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Plastik wird zunehmend zum Umweltproblem.  Zwar gibt es kaum verlässliche Zahlen zur Müllflut, aber mindestens 270.000 Tonnen Plastikmüll treiben schon heute in den Ozeanen und bedecken deren Grund, schätzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Für viele Meerestiere werden die fein zerriebenen Mikroplastikteilchen zur lebensgefährlichen Bedrohung. Deutschland hat nun gemeinsam mit neun weiteren EU-Ländern die Initiative „Mikroplastik in marinen Systemen“ angestoßen. Darin sollen Forscher  die Menge, Verbreitung und gesundheitlichen Folgen der Mikropartikel auf Mensch, Tier und Meeresflora ergründen. 7,5 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung.

Rund ein Drittel der jährlich produzierten knapp 300 Millionen Tonnen Kunststoffe werden für Verpackungen eingesetzt. Hauptsächlich wird dabei Polyethylen eingesetzt. Aber auch andere für Verpackungszwecke eingesetzte Kunststoffe überdauern Schätzungen zufolge für mindestens 500 Jahre in der Umwelt. Der größte Teil der Plastikflut wird unsachgemäßem Umgang mit Plastikmüll zugeschrieben. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern gibt es zum Beispiel weder Plastikrecycling noch -verbrennung. Schätzungen zufolge sinken rund 70 Prozent des im Laufe der Zeit immer feiner verriebenen Plastiks auf den Meeresgrund. Nur 15 Prozent treiben an der Wasseroberfläche oder werden an Strände gespült.

Ökologische Selbstreinigung überfordert

„Die Grenzen der ökologischen Selbstreinigung sind längst überschritten“, mahnte Bundesforschungsministerin Johann Wanka bei der Vorstellung des europaweiten Forschungsprogrammes Ende Februar in Berlin. „An Stränden wie in Sylt sieht man nicht mehr soviel Plastik, denn dort wird der Müll aufgesammelt“, ergänzte die Bremer Geomikrobiologin Antje Boetius. „Dafür finden wir immer mehr auf dem Meeresgrund.“ Ein besonderes Problem dabei ist das sogenannte Mikroplastik. Egal ob die winzigen Kunststoffpartikel von Kunstfaser-Texitilien während des Waschens abschilfern oder als Bestandteil von Zahncremes durch den Abguss ins Abwasser gelangen – sie lassen sich nicht filtern und erst recht nicht nachträglich aus dem Meer entfernen.

Mikroplastik in 690 Meerestierarten

Mikroplastik entsteht auch durch den Zerfall größerer, unachtsam entsorgter oder unsachgemäß deponierter Plastikmüllteile, die fortgeweht und unter dem Einfluss von Meereswasser und UV-Strahlung immer feiner zermahlen werden. Zuletzt landen sie in den Mägen von Meerestieren. „Bisher sind solche Partikel in 690 Spezies gefunden worden“, erklärte die Tiefsee-Expertin Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Berlin.

Das alarmiert auch die Vereinten Nationen: Bereits auf der Rio+20-Konferenz vor drei Jahren wurde die Vermüllung der Meere durch biologisch nicht-abbaubare Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen, PVC, Polystyrol, PET und Polyurethan als Top-Priorität erkannt, „die die Welt bekämpfen müsse“. Vor diese Hintergrund betonte Wanka die Bedeutung neuer Forschungsinitiativen, um schädliche Effekte von Mikroplastik zu erkennen, zu lokalisieren und zu beziffern. Darauf aufbauend könnte dann gezielt und effektiv gegengesteuert werden.

7,5 Millionen Euro für JPI Oceans

Helfen dabei soll die mit 7,5 Millionen Euro Fördergeld ausgestattete, dreijährige EU-Forschungsinitiative „Joint Programming Initiative on Healthy and Productive Seas and Oceans“ – kurz JPI Oceans. Beteiligt sind insgesamt zehn EU-Länder: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden und Spanien. Die erste Ausschreibung (mehr Informationen: hier klicken) soll vor allem Forschungsarbeiten in drei Bereichen anstoßen:

  • Forscher sollen Verfahren entwickeln, um Mikroplastik vollständig aus dem Meeresboden, aus Meeresorganismen und dem Meereswasser zu extrahieren. Ziel ist es, die Menge, Verteilung von der Oberfläche bis zum Meeresboden und Aufnahme durch Meeresorganismen zu erfassen. Insbesondere sollen mikroskopische Verfahren verbessert werden, um auch Schätzungen aussagekräftiger zu machen.
  • In Laborvergleichsstudien, sogenannten Ringversuchen, soll die Menge an Mikroplastik im Meeressediment bestimmt werden, denn laut AWI-Expertin Bergmann gebe es bisher „keine standardisierte und damit keine vergleichbare Methodik.“
  • In einem dritten Schwerpunkt geht es darum zu erfassen, wie giftig Mikroplastik tatsächlich für Tier und Mensch ist – und wie dessen Anreicherung in der Nahrungskette gemessen und für die Risikobewertung genutzt werden kann. Besonders unter der Lupe: die toxikologischen Wirkungen von Mikroplastik auf die Meeresorganismen. 

Wanka betonte, dass die in JPI Oceans erzielten Ergebnisse in einen Aktionsplan der G7-Wissenschaftsministerkonferenz zu Forschung und Innovation gegen Meeresvermüllung einfließen sollen. In diesem Jahr hat Deutschland den Vorsitz der G7-Länder, im Herbst ist ein Treffen der Forschungsminister geplant. „Mikroplastik im Meer ist ein grenzüberschreitendes Problem, das ein international abgestimmtes Vorgehen erfordert“, so Wanka.

Kartoffelkäfer sind äußerst gefräßige und robuste Schädlinge. Sie haben kaum natürliche Feinde, und werden deshalb mit Pestiziden bekämpft. Doch die Insekten haben Resistenzen gegen nahezu alle Wirkstoffe entwickelt. Max-Planck-Forscher aus Potsdam-Golm und Jena haben nun Kartoffelpflanzen entwickelt, die mittels RNA-Interferenz (RNAi) vor den Käfern geschützt werden können. Dazu statten sie die Pflanzen mit einem molekularen Trick so aus, dass diese doppelsträngige RNA-Moleküle (dsRNAs) in ihren Chloroplasten herstellen können. Die RNA-Moleküle sind gegen lebenswichtige Gene des Kartoffelkäfers gerichtet und wirken wie ein präzises Insektizid. Die Forscher berichten im Fachjournal Science (2015, Bd. 347, S. 991).

Kartoffelkäfer sind bei Gemüsebauern gefürchtet: Die Insekten wurden Ende des 19. Jahrhundert von Amerika nach Europa eingeschleppt und können große Schäden in der Landwirtschaft verursachen. Heute sind sie weltweit verbreitet. Neben Kartoffelblättern machen die Käfer und ihre Larven auch vor dem Grün anderer Nachtschattengewächse, wie zum Beispiel Tomate, Paprika oder Tabak nicht halt. Da natürliche Feinde Mangelware sind, haben Landwirte mit der chemischen Keule versucht, gegen die Schädlinge vorzugehen. Doch gegen sämtliche Pestizidklassen haben die Kartoffelkäfer mittlerweile Resistenzen entwickelt.

RNA-Moleküle als Waffe

Eine neuartige Präzisionswaffe haben Pflanzenbiotechnologen aus Potsdam entwickelt. Ihre Wirkung basiert auf dem molekularbiologischen Phänomen der  RNA-Interferenz (RNAi). In der Zelle spielt RNAi eine Rolle bei der Steuerung der Genaktivität. Pflanzen, Pilze und Insekten schützt die RNAi aber auch vor bestimmten Viren. Bei einer Infektion schleusen die Erreger ihre Erbsubstanz in Form von doppelsträngiger RNA (dsRNA) in die Zellen ihres Wirts ein, um sich dort zu vermehren. Bei der Vervielfältigung der viralen RNA in der Zelle wird diese durch das RNAi-System des befallenen Wirts erkannt und in kleinere Stücke zerlegt.

Wirkungsvolles Insektizid

Die entstehenden RNA-Schnipsel nutzt die Zelle für die Erkennung und Zerstörung der fremden RNA. Dieser Mechanismus lässt sich auch künstlich nutzen, indem man dsRNAs in eine Zelle einbringt, die genau zur Boten-RNA (mRNA) eines speziellen Gens passt. Wählt man als Ziel ein lebenswichtiges Gen eines Schädlings, so wird aus der dsRNA ein sehr präzises und wirkungsvolles Insektizid. Die dsRNAs gelangen über das Verdauungssystem in die Zellen des Insekts und können dort die Produktion des entsprechenden Proteins verringern oder sogar vollständig blockieren. „Pflanzen, die für Schädlinge giftige dsRNA produzieren, gibt es zwar schon. „Sie waren bislang aber nicht vollständig geschützt “, erklärt Ralph Bock vom MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie. „Schuld daran ist das pflanzeneigene RNAi-System, das die Ansammlung größerer Mengen fremder dsRNA verhindert. Als mögliche Lösung dieses Problems erschien uns die Produktion von dsRNA in den Chloroplasten.“ Diese Zellorganellen stammen von ursprünglich frei lebenden Cyanobakterien ab, die kein RNAi-System besitzen. Die Forscher um Ralph Bock schleusten die dsRNA daher gezielt in die Chlorplasten ein. „Mit Hilfe der Chloroplastentransformation ist es uns gelungen Kartoffelpflanzen herzustellen, die große Mengen langer dsRNAs stabil in den Chloroplasten anreichern“, so Ralph Bock. Die RNA-Moleküle schalten in den Darmzellen des Kartoffelkäfers das Aktin-Gen aus, das für diese Insekten lebenswichtig ist.

Smarte, grüne Gentechnik

Für alle Käferlarven war diese Kost innerhalb von fünf Tagen zu 100 Prozent tödlich, berichten Forscher vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena. Im Gegensatz dazu starben die Larven nur selten, wenn sie an Kartoffelpflanzen nagten, deren Erbgut auf herkömmliche Weise, also im Zellkern, gentechnisch verändert wurde. Die Larven wuchsen lediglich langsamer. Durch den Bypass über die Chloroplasten stellt die RNAi-Technologie nach Ansicht der Forscher eine zukunftsweisende Strategie in der Schädlingsbekämpfung dar. Die Methode ermögliche gezielten Schutz ohne Chemikalien und ohne die Produktion fremder Proteine in der Pflanze. Gleichwohl handelt es sich um Grüne Gentechnik – so dass ein Einsatz auf dem Kartoffelacker mit Blick auf die bestehenden Anbauverbote hierzulande fraglich ist.

Mikroorganismen sind wahre Überlebenskünstler. Noch an den unwirtlichsten Lebensräumen schöpfen sie aus Materialien Energie. Geomikrobiologen aus Tübingen haben nun herausgefunden, wie Eisenbakterien bestimmte magnetische Partikel im Boden nutzen können, um eine Art ausgelagerten Akku zu betreiben. Im Fachjournal Science (2015, Bd. 347; S. 1473) stellen die Wissenschaftler ihre Studie vor.

