastikwegwerfprodukte vom Markt verschwinden.

Wanderausstellung veranschaulicht Umweltverschmutzung

Besonders eindrücklich und anschaulich wurde die Umweltverschmutzung durch Verpackungsmüll in der Wanderausstellung Ocean Plastics Lab dargestellt. Die vier Schiffscontainer umfassende Freiluftausstellung hatte vom 21. bis 29. Oktober in Berlin Halt gemacht. Zu den vorangegangenen Ausstellungsorten zählen Washington D.C., Ottawa in Kanada, Turin, Paris und Brüssel. Die Ausstellung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Konsortium Deutsche Meeresforschung sowie der Europäischen Kommission unterstützt.

Mit anschaulichen und interaktiven Beispielen hatte es sich das Ocean Plastics Lab zur Aufgabe gemacht, die Plastikverschmutzung für ein breites Publikum greifbar zu machen. So konnten Besucher beispielsweise durch Mikroskope schauen und kleine Plastikteile zwischen Sandkörnern entdecken oder das unterschiedliche Verhalten von verschiedenen Kunststoffarten im Wasser beobachten – manche schwimmen auf der Oberfläche, andere sinken zu Boden.

Vögel dienen als Verunreinigungsindikatoren

Den Veranstaltern zufolge gelangen jedes Jahr 12 Mrd. Kilogramm Plastik in die Weltmeere und landen unter anderem in den Mägen von Meerestieren, die daran verenden oder die Plastikpartikel in die Nahrungskette einschleusen. Mittlerweile gilt der Mageninhalt des Nordatlantischen Eissturmvogels offiziell als Indikator für die Verunreinigung seines Lebensraumes. Wenn weniger als 10% der Vogelmägen unter 0,1 Gramm Plastik enthält, gilt das als unbedenklich. Aktuelle Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass bei mehr als 58% der untersuchten Vögel dieser Wert deutlich überschritten wird.

Plastics, plastic packaging and the resulting waste threatening the environment as well as our health are on everyone's mind at the moment. Almost simultaneously with the first evidence of microplastics in the digestive tract of humans, the European Parliament has approved a ban on disposable plastic articles. As a result, disposable and single-use plastic products could disappear from the market as early as 2021.

Touring exhibition illustrates environmental pollution

A particularly vivid visualisation of environmental pollution caused by packaging waste was presented by the touring exhibition Ocean Plastics Lab. The open-air exhibition, comprising four ship containers, stopped in Berlin from 21 to 29 October. Previous venues include Washington D.C., Ottawa in Canada, Turin, Paris and Brussels. The exhibition is supported by the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF), the German Marine Research Consortium and the European Commission.

The Ocean Plastics Lab showcased impressive and interactive examples in order to make plastic contamination tangible for a broad audience. For example, visitors could look through microscopes and discover small pieces of plastic between grains of sand or observe the behaviour of different types of plastic in water - some swim on the surface, others sink to the ground.

Birds serve as indicators of contamination

According to the organisers, 12 billion kilograms of plastic end up in the world's oceans every year. A large percentage of this makes it way into the stomachs of marine animals, which either die because of it or introduce the plastic particles into the food chain. By now the stomach contents of the northern fulmar Fulmarus glacialis is a formal marine litter indicator: The ecologically acceptible level of marine litter in the North Sea should not exceed 0.1 grams of plastic in 10% of beached fulmars. However, recent studies have shown that 58% of the stomach contents exceed this level.

Sie leben in heißen Quellen und zählen zu den ältesten Lebensformen des Planeten: Archaeen sind Mikroorganismen mit teils bemerkenswerten Stoffwechselwegen. Dazu zählt auch die Fähigkeit, Kohlendioxid aus der Luft zu verwenden, um es in chemische Verbindungen einzubauen. Gelänge es, diese Fähigkeiten in Bakterien zu übertragen, die sich biotechnologisch gut nutzen lassen, könnte so nicht nur das Klimagas einem sinnvollen Zweck zugeführt, sondern auch noch Erdöl als Rohstoff ersetzt werden.

