Aktuelle Veranstaltungen

Mit ihrem Start-up Vyld haben Ines Schiller und Melanie Schichan den weltweit ersten Tampon aus Meeresalgen, den „Tangpon“ entwickelt. Nach positiven Tests mit Kundinnen im Jahr 2023 hat der Algen-Tampon nun auch die Zulassungshürde gemeistert und ist seit kurzen vielerorts in Sanitäreinrichtungen in Deutschland im Einsatz.

Tangpons in Büros und bei Events

Nach Angaben von Vyld überzeugt der biologisch abbaubare Tampon mittlerweile auch jene, die solche Hygieneartikel bereitstellen – etwa in Büros, Fitnessstudios und auf Großveranstaltungen wie auf dem Tempelhofer Feld in Berlin.

Die Fasern für den Tampon werden Vyld zufolge in einem umweltschonenden Verfahren aus einem Extrakt der getrockneten Algen gewonnen. Die Algenfasern sind von Natur aus weiß und müssen daher nicht gebleicht werden und sind somit auch schadstofffrei. 

Unbedenklichkeit von externen Laboren zertifiziert

Die gesundheitliche Unbedenklichkeit, Schadstofffreiheit und Mikrobiom-Freundlichkeit wurden Vyld zufolge in externen Laboren bestätigt und zertifiziert. „Produktsicherheit steht für uns an höchster Stelle – deshalb war klar, dass wir den Tangpon weit über die basalen gesetzlichen Anforderungen hinaus testen“, betont Stefanie Malchow, R&D Lead Scientist bei Vyld.

Vyld wurde 2021 von Ines Schiller in Berlin gegründet und ist ein Unternehmen in „Verantwortungseigentum“. Damit gehört das Start-up weder einem Investor noch der Gründerin, sondern setzt mit dem Future Profit Partnership Agreement (FPPA) auf ein innovatives Finanzierungsinstrument, das auf selbstbestimmtes und nicht profitorientiertes Handeln und damit auf langfristige Nachhaltigkeit – auch wirtschaftlich – ausgerichtet ist. Darüber hinaus baut das Team auf Förderungen des Bundes und der EU.

Binde mit Algenkern in der Entwicklung

Mit dem Einsatz seiner Algen-Tampons in verschiedenen öffentlichen Einsrichtungen und bei Veranstaltungen hat das Gründerduo einen weiteren Schritt gemacht, um seine Vision eines „Algaeverse“ – eines Universums nachhaltiger Algenprodukte – zu verwirklichen. Mit einer kompostierbaren Binde mit Algenkern namens „Vyndel“ ist bereits das zweite Menstruationsprodukt bei Vyld in der Entwicklung. 

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With their start-up Vyld, Ines Schiller and Melanie Schichan have developed the world's first tampon made from seaweed, the ‘Tangpon’. After positive tests with customers in 2023, the algae tampon has recently been approved and started being used in various sanitary facilities in Germany.

"Tangpons" in offices and at events

According to Vyld, the biodegradable tampon is now also convincing those who provide such hygiene products - for example in offices, fitness studios and at major events.

The fibres for the tampon are obtained from an extract of dried algae in an environmentally friendly process, explains Vyld. The algae fibres are naturally white, do not need to be bleached and are therefore also free of harmful substances.

Safety certified by external laboratories

Health safety, freedom from harmful substances and microbiome-friendliness have been confirmed and certified by external laboratories, according to Vyld. ‘Product safety is our top priority - so it was clear that we would test the "Tangpon" far beyond the basic legal requirements,’ emphasises Stefanie Malchow, R&D Lead Scientist at Vyld.

Vyld was founded in 2021 by Ines Schiller in Berlin and is a ‘responsibly owned’ company. Therefore, the start-up is not owned by an investor or the founder, but instead relies on the Future Profit Partnership Agreement (FPPA). This innovative financing instrument is geared towards self-determined and non-profit-orientated action and therefore long-term sustainability - also economically. The team also relies on funding from the federal government and the EU.

Pad with algae core in development

With the use of their algae tampons in various public facilities and at events, the founding duo have taken a further step towards realising their vision of an ‘Algaeverse’ - a universe of sustainable algae products. Vyld's second menstrual product, a compostable sanitary pad with an algae core called ‘Vyndel’, is already being developed.

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Bereits in der Gartensaison 2024 haben Freiwillige mit einem recycelten Dünger aus Urin Experimente durchgeführt und vielversprechende Ergebnisse erzielt. Nun lädt das Citizen Science-Projekt „U-Cycle" erneut zum Mitmachen ein. Bis Ende März können sich Interessierte für die Teilnahme an dem Projekt anmelden. Mitmachen können Klein-, Gemeinschafts-, Schul- sowie Heimgärtnerinnen und -gärtner.

Düngewirkung auf Pflanzenwachstum und Boden testen

Ziel des Vorhabens ist es, die Wirkung des Düngers auf das Pflanzenwachstum und den Boden zu testen. Das Projekt wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert und vom Leibniz Institut für Gemüse- und Zierpflanzenforschung (IGZ) sowie dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. durchgeführt. 

Der Prozess zur Herstellung des urinbasierten Recyclingdüngers wurde ursprünglich von Forschenden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrtforschung für die Raumfahrt entwickelt, um im All organische Abfälle wie Urin schadstoff- und keimfrei in Recyclingdünger umzuwandeln. Das Verfahren Combined Regenerative Organic food Production – kurz: C.R.O.P. – basiert auf natürlichen Stoffwechselvorgängen und verzichtet vollständig auf den Einsatz von Chemikalien und Gefahrstoffen.

Die Landwirtschaft in Deutschland und der Europäischen Union steht aufgrund der Auswirkungen der Klimakrise, geopolitischer Konflikte, Abhängigkeiten von importierten Ressourcen und globalen Lieferketten vor erheblichen Herausforderungen. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, dass die planetaren Belastungsgrenzen überschritten werden. Deshalb erarbeitet das Forschungsprojekt SUSKULT seit 2019 alternative Produktionswege für Nahrungsmittel. Jetzt ist es in die zweite Förderphase gestartet: Das entwickelte Hydroponik-System soll optimiert werden, um die Grundlagen für eine erfolgreiche Etablierung im Markt zu schaffen.

Das Verbundprojekt SUSKULT wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Agrarsysteme der Zukunft“ gefördert und vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT koordiniert.

Gemüse mit Nährstoffen aus der Kläranlage

Die Vision des Verbundprojekts ist es, bis 2050 ein kreislaufbasiertes System für die Gemüseproduktion zu entwickeln, das Wasser, Energie und Nährstoffe dort abholt, wo sie als Abfälle anfallen: in Kläranlagen. Auch Ressourcen wie CO₂ und Wärme werden wiederverwertet. In der ersten Projektphase haben die Beteiligten an der Anlage Emschermündung in Dinslaken eine Demonstrationsanlage in Betrieb genommen, denn Standorte benötigen für eine derartige Produktion die notwendigen Ressourcen. „Gleichzeitig müssen sie den zunehmenden Anforderungen der Gesellschaft an Produktqualität, Ressourcenschonung und Regionalität gerecht werden“, erklärt SUSKULT-Projektkoordinator Volkmar Keuter vom Fraunhofer-Institut UMSICHT.

Das SUSKULT-Konzept 

In den vergangenen fünf Jahren haben insgesamt 15 Partner aus Forschung und Wirtschaft die wissenschaftliche Grundlage für die nun gestartete zweite Förderrunde gelegt und die einzelnen Konzept-Bausteine entwickelt. Diese sind in der Demonstrationsanlage inzwischen zu einer zusammenhängenden Prozesskette vereint und werden in der Praxis getestet. In der SUSKULT-Vision werden Kläranlagen zu sogenannten NEWtrient-Centern, die für den gartenbaulichen Anbau von Produkten geeignet sind. Hier wird Abwasser, das reich an Stickstoff, Phosphor und Kalium ist, in Flüssigdünger umgewandelt. Dieser kann zur Kultivierung von Gemüse und Salat, darunter Süßkartoffeln, Moringa und Linsen, eingesetzt werden. 

Vier Leitlinien für die zweite Phase 

Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Phase wird der ursprüngliche Ansatz der NEWtrient-Center hin zu einer NEWtrient-Transformation nun erweitert. In der zweiten Projektphase stehen vier Aufgaben im Fokus: die Optimierung, die Etablierung, das Roll-out und die Internationalisierung der SUSKULT-Technologie. Neben der Nährstoffverwertung aus Kläranlagen sollen auch weitere Ressourcen wie Gärreste erschlossen werden. So könnte beispielsweise Flüssigdünger entstehen, der sowohl für den vertikalen Anbau in Städten als auch auf dem Feld eingesetzt werden kann. „Unser Ziel ist es, dass in Deutschland ein flächendeckendes Netzwerk an verschiedenen Zentren entsteht, das künftig die Pflanzenkultivierung auf Basis heimischer Ressourcen – weitestgehend unabhängig von Importen und unvorhersehbaren Ereignissen – sichert“, so Keuter.