Bakterien können Eisen in bestimmten Formen verwerten. So dient ihnen das Mineral in seiner löslichen, zweifach positiven ionischen Form (Fe-II) als Elektronenquelle oder in Form von wenig kristallinen und dadurch gut zugänglichen Fe-III-Mineralen als Energiespeicher für die Energiegewinnung. Neu ist, dass Mikroorganismen auch die kristalline Form Magnetit als Energiespeicher nutzen können, wie Forscher vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen entdeckten. Die winzigen magnetischen Partikel des sehr stabilen Minerals sind in der Natur in vielen Böden und Sedimenten zu finden.

Ihm Rahmen der Studie hatte das Tübinger Team um Andreas Kappler und James Byrne in Zusammenarbeit mit Carolyn Pearce von der britischen University of Manchester und Kevin Rosso vom Pacific Northwest National Laboratory in den USA, die Methode der Mikroben zur der Energiegewinnung im Labor genauer untersucht. Dabei setzten die Wissenschaftler die Eisen-oxidierenden Bakterien einem simulierten Tag- beziehungsweise Nachtzyklus aus und deponierten in der Umgebung Magnetit.

Mikroben nutzen Magnetit als Akku

Das Erstaunliche: Bei Tageslicht zapften die Eisen-oxidierenden Mikroben namens Rhodopseudomonas palustris TIE-1 das kristalline Eisen an, in dem sie dem Magnetit die Elektronen entzogen und entluden. Nachts hingegen wurden dann die Eisen reduzierenden Bakterien aktiv und gaben die überzähligen Elektronen aus dem Stoffwechsel an das Magnetit wieder zurück. „Die Batterie war bei den Bakterien also immer wieder in diesen Tag-und-Nacht-Zyklen im Einsatz“, erklärt Andreas Kappler. Der Prozess ist also vergleichbar mit den Lade- und Entladevorgang eines Akkus. Die Tübinger Forscher kommen daher zu dem Schluss, dass Eisenbakterien auch die kristalline und sehr stabile Form des Minerals wie ein Akku als Elektronenquelle und Elektronenspeicher nutzen können. „Wir gehen davon aus, dass auch viele andere Bakterientypen, die man in der Umwelt findet, wie zum Beispiel vergärende Bakterien, die normalerweise Eisen nicht zur Energiegewinnung verwenden, Magnetit als Batterie verwenden können.“

Die DNA ist nicht nur Erbmolekül, sondern auch ein faszinierendes Baumaterial. Das nutzen Biophysiker, die sich mit dem sogenannten DNA-Origami beschäftigen. Nach Ziegelsteinen, Zahnrädern und Bändern haben Münchner Forscher um Hendrik Dietz nun den DNA-Baukasten um neue dreidimensionale Nano-Objekte erweitert, die sich sogar bewegen lassen. Außerdem fanden sie eine Möglichkeit, dass sich die flexiblen 3D-Bausteine wie ein Puzzle ineinanderfügen. Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal Science (2015, Bd. 347, S. 1446) erschienen.

Mit dem bloßen Auge sind sie die winzigen DNA-Bauteile nicht zu sehen. Erst unter dem  Transmissionselektronenmikroskop sind sie als Bälle oder Zahnräder erkennbar. Was wie eine technische Spielerei klingt, ist längst ein anerkanntes Herstellungsverfahren für Nanostrukturen. Ein Experte auf dem Gebiet der sogenannten DNA-Origami ist der Münchner Biophysiker Hendrik Dietz. Getreu seinem Motto „Was wir nicht bauen können, können wir nicht verstehen“ basteln Dietz und seine Mitarbeitern vom Labor für Biomolekulare Nanotechnologie der Technischen Universität in München. seit Jahren daran, die  und so für die Praxis anwendbar zu machen. Dafür wurde Dietz erst 

Beweglicher Nanoroboter in 3D

Vor allem für die Behandlung von Krankheiten wie Krebs und Alzheimer ist die Nanotechnologie ein Hoffnungsträger, um Wirkstoffe gezielt einzusetzen. Die Münchner Forscher haben nun einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung praktische Anwendungen getan. Wie sie in Science berichten, konnten sie den bestehenden Werkzeugkasten um vier neue bewegliche DNA-Bauteile in dreidimensionaler Form erweitern, darunter ein Roboter, der beide Arme bewegt und ein Buch, dass sich selbst öffnet und schließt. Neben den Nanoobjekten präsentierten sie einen neuartigen „Klebstoff“, der die dreidimensionalen Bauteile verbindet und konfiguriert. Um festzulegen, wie sich einzelne in Flüssigkeit aufgelöste DNA-Stränge und Baugruppen verknüpfen, nutzen sie die Methode der DNA-Basenpaarung. “Wenn man mit DNA-Basenpaaren baut, erhält man stabile Bindungen, die aber schwer wieder zu lösen sind", erklärt Hendrik Dietz. "Bisher musste man deshalb dynamische, also bewegliche Strukturen sehr einfach gestalten, um mit möglichst wenig Basenpaaren auszukommen. Diese Beschränkung fällt jetzt weg“. Dietz und sein Team hat damit einen Weg gefunden, die Selbstmontage von DNA-Bausteinen einfacher zu programmieren

Für ihre Studie ließen sich die Wissenschaftler von der Natur inspirieren. Sie nahmen sich jenen Mechanismus zum Vorbild, mit dem Nukleinsäuremoleküle sich mit schwächeren Wechselwirkungen als mit Basenpaaren aneinander binden. Die Moleküle werden hier – ähnlich einem andockenden Raumschiff – über ihre komplementären Formen nah genug zueinander geführt und zusammengeklickt. “Damit steht uns jetzt ein Portfolio von Wechselwirkungen mit klar abgestuften Bindungsstärken zur Verfügung, um mehrere Komponenten präzise in gewünschter Weise relativ zueinander zu positionieren,“ so Dietz weiter.

Temperatur beinflusst Zustand von DNA-Bauteilen

Die Arbeitsgruppe stellte eine Serie von DNA-Objekten her, um einerseits die Möglichkeiten der Technologie aufzuzeigen und andererseits ihre Grenzen auszuloten. Dabei stellten sie auch fest, dass DNA-Nanoobjekte zwischen verschiedenen strukturellen Zuständen besser umschalten können, wenn die Temperaturen angehoben oder abgesenkt werden. In früheren Generationen von Nanoobjekten mussten für dieses Umschalten ein Teil der DNA-Basenpaare gezielt durch Zugabe weiterer DNA Moleküle getrennt und wieder verbunden werden. „Das zyklische Aufheizen und Abkühlen wäre ein Weg, um Energie in das System zu bringen,“ ergänzt Dietz. Der Forscher ist zuversichtlich, dass der neue Ansatz die Weiterentwicklung von DNA-Origami in Richtung praktischer Anwendbarkeit deutlich vereinfacht . Es sei ein bisschen wie das Bauen mit Lego, meint Dietz: „Man gestaltet die Komponenten komplementär zueinander, und das ist eigentlich schon alles. Der ganze Aufwand, der mit Basenpaar-Sequenzen getrieben werden muss, um die Komponenten zu verbinden, entfällt.“

Es ist die bisher größte Forschungsinitiative zur Synthetischen Biologie in Deutschland: Das Max-Planck-Forschungsnetzwerk „MaxSynBio“ feierte am 16. April in Berlin offiziell seinen Auftakt. Forscher aus neun Max-Planck-Instituten wollen hier grundlegende Funktionselemente von Lebewesen erforschen und sie in Ingenieursmanier zusammensetzen. Das ultimative Ziel: Eine künstliche Zelle von Grund auf neu konstruieren, die sich als Biomaschine im Labor sogar replizieren kann. Neben den grundlegenden Erkenntnissen über die Entstehung einfacher Lebensformen geht es auch um mögliche Verbesserungen für die biotechnologische Produktion. Die Max-Planck-Gesellschaft sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) investieren jeweils 13 Millionen Euro in das Forschungsprojekt, das auch von Erlanger Ethikern begleitet wird.

„Ich bin überzeugt, dass die große Investition, die hier vom Bundesforschungsministerium und der Max-Planck-Gesellschaft gemeinsam getätigt wird, neue grundlegende Erkenntnisse zum Phänomen des Lebens hervorbringen wird“, sagte Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft bei der offiziellen Eröffnungsfeier im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem. „Auch wenn das Ziel einer synthetischen Zelle sehr weit weg und vielleicht sogar unerreichbar ist – wir starten hier ein unheimlich spannendes Projekt“, betonte der MPG-Präsident.

Module aus biomolekularen Bausteinen

An MaxSynBio beteiligt sind insgesamt neun Max-Planck-Institute, koordiniert wird das Forschungsnetzwerk von Kai Sundmacher, MPI für die Dynamik komplexer technischer Systeme, Magdeburg, und Petra Schwille, MPI für Biochemie, Martinsried. Oberstes Ziel sei es, „biologische Systeme nach ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien aus kleineren biomolekularen Funktionseinheiten von Grund auf neu zu konstruieren.“ Der Ingenieursblick auf lebende Systeme ist typisch für den jungen Forschungszweig der Synthetischen Biologie. Das Ziel der Bioingenieure: biologische Systeme mit maßgeschneiderten Eigenschaften . Diesem Ziel nähern sie sich auf zwei Wegen. „Forschern des weitverbreiteten Top-down-Ansatzes geht es um das Re-Design natürlicher Zellen“, so Sundmacher.

Von Grund auf zum lebenden System

Die MaxSynBio-Forscher wollen sich hingegen daranmachen, eine einfache Zelle aus chemischen Grundbausteinen – also bottom-up – zusammenzubauen. Dazu gilt es zunächst, einzelne lebenswichtige biologische Prozesse, wie einen Basisstoffwechsel, die Energieerzeugung oder die Fähigkeit zur Zellteilung in künstlichen Modellen nachzustellen und – soweit erfolgreich – später in einem Membranbehälter, dem Mikrokompartiment, zusammenzuführen. Das MaxSynBio-Netzwerk ist aus deutscher Perspektive die bisher größte Forschungsinitiative zur Synthetischen Biologie. Die Max-Planck-Forscher betreiben dazu vor allem Grundlagenforschung, die der Entstehung und den elementaren Komponenten des Lebens auf der Spur ist. Gleichwohl sehen die Forscher langfristig großes Potenzial für Anwendungen in der Biotechnologie. „Die Hoffnung ist, dass man künstliche Designer-Zellen bauen kann, die nicht jene Nachteile natürlicher Zellen für die biotechnologische Produktion haben“, sagte Sundmacher. Die Idee zu MaxSynBio ist unter anderem im Rahmen der BMBF-Initiative "Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+" entstanden. Hieran beteiligen sich die vier großen , um Zukunftstechnologien für biobasierte Produktionsverfahren zu entwickeln. Insgesamt steuert das BMBF 13 Millionen Euro zu MaxSynBio bei.