Plattformchemikalie aus Kohlendioxid und Wasserstoff

Genau dieses Ziel hat sich das Projekt „CO2CHEM – Biologische Konversion von CO2 zur Plattform-Chemikalie 3-Hydroxypropansäure“ gesetzt. Wie der Name sagt, wollen die beteiligten Forscher aus Kohlendioxid und Wasserstoff 3-Hydroxypropansäure herstellen. Das Potenzial einer solchen Technologie ist riesig. Das zeigt sich auch darin, dass es sich bei dem im März 2015 gestarteten „CO2CHEM“ um ein ERA-IB-Projekt handelt: Das Programm „European Research Area Industrial Biotechnology“ hat das Ziel, auf europäischer Ebene wichtige Forschungsziele zu identifizieren und die entsprechenden Forschungsressourcen zu bündeln. Gefördert werden die beteiligten Projektpartner dann durch ihre jeweiligen nationalen Forschungsministerien. So sollen die nationalen Finanzmittel besonders wirksam genutzt werden können. 

Sechs Partner aus drei EU-Ländern werden national gefördert 

An CO2CHEM sind sechs Partner aus drei EU-Ländern beteiligt: Projektkoordinator Peter Dürre von der Universität Ulm sowie Teilprojekte an der Universität Frankfurt am Main, der Universität Nottingham (Großbritannien), der Technischen Universität von Dänemark, der britischen Firma Lanza Tech und der Siemens AG. Rund drei Millionen Euro Fördermittel beziehen die Projektpartner insgesamt. Die universitären Partner befassen sich inbesondere damit, die Gene für geeignete Enzyme zu identifizieren, in industrietaugliche Bakterien zu übertragen und so die für die chemische Umwandlung von CO2 und H2 in 3-Hydroxypropansäure benötigten Enzyme herzustellen. Vor allem bei der Siemens AG lag die Aufgabe, bis Februar 2018 diesen Herstellungsprozess zu bewerten und auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen.

„Die Biologen züchten Mikroorganismen, die im Reagenzglas ein Produkt herstellen. Wir überlegen dann: Wie sieht der großtechnische Prozess in großen Bioreaktoren aus?“, erläutert Siemens-Projektleiter Manfred Baldauf. Zum einen sind da die Investitionskosten in die gesamte Prozesskette, insbesondere die Gasfermentation bis hin zur Aufbereitung und die Elektrolyse zur Herstellung des Wasserstoffs. Zum anderen gehören dazu die Betriebskosten, darunter Strom- und Wärme- bzw. auch Kältebedarf, Verbrauchsmaterialien wie die Nährstoffe für die Bakterien, Wasserkosten und die Finanzierungskosten der Investition.

They live in hot springs and rank among the oldest forms of life on the planet: Archaea are microorganisms with sometimes remarkable metabolic pathways. This also includes the ability to use carbon dioxide from the air and to incorporate it into chemical compounds. If it were possible to transfer these abilities to bacteria that are easy to use biotechnologically, it would not only be possible to use the greenhouse gas for a meaningful purpose, but also to replace crude oil as a raw material.

Platform chemical consisting of carbon dioxide and hydrogen

The project "CO2CHEM - Biological conversion of CO2 to the platform chemical 3-hydroxypropanoic acid" has precisely this objective. As the name suggests, the researchers involved intend to produce 3-hydroxypropanoic acid from carbon dioxide and hydrogen. The potential of such a technology is enormous. This is also reflected in the fact that the "CO2CHEM" project launched in March 2015 is an ERA-IB project: The aim of the "European Research Area Industrial Biotechnology" programme is to identify important research goals at European level and to pool the corresponding research resources. The participating project partners will then be funded by their respective national research ministries. Thereby, the respective national financial resources can be used most effectively.