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Leguminosen, Algen, Pilze und Insekten sowie Proteine, die durch zellbasierte oder fermentative Verfahren gewonnen wurden, sind eine wichtige Rohstoffquelle für eine gesunde, umweltbewusste und nachhaltige Ernährungsweise. Mit Blick auf eine wachsende Bevölkerung und knapper werdende Ressourcen infolge des Klimawandels gewinnen diese alternativen Eiweißquellen zunehmend an Bedeutung. Eine aktuelle Studie beleuchtet nun erstmals, wie das Wirtschaftswachstum in Deutschland davon profitieren könnte. Gleichzeitig werden darin Herausforderungen benannt, die einer breiten Markteinführung hierzulande noch im Wege stehen, und entsprechende Handlungsempfehlungen für die Politik formuliert.

Die Studie mit dem Titel „A Taste of Tomorrow: Wie sich die deutsche Wirtschaft durch Proteindiversifizierung voranbringen lässt“ wurde vom Beratungsunternehmen Systemiq im Auftrag des gemeinnützigen Think Tank Good Food Institute (GFI) Europe erstellt. Am 10. Februar lud das GFI Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Start-up-Szene zu einer Veranstaltung in die Landesvertretung Hamburg in Berlin, bei der die Studie vorgestellt und diskutiert wurde.

Eine wesentliche Erkenntnis der Studie: Mit der Produktion von Lebensmitteln für den Binnenmarkt sowie dem weltweiten Export von Produktionsanlagen und anderen Vorleistungen könnte Deutschland das „industrielle Rückgrat dieser aufstrebenden Branche“ werden.  

Fünf Handlungsempfehlungen für die Politik

Derzeit sei der deutsche Markt für alternative Proteine allerdings mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, die das zukünftige Wachstum und die globale Wettbewerbsfähigkeit in diesem Sektor beeinträchtigen könnten, heißt es in der Studie. „Als einer der weltweit führenden Maschinenhersteller und Exporteure ist Deutschland in einer einzigartigen Position, um zu einer tragenden Säule des gesamten Sektors für alternative Proteine zu werden, weit über die Grenzen des eigenen Landes hinaus“, heißt es in der Studie.

Um die bestehenden Herausforderungen zu überwinden, werden in der Studie fünf politische Handlungsempfehlungen formuliert. So sollen Unternehmen im Hinblick auf das Zulassungsverfahren für neuartige Lebensmittel in der EU unterstützt, die öffentliche Forschungsförderung auf durchschnittlich 140 Mio. Euro pro Jahr erhöht sowie mit Investitionen von jährlich 120 Mio. Euro private Investitionen in die Infrastruktur für alternative Proteine gefördert werden. Darüber hinaus empfehlen die Autorinnen und Autoren mithilfe des öffentlichen Beschaffungswesens, die Versorgung mit alternativen Proteinquellen in Kitas, Schulen und Krankenhäusern auszubauen und Anreize für landwirtschaftliche Betriebe für die Transformation zu schaffen.

„Durch mutige politische Entscheidungen kann Deutschland zu einem internationalen Vorreiter im Bereich der alternativen Proteinquellen werden. Die nächste Bundesregierung sollte die hier vorgeschlagenen Maßnahmen aufgreifen und diese im Regierungsprogramm verankern“, so Ivo Rzegotta, Senior Public Affairs Manager beim Good Food Institute Europe.

Drei Szenarien für die Marktentwicklung

Im Rahmen der Studie werden drei Szenarien für die Marktentwicklung in Deutschland skizziert: ein konservatives, ein mittleres und ein ambitioniertes Szenario. Diese drei Szenarien unterscheiden sich jeweils hinsichtlich des Umfangs der politischen Unterstützung und der Investitionen. Das Fazit: Selbst im schlechtesten Fall – bei wenig politischer Unterstützung und geringen Investitionen – könnte der deutsche Markt für alternative Proteine bis 2030 ein Volumen von 5 Mrd. Euro und bis 2045 rund 8 Mrd. Euro erreichen sowie etwa 45.000 beziehungsweise rund 115.000 neue Arbeitsplätze schaffen.  Dieses konservative Szenario greift allerdings nicht, wenn die bisherigen Hürden bestehen bleiben. Dann würde Deutschland „im weltweiten Wettbewerb zurückfallen“, heißt es.

Forscher der Universität Tübingen haben eine mikroskopisch kleine Pilzart entdeckt, die bei bestimmten Pflanzen das Wachstum fördert. Die Forscher berichten im Fachjournal PLoS One (2014, Online-Veröffentlichung) über ihren Fund. Der Pilz namens Serendipita herbamans habe das Potenzial, als Biodünger zur Ertragssteigerung von Nutzpflanzen wie zum Beispiel Weizen oder Mais in der Landwirtschaft beizutragen, so die Tübinger Pflanzenforscher.

Der Pilz war Sigisfredo Garnica vom Institut für Evolution und Ökologie der Uni Tübingen ins Netz gegangen. Zusammen mit weiteren Kollegen hatte er die Pilzart Serendipita herbamans in Wurzelzellen verschiedener Pflanzenarten entdeckt. Die Forscher konnten den mit bloßem Auge nicht sichtbaren Pilz in Pflanzenzellen mithilfe molekularer Methoden über seine Gene und über mikroskopische Analysen der Wurzeln nachweisen.

Leben in Symbiose

Zahlreiche Pilzarten leben in Symbiose mit den sie umgebenden Pflanzen. Wie Tiere können Pilze keine Fotosynthese betreiben und erhalten von den Pflanzen vor allem Photosyntheseprodukte in Form von Kohlenhydraten; im Gegenzug haben sie sich auf das Zersetzen organischer Stoffe im Boden spezialisiert und machen ihren Wirtspflanzen mineralische Nährstoffe verfügbar. Bisher sind jedoch nur wenige solcher symbiontischer Pilze bekannt, die sich auch im Labor kultivieren lassen. Serendipita herbamans ist im Labor günstig und dauerhaft kultivierbar. Erste Interaktionsversuche, unter anderem mit der in der Forschung häufig genutzten Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), ergaben positive Effekte für das Wurzelwachstum.

Die Forscher gehen davon aus, dass sich der Pilz für die biologische Düngung einsetzen ließe, wenn man Nutzpflanzen gezielt damit infiziert und über die Symbiose ihr Wachstum fördert.

Pilz bevorzugt krautige Pflanzen 

Im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojekts untersuchten die Tübinger Forscher die symbiontischen Pilze der Ordnung Sebacinales von etwa tausend krautigen Pflanzenarten von Äckern und Wiesen. Auf die Art Serendipita herbamans – lateinisch für kräuterliebend – stießen sie in 55 mitteleuropäischen Pflanzenarten. Ob die neuentdeckte Pilzart im Hinblick auf ihre Eigenschaften als biologischer Dünger hält, was die ersten Ergebnisse versprechen, ist nun Gegenstand weiterer Untersuchungen. Zur Vorbereitung des Einsatzes im Freiland müssen die Wechselwirkungen zwischen Serendipita herbamans und ihren Pflanzenpartnern zunächst im Labor weiter erforscht werden.

Nach dem Weizengenom haben Pflanzengenetiker nun auch das komplexe Genom einer weiteren wichtigen Nutzpflanze vollständig entziffert: den Raps (Brassica napus). Beteiligt waren deutsche Forscher aus Gießen. Die Analyse des Genoms offenbart neue Erkenntnisse über die Entstehung von Kulturpflanzen nach Artkreuzungen. Das Forscherkonsortium berichtet im Fachjournal Science (2014, Bd. 345, Ausg. 6199, S. 950) über die Ergebnisse. Der deutsche Anteil an dem Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie der Zukunft“ unterstützt.


Raps ist mit einem Anteil von 15 Prozent an der Pflanzenöl-Weltproduktion die zweitwichtigste Ölsaat nach Soja. Rapsöle werden nicht nur für die Herstellung von Speiseölen und Biodiesel verwendet. Andere Anwendungen liegen in der Seifen-, Waschmittel- und pharmazeutischen Industrie, weiterhin lässt sich Rapsöl für die Herstellung von Kunststoffen und Schmierölen einsetzen. Raps mit dem wissenschaftlichen Namen Brassica napus ist eine relativ junge Kulturpflanze, die nach Ansicht von Züchtungsforschern erst vor wenigen Jahrhunderten auf den Plan trat.  Das Besondere: Es sind keine wilden Verwandten bekannt. Raps ist ursprünglich aus einer zufälligen Kreuzung der Pflanzenarten Rübsen (Brassica rapa) und Kohl (Brassica oleracea) hervorgegangen.