Die weiteren 13 Millionen Euro stammen aus dem strategischen Innovationsfonds des MPG-Präsidenten.

Ethiker mit an Bord

Um von Beginn an den Dialog mit der Gesellschaft zu führen und ethische und rechtliche Aspekte der Forschung zu beleuchten, ist die Bioethik ein fester Bestandteil des Verbunds. Unter Federführung von Peter Dabrock, Mitglied des deutschen Ethikrates sowie Theologe an der Universität Erlangen-Nürnberg, soll das Netzwerk sozialwissenschaftlich begleitet werden. Damit soll unter anderem die öffentliche Diskussion über kontroverse Themen wie das Erschaffen neuen Lebens oder die Sicherheit künstlicher Zellen ermöglicht werden.  "Wir sehen unsere Rolle im Netzwerk nicht als Aufpasser, sondern eher als Mediatoren", sagte Dabrock. Es gehe darum, die Einstellungsmuster und existente Vorbehalte in der Gesellschaft ernst zu nehmen. Daher denken die Forscher über partizipative Verfahren nach, um einen offenen Dialog zu ermöglichen.

Der Konsumgüter-Konzern Henkel hat in Aachen den Innovationcampus HICAST gegründet. Gemeinsam mit Forschern der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) soll hier nach noch leistungsstärkeren und vor allem ressourcenschonenden Inhaltsstoffen für Wasch- und Reinigungsmittel geforscht werden. Der Henkel-Unternehmensbereich Laundry & Home Care unterstützt den Campus in den nächsten fünf Jahren mit bis zu fünf Millionen Euro.

"Innovationen sind ein wesentlicher Wachstumstreiber. Und wir wissen um das Talent und die Kreativität von Experten außerhalb des Unternehmens", begründet Bruno Piacenza vom Henkel-Unternehmensbereich Laundry & Home Care die neue Forschungsallianz. Schon seit einiger Zeit setzt der Hersteller von Waschmitteln wie Persil und Weißer Riese auf „Open Innovation“ und arbeitet unter anderem mit Universitäten und Forschungsinstituten eng zusammen. Der  „Henkel Innovation Campus for Advanced Sustainable Technologies“ (HICAST) ist nun ein weiteres Beispiel für eine solche Kooperation, insgesamt werden über fünf Jahre etwa fünf Millionen Euro investiert. Der Düsseldorfer Waschmittelhersteller will hier mit vier Wissenschaftlern aus dem Bereich Chemie und Biotechnologie der RWTH zusammenarbeiten. Ihr Ziel: ressourcenschonende Inhaltsstoffe für Waschmittel, Maschinengeschirrspülmitteln sowie Handgeschirrspülmitteln der Zukunft finden.

Biobasierte Ansätze für nachhaltiges Reinigungsmittel

Aktuell erwirtschaftet Henkel  45 Prozent des Umsatzes mit Wasch- und Reinigungsmitteln. Der Forschungsanteil in diesem Bereich ist hoch, die meisten Produkte sind nicht länger als drei Jahre auf dem Markt. Im Fokus der neuen Allianz stehen biobasierte Ansätze wie neuartige Enzyme. Diese Biokatalysatoren sind heutzutage Schlüsselkomponenten moderner Reinigungsmittel. Enzyme sorgen für den raschen Ablauf ganz bestimmter chemischer Reaktionen. So zerlegen die zur Klasse der Proteasen gehörenden Enzyme das mit der Nahrung aufgenommene Eiweiß in seine Grundbausteine, die Aminosäuren. Aus ihnen wird dann das spezifische körpereigene Eiweiß aufgebaut. Diese Fähigkeiten  werden auch beim Waschen und maschinellen Geschirrspülen gezielt genutzt: Jedes Enzym kann dabei auf besondere Fähigkeiten zurückgreifen. Proteasen bauen eiweißhaltige Verschmutzungen ab, Lipasen entfernen Fettflecken – und dies bereits bei niedrigen Temperaturen.

Enzyme im Fokus der Forschung

Vor diesem Hintergrund tragen Enzyme zu nachhaltigeren Reinigungsmitteln bein. Auf dem Lebensweg eines Waschmittels wie auch Maschinengeschirrspülmittels – von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung in der Kläranlage – wird die meiste Energie beim Wasch- bzw. Spülgang selbst verbraucht. Denn der Hauptenergiebedarf und damit die meisten Kohlendioxid-Emissionen entstehen durch die Benutzung der Wasch- bzw. der Spülmaschine, wie Lebenszyklusanalysen zeigen. Gleichzeitig ist der Energieverbrauch bei hohen Temperaturen erheblich größer als bei niedrigen. Es ist zu einem erheblichen Teil das Verdienst der Enzyme, dass moderne Waschmittel wie auch maschinelle Geschirrspülmittel heute schon bei niedrigen Temperaturen gute Ergebnisse liefern. An den Biokatalysatoren wird daher konstant geforscht und im Rahmen von HICAST will sich Henkel weiter Nachschub an neuen Ideen sichern.

Die Konkurrenz in diesem Umfeld ist groß, auch andere Forschungsprojekte arbeiten an neuen Enzymen. So setzt unter anderen auch die vom Biotech-Unternehmen Evocatal koordinierte und vom Bundesforschungsministerium finanzeirte strategische Allianz „Funktionalisierung von Polymeren (FuPol)“ auf

Forscher haben den Mikrokosmos der Ozeane so tiefgründig wie nie durchleuchtet: In fünf wissenschaftliche Studien berichten sie im Fachjournal Science über die gewaltige Artenvielfalt des Planktons. Grundlage sind Expeditionen mit dem französischen Forschungssegler TARA, die zwischen 2009 und 2013 stattfanden. Internationale Meeresforscher sammelten dabei rund 35.000 Meerwasser- und Planktonproben aus 210 Regionen. Wie Forscher vom EMBL in Heidelberg ebenfalls in Science (2015, Online-Veröffentlichung) berichten, haben sie die Erbinformation darin entziffert und einen Erbgutkatalog mit 40 Millionen Genen erstellt.

Ziel der TARA-Expedition war eine Bestandsaufnahme der im obersten, lichtdurchfluteten Ozeanstockwerk driftenden Organismen. Dieses Plankton, zu denen winzigste Viren, Einzeller, aber auch Fischlarven zählen, bildet nicht nur die Grundlage des ozeanischen Nahrungsnetzes; es produziert auch 50 Prozent des atmosphärischen Sauerstoffs. Zudem binden die im Meer treibenden Mikroorganismen Kohlenstoff und beeinflussen so den globalen Kohlenstoffkreislauf und damit das Klimageschehen. Laut den in Science publizierten Studien erbrachten die Analysen der während der TARA-Expeditionen gesammelten Organismen rund 40 Millionen Gene; die meisten davon waren der Wissenschaft vorher nicht bekannt. Den Erbgut-Katalog hat eine Forschergruppe um Shinichi Sunagawa und Peer Bork vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg aus den Daten der Expedition erstellt. Sie liefern Hinweise, dass die genetische Vielfalt des Planktons im Meer weitaus größer ist als bislang angenommen.

Planktonzellen mit Zellkern sequenziert

Im Fokus der Studie, an denen auch zwei Bremer MARUM-Wissenschaftler beteiligt waren, standen sogenannte Eukaryoten. Das sind einzellige Lebewesen, deren Zellen mit einem Zellkern ausgestattet sind. Dazu zählen zum Beispiel die meisten Mikroalgen. Die Untersuchungen lieferten erstmals einen Überblick zur Vielfalt dieser Organismen über das gesamte Artenspektrum. Insgesamt untersuchte das internationale Forscherteam mit Hilfe molekularbiologischer Methoden 334 Proben, die auf insgesamt 47 ozeanischen Messstationen gesammelt worden waren. Die Proben enthielten Mikroorganismen, die zwischen mehreren und weniger als einem Tausendstel Millimeter klein waren.

Mehr als 150.000 Arten

Anhand der Proben gewannen die Meeresforscher rund 766 Millionen DNA-Sequenzen. Diese molekularbiologischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass in der obersten Ozeanschicht etwa 150.000 Arten vorkommen – zehnmal mehr als bislang in der Literatur beschrieben. Ein Drittel der Sequenzen konnten die Forscher keiner der bisher bekannten eukaryotischen Organismengruppen zuordnen. Den Untersuchungen zufolge erwiesen sich solche Organismengruppen als besonders vielfältig, in denen symbiotische Lebensformen vorherrschen; d.h. in denen sich unterschiedliche Arten zum gemeinsamen Vorteil vergesellschaften. Ein ähnliches Muster ergibt sich für eine andere Form des Zusammenlebens. Nach den jetzt in Science vorgestellten Erkenntnissen scheint auch Parasitismus in den Weltmeeren stark verbreitet zu sein. So gesehen zeigt sich, dass Wechselwirkungen zwischen Organismen für die Artenvielfalt im Meer bedeutsamer sind als bislang bekannt.

Fliegen werden häufig als lästige Plagegeister und Keimträger angesehen. Die Schwarze Waffenfliege hat jedoch anderes zu bieten. Das in tropischen und subtropischen Gefilden beheimatete Insekt ernährt sich von organischen Abfällen und produziert sehr eiweißhaltiges Tierfutter. Dresdner Wissenschaftler wollen nun das Verwertungstalent der Insektenlarven nutzen, um aus Pflanzenabfällen hochwertige Produkte zu erzeugen. Das Projekt wird durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert.

Es klingt zu schön um wahr zu sein. Dresdner Forscher wollen Pflanzenabfälle zu Geld machen, genauer gesagt zu hochwertiger Biomasse. Mittel zum Zweck eines durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes von Forschern der Technischen Universität Dresden und drei Unternehmen ist Hermetia illuces - die Schwarze Waffenfliege. „Durch eine Zucht der Larven in industriellem Maßstab können wir aus 300 Tonnen organischem Abfall rund 120 Tonnen hochwertige, eiweiß- und fettreiche Biomasse machen“, so Herwig Gutzeit von der TU Dresden.

Fliegenlarven als Proteinspender

Zwar sei die Futterverwertung der Nutztiere nicht besser als die von Schweinen oder Hühnern; dafür werde aber keine Fläche verbraucht und die Biomasse sei Fischmehl ebenbürtig, das in der Zierfisch- und Ziervogelzucht eingesetzt werden könne. Dafür gibt es Gutzeit zufolge einen breiten Markt in der Industrie. So eigne sich die Fliegenbiomasse als Protein- und Lipidquelle für die Futtermittel-, Kosmetik-, Pharma- und Energieindustrie.