National funding for six partners from three EU countries

Six partners from three EU countries are involved in CO2CHEM: Project coordinator Peter Dürre from the University of Ulm and sub-projects at the University of Frankfurt am Main, the University of Nottingham (UK), the Technical University of Denmark, the British company Lanza Tech and the German Siemens AG. The project partners receive a total of around €3 million in funding. The university partners are particularly interested in identifying the genes for suitable enzymes, transferring them into industrial bacteria and thus producing the enzymes required for the chemical conversion of CO2 and H2 into 3-hydroxypropanoic acid. Siemens had the task of evaluating this production process by February 2018 and examining its cost-effectiveness.

"The biologists breed microorganisms that produce a product in a test tube. We then consider: What does the large-scale process look like in large bioreactors," explains Siemens Project Manager Manfred Baldauf. On the one hand, there are the investment costs for the entire process chain, in particular the gas fermentation up to the preparation and electrolysis for the production of hydrogen. On the other hand, this includes the operating costs, including electricity, heat and cooling requirements, consumables such as nutrients for the bacteria, water costs and the financing costs of the investment.

Insekten sind unersetzlich für ein gesundes Ökosystem und für die Nahrungssicherung. Vor allem Bienen haben für die Landwirtschaft eine große Bedeutung. Doch der Mensch und die Industrialisierung von Land und Landwirtschaft haben vielerorts den Lebensraum der nützlichen Tierchen zerstört. Eine Langzeitstudie hat die schrumpfende Zahl der Insekten in Deutschland untersucht und festgestellt, dass in den letzten 30 Jahren die Zahl der Fluginsekten um bis zu 75% gesunken ist.

Die Zeit drängt

Insektenforscher aus ganz Europa haben sich deshalb Ende Oktober zum internationalen Insektenschutzsymposium im Naturkundemuseum Stuttgart mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Naturschutz getroffen, um mögliche Lösungsansätze zu diskutieren. „Der dramatische Rückgang der Insekten zeichnet sich bereits seit Jahrzehnten ab und wird unabsehbare ökonomische und ökologische Folgen haben, wenn wir alle nicht endlich handeln“, warnt Lars Krogmann vom Naturkundemuseum Stuttgart und künftiger Leiter des Fachgebiets Systematische Entomologie an der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Weniger Pestizide, mehr Naturschutz und mehr Kommunikation

Beim Symposium präsentierten die Wissenschaftler daher einen 9-Punkte-Plan zum Schutz der Bienen. Darin fordern sie unter anderem, einen höheren Schutzstatus von Wildbienen sowie die Einschränkung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft etwa durch veränderte Zulassungsverfahren und Verbote für Neonikotinoide und Totalherbizide.

Des Weiteren nehmen die Autoren auch die Gesetzgeber in die Pflicht und fordern die Kopplung von EU-Agrarsubventionen an ökologische Leistungen. Naturschutzgebiete sollen besser gepflegt werden und Insekten dabei mehr berücksichtigt werden – unter anderem durch mehr Geld für Naturschutzbehörden. Auch die Straßenbeleuchtung wollen die Forscher ändern, um die Lichtverschmutzung und die daraus resultierende Desorientierung der Insekten zu minimieren.

Nicht zuletzt fordern die Teilnehmer des Insektenschutzsymposiums auch eine bessere Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation mit der Bevölkerung. Sie raten zu einer „Taxonomie-Offensive“ und einem Ausbau des Insekten-Monitorings. Nach Ansicht der Experten könnten so das Bewusstsein in der Gesellschaft für das Problem des Insektenrückganges geschärft und beispielsweise Privatgärten insektenfreundlicher gestaltet werden.

Als nächstes soll der 9-Punkte-Plan an die Agrar-, Umwelt- und Bildungsministerien des Bundes und der Länder versandt werden. 