Ölsaat mit komplexem Doppel-Genom

Die Spuren dieser Vereinigung kann man heute noch erkennen: Das Erbgut im Zellkern enthält die kompletten Genome beider Pflanzen in leicht veränderter Form. Raps besitzt also zwei unterschiedliche Chromomensätze in doppelter Ausführung. Das gesamte Erbmaterial von Raps zu entschlüsseln, ist komplex und erfordert nahezu doppelten Aufwand. Das gesamte Rapsgenom umfasst etwa 1300 Megabasen (Mb), das ist ungefähr zehnmal so groß wie das Erbgut der Modellpflanze Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana. Nun ist es einem internationalen Konsortium unter der Federführung von französischen Pflanzenforschern nach jahrelanger Arbeit gelungen, das Genom vollständig zu entziffern und zu analysieren. Forscher um Birgit Samans und Rod Snowdon von der Justus-Liebig-Universität Gießen waren an den Studien beteiligt. Die Forschung wurde durch das BMBF im Rahmen des Förderprojekts „PreBreedYield“ in der Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie für die Zukunft“ unterstützt.

Mehr als 100.000 Gene

Die Daten offenbaren: der Raps behielt bislang fast alle Genkopien seiner beiden Elternspezies und bringt es so auf rund 101.000 Gene. Da beim Raps viele Genfunktionen aufgrund der Genomdopplung mehrmals vorhanden und somit überflüssig sind, besteht hier ein großes Potenzial zur Änderung und Anpassung durch vorteilhafte Mutationen. So lösen zum Beispiel ungenaue Chromosomenpaarungen, die beim Raps durch die Genomdopplung häufig vorkommen, Mutationen aus – und beschleunigen so die Evolution. Viele für die heutige Nutzung des Rapses wichtige Eigenschaften wurden unmittelbar nach der Artentstehung durch den Austausch von Chromosomenstücken gebildet. So konnte sich eine Pflanze, die mit extrem geringer genetischer Vielfalt entstanden ist, in kürzester Zeit an diverse geographische und agrarökologische Extreme anpassen und sich dort behaupten. Die Kenntnisse aus der Genom-Sequenzierung haben vor allem für die Züchtung neuer Ölrapssorten mit besserer Umweltverträglichkeit und erhöhtem Ertrag eine große Bedeutung.

Noch ist das Weizengenom nicht komplett geknackt – aber Forschern des internationalen Weizengenom-Sequenzierkonsortiums ist ein wichtiger Meilenstein geglückt: Sie haben das Erbgut des wichtigsten Brotgetreides detailliert vermessen und eine molekulare Überblickskarte vorgelegt. Dazu war es zunächst nötig, das komplexe Genom in seine 21 Chromosomen zu zerteilen und deren Genabfolge Schritt für Schritt zu analysieren. Beteiligt an dem Projekt sind auch Wissenschaftler um Klaus Mayer vom Helmholtz Zentrum München. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Projekt im Rahmen der Fördermaßnahme "Plant 2030" unterstützt. Das Genomkonsortium berichtet im Fachjournal Science (2014, Bd. 345, Ausg. 6194). Die öffentlich zugänglichen Daten sind schon jetzt eine wertvolle Ressource für Pflanzenzüchter.

Der Brotweizen Triticum aestivum kann unter den Getreidearten viele Rekorde für sich verbuchen: So nimmt er mit 200 Millionen Hektar weltweit die größte Anbaufläche ein. Im vergangenen Jahr wurden nach FAO-Angaben rund 700 Millionen Tonnen Weizen produziert. Das Getreide gilt als der wichtigste Kohlenhydrat- und Proteinlieferant für die Weltbevölkerung. Rekordverdächtig sind auch die molekularen Kennziffern des Weizens: Das Genom ist mit 17 Milliarden Basenpaaren (17 Gigabasenpaare) nicht nur fast sechsmal so groß wie das Erbgut des Menschen, es liegt zudem in jeder Zelle in sechs Kopien vor.

Das Weizengenom ist aber nicht nur riesig, sondern auch noch komplex. So ist das Genom ein Mix aus drei verschiedenen Vorläufergenomen, also drei verschiedenen Gräserarten, deren Erbsubstanz sich in der Evolution miteinander vermischt hat.

Genom in seine einzelnen Chromosomen zerlegt

Diese Komplexität hat sich als harte Nuss erwiesen auf dem Weg, die komplette Genomsequenz von Weizen zu entziffern. Doch die Kenntnis der Erbgutinformation ist ein Schlüssel, den Pflanzenzüchter zur Entwicklung neuer und anpassungsfähiger Sorten dringend benötigen. Seit den 1980er Jahren hinken die Möglichkeiten der Weizengenetik denen bei anderen Nutzpflanzen – etwa Reis – hinterher. Ein internationales Konsortium hat sich deshalb darangemacht, das Weizengenom im Detail auseinanderzunehmen und das Erbgut vollständig zu entschlüsseln. Zwar hatten die Forscher bereits 2012 im Fachjournal Nature eine erste . Doch hieraus ging nicht hervor, wo im Genom welches Gen tatsächlich verortet ist.

Chromsom 3B vollständig entziffert

Also hieß es zunächst: kleinere Brötchen backen. Die Forscher haben dazu das gigantische Genom in seine kleineren Einheiten, nämlich seine 21 einzelnen Chromosomen, zerlegt. Ihre Überblickskarte mit der vorläufigen Gensequenzen stellen sie nun in Science (2014, Bd. 345, Ausg. 6194) vor. Ein Chromosom, 3B, haben sie zudem vollständig entziffert und damit eine erste Referenzsequenz vorgelegt. Klaus Mayer, Leiter der Abteilung für Genom- und Systembiologie der Pflanzen am Helmholtz Zentrum München, war mit seinem Team federführend an der Analyse beteiligt und konnte zudem Einblicke in das komplexe Wechselspiel der Genregulation gewinnen.

Vorteile für die Pflanzenzüchtung  

„Je besser wir die Organisation, Funktion und Evolution des großen, polyploiden Genoms verstehen, umso leichter können wir die für die Züchtung wichtigen Gene identifizieren“, erklärt Mayer. „So wird es möglich, für unterschiedliche Standorte eine möglichst geeignete Pflanze zu züchten“. „Die neu gewonnenen Einsichten in die Biologie des Weizengenoms ermöglichen uns, Gene rascher zu isolieren und die Entwicklung von Markern für die Züchtung voranzutreiben. Das sind die Grundbausteine für die Herausforderung, den zunehmenden Bedarf der Welternährung bei stagnierenden Erträgen, Pflanzenkrankheiten und einem sich ändernden Klima erfolgreich zu begegnen“, sagt Mayer. 

Das Manöver im Orbit verlief planmäßig: Am 24. Juli um 5:31 Uhr dockte der russische Raumfrachter „Progress M-24M“ an der Internationalen Raumstation ISS an. Im Gepäck befindet sich diesmal auch eine besondere Auswahl an Lebewesen: Bakterien, Algen, Moose, Pilze und Flechten. Die Organismen gelten schon auf der Erde als Überlebenskünstler. Nun soll in einem Außenexperiment namens BIOMEX getestet werden, ob sie auch den extremen Bedingungen des Weltraums gewachsen sind. An Bord sind auch Organismen, die Potsdamer Forscher an die ISS gesandt haben. Die Wissenschaftler versprechen sich Erkenntnisse für künftige Marsmissionen und für die Suche nach weiterem Leben im All.

Die Reise zum Außenposten der Menschheit auf rund 400 Kilometer Höhe verlief ohne größere Probleme: Am Mittwochabend um 23.44 Uhr MESZ war die kostbare Fracht an Bord einer Sojus-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan abgehoben, wenige Stunden später wurde die Fracht vollautomatisch in die ISS verladen. An Bord hunderte biologische Proben von der Erde: Es sind Organismen, die mindestens 12 Monate an der Außenseite der Raumstation verbringen werden.

Frostliebende Algen an Bord

Unter den mehreren hundert Proben von Bakterien, Algen, Flechten, Moosen und Pilzen finden sich auch zwei Stämme aus der Sammlung frostliebender Algen (CCCryo), die am Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie in Potsdam angesiedelt ist. Forscher Thomas Leya hat dazu das Cyanobakterium Nostoc sp. aus der Antarktis und die Grünalge Sphaerocystis sp. aus Spitzbergen auf die Reise ins All geschickt. Leya ist einer von mehreren nationalen und internationalen Partnern, die zusammen im BIOMEX-Projekt (Biology and Mars-Experiment) der ESA und in enger Kooperation mit dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum DLR untersuchen, wie Organismen extremen Weltraumbedingungen gewachsen sind. Die diesmal ins All gesandten Lebewesen sind dabei schon auf der Erde mit außergewöhnlichen Eigenschaften aufgefallen. Es handelt sich um extremophile Organismen, Überlebenskünstler, denen selbst widrigste Umweltbedingungen nichts ausmachen.

Kosmischer Strahlung ausgesetzt

Mitte August sollen die Proben an der Außenseite der ISS in die Anlage EXPOSE-R2 positioniert und der dort herrschenden ultravioletten und kosmischen Strahlung, dem Vakuum sowie starken Temperaturschwankungen ausgesetzt werden.

Zudem werden auch Bedingungen simuliert, wie sie auf dem Planeten Mars herrschen. Das Hauptaugenmerk dieses Härtetests liegt auf der Stabilität der Zellstrukturen, der Proteine und der Erbmoleküle wie auch auf möglichen Veränderungen bestimmter Pigmente. Erkenntnisse daraus sind für zukünftige Marsmissionen relevant und könnten Wissenschaftler in Zukunft bei der Suche nach Leben auf dem Mars und im Weltall unterstützen. Bei BIOMEX geht es auch um die Überlebensfähigkeit und die möglichen genetischen Veränderungen der ausgewählten Organismen.