Pro Jahr fallen in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes immerhin rund 15 Millionen bis 20 Millionen Tonnen organische Siedlungsabfälle an. Die neuentwickelte Technologie bringt die Erschließung des neuen Rohstoffpotentials entscheidend voran. Ein Container enthält die gesamte Anlage mit Zucht-, Aufzucht- und Flugbehälter. Für konstante Zuchttemperaturen von 28 °C bis 29 °C sorgt ein Wärmesystem, das die Abwärme eines Blockheizkraftwerkes einer Biogasanlage nutzt. Eine erste Pilotanlage arbeitet bereits bei der Bio.S Biogas GmbH in Grimma. An der Entwicklung waren auch die Fischer Elektronik-Bau GmbH in Radebeul und die Kaden & Döring OHG in Halsbrücke beteiligt. Im Rahmen eines weiteren ZIM-Kooperationsprojektes entsteht bis Mitte 2016 ein Verfahren, das die Feinstseparation von Larvenbestandteilen wie Proteinen, Lipiden und von Chitin ermöglicht – Wertstofffraktionen, die in der Industrie gefragt sind.

In Legehennen-Betrieben haben männliche Tiere keinen Platz – deshalb werden in Deutschland jährlich 45 Millionen Küken getötet, oftmals sogar lebend geschreddert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will dieser Praxis ein Ende setzen und fördert deshalb die Entwicklung einer optischen Technik zur Geschlechtsbestimmung im befruchteten Hühner-Ei. Hierdurch können das Ausbrüten und der Schlupf männlicher Küken verhindert werden. Ein Team von Forschern der Universität Leipzig erhält nun eine weitere Förderung von rund einer Million Euro, um das Verfahren zu automatisieren. Das ambitionierte Ziel: bis 2017 sollen Geräte-Prototypen reif für den Einsatz in Brütereien sein.

„Deutsche Technologie soll zum Trendsetter in Sachen Tierwohl werden“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bei einer Pressekonferenz am 9. Juli. „Mein Ziel ist es, dass das Kükenschreddern 2017 aufhört“, betonte der Minister.Die Geschlechtsbestimmung am befruchteten Hühnerei habe nach derzeitigem Kenntnisstand das größte Potenzial, um künftig das Töten männlicher Küken zu vermeiden. Ein Verbot der gegenwärtigen Kükentötung würde das Problem lediglich ins Ausland verlagern. „Wir haben mit der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung eine praktikable Alternative, die wir jetzt in die Marktanwendung bringen müssen“, so Schmidt. In der neuen Förderphase werde die Grundlage gelegt für eine serienmäßige und flächendeckende Anwendung in der Wirtschaft.

Leipziger Durchleuchtungstechnik

Bereits seit 2008 wird der optische Geschlechtscheck im befruchteten Hühnerei entwickelt. Federführend in dem Projekt ist die Tiermedizinerin  Maria-Elisabeth Krautwald-Junghans von der Universität Leipzig. Zusammen mit vier Projektpartnern wurde die Raman-Spektroskopie im nahinfraroten Wellenlängenbereich als Durchleuchtungsmethode weiterentwickelt. Damit ist eine kontaktlose Untersuchung möglich. Die spektroskopische Geschlechtsbestimmung macht sich die unterschiedliche Größe der Geschlechtschromosomen von männlichen und weiblichen Hühnern zunutze. Bereits nach dreitägiger Bebrütung entwickeln sich kleine Blutgefäße, die sich für eine Geschlechtsdiagnose nutzen lassen. D

Guckloch in die Schale gefräst

Doch für den Blick ins Ei muss mithilfe eines Lasers zunächst ein kleines Loch in die Kalkschale gefräst werden. „Die Eierschale ist einfach eine perfekte Verpackung, die wir nur auf diese Weise öffnen können“, so Krautwald-Junghanns in Berlin. Ist das Guckloch geöffnet, kommt das Raman-Mikroskop zum Zug: Je nach Geschlecht wird das Licht an den Blutzellen anders gestreut. Nach der Analyse wird das Loch in der Kalkschale von Eiern mit weiblichen Embryonen wieder verschlossen. Die Eier mit männlichen Embryonen werden aussortiert. Sie sollen als proteinreiche Quelle in Tierfutter verarbeitet werden, etwa Fischfutter.

Geschlechtscheck dauert Sekunden

Eine Geschlechtsbestimmung dauert gegenwärtig etwa 15 bis 20 Sekunden pro Ei. Technische und datenanalytische Verbesserungen lassen aber in Zukunft Analysezeiten von deutlich unter 10 Sekunden realistisch erscheinen. „Das Verfahren ist hochzuverlässig“, so die Leipziger Forscherin. Jetzt gelte es, einen vollautomatischen Geräte-Prototyps zu entwickeln. Der Prototyp soll das Geschlecht im nur drei Tage bebrüteten Ei bestimmen und die Eier entsprechend automatisch sortieren. Parallel zu der Entwicklung des Geräteprototypen laufen derzeit bereits Praxisversuche mit der neuen Methode. „Unser Vorhaben ist ambitioniert, denn es ist schwierig, das Lebewesen Ei zu automatisieren“, so Krautwald-Junghanns. Gleichwohl wollen die Forscher bis 2017 ein Gerät präsentieren, das für den flächendeckenden Einsatz in den Brütereien geeignet ist

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Das Potenzial von Algen ist enorm. Die grünen Winzlinge produzieren nicht nur Inhaltsstoffe, die für die Pharma- und Kosmetikindustrie interessant sind. Aus den Lipiden im Algenöl lässt sich auch Kerosin gewinnen. Bisher werden jedoch nur zehn der 5000 bekannten Algenarten kommerziell genutzt. Mit dem weltweit ersten „Algentechnikum“ auf dem Ludwig Bölkow Campus der Technischen Universität München in Ottobrunn soll sich das nun ändern. In dem 10 Millionen Euro teuren Hightech-Gebäude können Klima- und Lichtbedingungen exakt simuliert werden. So sollen effiziente Verfahren zur Produktion von Biokerosin und chemischen Wertstoffen aus Algen erforscht werden. Der Neubau wurde im Rahmen des Projekts „AlgenFlugKraft“ jeweils zur Hälfte aus bayerischen Landesmitteln und der Airbus Group finanziert.

Sowohl für die Forscher wie auch deren Studienobjekte bietet das 1500 Quadratmeter große Algentechnikum paradiesische Bedingungen. Das Besondere: hier können die technischen und klimatischen Bedingungen für praktisch jeden Ort auf der Welt simuliert werden. Die Fassade besteht aus Spezialglas, das auch UV-Strahlung passieren lässt. Eine ausgefeilte Klimatechnik sorgt dafür, dass sowohl tropische als auch sehr trockene Klimabedingungen erzeugt werden können. In den beiden äußeren Hallen können dabei unterschiedliche Klimazonen simuliert werden.

LED-Beleuchtung lässt sich feinsteuern

Die mittlere Halle dient Anzucht- und Vorbereitungsexperimenten. Eine zusätzliche LED-Beleuchtung ermöglicht es, dass die Licht- und Klimabedingungen jedes Ortes auf der Welt erzeugt werden können. Die hoch effizienten LEDs liefern Licht im Wellenlängenbereich zwischen 300 und 800 Nanometern und einer dem Sonnenlicht sehr nahekommenden Intensitätsverteilung. Da die verschiedenen LED-Typen einzeln ansteuerbar sind, können die Wissenschaftler zusätzlich auch von der Sonne abweichende, individuelle Spektren einstellen.

Biokerosin aus Algen

Kerosin aus Algen gilt für die Luftfahrt als Flüssigtreibstoff der Zukunft. Als photosynthesetreibende Organismen wandeln Algen Licht und Kohlendioxid durch ihren Stoffwechsel in energiereiche Lipide um. Diese Verbindungen bilden den Rohstoff für biobasierte Treibstoffe. Wie produktiv bestimmte Algenarten tatsächlich sind, ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Experten zufolge sind von den 150.000 Arten, die es auf der Welt gibt, gerademal 5.000 bekannt. Davon werden wiederum bisher nur zehn industriell genutzt. Die Erforschung neuer Algenarten zur Gewinnung von Biokerosin steht daher im Fokus der Arbeit von Brück und seinem Team. „Niemand kann voraussagen, ob eine Alge aus der Südsee unter den Lichtbedingungen in Deutschland genauso produktiv ist wie in ihrer Heimat. Genauso wenig weiß man, ob hier in Bayern erfolgreiche Kandidaten unter den Lichtbedingungen der Sahara noch genauso erfolgreich wären“, erklärt Brück. Genau diese unterschiedlichen klimatechnischen und lichttechnischen Bedingungen können am „Algentechnikum“ nun nachgestellt werden. Die Kultivierung ist dabei nicht auf einen Typ Photo-Bioreaktor beschränkt. In den Hallen können verschiedene offene und geschlossene Systeme parallel bei gleichen oder unterschiedlichen Klimabedingungen getestet werden. Dank der ausgefeilten Gebäudeautomation arbeitet das Algentechnikum höchst energieeffizient...

Ohne Photosynthese kein Leben: Ständig stellen Pflanzen Zucker für die eigene Versorgung her. Der für Mensch und Tier notwendige Sauerstoff ist eigentlich nur ein Nebenprodukt. Doch noch immer sind die komplexen Vorgänge in den Blättern nicht vollständig verstanden. Dabei könnten sie wertvolle Hinweise für saubere Energiequellen und nachhaltige Energiespeicher liefern. Ulmer Chemiker stellen nun ein „künstliches Blatt“ vor, mit dem sich die Umwandlung von Wasser zu Sauerstoff nachvollziehen und eventuell optimieren lässt. Sie berichten in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie (2016, Online-Vorabveröffentlichung).

Angeregt durch Lichtenergie produzieren Pflanzen in ihren Chloroplasten aus Wasser und Kohlenstoffdioxid nicht nur Zucker, sondern auch Sauerstoff, den sie über Schließzellen an die Umwelt abgeben. Seit Millionen von Jahren ermöglicht dieser Prozess Leben auf der Erde. Nun haben Ulmer Forscher ein Modell entwickelt, mit dem sich ein wichtiger Teil der Photosynthese, nämlich die Umwandlung von Wasser zu molekularem Sauerstoff, an Modellsystemen nachvollziehen lässt. In der Natur findet diese Oxidation in einem komplexen Enzymsystem (Photosystem II) statt, Reaktionszentrum ist dabei eine kleine Mangan-Sauerstoffeinheit. Was dort genau passiert, ist noch nicht bis ins Detail bekannt.