Bürger können über Aktionsprogramm abstimmen

Die Mitte Oktober von Bundesumweltministerin Svenja Schulze veröffentlichten Diskussionsvorschläge für ein „Aktionsprogramm Insektenschutz“ bewerten die Forscher positiv. Auch Interessierte waren eingeladen, die Vorschläge des Bundesumweltministeriums online zu bewerten und zu kommentieren sowie eigene Ideen und Anmerkungen einzubringen.

jmr

Auch in diesem Jahr haben die deutschen Teams bei dem internationalen iGEM-Wettbewerb zur Synthetischen Biologie hervorragend abgeschnitten: In der Altersklasse der Overgraduates machten die deutschen Teams aus Marburg und München den Sieg unter sich aus. Sieger des Wettbewerbs wurde das Team der Philipps-Universität Marburg mit seinem neuen molekularen Baukasten, der deutlich schnellere Synthesewege ermöglicht. Die Münchner Nachwuchswissenschaftler der Technischen sowie der Ludwig-Maximilians-Universität erzielten mit einer neuen, personalisierten Phagentherapie Platz zwei.

Vom Zusatzkurs zum globalen Wettbewerb

Was 2003 als einfacher Zusatzkurs am Massachusetts Institute of Technology (MIT) begann, bei dem Studenten neue molekularbiologische Techniken entwickeln und ausprobieren konnten, hat sich mittlerweile zu einem international anerkannten Studentenwettbewerb mit mehr als 5.000 Teilnehmern aus über 40 Ländern entwickelt. Das Kürzel iGEM steht dabei für International Genetically Engineered Machine. Die dazugehörige Stiftung ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die sich dem Fortschritt auf dem Feld der Synthetischen Biologie verschrieben hat und sich für eine offene und gemeinschaftliche Arbeit einsetzt. Der jährliche internationale iGEM-Wettbewerb ist einer von drei Eckpfeilern der Stiftung. Die Gewinner werden bei dem traditionellen „Giant Jamboree“ im Hynes Convention Center in Boston gekürt, das in diesem Jahr vom 24. bis 28. Oktober stattfand.

Altes Bakterium wird zur neuen Grundlage

Unter der Überschrift „Die synthetische Biologie schneller machen“ stellte das Marburger Team sein Projekt vor. Die Nachwuchsforscher verwendeten das lange in Vergessenheit geratene Bakterium Vibrio natriegens als Ausgangspunkt für drei neuartige Zelllinien: VibriClone ermöglicht das schnelle molekularbiologische klonen von Zellen, während VibriExpress eine gezielte Überexpression von gewünschten Proteinen möglich macht. Mit VibriInteract kann hingegen das Zusammenspiel mehrerer Proteine untersucht werden. Der Vorteil: V. natriegens dupliziert sich verlässlich alle sieben Minuten – das bisherige Standardbakterium E. coli benötigt dafür bis zu drei Tage. Zusammen mit diesen schnellwachsenden Zelllinien stellt das Marburger Team der gesamten Forscher-Community einen molekularen Werkzeugkasten mit über 100 Bauteilen zur Verfügung. Diese sogenannte Marburger Sammlung ermöglicht es, schnell und gezielt Zelllinien zu erstellen, die speziell auf die jeweiligen Forschungsansprüche abgestimmt sind.

Durch die schnelle und relativ einfache Bereitstellung dieser Zelllinien werden Versuchsprotokolle deutlich kürzer. Labore und Wissenschaftler sparen somit Zeit und Geld. Basierend auf diesem Prinzip haben die Marburger außerdem einen synthetischen Stoffwechselweg in ihrem Modellorganismus etabliert, der 3-Hydroxypropansäure produziert – eine wichtige Plattformchemikalie, die bisher erdölbasiert war.

Natürliche Feinde der Bakterien nutzbar machen

Das Projekt der Münchner Nachwuchsforscher zielte auf die zunehmenden Antibiotikaresistenzen vieler Bakterien ab. Jährlich sterben rund 50.000 Menschen weltweit, weil viele Krankheitserreger gegen die gängigen medikamentösen Therapien inzwischen immun sind. Anstelle von Antibiotika will das Münchner Team Bakteriophagen zur Bekämpfung der Erreger einsetzen. Diese auch Phagen genannten Mikroorganismen sind eine Untergruppe der Viren, die gezielt Bakterien angreifen und zerstören können – sie sind demnach die natürlichen Feinde von Bakterien.