Extremisten unter den Moosen

Mit an Bord sind auch ein von der Potsdamer Biologin Jasmin Joshi vom Institut für Biochemie und Biologie untersuchtes Kissenmoos sowie ein Brunnenlebermoos, das aus hochalpinen Extremstandorten stammt. Die beiden Pflanzen gelten als besonders stresstolerant und können mit extremen Umweltbedingungen offenbar gut umgehen. Die biologischen Proben soll im Außerbereich der ISS bis zu 18 Monate lang verbleiben. Danach werden sie wieder auf die Erde zurückgeschickt. Ein Moment, den auch Geomikrobiologe Dirk Wagner vom Helmholtz Zentrum Potsdam GFZ mit Spannung erwartet. Er hat methanogene Archaeen, also Urbakterien, für die Expedition ins All mitgegeben, um mehr über deren Überlebensfähigkeit zu erfahren und zu ermitteln, wie sich die Mikroben in Mars-analogem Substrat besser aufspüren lassen.

Fünf Jahre haben Forscher der Zoologischen Staatssammlung München im Rahmen des DNA-Barcoding-Projektes Wildbienen genetisch analysiert und katalogisiert. Mit 503 von insgesamt 571 erfassten Arten, die in Deutschland beheimatet sind, ist die Gen-Datenbank der Wildbienen nun fast komplett. Deutschland ist damit weltweit das erste Land, das über eine solche zentrale Landesbibliothek verfügt. Der Katalog enthält zudem 58 Wildbienen-Arten benachbarter Länder.

Die genetische Sequenzierung aller in Deutschland lebenden Wildbienen erfolgte im Rahmen der Projekte „Barcoding Fauna Bavarica“ und „Barcoding Fauna Germanica“. Das Ziel: Der Gencode aller hierzulande lebenden Tierarten soll in einer Online-Bibliothek erfasst werden. Beide Vorhaben sind wiederum Teil der weltweiten Barcoding Initiative des "Canadian Centre of DNA-Barcoding" in Guelph/Kanada. Dessen Leiter Paul Hebert gehört zu den Mitautoren der nun im Fachjournal Molecular Ecology Resources (2015, Online-Vorabveröffentlichung) erschienenen Münchner Wildbienen-Bibliothek. Dass die Forscher aus der Vielzahl der Tierarten die Wildbienen für die Studie wählten hat seinen Grund: Auch in Deutschland gehören die nützlichen Insekten zu den bedrohten Tierarten. Sie sind bei der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen wichtig, sichern Erträge und werden daher von Ökologen beim Monitoring für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftsplanung eingesetzt.

Deutschland als Vorreiter für Wildbienen-Atlas

Mit der Veröffentlichung der Gendatenbank feiern die bayerischen Forscher nach mehr als fünf Jahren Arbeit einen bemerkenswerten Erfolg. Das Ergebnis: 503 der insgesamt 571 deutschen Wildbienenarten sowie 58 Arten aus benachbarten Ländern sind im Katalog genetisch abgebildet. Damit ist Deutschland weltweit das erste Land, das über eine Gen-Datenbank aller landestypischen Wildbienen verfügt. „Mit diesen genetischen Daten lassen sich künftig fast alle deutschen Wildbienenarten auf einfache Weise bis zur Art bestimmen. Bisher war das nur mit Hilfe hoch spezialisierter Fachleute möglich“, sagt Projektkoordinator für die Wildbienen Christian Schmid-Egger. Daten von mehr als  4 000 Hautflüglern liegen der Auswertung zu Grunde.

Studie gibt Hinweis auf neue Bienenarten

„Die fast vollständige genetische Durchforstung des Artenbestandes in ganz Deutschland versetzt uns in die Lage, Arten völlig neu zu bewerten oder gar problematische Artenpaare zu identifizieren“, erklärt der Leiter des Barcoding-Projektes Stefan Schmidt dazu. Der Studie zufolge konnten bei 56 Arten eine unerwartet hohe genetische Variabilität registriert werden. Dass, so die Forscher, könnte wiederum ein Hinweise auf neue, noch unbekannte Arten sein, die sich unter bekannten Arten verstecken. In den kommenden Jahren wollen sich die Münchner Forscher im Rahmen der Barcoding-Projekte nun auf die Suche nach noch unbekannten Wildbienenarten begeben. Beide Vorhaben werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst gefördert.

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Mikrobiologen der Universität Jena haben Bakterien umprogrammiert und sie zu Umweltsanierern verwandelt: Fortan produzieren sie Enzyme, mit deren Hilfe sich giftige Chlorverbindungen abbauen lassen. Die Forscher berichten im Fachjournal Applied and Environmental Microbiology (2014, Bd. 80. S.4313) über ihre Erkenntnisse.

Tetrachlorethen ist eine farblose, leicht flüchtige und nicht brennbare Flüssigkeit. Dank ihres großen Fettlösevermögens findet sie vor allem in der Textilreinigung sowie der Optik- und Metallindustrie zur Entfettung von Oberflächen Anwendung. Mehr als 100.000 Tonnen fallen Jahr für Jahr weltweit an. Und das ist ein Problem: Denn Tetrachlorethen ist nicht nur krebserregend und ein Umweltgift. Es ist in Anwesenheit von Sauerstoff nicht biologisch abbaubar und reichert sich stattdessen im Boden und Grundwasser an. „Von dort ist der Weg nicht weit in die menschliche Nahrungskette“, sagt Torsten Schubert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Daher sei es dringend notwendig, Methoden zu entwickeln, chlorierte Schadstoffe zu entgiften, so der Mikrobiologe weiter.

Dehalogenasen bauen Chlorverbindungen ab

Beim Abbau chlorierter Kohlenwasserstoffe in der Umwelt könnten Mikroorganismen eine wichtige Rolle spielen. „Es gibt Bakterien, die in Abwesenheit von Sauerstoff Substanzen, wie Tetrachlorethen, entgiften können“, so Schubert. Allerdings würden solche Mikroben bislang nur selten für die Sanierung genutzt. „Sie lassen sich nur schwer aus der Natur isolieren und im Labor kultivieren.“ Außerdem besitzen diese Bakterien häufig mehrere dechlorierende Enzyme, die sogenannten reduktiven Dehalogenasen, mit ganz unterschiedlichen Substratspektren, was die Charakterisierung dieser biologischen Katalysatoren erschwert. Schubert und seinem Team ist es jetzt gelungen, Bakterien heranzuzüchten, die entsprechende Dehalogenasen in Reinform produzieren können. Dazu haben sie dem Bakterium Shimwellia blattae beigebracht, nicht nur ein funktionierendes Abbauenzym für Tetrachlorethen, sondern auch eine spezifische Dehalogenase zum Abbau anderer halogenierter Verbindungen zu produzieren.

Bakterium aus Schaben umprogrammiert

Dazu haben die Jenaer Forscher den genetischen Bauplan für das Enzym Dehalogenase aus dem Mikroorganismus Desulfitobacterium hafniense in das leicht zu kultivierende Bakterium Shimwellia blattae übertragen. S. blattae ist ein aus dem Darm der Küchenschabe isolierter und vergleichsweise anspruchsloser Mikroorganismus, der sich für die Produktion der dechlorierenden Enzyme bestens eignet. Denn er stellt das hierfür benötigte Kobalt-haltige Vitamin B12 in ausreichenden Mengen her. In weiterführenden Arbeiten wollen die Mikrobiologen nun die so erhaltenen Enzyme hinsichtlich ihres Aufbaus und ihrer Funktion umfassend charakterisieren. „Die Kenntnis des Katalysemechanismus ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir diese Enzyme in absehbarer Zeit für die Sanierung von kontaminierten Grundwässern oder Böden nutzen können“, sagt Schubert.

Spinnenfäden sind ein faszinierendes Naturmaterial: sie sind leicht und fein, und dabei enorm belastbar und reißfest. Materialforscher wollen den strukturellen Aufbau und die Bauweise dieser Fäden in Detail verstehen. Bioniker aus Kiel haben dazu die Haftfähigkeit und die Zugfestigkeit einer speziellen Seide von fünf verschiedenen Spinnenarten untersucht. Diese werden von Spinnen genutzt, um den eigentlichen Faden mit Untergründen zu verankern. Dabei haben sie herausgefunden, dass insbesondere der Untergrund einen großen Einfluss auf die Haftfähigkeit der Fäden hat. Die Kieler Forscher berichten im Fachblatt Journal of the Royal Society Interface (2014, Online-Vorabveröffentlichung).