Katalysator basiert auf Mangan-Vanadiumoxid

Der technische Nachbau der Forscher, basierend auf einem Gerüst aus molekularem Mangan-Vanadiumoxid, soll neue Einblicke ermöglichen. Herzstück ist ein Kubus, der die Wandlung von Wasser zu Sauerstoff katalysiert. Beim Bau dieses künstlichen Blattes konnten die Forscher die Natur sogar übertrumpfen: „Durch die Oxidation zerstört sich das Reaktionszentrum unter natürlichen Bedingungen selbst und es muss ständig repariert werden. Deshalb setzen wir Polyoxometallate zur Stabilisation des Katalysators ein, die weniger sauerstoffempfindlich sind“, erklärt Streb, dessen Vorarbeiten bis ins Jahr 2011 zurückreichen.  Dass das Modell aus dem Labor in Sachen Sauerstoffproduktion durchaus mit dem grünen Vorbild mithalten kann, bestätigten verschiedene Messungen sowie die elektrochemische Charakterisierung, durchgeführt am Institut für Elektrochemie (Professor Timo Jacob). Einen „Schönheitsfehler“ mussten die Wissenschaftler allerdings noch beheben: Das System wurde zunächst mit elektrischem Strom – und eben nicht mit Sonnenlicht – angetrieben. In diesem Fall schaffte ein Licht-absorbierendes Antennenmolekül die erwünschte Abhilfe.

Günstiger als bisherige Künstliche Blätter

Zusammenfassend haben die Forscher um den Erstautor Benjamin Schwarz, Doktorand am Institut für Anorganische Chemie I, den ersten lichtgetriebenen Wasseroxidationskatalysator entwickelt, der auf Mangan-Vanadiumoxid basiert. Bisherige Nachbauten beruhen oft auf Edelmetallen, die deutlich teurer sind. Das „künstliche Blatt“ kann als Photosynthese-Modell eingesetzt werden und gibt Hinweise auf die nachhaltige Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff – dies ist auch für künftige Energiespeicher interessant. In Zukunft soll mithilfe des Nachbaus der Elektronentransfer und die Sauerstoffentwicklung im Zuge der Reaktion untersucht werden.

Der Rohbau des Gebäudes steht, die Stahlkonstruktion ist aufgestellt: Auf dem Gelände des Gaterslebener Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) war am 12. September Richtfest für die neue Pflanzenkulturhalle. Das 5 Millionen Euro schwere Projekt wird jeweils zur Hälfte vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Land Sachsen-Anhalt finanziert. Die Halle ist Teil des bundesweiten Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungs-Netzwerks (DPPN). Auf einer Fläche von knapp 1.000 Quadratmetern sollen hier zukünftig unter hochkontrollierten Umweltbedingungen Pflanzen wachsen und dabei genau beobachtet werden.

Mit dem Neubau der hochmodernen Pflanzenkulturhalle in Gatersleben wird die Voraussetzung für eine neue Generation der Pflanzenzuchtforschung gelegt. „Das IPK leistet erneut echte Pionierforschung. Wer die Ernährung einer rasant wachsenden Weltbevölkerung sichern will, der muss verstehen, wodurch die Widerstandsfähigkeit und der Ertrag von Nutzpflanzen beeinflusst werden“, sagte Sachsen-Anhalts Staatssekretärin für Wissenschaft und Wirtschaft Tamara Zieschang beim Richtfest. Die Politikerin erhofft sich davon nicht nur neue Impulse für Wissenschaftler, sondern ebenso für Industriepartner und Pflanzenzüchter aus dem In- und Ausland.

Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungs-Netzwerkes

Das  neue Forschungsgebäude in Sachsen-Anhalt ist Teil des Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungs-Netzwerks (DPPN), dessen Aufbau vom Bund insgesamt . Im Großprojekt sollen Wissenschaftler mit Hilfe modernster Technik die Eigenschaften und Merkmale von Pflanzen, die sich im Verlauf des Wachstums durch die Ausprägung der Erbinformationen und die Einwirkung von Umwelteinflüssen herausbilden, erforschen. Gründungspartner des Netzwerkes sind neben dem IPK Gatersleben auch das Forschungszentrum Jülich sowie das Helmholtz-Zentrum München

Umweltbedingungen simuliert

In der neuen Pflanzenkulturhalle auf dem IPK Gelände sollen zukünftig unter kontrollierten Bedingungen nicht nur Pflanzen wachsen, sondern auch deren Eigenschaften automatisiert und genau erfasst werden. „Die Bedingungen, die im Feld vorliegen, können hier in kontrollierter Situation simuliert - und so natürlich jederzeit wiederholt - werden“, sagt Thomas Altmann, Abteilungsleiter für Molekulare Genetik am IPK. In den Hallen können dereinst Temperaturen von Null bis 45 Grad Celsius und sogar Wind nachgeahmt werden. Für Altmann und seine Kollegen bietet das die Möglichkeit, eine Vielzahl der in der Genbank des Instituts vorgehaltenen Kulturpflanzen auf deren Eigenschaften zu untersuchen und für eine Züchtung vorzubereiten. Von der Arbeit in den Zuchthallen versprechen sich die Gaterslebener Pflanzenforscher vor allem neue Erkenntnisse hinsichtlich der Beziehungen zwischen genetischen und phänotypischen Eigenschaften und deren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von Kulturpflanzen.

Neue biologische Systeme für nützliche Anwendungen konstruieren, das ist ein Ziel der Synthetischen Biologie. Der aufstrebende Forschungszweig erfordert noch sehr viel Forschung an der vordersten Front der Biotechnologie. Das europäische Netzwerk ERASynbio, an dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beteiligt ist, hat nun seine neueste Förderausschreibung gestartet. Noch bis zum 3. Juli 2014 können sich Forscherverbünde mit ihren transnationalen Projektentwürfen bewerben. 

Auch wenn die Synthetische Biologie ein neues Forschungsgebiet ist, hat sie bereits bewiesen, dass sie einen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts leisten kann, denn si. Mit den Methoden der Synthetischen Biologie wird es nach Ansicht vieler Forscher erstmals möglich sein, hochkomplexe, kontrollierbare  Biosysteme sowie neuartige Proteine und Nukleotide zu entwickeln, deren Komplexität über das hinausgeht, was mit vorhandenen gentechnischen Methoden erreichbar ist. Diese neuartigen Systeme könnten mittels synthetisierter Genome in konstruierte Gerüste (Chassis) oder auch einfache Protozellsysteme eingebaut werden. Als interdisziplinäre Wissenschaft wird die Synthetische Biologie voraussichtlich Anwendungen für verschiedene Bereiche wie die industrielle Biotechnologie, Bioenergie, Biomedizin, Biosensoren, biologische Altlastensanierung und die Landwirtschaft entwickeln und neue Instrumente für die wissenschaftliche Forschung schaffen. In naher Zukunft wird die Synthetische Biologie wirksamere Verarbeitungsverfahren und eine umweltfreundliche Herstellung von Feinchemikalien und Arzneimitteln sowie von Biokraftstoffen der nächsten Generation ermöglichen. 

Europäische Forschungslandschaft stärken

ERASynBio ist eine gemeinsame Maßnahme von 16 Forschungsförderern aus 14 EU-Mitgliedstaaten in der Synthetischen Biologie. Koordiniert wird das Netzwerk vom Projektträger Jülich. Die Aufgabe und Herausforderung von ERASynBio besteht darin, die Forschungslandschaft in der Synthetischen Biologie zu stärken und die weitere Entwicklung sozialverträglich und nachhaltig zu koordinieren. Nun wurde eine neue Ausschreibungsrunde gestartet mit dem Titel „Bildung von Kapazitäten in der Synthetischen Biologie durch transnationale Forschungsprojekte“. Wichtige Orientierung für die neue Ausschreibung bietet ein 2013 von ERASynBio erarbeitetes und kürzlich vorgelegtes Konzept, die Strategic Vision ERASynBio. Hierin wird die Synthetische Biologie nicht nur definiert, sondern es wurden auch für Europa eine Reihe von Empfehlungen für eine verantwortungsvolle, nachhaltige und effektive Entwicklung dieses Forschungsgebiets erarbeitet. Um Kreativität und Innovation in der Synthetischen Biologie von der Basis her zu fördern, sind Anträge im Sinne der ERASynBio-Definition von Synthetischer Biologie gefragt. Sie lautet:

"Die Synthetische Biologie beschäftigt sich mit der Planung und Konstruktion von neuen biologischen und auf biologischen Strukturen basierenden Systemen, um neue Funktionen für nützliche Anwendungen zu generieren. Dabei bedient sie sich der Konzepte aus den Ingenieurwissenschaften und der Biologie."

Abgrenzen von klassischer Gentechnik

Die Projekte zur Synthetischer Biologie sollen sich klar von klassischer Gentechnik und anderen verwandten Bereichen wie der Systembiologie abgrenzen. Die Synthetische Biologie unterscheidet sich stark von der traditionellen Gentechnik, vor allem im Hinblick auf das Streben nach Vorhersagbarkeit und Kontrolle von Systemverhalten. Üblicherweise bezieht sie sich auf das sinnvolle Design einer Neusynthese großer DNA-Fragmente und auf die Modifizierung oder das Refactoring von aus mehreren Genen zusammengesetzten Strukturen oder Systemen oder die Erzeugung sogenannter Protozellen, bei denen es sich um neu geschaffene zellähnliche Einheiten handelt.

Da es bei der Synthetischen Biologie um Konstruktion in der Biologie geht, sollten Projekte ingenieurtechnische Grundsätze wie Modularität, Abstraktion, Standardisierung berücksichtigen und Modellierungsansätze nutzen, um biologische oder biobasierte Einheiten zu optimieren oder zu verbessern. Im Gegensatz zu beschreibenden biologischen Disziplinen sollen die Projekte bewusst auf das Design und die Konstruktion von Elementen, Strukturen oder Systemen abzielen.

Neu sind diesmal auch sogenannte strategische Elemente, die in den Antrag für Projektförderung einfließen sollen. Das soll gewährleisten, das die verantwortungsvolle, vernetzte und transparente Forschung gemäß dem ERASynBio-Konzept betreiben. Die transnationalen Anträge müssen mindestens drei und dürfen höchstens sieben Projektpartner aufweisen, die aus mindestens drei Partnerländern stammen, die sich an dieser Förderbekanntmachung beteiligen. Bis zum 3. Juli 2014 können Projektskizzen beim Projektträger Jülich eingereicht werden (Ansprechpartnerin: Annette Kremser). 

In deutschen und französischen Bergbauhalden schlummern bislang ungenutzte Kupferschätze. Mithilfe von Bakterien lässt sich das Metall aus Erzen herauslösen. Diese Biobergbau-Strategie steht hinter dem deutsch-französischen Kooperationsprojekt Eco-Metals, das von beiden Ländern mit rund 5 Millionen Euro unterstützt wird. Für die beteiligten deutschen Partner steuert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) insgesamt 4,2 Millionen Euro bei.