Die Münchner haben einen Syntheseweg entwickelt, um gezielt spezifische Phagen herzustellen, genannt Phactory. Ihr Syntheseweg basiert auf einem sogenannten zellfreien Modell, das überall jegliche Art von Phagen herstellen kann, die dann gezielt für eine personalisierte Behandlung eingesetzt werden können.

Da sich viele Krankheitserreger im Darm aufhalten, mussten die Münchner zudem einen Weg finden, ihre speziellen Phagen ebenfalls bis in den Darm zu bringen, ohne dass diese zuvor im Magen verdaut und stillgelegt werden. Ihre Lösung: Sie schützen die Phagen mit einer Schicht Calciumalginat – einem aus Braunalgen gewonnenen Nahrungsmittelzusatz. So passieren die Phagen unbeschadet den Magen und können im Darm ihre volle Funktionalität entfalten.   

Biobasiertes Polymer unter den Finalisten

Neben den beiden Gewinnern hat es noch ein weiteres deutsches Team bis unter die Finalisten des iGEM2018-Wettbewerbes geschafft: Nachwuchsforscher der TU Darmstadt. Ähnlich wie die Marburger haben auch sie sich mit nachhaltigen Alternativen zu erdölbasierten Chemikalien beschäftigt. Ihr Ziel: Ein umweltfreundliches Polymer zu entwickeln, das für humanmedizinische Anwendungen geeignet ist. Sie verwendeten dazu PLGA (Poly(lactic-co-glycolic-acid)) und PLGC (Poly(lactide-co-glycolide-co-co-caprolactone)), die aus den nachwachsenden Rohstoffen Glykolsäure, ε-Caprolacton und Milchsäure bestehen und sich nach einem kontrollierbaren Zeitraum zu ungiftigen Verbindungen abbbauen, die keine Gefahr für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit darstellen.

jmr

Ob Fleisch aus nachhaltiger Tierhaltung oder neue Lebensmittel wie Insekten-Pasta und essbare Trinkhalme: Mit gesunden und innovativen Produkten versuchen Supermärkte, den veränderten Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden. Und mit dem neuen Campus für „Food- und Tech-Innovationen“ hat Edeka in Berlin nun einen Hort eröffnet, um kreative Köpfe mit erfahrenen Kaufleuten zusammenzubringen und die Food-Tech-Branche voranzubringen.

Startrampe für Geschäftsmodelle

Der Ende Oktober in Berlin-Moabit eröffnete „Food-Tech-Campus“ ist Edeka zufolge eine „Startrampe für Geschäftsmodelle" und bietet insgesamt 130 Gründern flexible Arbeitsplätze. Neben einem sogenannten Co-working-Space laden ein Küchenstudio und eine Eventfläche zum Entwickeln, Probieren und Austauschen ein und bieten die Möglichkeit, mit Kunden in Kontakt zu treten. Im Rahmen einer Mitgliedschaft können sich Gründer und Start-ups in der Food Academy von EDEKA-Experten und Mentoren beraten und schulen lassen. Hier werden beispielsweise Einzel-Coachings angeboten oder im „Testing Pannel" auch Produkte analysiert. Zudem profitieren Campus-Mitglieder von Workshops, Produktseminaren oder -vorstellungen sowie von Fotoshootings. Darüber hinaus sind auch Events für Interessierte geplant.

Produkttest in Märkten

Mit dem Berliner „Food-Tech-Campus“ baut Edeka seine vor zwei Jahren gestartete Zusammenarbeit mit Start-ups weiter aus. Über die Online-Plattform „foodstarter" haben bisher mehr als 200 Start-ups das Angebot genutzt, ihre Produkte Edeka-Experten vorzustellen. Etwa 700 Artikel wurden hier von rund 1.000 Kaufleuten begutachtet, bevor sie zum Test in die Märkte kamen. Dazu gehört auch die Berliner Mint Engineering GmbH. Die von ihr entwickelte Anlage zur urbanen Algenkultivierung wurde am EUREF-Campus in Berlin installiert und versorgt die dortige Campuskantine mit Algen.