Das Team von Stanislav Gorb beschäftigt sich mit der funktionellen Analyse von tierischen Oberflächen: Warum halten Geckofüße an der Wand? Warum scheuert die Schlangenhaut nicht durch, während sich die Schlange vorwärts bewegt? Neuestes Studienobjekt der Kieler Wissenschaftler sind Spinnenfäden: Der sogenannte Sicherheitsfaden wird von Spinnen zum Absichern, Abseilen und für die Rahmenstruktur des Netzes verwendet. Die Fäden werden mit so genannten Haftscheiben auf Untergründen und an anderen Fäden befestigt. Die Haftscheibe entsteht bei rotierenden Bewegungen der Spinnwarzen und wird in einem speziellen Gittermuster aufgetragen.

Haftscheibe hält Stand

Die Forscher um Gorb analysierten, wie Haftscheiben auf verschiedenen Untergründen halten. „Dafür haben wir die Spinnen auf Glas, Teflon und auf das Blatt eines Bergahorns gesetzt, wo sie jeweils Haftscheiben hinterließen. Dann haben wir durch Zugversuche die Kräfte gemessen, die nötig waren, um die Haftscheiben vom Substrat zu lösen“, erklärt Co-Autor Jonas Wolff. Auf Glas hafteten die Spinnenfäden so gut, dass sie rissen, bevor es zu einer Ablösung kam, so Wolff weiter. Auf Teflon dagegen lösten sich die Haftscheiben komplett ab, hafteten aber immer noch so gut, dass sie in den meisten Fällen ein Vielfaches des Spinnengewichtes halten konnten. „Auf der Blattoberfläche ist die Klebekraft schließlich soweit herunter gesetzt, dass sich die Haftscheibe in den meisten Fällen komplett ablöst“, ergänzt Wolff.

Schlechte Haftung auf Blättern

Die Forscher erklären dieses Phänomen damit, dass Pflanzenoberflächen oft mit Mikrostrukturen und/oder Wachsen ausgestattet sind, um pflanzenfressenden Insekten das Laufen zu erschweren. Diesem Problem sind natürlich auch die Spinnen ausgesetzt, wenn sie in der Vegetation ihre Netze bauen wollen. „Wir vermuten, dass der Wettkampf zwischen Pflanze und pflanzenfressenden Insekten auch für die Spinnen einen evolutionären Druck darstellte, bessere Kleber zu entwickeln“, so Wolff weiter. Momentan untersucht das Team, wie genau die Haftscheiben aufgebaut sind und funktionieren. „Unsere Erkenntnisse könnten für die Entwicklung neuartiger hocheffizienter, ökonomischer und ökologischer Klebstoffe von großem Nutzen sein“, erläutert Projektleiter Gorb die Anwendungsmöglichkeiten, die sich aus der Forschung potenziell ergeben könnten.

Schon lange haben Bioingenieure die Absicht, künstliche Zellen zu schaffen – sei es, um Wirkstoffe und Biomaterialien herzustellen oder die Zellen eines Tages für die regenerative Medizin zu nutzen. Biophysiker der Technischen Universität München sind nun gemeinsam mit US-Forschern einen entscheidenden Schritt weiter gekommen: Dem Team um Andreas Bausch  ist es erstmals gelungen, ein einfaches zellähnliches Modell zu erzeugen, das sich von allein bewegt und verformt. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher jetzt im Fachjournal Science (2014, Online-Veröffentlichung).

Die Forscher haben sich am Modell der synthetischen Biologie orientiert und ihr Zellmodell minimalistisch angegangen. Normalerweise ist eine Zelle ein komplexes Gebilde mit einem ausgeklügelten Stoffwechsel. Ihr evolutionärer Vorfahr, die Urzelle, bestand hingegen nur aus einer Membran und wenigen Molekülen. Aus Sicht der Forscher ein perfekt arbeitendes System, das sie sich zur Vorlage genommen haben.

Auch die Münchener setzen lediglich auf einer Membranhülle aus Lipiden, zwei verschiedenen Sorten von Biomolekülen und einem Kraftstoff. Innerhalb der Lipidschicht befinden sich Bestandteile des Zytoskeletts, sogenannte Mikrotubuli. Diese sind aus sogenannten Kinesinen aufgebaut, die innerhalb natürlicher Zellen Moleküle am Zellgerüst entlang transportieren. Befeuert wird dieser molekulare Motor mit dem Zellkraftstoff ATP. Die Mikrotubuli-Röhrchen bilden im Experiment direkt unter der Membran einen zweidimensionalen Flüssigkristall, der ständig in Bewegung ist. „Man kann sich diese Flüssigkristallschicht vorstellen wie Baumstämme, die auf einem See treiben", erklärt Felix Keber, Erstautor der Studie. „Wird es zu dicht, ordnen sie sich parallel an und können doch noch aneinander vorbeitreiben."

Bewegungsmechanismus entschlüsselt

Die Bausteine in der Kristallschicht bewegen sich periodisch und folgen einer bestimmten Geometrie. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die dahinterstecken, haben die Wissenschaftler entschlüsselt. Sie werden künftig für die Erschaffung komplexerer Zellsysteme nützlich sein. Die Kunst-Zelle bewegt sich übrigens nicht nur einfach hin- und her: Ihr Modell konnten die Forscher sogar dahingehend verformen, dass sie stachelige Fortsätze bildet, wie sie Einzeller zur Fortbewegung nutzen.  „Mit unserem synthetischen biomolekularen Modell haben wir eine ganz neue Möglichkeit geschaffen, um minimale Zellmodelle zu entwickeln. Es ist ideal geeignet, um modular die Komplexität zu erhöhen und so kontrolliert zelluläre Prozesse wie Zellmigration oder Zellteilung nachzubauen “, erklärt Biophysiker Andreas Bausch. Dass das künstlich geschaffene System vollständig physikalisch beschrieben werden kann, nährt bei den Forschern auch die Hoffnung, dass bei den nächsten Schritten auch die physikalischen Gesetzmäßigkeiten der vielfältigen Zellverformungen analysiert werden können, so Bausch.

Finanziert wurden die Arbeiten unter anderem im Rahmen des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative Munich (NIM), der 2006 im Rahmen der Exzellenz-Initiative der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Excellenzcluster ausgewählt und von dieser seither gefördert wird. Im Projekt arbeitet ein interdisziplinäres Team  von Physikern, Biophysikern, Biochemikern, Biologen, Elektrotechnikern und Medizinern zusammen, um ihr Wissen über künstliche und biologische nanoskalige Systeme zu bündeln. Ihr Ziel ist es, verschiedene künstliche und multifunktionale Nanosysteme zu entwickeln, kontrollieren zu lernen, und für Anwendungen in der Informationstechnologie, der Biotechnologie oder deren Kombination zu erschließen. Darüber hinaus gehört Bausch zu jenen Forschern, die eine millionenschwere Förderung des European Research Council ergattern konnten.

Verblüffende wie verwirrende Vielfalt an den Hochschulen: Derzeit gibt es in Deutschland 1011 biowissenschaftliche Studiengänge. So viele hat zumindest der Biologen-Verband VBIO zum Beginn des Wintersemesters 2014/2015 in seinen Online-Studienführern aufgelistet. Demnach gibt es hierzulande 387 Bachelor- und 624 Master-Studiengänge. Die imposanten Zahlen dokumentieren die gestiegene Relevanz der Biowissenschaften. Allerdings warnt der VBIO davor, sich zu früh zu spezialisieren: Spezialkenntnisse müssten auf einer breiten biowissenschaftlichen Grundbildung aufbauen. Die Vielfalt dürfe nicht zu Lasten der Qualität gehen.

Im Zuge des Bologna-Prozesses ist in Deutschland sowohl im Bachelor- als auch im Master-Bereich eine enorme Vielfalt von biowissenschaftlichen Studiengängen entstanden. Keine leichte Aufgabe für Studieninteressierte, hier den Überblick zu behalten. Als umfassenden Katalog hat der VBIO daher gemeinsam mit der Konferenz Biologischer Fachbereiche (KBF) den Online-Studienführer www.bachelor-bio.de entwickelt, in dem neben 387 Studiengängen in Deutschland weitere Studienangebote in deutschsprachigen Ländern verzeichnet sind. „Studieninteressierte können im Online-Bachelor-Studienführer das breite Angebot grundständiger Studiengänge inhaltlich vergleichen und dadurch eine gut begründete Vorauswahl treffen, bevor sie sich endgültig entscheiden“, sagt Carsten Roller, der beim VBIO für „Ausbildung und Karriere“ zuständig ist.

Fundiertes Grundlagenwissen unabdingbar

Bereits seit längerem liefert der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Online-Studienführer www.master-bio.de des VBIO eine systematisch-inhaltliche, ständig aktualisierte Übersicht über biowissenschaftliche Masterstudiengänge. Die derzeit 624 Studiengänge in Deutschland können über verschiedene Suchfunktionen komfortabel recherchiert werden. Die Vielfalt der Studiengänge ist für den VBIO auch ein Beleg für die gestiegene Bedeutung der Biowissenschaften, die ganz maßgeblich dazu beitragen, Zukunftsfragen im Bereich nachwachsender Rohstoffe, der Medizin und der Biodiversitätsforschung zu beantworten. Parallel dazu ist auch das Interesse an einem biowissenschaftlichen Studium ungebrochen. Kehrseite der Entwicklung ist eine unübersichtliche Vielfalt an Studiengängen. Dabei sind Biowissenschaften vielfältig und per se interdisziplinär. „Umfassendes Grundlagenwissen und tiefes Verständnis für die „Wissenschaft vom Lebendigen“ sind für alle Biowissenschaftler unabdingbar – völlig unabhängig davon, welchen Namen der jeweils absolvierte Studiengang trägt“, sagt VBIO-Präsident Wolfgang Nellen. Der Biologen-Verband warnt daher vor einer zu frühzeitigen Spezialisierung. Jenseits aller späteren Spezialisierungsanforderungen in weiterführenden Master-Studiengängen plädiert er für eine umfassende biowissenschaftliche Ausbildung in grundständigen Bachelor-Studiengängen.