Biotechnologische Verfahren gelten als energieeffizienter, umweltfreundlicher und preiswerter Weg, um wichtige Industriemetalle und strategische Hightech-Rohstoffe zu gewinnen. Unter Tage sind winzige Helfer am Werk: Bakterien, andere Mikroorganismen und Biomoleküle werden eingesetzt, um die begehrten Metalle aus dem Erz herauszulösen (Biolaugung) und selektiv abzutrennen. Bisher werden mikrobielle Verfahren vorwiegend im Kupferbergbau eingesetzt, jedoch ist die etwa in Südamerika übliche Biolaugung nicht einfach auf die europäischen Kupfervorkommen übertragbar. Deshalb kommen solche Verfahren derzeit in Europa nicht zum Einsatz, um Kupfer zu gewinnen. Dabei gibt es hier die weltweit zweitwichtigste Quelle für das Metall, den Kupferschiefer. Er wird derzeit in Polen durch das Bergbauunternehmen KGHM abgebaut. Hinzu kommen erhebliche Mengen an Restkupfer aus Bergbauhalden in Deutschland (zum Beispiel Mansfelder Land) und Frankreich.

Kupferschiefer und Haldenmaterial im Visier

Innovative Rohstofftechnologien mithilfe von Bakterien im Kupferbergbau voranzubringen - das ist das Ziel des bilateral finanzierten EcoMetals-Projekts. Im Fokus der Programmpartner steht die Aufarbeitung von Kupferschiefer in Polen sowie kupferreichen Haldenmaterialien aus deutschen wie auch aus französischen Bergbauaktivitäten.

Unterstützt werden die Projektpartner mit 4,2 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie mit einer Million Euro durch die Agence Nationale de la Recherche (ANR), einer französischen Forschungsfördereinrichtung. Das Projekt ist Teil einer gemeinsamen Initiative für eine stärkere Vernetzung der Forschung und Entwicklung für neue Rohstofftechnologien in Deutschland und Frankreich. Die deutsch-französische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet soll, wie zum 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages im Januar 2013 beschlossen, intensiviert werden.

Sieben Partner aus Deutschland

An dem auf drei Jahre angelegten Eco-Metals-Projekt ist unter anderem das deutsche Biotech-Unternehmen Brain AG beteiligt, das sein mikrobiologisches Bioarchiv mit mehr als 30.000 unterschiedlichen Stämmen zur Verfügung stellt. „Wir sind überzeugt davon, dass sich darunter eine Vielzahl geeigneter Kandidaten befindet, die auch unter unwirtlichen Bedingungen, wie zum Beispiel Hochsalz, hoher Anteil von organischen oder anorganischen Komponenten sowie extreme pH-Werte, in der Lage sind, Metalle aus so komplexen Mineralien zu lösen“, so Yvonne Tiffert, Mikrobiologin und Projektleiterin bei Brain. Von deutscher Seite sind zudem die G.E.O.S. mbH, die UVR-FIA GmbH sowie die Aurubis AG im Verbund vertreten. Hinzu kommen Forschungseinrichtungen wie das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR); die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und die TU Bergakademie Freiberg, außerdem weitere französische und polnische Partner. Mit dem nun angelaufenen Projekt weitet die Brain AG ihre Aktivitäten zum Biobergbau weiter aus. Erst im März hatte das Zwingenberger Unternehmen einen . Gemeinsam sollen auf biotechnologischem Wege Seltenerden-Metalle gewonnen und unter anderem eine Biomining-Pilotanlage aufgebaut werden.

Brücken in der biobasierten Wirtschaft bauen und einen Marktzugang für grüne Produkte schaffen, das ist das Ziel des Public-Private-Partnership (PPP) namens "Biobased-Industries" (BBI). EU-Kommission und Wirtschaft haben sich hier zusammengeschlossen, um die Rahmenbedingungen für die europäische Bioökonomie zu verbessern. Insgesamt stehen 3,7 Milliarden Euro in den kommenden sieben Jahren für Forschungsprojekte und Initiativen zur Verfügung. Bewerbungen für die ersten 16 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 150 Mio. Euro sind bis zum 15. Oktober möglich.

Das Netzwerk „Biobased Industries“e (BBI) zwischen der EU und dem Biobased Industries Consortium (BIC) umfasst rund 140 Partner, darunter Konzerne, kleine und mittlere Unternehmen sowie Cluster und Verbände. Knapp 1 Milliarde stellt die Europäische Union in ihrem neuen Strukturförderprogramm Horizon 2020 bereit, 2,7 Milliarden kommen von der im BIC organisierten Industrie. Bis 2024 soll damit die europäische Wettbewerbsfähigkeit bei biobasierten Produkten gestärkt werden. Ähnlich wie bei der „Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie“ für Deutschland geht es um bessere Biomasseverwertungsstrategien, um den Aufbau von Bioraffinieren sowie der entsprechenden Märkte für daraus entstehende biobasierte Produkte in Europa.

Ziel ist es vor allem, neuartige, branchenübergreifende Kooperationspartnerschaften zwischen Land- und Forstwirtschaft, Maschinen- und Anlagenbau, Papier- und Zellstoffindustrie, Chemie und Energiewirtschaft zu unterstützen. Das BBI ist eine von insgesamt sieben sogenannten Joint Technology Initiatives (JTI), deren offizieller Start am 9. Juli auf einer Veranstaltung in Brüssel verkündet wurde. „Die Initiative ist ein außerordentliches Bekenntnis von Politik und Industrie, der biobasierten Wirtschaft in Europa einen Schub zu verleihen, um sich aus der Abhängigkeit von Erdöl und andere fossilen Ressourcen zu lösen“, betonte Peter Holk Nielsen, Chef des dänischen Biotechkonzerns Novozymes.

Bewerber gesucht: 16 Projekte, 150 Mio. Gesamtbudget

Auf der Kick-Off-Veranstaltung wurden auch die ersten konkreten Projekte des BBI vorgestellt. Für 2014 sind insgesamt 16 zu fördernde Projekte ausgeschrieben, die mit einem Gesamtvolumen von 50 Mio. Euro Fördergelder der EU ausgestattet sind. Ein sogenanntes Flagship-Projekt mit Fokus auf den Aufbau von Demonstrations- und Pilotanlagen, die bisher nicht genutzte Agrarrohstoffe verwerten, soll bis zu 25 Mio. Euro EU-Gelder erhalten. Dies richtet zum Beispiel an Regionen, die sich nicht für den Anbau von essbarer Biomasse eignen, aber dennoch über Agrarrohstoffe eine Wertschöpfung generieren wollen. Bewerben könnten sich aber auch Projekte, die auf die Verwertung bisher nicht genutzter Abfällen in der Agrarproduktion wie Blätter, Kleie oder pflanzliche Faserstoffe abzielen. Dass solche Strategien schon heute funktionieren, konnte unter anderem die deutsche Firma wet-Green GmbH bei der

100 Mio. Investment aus der Industrie geplant

Weitere 15 Mio. Euro EU-Gelder stehen für insgesamt 5 Demonstrationsanlagen zur Verfügung: Hier geht es unter anderem die hochwertige Verwertung von Reststoffen aus der Papier- oder Lebensmittelindustrie. Auch kosteneffiziente Demonstrationsanlagen zur Aufbereitung von Gülle im großen Maßstab sollen gefördert werden. Darüber hinaus laufen die Ausschreibungen für zehn weitere Projektthemen, die eher technologisch und forschungsorientiert sind und dazu beitragen, die Herstellung biobasierter Produkte aus diversen biologischen Ressourcen effizienter und marktnäher zu ermöglichen. Die Industrie wird sich mit ca. 100 Mio. Euro an allen Ausschreibungen beteiligen. Bewerbungsschluss für Projektanträge ist der 15. Oktober 2014.

In einer Bioraffinierie-Demonstrationsanlage im dänischen Kalundborg ist aus Stroh und anderen Reststoffen Bioethanol hergestellt worden. Das Deutsche Biomasseforschungszentrum in Leipzig hat mitgeholfen, die Technik zur Marktreife zu bringen. Das Forschungsprojekt Kalundborg Cellulosic Ethanol Plant (Kacelle) wurde im Rahmen des 7. Rahmenforschungsprogramms der Europäischen Union gefördert. Auf Grundlage der Forschungsergebnisse startet in Dänemark nun der Bau einer kommerziellen Anlage.

Die Konkurrenz von Energiepflanzen- und Lebensmittelproduktion hat in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen über die Nachhaltigkeit der Biokraftstoffproduktion geführt. Um diesen Gegensatz zu vermeiden, zielen daher inzwischen viele Forschungsprojekte darauf ab, besonders genügsame Pflanzen zu finden, die auf Böden wachsen, die sich nicht für die Lebensmittelproduktion eigenen. Ein anderer Ansatz ist, Agrarreststoffe wie Holzhackschnitzel oder Stroh zu nutzen, die sich nicht als Lebensmittel eignen. Genau diese Herangehensweise wurde auch bei Kacelle gewählt: Ziel in dem zwischen 2009 und 2013 durchgeführten Projekt war es, Alkohol auf Basis von Lignocellulose – im wesentlichen Getreidestroh – im industriellen Maßstab zu produzieren.

Für Lignocellulose-Verdau sind besondere Hefen nötig

Lignocellulose ist ein komplexes Zuckermolekül, welches vor allem in Zellwänden eingelagert ist. Die erste Generation der Bioraffinerien nutzte vor allem Stärke, eine Zuckerkette aus zahlreichen aneinandergereihten Glukose-Molekülen für die Energiegewinnung. In Agrarreststoffen ist aber nur wenig Stärke enthalten. Der Zucker ist dort in Form von Cellulose, Hemicellulose und Lignin gespeichert. Das Problem: Lignocellulose nutzt nicht wie Stärke nur Glucose als Zuckerbaustein, es kommen auch andere Zucker wie Xylose und Arabinose zum Einsatz. Weil diese Zucker aber nicht wie Glukose aus sechs sondern nur fünf Kohlenstoffatomen bestehen, können die bisher für die Ethanolproduktion verwendeten Hefen sie nicht verdauen. Es müssen also speziell gezüchtete Hefen eingesetzt werden, die neben der Glucose auch die anderen Zucker zu Ethanol vergären können.

Sechs Projektpartner aus Skandinavien, Portugal und Deutschland

An dem Projekt haben neben dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) vor allem skandinavische Partner mitgearbeitet: Das dänische Unternehmen Inbicon, dass zur Dong Energy-Gruppe gehört, stellte die eigentliche Bioraffinerie-Anlage in Kalundborg zur Verfügung und entwickelte das grundlegende technische Verfahren, mit dem sich aus Getreidestroh und anderer Lignocellulose-Biomasse Bioethanol herstellen lässt. Es kann zum Beispiel Benzin beigemischt werden und hilft so, den Verbrauch fossiler Energie im Staßenverkehr zu senken. Mit der Inbicon-Technik werden zudem zwei weitere erneuerbare Energieprodukte aus landwirtschaftlichen Reststoffen erzeugt: Ligninpellets, welche Kohle ersetzen und C5-Molasse, die als "Biogas-Booster" verwendet werden kann.