Mit dem Edeka-Campus in Berlin setzt das Großhandelsunternehmen auch auf Impulse aus der Berliner Gründerszene, wie eine Sprecherin auf Nachfrage von bioökonomie.de mitteilt: „Die Hauptstadt ist mittlerweile ein wichtiger Magnet für Start-ups und Gründer, die ein großes Entwicklungspotenzial für junge Gründer bereithält. Ein weiterer Pluspunkt ist der Branchenmix: Neben Start-ups aus der Digitalwirtschaft ist die Dichte innovativer Jungunternehmen aus dem Gastronomie- und Food-Bereich hier besonders hoch." 

bb

Ohne Wasser kann kaum keine Pflanze überleben. Und doch gibt es Gewächse, die durchaus wochenlang der Trockenheit trotzen können, während andere schon nach wenigen Tagen eingehen. Woran liegt das? Seit langem versuchen Forscher dieses Rätsel zu lösen. Auch Wissenschaftler der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sind dieser Frage nachgegangen. Gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen haben sie das Genom zweier verwandter Pflanzen entschlüsselt, die ganz unterschiedlich auf Dürreperioden reagieren.

Genetische Unterschiede bei Trockentoleranz 

Im Fokus der Untersuchung standen zwei Pflanzenarten der Gattung Lindernia: Lindernia brevidens und Lindernia subracemosa. Die in Ostafrika beheimateten Pflanzen sind nah verwandt, reagieren aber sehr unterschiedlich auf Wassermangel. Während L. brevidens Trockenphasen problemlos übersteht, ist L. subracemosa diesbezüglich sehr empfindlich. Wie die Forscher im Fachjournal „The Plant Cell“ berichten, stießen sie bei der Entschlüsselung der Genome beider Pflanzen auf charakteristische Unterschiede, die vermutlich mit der Trockentoleranz zusammenhängen.

Unterschiede schon bei geringem Dürre-Stress sichtbar

Zwar war die genetische Ausstattung der Lindernia-Pflanzen zu 90% identisch, wie die Forscher berichten. Doch einige, für die Dürrertoleranz verantwortlichen Gene, lagen bei L. brevidens in deutlich höherer Zahl vor, manche von ihnen in bis zu 26 Kopien. Die anschließende Suche nach Genen, die bei Trockenheit aktiv sind, zeigte, wie eklatant unterschiedlich diese verwandten Pflanzen auf Wassermangel reagieren, und das bereits in frühen Phasen der Trockenheit: „Schon bei mildem Dürre-Stress überlappen sich die genetischen Antworten der Pflanzen kaum“, sagt Dorothea Bartels vom Institut für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO) an der Universität Bonn. Demnach scheinen die Blätter von L. brevidens in einen vergleichbaren Modus umzuschalten, wie er normalerweise in Samen vorzufinden ist. Diese wiederum sind oft auch nach langer Trockenheit noch keimfähig.

Unterschiedliche Reaktion durch winzige genetische Änderung

Als Ursache für die unterschiedlichen Reaktionen der Linderia-Pflanzen sehen die Forscher winzige genetische Änderungen in den Kontrollregionen, die die Aktivität der Gene regulieren. Selbst wenn der genetische Code in diesem Bereich nur an einem Punkt abweiche, könne dies die Funktion der Gene drastisch beeinflussen, schreiben die Forscher. „Wir haben bei Lindernia subracemosa Änderungen gefunden, die in der Konsequenz dafür sorgen, dass bestimmte Dürreretoleranz-Gene gar nicht mehr abgelesen werden“, erklärt Bartels und fügt hinzu: „Es ist mit Sicherheit nicht so, dass diese Fähigkeit Konsequenz eines einzigen Gens ist.“ Die Bonner Forscher sind zuversichtlich, dass ihre Erkenntnisse langfristig dazu beitragen, neue Nutzpflanzen zu züchten, die Trockenphasen länger standhalten.

bb