Überein mit dem Fachkanon Biologie

Mit dieser Grundhaltung liegt der VBIO auf einer Linie mit dem von der Konferenz Biologischer Fachbereiche vorgelegten Fachkanon Biologie. Dieser soll sicherstellen, dass die Absolventen biowissenschaftlicher Bachelor-Studiengänge solide naturwissenschaftliche Grundlagen erwerben und darauf aufbauend in einem Master-Studiengang vertiefte biowissenschaftliche Kompetenzen erlangen können. Der Bachelor-Studienführer, der einen vergleichenden Überblick über die inhaltlichen Schwerpunkte der biowissenschaftlichen Studiengänge nach den Kriterien des Fachkanon Biologie gibt, soll „Licht in den Dschungel“ der biowissenschaftlichen Studiengänge bringen und transparent darstellen, inwieweit die jeweiligen Curricula den Anforderungen des Faches genügen.

Zum zehnjährigen iGEM-Jubiläum gibt es ein Treffen der Superlative: 245 Teams mit mehr als 2500 Studenten aus 32 Ländern werden in Boston zusammenkommen, um ihre diesjährigen Projektideen zur Synthetischen Biologie vorzustellen. Vom 30. Oktober bis zum 3. November wird das Hynes Convention Center in Boston damit zum Mekka der Biobastler. Der Andrang ist deswegen so gewaltig, weil die Organisatoren im Jubiläumsjahr auf die sonst üblichen Regionalentscheide verzichtet haben. Aus Deutschland sind diesmal 13 Teams dabei, soviel wie noch nie. Die Projekte im Kurzporträt.

Auch für die Juroren des iGEM-Wettbewerbs wird der Giant Jamboree eine Mega-Herausforderung: In wenigen Tagen müssen sie die 245 enthusiastischen Hochschulteams aus aller Welt und deren Projekte unter die Lupe nehmen, Poster und Online-Laborbücher prüfen und Präsentationen beurteilen, um dann die Sieger zu küren. Spannend wird es auch für die vielen deutschen Teams, die diesmal in Boston am Start sind: 13 Teams sind an die Ostküste gereist, um bei dem historischen Ereignis dabei zu sein. Auch dieses Jahr haben sich die Studenten wieder spannende Ideen überlegt und nach den Regeln des iGEM-Wettbewerbs umgesetzt.

Mikrobielle Spürnasen und Magneten

Das Team von der RWTH Aachen geht bei seinem iGEM-Debüt mit dem Projekt „Cellock Holmes“ ins Rennen. Die Bioingenieure haben einen diagnostischen Schnelltest für pathogene Keime entwickelt. Die Labormikrobe E.coli wurde in die Lage versetzt, die Präsenz eines Krankenhauskeims zu erspüren und anzuzeigen. Die Aachener haben zudem eine Software (WatsOn) entwickelt, mit der sich die Ergebnisse analysieren lassen.

Das Team von der Uni Bielefeld will mit dem Projekt „The Transformers“ punkten. Die Studenten haben ein Bakterium ersonnen, das überschüssigen Strom aus regenerativen Energien sowie Kohlenstoffdioxid nutzt, um den Biokraftstoff Biobutanol zu produzieren. Erstmals bei iGEM am Start: Die TU Berlin. Auch die Studenten aus der Hauptstadt arbeiten mit E.coli. Sie haben das Bakterium mit Eisenpartikeln ausgestattet – und damit magnetisierbar gemacht. Legen sie Magnetfelder an, lässt sich die Bewegung der Zellen nun fernsteuern.

Anti-Methan-Pille für Kühe

Mit der Anti-Methan-Pille für Kühe („E.cowli“) tritt das Team der Uni Braunschweig in Boston an. Die Idee: Die jungen Biotüftler haben Darmmikroben so umfunktioniert, dass sie fortan Methangase direkt da abbauen können, wo sie entstehen – im Pansen von Rindern. Per Kapsel sollen die klimaschonenden Helfer verabreicht werden.

Um regenerative Energiequellen dreht sich das Projekt von der TU Darmstadt: Das Team hat Bakterien zu Pigment-Fabriken verwandelt. Sie sollen damit die Basis für eine Farbstoff-Solarzelle liefern. Eine medizinische Anwendung hatte das Team Uni Göttingen dieses Jahr im Visier: Die Biotechnologen haben bestimmte Peptide entwickelt, mit denen sich pathogene Pilze markieren und aufspüren lassen. Das Hochschulteam aus Freiburg experimentierte in dieser iGEM-Saison wie in den vergangen Jahren bereits an raffinierten Hightech-Methoden aus der Molekularbiologie. Mit dem „AcCELLerator“ hat das Team per Licht steuerbare Virentaxis für den Gentransfer ausgetüftelt.

Pflanzen als Boden-Entgifter

Pflanzen für die Schwermetall-Entgiftung von Böden fit machen – dieses Konzept verfolgt das Team Hannover mit dem Projekt „Plant against“. Die Studenten haben Pflanzen mit einem Protein ausgestattet, das mehrere Schwermetalle gleichzeitig bindet und somit in der Bodensanierung eingesetzt werden könnte. Das iGEM-Team der Uni Heidelberg will beim Giant Jamboree mit dem „Ring of Fire“ die Juroren in den Bann ziehen. Die Heidelberger stellen Inteine als Neuzugang für die molekulare Werkzeugbox vor. Mit einem Trick lassen sich damit Proteine in Ringform herstellen – zum Beispiel hitzestabile Enzyme. Zu dem System hat das Team auch passende Software entwickelt. Um Bakterien-Geißeln dreht sich das Projekt „SURF“ von Team Marburg. Die Bausteine aus diesen Flagellen kombinieren die jungen Bioingenieure mit anderen Proteinen und statten sie mit interessanten Funktionen aus.

Bazillen als Keimkiller

Antibiotika-resistenten Keimen gezielt den Garaus machen – das steht im Fokus des Projekts „BaKillus“ vom Team der LMU München. Der Name ist Programm: Die Nachwuchsforscher haben Bacillus subtilis so umfunktioniert, dass die Mikrobe fortan bestimmte Pathogene spezifisch über deren Kommunikationssystem, das sogenannte Quorum-Sensing, detektieren und töten kann. Der Nacktmull „Rufus“ ist das Maskottchen vom Team Saarland, das erstmalig bei iGEM antritt. Neben seinem markanten äußeren besticht der Nager auch mit inneren Werten. So stellt das Tier eine Hyaluronsäure her, die ihn offenbar vor Krebserkrankungen schützt. Im Projekt haben die Saarländer Bakterien umprogrammiert, damit  sie die Substanz nun biotechnisch herstellen können. Mit einer raffinierten Idee will das Team Tübingen bei der Bioingenieurs-WM auftrumpfen: Dem Blutgruppenkonverter T-ECO.  Die Idee: Ein Enzym-Trio versieht die Oberfläche von Blutzellen der Blutgruppe A oder B mit Zuckerstrukturen und wandelt sie so in die in der Transfusionsmedizin begehrte Blutgruppe 0.

Das Erbmaterial DNA ist hart im Nehmen, wie ein Weltraumexperiment offenbart hat: DNA-Moleküle überlebten nicht nur eine 13-minütige Expedition ins All. Auch der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre bei über 1 000 Grad Celsius konnte dem Erbgut offenbar nicht viel anhaben. Forscher aus Zürich stellten fest: Nach ihrer Rückkehr auf die Erde waren die molekularen Weltraumtouristen noch in der Lage, genetische Informationen weiterzugeben. Über diese erstaunlichen Ergebnisse berichtet ein schweizer-deutsches Team im Fachjournal PLOS One (2014, Online-Veröffentlichung).

Das Weltraumexperiment war eher eine spontane Idee, die Schweizer Wissenschaftlern bei der Untersuchung zur Rolle der Schwerkraft bei der Regulation der Genexpression in menschlichen Zellen kam. Während der Vorbereitung dieser Weltraummission kam die Frage auf, ob sich die Außenstruktur der Rakete auch für Stabilitätstests von so genannten Biosignaturen eignet – also Molekülen, die die Existenz von aktuellen oder früheren Lebensvorgängen belegen können.  Die Forscher einigten sich auf ein Zusatzexperiment als Vortest, um die Stabilität von Biomarkern bei Raumflug und Wiedereintritt in die Atmosphäre zu prüfen.