Vor der Nutzung als Kraftstoffbeimischung wurde das produzierte Bioethanol vom norwegische Erdöl- und –gaskonzern Statoil in Motor-Prüfständen und Fahrzeugen zunächst intensiv erprobt und charakterisiert. Die Universitäten in Kopenhagen, Dänemark, und Braga, Portugal, haben erforscht, wie sich die in der Raffinierie verwendeten Enzyme wiederverwerten lassen, um so die Produktionskosten zu senken.

Das niederländische Unternehmen DSM wiederum entwickelte Hefestämme und Enzyme, die auch die Fünffachzucker verdauen konnten und sorgte so für eine wesentlich höhere Ausbeute. Als Projektpartner war das DBFZ mit der Analyse und Bewertung der Treibhausgasemissionen und der Wirtschaftlichkeit der Ethanol-Produktionskette beauftragt. In mehreren Szenarien wurden hierbei die Treibhausgasemissionen durch eine detaillierte Lebenszyklusanalyse (LCA) des hergestellten Bioethanols ermittelt. In ähnlicher Weise hat das DBFZ auch die wirtschaftlichen Aspekte analysiert und vor dem Hintergrund des aktuellen Treibstoffmarkts die Kosten für die Ethanolherstellung kalkuliert.

In Jütland entsteht eine kommerzielle Bioraffinerie

Insgesamt haben die Projektpartner so die gesamte Wertschöpfungskette von der Bereitstellung der Biomasse über die Konversion der Lignocellulose in der Ethanol-Anlage bis hin zur Bereitstellung des Ethanols für die Nutzung in Kraftfahrzeugen abgedeckt. So gelang es, die Technik vom Demonstrationsprojekt zu einem marktfähigen Konzept auszugestalten. „Durch eine Verringerung der Produktionskosten und eine Steigerung des Ethanolertrags um 40 %, konnte die Wirtschaftlichkeit der Lignozellulose-Ethanol-Technologie im Laufe des Kacelle-Vorhabens massiv verbessert werden. Die untersuchte Technologie wird derzeit bereits im industriellen Maßstab in Dänemark aufgebaut", so Konstantin Zech vom DBFZ in Leipzig. Erst Anfang Juli gewährte die Europäische Union rund 39 Mio. Euro Fördermittel für den Aufbau einer kommerziellen Bioraffinerie im dänischen Jütland. Dort sollen ab 2017 pro Jahr rund 80 Millionen Liter Bioethanol produziert werden - zum ersten Mal überhaupt zeitgleich in einem Komplex, der auch Wärme, Strom und Gas aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt.

Ob als Baumaterial oder Werkstoff, als Rohstoff für biobasierte Chemikalien oder Bioenergie – der Rohstoff Holz wird heutzutage vielfach genutzt. Dies wiederum stellt höhere Anforderungen an eine nachhaltige Forstwirtschaft. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat eine neue Ausschreibung zur „Nachhaltigen Waldwirtschaft“ gestartet. Bewerben können sich Konsortien, die den Nachhaltigskeitsaspekt bei der Holzherstellung- oder nutzung in besonderer Weise berücksichtigen. Projektskizzen können bis zum 30. September 2014 bei der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) eingereicht werden.

Eine wichtige nachwachsende Rohstoffressource in Deutschland ist der Wald. Rund 3,4 Mrd. Kubikmeter sind hierzulande vorhanden – ein europäischer Spitzenwert. Er ist wertvolles Ökosystem, Kohlenstoffspeicher, Erholungsraum und bedeutender Rohstofflieferant zugleich. Der Rohstoff Holz wird vielfach weiterverwertet: zu Schnitt- und Sperrholz, zu Holzwerkstoffen und Holz-Kunststoff-Verbünden, zu Papier und Pappe oder zu Bioenergiepellets und -briketts.

Holz ist als pflanzliches Gewebe aus Zellen mit Zellwänden aufgebaut. Sie bestehen aus einem Gerüst aus den langkettigen Zuckermolekülen Cellulose und Hemicellulose. Während der Verholzung wird in die Zellwände zusätzlich Lignin eingelagert, das wie ein Bindemittel wirkt. Das entstandene chemische Gerüst wird auch als Lignocellulose bezeichnet.

Holz ist wertvoller Rohstoff

Der inländische Verbrauch von Holzrohstoffen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. So haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes allein Baumaterialien aus Holz im Jahr 2011 einen Produktionswert von rund 14 Mrd. Euro erreicht. Bei Holz, das gesägt und gehobelt wird, dem sogenannten Schnittholz, und bei den Holzwerkstoffen belief sich dieser Wert jeweils auf rund 4 Mrd. Euro. Beim Schnittholz machen Nadelhölzer aufgrund ihrer überlegenen Holzeigenschaften den Löwenanteil aus, 2011 waren es 21,6 Mio. Kubikmeter Nadelschnittholz. Für die Produktion von Holzwerkstoffen werden Holzspäne miteinander verleimt und in Form von Platten gepresst. Spanplatten, das wichtigste Produkt der Holzwerkstoffindustrie, erreichten 2011 einen Produktionswert von 1,5 Mrd. Euro, rund 5,7 Mio. Kubikmeter wurden hergestellt.

Neue Nachfrage aus Chemiesektor

Im Jahr 2011 hat die Bundesregierung die „Waldstrategie 2020“ verabschiedet, um den Natur- und Wirtschaftsraum Wald langfristig zu sichern und eine tragfähige Balance zwischen den steigenden Ansprüchen an den Wald und seiner nachhaltigen Leistungsfähigkeit aufzuzeigen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die Forstwirtschaft neuen Rahmenbedingungen anpassen muss. War traditionell die Holzwirtschaft, bestehend aus Säge-, Holzwerkstoff- und Zellstoffindustrie, lange Zeit der wichtigste Kunde der Forstwirtschaft, kommen heute neue Nachfrager hinzu: neben der Bioenergie ist dies die chemische Industrie, die im Zuge des Wandels zur Bioökonomie neue  Verfahren, Chemikalien und Produkte entwickelt. Diese benötigen neue Rohstoffsegmente und Bereitstellungsketten. Ein Beispiel hierfür ist die derzeit intensiv erforschte Herstellung von Klebstoffen, Epoxidharzen und Polyurethanen aus Lignin, das wiederum aus Laubholz gewonnen wird.

Gleichzeitig werden derzeit vielerorts Wälder zu artenreichen und standortgerechten Mischwäldern umgebaut, um sie u.a. besser an den Klimawandel anzupassen und mehr Biodiversität zu ermöglichen. Insgesamt gesehen befinden sich Wald- und Forstwirtschaft damit sowohl angebots- als auch nachfrageseitig im Wandel. Dies stellt die rund 2 Millionen Waldbesitzer in Deutschland vor neue Herausforderungen.

Gesucht: Nachhaltige Modellprojekte 

Um diese besser bewältigen zu können, werden Produktions- und Herstellungsprozese gebraucht, die besser aufeinander abgestimmt sind und künftig eine ausreichende und nachfrageorientierte Holzbereitstellung unter Beachtung der Schutz- und Erholungsfunktion zu gewährleisten. Im Rahmen der neuen Ausschreibung „Nachhaltige Waldwirtschaft“ des BMEL sind nun sowohl grundlagenorientierte als auch praxisbezogene Forschungs- und Entwicklungs- oder Modellprojekte förderfähig.

Inhaltlich kann dabei die gesamte Produktionskette abgedeckt werden: Von Ansätzen für Züchtung und Nutzungsplanung über neue Ernteverfahren und Logistikkonzepte bis hin zu Maßnahmen der Holzaufbereitung. Auch Fragen zum Nährstoffmanagement, zum Monitoring und zur Informationsvermittlung können in den Fokus gestellt werden. Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist dabei jeweils zu integrieren, das heißt, jeder neue Ansatz sollte auch eine Verbesserung im Hinblick auf die Nachhaltigkeit darstellen.

Mit dem Ideenwettbewerb "Neue Produkte für die Bioökonomie" sucht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach originellen Ideen für eine biobasierte Zukunft. Der Preis: Die Ausarbeitung der Idee und Studien zur Realisierbarkeit des Produkts werden vom Ministerium gefördert. Aus mehr als 200 Bewerbungen haben es nun 32 Projekte in die zweite Phase geschafft. Darunter: Technische Pflanzengewebe oder Mikromesskugeln für Reaktoren. Bei einem Auftakttreffen zur Sondierungsphase haben sich nun die zur Förderung ausgewählten Teilnehmer in Berlin getroffen. Höhepunkt war ein Science Slam am 21. August im Frannz Club im Bezirk Prenzlauer Berg. Hier präsentierten einige Teilnehmer ihre Projekte ganz in Slam-Manier spritzig und mit Witz. Am Folgetag erwartete die Erfinder ein Workshop-Programm.

Mit einem ganz neuen Förderformat will das BMBF kreative Köpfe dabei begleiten, ihre Visionen für nachhaltige Produkte in die Realität umzusetzen. Den Ideenwettbewerb „Neue Produkte für die Bioökonomie“ hat das Ministerium im Rahmen der „Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030“ ins Rollen gebracht - im Ergebnis des „Strategieprozess Biotechnologie 2020+". Eine erste Ausschreibung wurde im vergangenen Jahr gestartet. Bewerber konnten bis Dezember 2013 Ideenskizzen für innovative Produktideen einreichen. Kurz und knapp müssen sie sein. Eine weitere Maßgabe: Augenmerk sollte nicht nur auf Wirtschaftlichkeit, sondern vielmehr auf dem gesellschaftlichem Nutzen liegen.  

Sondieren, Machbarkeit prüfen, machen

Von mehr als 200 Produktideen hat die Jury inzwischen 32 Projekte ausgewählt, die nun in einer neunmonatigen Sondierungsphase vertieft ausgearbeitet werden sollen. Ideenträger aus wissenschaftlichen Einrichtungen bekommen in dieser Phase bis zu 50.000 Euro, Unternehmen aus der Privatwirtschaft können davon maximal die Hälfte als Förderungerhalten. Der nächste Schritt für die erfolgreichsten Konzepte: Auf die Sondierungsphase folgt eine Machbarkeitsphase, in der Studien zur technischen Realisierbarkeit der Idee durchgeführt werden. Dabei sind die Wissenschaftler und Tüftler nicht alleine: Fehlt die nötige Markterfahrung können Wirtschaftsexperten in die Arbeitsplanung eingebunden werden. Für diese Phase stellt das BMBF bis zu 250.000 Euro Fördermittel zur Verfügung.