Vor dem Start der Forschungsrakete TEXUS-49 plazierte das Team um den  Weltraumbiotechnologen Oliver Ullrich vom Anatomischen Institut der Universität Zürich kleine doppelsträngige DNA-Moleküle an verschiedene Stellen der Außenhülle des Nutzlast-Bereichs der Rakete. Im März 2011 hob die Rakete mit den unsichtbaren Weltalltouristen von der nordschwedischen Basis in Kiruna ab und kehrte kurz darauf wieder zur Erde zurück.

DNA besteht Feuerprobe

Die so genannte Plasmid-DNA wurde nach Start, Raumflug, Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und Landung an allen zuvor aufgetragenen Stellen auf der Rakete wiedergefunden. Außerdem war sie zum grossen Teil sogar noch in der Lage, genetische Information in Bakterienzellen und Bindegewebszellen zu übertragen. „Diese Studie belegt experimentell, dass die genetische Information der DNA grundsätzlich die extremen Bedingungen des Weltraumes und des Eintritts in die dichte Atmosphäre der Erde überstehen kann“, sagt Studienleiter Oliver Ullrich vom Anatomischen Institut der Universität Zürich.

Experten warnen vor irdischer DNA als blinder Passagier

Mit so einem Ergebnis hatten das Team um Ullrich, zu dem auch Forscher der Otto-von Guericke Universität Magdeburg sowie der Universität Münster und der Bremer Airbus DS gehören, nicht gerechnet. Die Studie stützt damit die Ansicht vieler Wissenschaftler, wonach DNA auch aus dem All zur Erde gelangen kann, etwa in extraterrestrischem Material aus Staub und Meteoriten, das in rund 100 Tonnen täglich auf die Erde trifft. Die Wissenschaftler sind überzeugt: Die extreme Stabilität von DNA  unter Weltraumbedingungen muss bei der Suche nach Leben außerhalb der Erde in der Interpretation von Resultaten berücksichtigt werden. „Das Ergebnis zeigt, dass es gar nicht unwahrscheinlich ist, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Raumfahrzeuge auch DNA irdischen Ursprunges an ihre Landestelle mitbringen können. Das muss man im Griff haben, wenn man nach Leben außerhalb der Erde sucht“, gibt Ullrich zu bedenken.

Zum Wachsen brauchen Algen vor allem eines:  Sonnenlicht. Für die Algenzüchtung im Labor ist das allerdings gar nicht so einfach nachzuahmen. Wissenschaftler der Technischen Universität München haben nun zusammen mit dem Berliner LED-Hersteller FUTURELED eine Methodik entwickelt, mit der sie verschiedenste Lichtsituationen simulieren können.


50.000 Algen- und Cyanobakterienarten gibt es, so schätzen Wissenschaftler. Rund 5000 davon sind bisher bekannt. Doch nur zehn Arten haben es bisher bis zu einer kommerziellen Nutzung gebracht. Aber weil sie so anspruchslos sind und selbst in Salzwasser in Becken auf unfruchtbaren Böden gedeihen, könnten sie die Probleme lösen helfen, die die energetischen Nutzung von Nahrungspflanzen aufwirft.

„Algen wachsen sehr viel schneller als Soja oder Mais. Sie brauchen keine fruchtbaren Böden, keine Pestizide und könnten pro Hektar und Jahr einen zehn Mal höheren Ertrag bringen“, sagt Thomas Brück, Leiter des Fachgebiets Industrielle Biokatalyse der TU München.



Die produktivsten Kandidaten finden

Bei der genaueren Untersuchung einzelner Algenarten entdeckten die Wissenschaftler bereits eine Vielzahl interessanter Produkte. Viele Algen können chemische Zwischenprodukte herstellen, Proteinmasse oder Fette aufbauen. Proteinmasse könnte als Viehfutter eingesetzt werden, aus den Fetten ließen sich Treibstoffe herstellen.
Doch schon innerhalb einer Art sind die Fähigkeiten bestimmte Produkte herzustellen höchst unterschiedlich. „Bei unseren Untersuchungen sehen wir immer wieder große Produktivitätsunterschiede“, sagt Brück. „Wir müssen also nicht nur die richtigen Arten finden sondern auch die Kandidaten mit der höchsten Produktivität heran züchten“.



Mit LEDs das Sonnenlichtspektrum simulieren

Für diese Arbeit haben die Forscher nun zusammen mit der Berliner Firma FUTURELED GmbH einen weltweit einmaligen Kombination von Licht- und Klimasimulation zur Optimierung der Algenzucht entwickelt, bei dem sie mit lichtfarbenabgestimmten LEDs das Sonnenlichtspektrum simulieren können.
Niemand kann voraussagen, ob eine Alge aus der Südsee unter den Lichtbedingungen in Deutschland genauso produktiv ist wie in ihrer Heimat“, so Brück. „Genauso wenig weiß man, ob hier erfolgreiche Kandidaten unter den Lichtbedingungen der Sahara noch genauso erfolgreich wären. All dies können wir jetzt in unserem Labor testen“.

Die hocheffizienten LEDs liefern Licht im Wellenlängenbereich zwischen 400 und 800 Nanometern mit einer Strahlungsleistung von bis zu 1000 Watt pro Quadratmeter und einer dem Sonnenlicht sehr nahekommenden Intensitätsverteilung. Da die verschiedenen LED-Typen einzeln ansteuerbar sind, können die Wissenschaftler individuelle Spektren einstellen.


Licht auf die Pflanzen abgestimmt

Weder mit Glühlampen noch mit Leuchtstoffröhren wäre eine solche Anlage realisierbar gewesen. Glühlampen produzieren zu viel Wärme, und mit Leuchtstoffröhren ließe sich nicht das gesamte Spektrum des Sonnenlichts in der gewünschten Intensität erzeugen. Bei beiden Varianten wäre eine Ansteuerung einzelner Wellenlängen unmöglich.
Die spektrale Bandbreite der LEDs wurde darüber hinaus speziell auf molekulare Schalter von Algen abgestimmt, die für die Steuerung des Pflanzenwachstums wesentlich sind. Werden diese Anteile des Spektrums nicht korrekt reproduziert, kann dies die Ergebnisse erheblich verfälschen.
Eingebettet ist das Projekt in die Aktivitäten des Fachgebiets für Industrielle Biokatalyse im Rahmen des Forschungsprojekts Algenflugkraft. Weitere Partner des Projekts sind die Lehrstühle für Technische Chemie II und für Bioverfahrenstechnik der TU München, die Clariant AG und die conys GmbH. Derzeit entsteht südlich von München, auf dem Ludwig Bölkow Campus (LBC) in Ottobrunn, ein Technikum zur Erforschung der Algenkultur in großem Maßstab. Der Freistaat Bayern und die Airbus Group fördern das Projekt mit 12 Millionen Euro. 


Kaffee und Schokolade gehören zu einem gemütlichen Weihnachtsfest genauso dazu wie Baum und Kerzenlicht. In diesem Jahr haben Forscher einen detaillierten Blick auf die molekularen Ursachen hinter den unvergleichlichen Aromen der beiden Genussmittel gerichtet. Für die Kaffeesorte „Robusta“ hat ein internationales Team dazu das Erbgut der Pflanze komplett entziffert. Bei der Genomanalyse sind die Forscher auf einige wichtige Komponenten des Aromas gestoßen. Biotechnologen aus dem Saarland wiederum haben entdeckt, dass bei der Kakaoherstellung ein bestimmter Mix und ein fein aufeinander abgestimmtes Team von Mikroben nötig ist, damit sich das volle Aroma in der Schokolade entfalten kann.
Mit feinsten bioanalytischen und molekularen Methoden dem feinen Geschmack auf der Spur: Lebensmitteltechnologen kommen den Ursachen der Entstehung edler Kaffee- und Schokolade-Aromen immer näher.

Kaffee: Mehr Flavonoidgene als Trauben

Forscher um Philippe Lashermes vom Institut de Recherche pour le Developpement in Montpellier haben das Genom der Kaffeepflanze Coffea canephora untersucht, was der wissenschaftliche Name für die weltweit wirtschaftlich bedeutende Sorte „Robusta“ ist. Wie sie im Fachjournal Science  (2014, Bd. 345, S.1181) berichteten, identifizierten sie 25.574 Gene, darunter auch Gene für spezielle Enzyme, die N-Methyltransferasen, die in die Koffeinproduktion involviert sind. Sie sind anderen Genen der Kaffeepflanze ähnlicher als die entsprechenden, für die Koffeinproduktion verantwortlichen Genen im Tee und im Kakao. Die Forscher schließen daraus, dass der Kaffee in der Evolution einen unabhängigen Pfad eingeschlagen hat. Zudem konnten Gene der Kaffeepflanze identifiziert werden, die für die Produktion von Alkaloid- und Flavonoidverbindungen verantwortlich sind, die das Aroma des Kaffees mitbestimmen, und sie entdeckten Erbgutsequenzen, die der Pflanze helfen, sich gegen Schädlinge zu verteidigen. Insbesondere, was die Alkaloid- und Flavonoidverbindungen angeht, weist der Kaffee eine größere Vielfalt an Genen auf als andere Pflanzen wie etwa Trauben oder Tomaten.

Schokoladenaroma: Mikrobielles Teamwork

Das Genom des Kakaobaums wurde bereits entschlüsselt . Doch die Erbinformation des Gewächses kann nur teilweise erklären, wie die begehrten Geschmacksnoten von Schokolade entstehen. Denn bis sich der zarte Schmelz und das volle Aroma der Kakaobohnen auf unserer Zunge entfalten, ist es ein langer Weg mit vielen Verarbeitungsschritten. Was dabei genau passiert, haben Biotechnologen um Christoph Wittmann . Ein wichtiger Schritt passiert direkt nach der Ernte: Die Landwirte decken die in den Früchten enthaltenen Kakaobohnen und das anhaftende Fruchtfleisch mit Bananenblättern ab. So fermentiert das Gemisch mehrere Tage in der Sonne. Dabei setzen natürliche Mikroorganismen die Nährstoffe aus dem Kakao so um, dass daraus Vorstufen des Schokoladenaromas entstehen. Gemeinsam mit Forschern des Nestlé Research Centers in Lausanne haben die Biotechnologen die gesamte mikrobielle Gemeinschaft untersucht, die unter den Bananenblättern beim Fermentieren am Werk ist. Beteiligt sind demnach Hefen, Milch- und Essigsäurebakterien. Der neue Fund: Die Mikroben arbeiten äußerst fein abgestimmt zusammen, und beliefern sich gegenseitig mit Nährstoffen, um schließlich Acetat, das Salz der Essigsäure zu bilden. Es ist die Schlüsselsubstanz für die spätere Aromaentwicklung. Für die Produktion der Schokolade bedeutet dies, dass eine ausgewogene Zusammensetzung der richtigen Mikroorganismen nötig ist. „Durch den Einsatz von natürlichen Starterkulturen, die die richtige Kombination der Mikroorganismen enthalten, könnten Kakaobauern den Ertrag von Kakao-Fermentationen verbessern“, sagt Wittmann.

Kakaobohne molekular durchleuchtet

Die Kakaobohne und ihre Verarbeitung molekular durchleuchten – das ist auch Ziel eines Forschungsprojekts an der Jacobs University in Bremen, das vom weltweit größten Schokoladeproduzenten Barry Callebaut noch bis 2020 mit insgesamt 3,7 Millionen Euro unterstützt wird. Dabei werden Kakaobohnen unterschiedlichster Herkunft, Qualität und Fermentierungsverfahren erforscht. Um die rund 10.000 chemischen Inhaltsstoffe der Kakaobohne genau zu analysieren In einem ersten Schritt werden das sogenannte Metabolom (alle Stoffwechselprodukte), alle Enzyme und Peptide sowie die Gesamtheit der Fette des Rohmaterials bestimmt. Das Ziel ist eine einzigartige Datenbank und die Entwicklung neuer Schnelltests zur Kakaoklassifizierung und Verarbeitung.

„Synthetische Biologie – ?“: Rund 82 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage können mit diesem Begriff wenig bis gar nichts anfangen. Vielmehr löst die Wortkombination bei den Meisten spontan Abneigung aus. Das ändert sich, sobald es durch alltagsnahe Anwendungsbeispiele anschaulich wird. Hier liegt ein Schlüssel für eine verbesserte Kommunikation neuer Forschungsgebiete und Technologien. Dieses Fazit zieht zumindest die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und das Institut für Demoskopie Allensbach nach einer Befragung von mehr als 2000 Bürgern, Wissenschaftlern und Journalisten zur Synthetischen Biologie. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Studie wurde am 28. Januar in Berlin vorgestellt.
Die Synthetische Biologie ist ein junger Wissenschaftszweig, in dem Forscher wie Ingenieure daran gehen, um biologische Systeme oder Organismen zu verändern und sie mit Eigenschaften auszustatten, . Für die einen ist es eine Weiterentwicklung der Gentechnologie, für die anderen eine ganz neue Herangehensweise. Der Begriff „Synthetische Biologie“ hat sich dabei erst in den vergangenen Jahren etabliert, und er hat bereits mehrfach für Schlagzeilen gesorgt.

Erstmals empirische Zahlen

Wie wird die neue Technologie in der Bevölkerung, bei Wissenschaftlern selber und bei Journalisten wahrgenommen?  Zwar hätten die wissenschaftlichen Akademien bereits 2009 ein zum Meinungsbild hätten aber bisher nur sehr wenige empirische Daten vorgelegen,  so  der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Jörg Hacker, in Berlin. Diese Lücke wollten Leopoldina und Allensbach nun mit einer im Jahr 2013 durchgeführten repräsentativen Umfrage schließen. Die Ergebnisse der Erhebung stützen sich auf 23 Interviews mit Wissenschaftlern, eine quantitative Befragung von 106 Wissenschaftlern und 103 Journalisten und eine Bevölkerungsumfrage mit rund 2350 Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre.

Kein guter Klang

„Neue Technologiefelder wie die Synthetische Biologie eignen sich deshalb besonders für Umfragen, weil sich relativ rasch dazu Meinungen in der Gesellschaft festigen“, sagte Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. Obwohl 82 Prozent der Befragten wenig bis gar nichts von Synthetischer Biologie bisher gehört haben, hat der abstrakte Begriff in den Ohren der Befragten offenbar keinen guten Klang. „In Wortsympathietests reagierten 60 Prozent der Befragten mit Abneigung auf ‚Synthetische Biologie’ “, so Köcher. Nur „Gentechnologie“ schnitt hier noch schlechter ab (für 77 Prozent unsympathisch). 87 Prozent der Bevölkerung assoziieren mit Synthetischer Biologie den Eingriff in die Natur. „Der Begriff birgt einen Widerspruch in sich – Biologie wird mit Natur gleichgesetzt, synthetisch jedoch mit künstlich“, führte Köcher aus.

Konkrete Alltagsbeispiele ändern Haltung

Das abstrakte Etikett „Synthetische Biologie“ stieß denn auch bei 56 Prozent der Befragten auf Desinteresse. Diese Haltung änderte sich spürbar, wenn konkrete Anwendungsgebiete abgefragt wurden, etwa die Schaffung von künstlichen Zellen für die Bekämpfung von Krankheiten, die Herstellung Arzneimitteln oder Treibstoffen. „Der Interessenspegel ist hier deutlich verschoben, die Aufgeschlossenheit steigt umso stärker, je klarer man das Forschungsgebiet in Nutzanwendungen übersetzt“, sagte Köcher. Anwendungsbeispiele lösten auch eine veränderte Grundhaltung aus: Die Sorgen, die bei einer abstrakten Beschreibung dominieren, schlagen insbesondere bei der Nennung medizinischer oder industrieller Anwendungen in eine positive Bewertung um (59 Prozent verbinden Hoffnung zur Bekämpfung von Krankheiten). Als Paradebeispiel nannten die Experten auf dem Podium das mittlerweile von . Diese Ergebnisse liefern die Basis für die zentrale Schlussfolgerung der Leopoldina-Allensbach-Studie: Die Alltagsnähe bei Forschungsgebieten herzustellen ist ein bedeutender Schlüssel, um das Bürger-Interesse zu steigern und die Grundlage für eine informierte Debatte zu ermöglichen.

Wissenschaftskommunikation mit besonderer Rolle

Was bedeutet das für die Wissenschaftskommunikation und die öffentliche Diskussion? Teil der Erhebung war eine Umfrage unter Wissenschaftlern und über Wissenschaftsthemen berichtende Journalisten. Beide Gruppen mahnten mehrheitlich ein stärkeres Engagement von Forschern bei der Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte an. Eine Mehrheit (Wissenschaftler: 89 Prozent, Journalisten: 68 Prozent) vermutet einen großen beziehungsweise sehr großen Einfluss der öffentlichen Meinung auf die Rahmenbedingungen für Forschung. Die meisten Befragten (86 Prozent) sehen in der Kommunikation ein wichtiges Mittel, Offenheit für die unterschiedlichen Forschungsthemen zu erreichen. Dabei hat die Studie übrigens eine bemerkenswerte Diskrepanz in der Selbstwahrnehmung zutage gefördert: Wissenschaftler sehen sich selbst als gute Kommunikatoren, die Darstellung ihrer Arbeit fällt ihnen mehrheitlich (86 Prozent) leicht. Journalisten sahen das ganz anders: 82 Prozent gaben an, Wissenschaftlern falle es schwer, ihre Forschung einem Laienpublikum zu vermitteln. „Die Umfrage hat gezeigt, wie wichtig eine neutrale Information, die auch Unsicherheiten mit einbezieht, für die Vertrauensbildung ist“, so Köcher. Transparent und ergebnisoffen informieren, die Kommunikation zielgruppengerecht gestalten und die Rolle der Medien als prägendes Element von Technologie-Debatten berücksichtigen, das sind drei weitere Schlussfolgerungen, die die Leopoldina aus der Allensbach-Umfrage abgeleitet hat.