Science Slam im Herzen Berlins

Für die aktuell ausgewählten Projekte läutete ein Science Slam den Auftakt der Sondierungsphase ein. Im Frannz Club in der Berliner Kulturbrauerei wurden 7 der 32 zur Förderung ausgewählten Projekte präsentiert. In Science-Slam-Tradition wurde der Gewinner durch Publikumsabstimmung gekürt. Koch Johann alias Forstwirt Norbert Wagemann vom Steinbeis-Forschungszentrum in Tübingen überzeugte beispielsweise mit seiner „Freestyle-Performance“. Ohne Hilfsmittel und nur in Kochkluft traf er den kulinarischen Nerv der Zuschauer in Büttenreden-Manier. Seine ungewöhnliche Idee: Rar werdende Speisefische wie Felchen und den von invasiven Arten bedrohte Europäische Edelkrebs zusammen in einem geschlossenen System zu züchten. Klingt einfacher als es ist – Parameter wie Lebenszyklen, Aktivität, Nahrungsspektrum und viele weitere Eigenschaften beider WG-Bewohner müssen genauestens aufeinander abgestimmt werden

Mikrofluidreaktoren – die technischen Pflanzengewebe

Ebenfalls auf Zusammenarbeit, allerdings auf molekularer Ebene, fokussiert das Vorhaben des Pflanzenphysiologen Peter Nick vom Karlsruher Institut für Technologiey (KIT). Zu Beginn hielt er ein verschrumpeltes Würmchen in die Höhe. Der Wert: 500 Euro. Die Chinesische Raupe wurde durch einen extrem seltenen Pilz dahingerafft, der einen besonderen Wirkstoff produziert. Dieser verhindert das Abstoßen eines fremden Organs nach einer Herztransplantation. Der Nadelbaum Cephalotaxus hainanensis wiederum produziert ein Alkaloid mit krebsheilender Wirkung. Das Problem: Die Pflanze ist akut vom Aussterben bedroht.

„Genau diese Schätze wollen wir nutzbar machen“, sagte Nick. Hierzu entwickelt er mit seinem Team den Mikrofluid-Reaktor. „Es reicht nicht aus, einfach Zellen der Pflanze in der Kulturschale zu züchten. Pflanzenzellen sind Teamplayer“, so der Molekularbiologe. Die Wirkstoffproduktion funktioniert nur im Zellverbund mit verschiedensten Zelltypen im Blatt. Die Erfindung besteht im Prinzip aus einem Trägermedium mit einzelnen Kammern. Darin befinden sich verschiedene Zelltypen, welchen zuvor die Zellwände als natürliche Barriere entfernt wurden. Interagieren können die Kammern durch Mikrofluidik, also mittels Flüssigkeitsströmungen mikroskopischer Größenordnung. Diesen künstlichen Zellverbund nennt Nick „technisches Pflanzengewebe“. Enthalten diese Zellen nun die richtigen Gene von Cephalotaxus, soll – so die Idee – der krebsheilende Wirkstoff als Produkt der Zell-Teamarbeit geerntet werden können.

 

Viele Ideen sollen die Produktion verbessern

Auch die übrigen auf dem Science-Slam präsentierten Ideen waren vielseitig und beschäftigten sich damit, Produktionsverfahren nachhaltiger zu machen. Biochemiker Josef Sperl von der Technischen Universität München etwa will die Rohstoffproduktion für die Chemieindustrie nachhaltiger gestalten.  Indem Sperl in einem speziellen Reaktionssystem die Bildung von organischen Aminen auf nur drei enzymatische Produktionskaskaden herunterbricht, soll die Herstellung des Chemie-Rohstoffs schnell und biobasiert ablaufen können. Musikalischer Abschluss der Veranstaltung: Pflanzenökologe Michael Lakatos von der Universität Kaiserslautern hat das Publikum als Rhythmus-Orchester in seine Präsentation eingebunden. In einem neuen Bioreaktorkonzept will er bestimmte Zuckerketten als Biomaterial mit Hilfe von Cyanobakterien herstellen. Das besondere dabei: Erstmals verwendet Lakatos hierfür landlebende Bakterienstämme, die zahlreiche Vorteile gegenüber aquatischen Mikroben mit sich bringen. So sind sie beispielsweise stressresistenter, anspruchsloser und kommen mit weniger Licht aus.

Niedrige Eintrittsschwelle für originelle Ideen

Bei der Auswahl der Projekte lag der Fokus nicht in erster Linie auf Wirtschaftlichkeit oder dem Nutzen für Forschung und Entwicklung. „Die Frage war: Bringt es den Leuten wirklich was“, sagt Projektleiterin Ulrike Pogoda de la Vega vom Projektträger Jülich, der den Ideenwettbewerb im Auftrag des Bundesministeriums betreut und organisiert. Eine unkomplizierte Fördermöglichkeit mit einer niedrigen Eintrittsschwelle für originelle und neuartige Ideen solle geboten werden, so Pogoda de la Vega. Auch Produktvisionen, die in anderen kreativen Initiativen des BMBF entstanden sind, wie etwa im Rahmen der Innovationsakademie Biotechnologe, können sich hier bewerben und so weiterentwickelt werden. Ob und wie die 32 Visionen nun in der Realität ankommen, wird sich in den kommenden Monaten der Machbarkeitsphase zeigen.

Die „Innovationsakademie Biotechnologie“ ist ein exklusiver, zweitägiger Workshop in ungewöhnlichem Ambiente, der jedes Jahr während der „Gründerwoche Deutschland“ im Herbst stattfindet. Am Ende der Veranstaltung winken 50.000 Euro Förderung für die Ausarbeitung eines Businessplans in den Life Sciences. Am 17. und 18. November 2014 findet auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die fünfte Veranstaltung dieser Art in Berlin statt. Hierfür werden Teilnehmer gesucht.

Im Mittelpunkt der „Innovationsakademie Biotechnologie“ steht die ungewöhnliche Ideensuche: Wo wird etwas gebraucht, was noch nicht da ist? Wo gibt es ein Problem, aber keine Lösung? Was könnte ein Kundenwunsch sein, der bisher noch nicht adressiert wird? Die besten Ideen erhalten die Chance, im Team ausgearbeitet zu werden. Am Ende winkt eine Förderung in Höhe von 50.000 Euro für eine neunmonatige Sondierunsphase der Geschäftsidee.

Exklusive Veranstaltung für Gründungswillige

Die Innovationsakademie Biotechnologie ist eine exklusive Veranstaltung, für die man sich bewerben muss. Die ca. 50 Teilnehmer werden gezielt ausgewählt, so dass ein guter Mix aus Wissenschaft und Wirtschaft, aus kreativen Tüftlern und kaufmännischen Experten, aus Gründungswilligen und Gründungserfahrenen zusammenkommt. Gefragt sind Mut, Neugierde und Aufgeschlossenheit.

Gesucht werden Menschen mit Lust auf Selbständigkeit und Unternehmertum. Bewerben können sich alle, die sich die Gründung einer Firma in den Life Sciences vorstellen können: Naturwissenschaftler, Ingenieure, Mediziner, aber auch Entrepreneure, Investoren, BWLer, Zukunftsforscher und Designer. Die Bewerbungsfrist für die aktuelle Veranstaltung läuft noch bis zum 15. September. In diesem Jahr wird das "nhow - Lifestyle und Music Hotel" Ort des Geschehens sein. Das passende Ambiente für die ein oder andere musikalische Einlage. Vergangenes Jahr wurde das Finale der Innovationsakademie als Science Slam in der Klturbrauerei veranstaltet. Im Jahr davor mussten die Teams das Für und Wider ihrer Geschäftsideen als "Love-and-hate-battle-Rap" präsentieren.

Zellen sind lebende Fabriken, aufgeteilt in zahlreiche Reaktionsräume. Der Chemiker Stefan Schiller will in Zellen künstliche Hohlräume schaffen und diese so ausstatten, dass darin künftig nützliche Substanzen hergestellt werden können. Mit solchen „Designer-Organellen“ könnte der Freiburger Forscher die Basis für einen universellen, aus Modulen aufgebauten Produktionsorganismus legen. Ein Vorhaben, für das der 43-Jährige nun den Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erhält. Mit der Millionenförderung kann er an der Universität Freiburg in den kommenden fünf Jahren ein Team mit sechs Mitarbeitern finanzieren. Beim Heiligenstädter Kolloquium stellte Schiller sein Vorhaben aus der synthetischen Biologie am 24. September erstmals einem Fachpublikum vor.

Auch wenn die synthetische Biologie ein neues Forschungsgebiet ist, hat sie bereits bewiesen, dass sie einen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts leisten kann, denn si. Mit den Methoden der Synthetischen Biologie wird es nach Ansicht vieler Forscher erstmals möglich sein, hochkomplexe, kontrollierbare  Biosysteme zu entwickeln, deren Komplexität über das hinausgeht, was mit vorhandenen gentechnischen Methoden erreichbar ist. 

Stefan Schiller verfolgt einen ganz eigenen Ansatz.  „Wir wollen in der Zelle neue künstliche Reaktionsräume schaffen und diese passend möblieren“, erläutert Schiller.

Der Chemiker hat an der Albert-Ludwigs-Universität seit 2008 eine eigene Forschergruppe am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) aufgebaut, die sich mit biohybriden Nanomaterialien beschäftigt. Als Bausteine für die künstlichen Zellbläschen verwendet das Team um Schiller neuartige Proteinmoleküle. Deren molekularer Bauplan wird in die Labormikrobe E. coli eingeschleust. „Unsere Bakterienzellen produzieren amphiphile Proteinmoleküle, die sich in der Zelle spontan zu Hohlstrukturen zusammenlagern“, so Schiller. „Wir wollen nun testen, ob sich unsere de novo-Organellen als Reaktionsräume für bestimmte biotechnologische Prozesse eignen.“ Das große Ziel ist der "Universell modulare Produktionsorganismus", so der Titel des nun vom BMBF ausgezeichneteten Vorhabens (Stefan Schiller im Porträt:

Der universelle Produktionsorganismus

Mit seinen künstlichen Designer-Organellen und deren Potenzial für eine spätere biotechnische Anwendung hat Schiller in diesem Jahr die Jury des BMBF-Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ überzeugt.

Insgesamt hatten sich 21 Bewerber für den nun zum zweiten Mal als Teil der Initiative „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+“ vergebenen Forschungspreises beworben. Mit der Auszeichnung sollen herausragende Forschungsresultate anerkannt werden, die in Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder auch in Unternehmen erzielt wurden und die das Potenzial für wissenschaftliche Durchbrüche für die biobasierte Produktion der Zukunft bergen. Um das aufgebaute Know-how zu sichern und auszubauen, wird den Preisträgern eine Forschungsgruppe über bis zu fünf Jahre finanziert. Die Erkenntnisse sollen dann in die Entwicklung einer nächsten Generation von biotechnischen Produktionsverfahren münden. In der ersten Ausschreibungsrunde 2012 waren Udo Kragl von der Universität Rostock und Falk Harnisch vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig als Forschungspreisträger gekürt worden. Kragl beschäftigt sich mit dem Einsatz von Enzymen in Ionischen Flüssigkeiten, Harnisch erforscht das Feld der mikrobiellen Bioelektrotechnologie.