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Frisch gegründete deutsche Biotech-Unternehmen nehmen Kurs auf den Markt: Das Münchner Unternehmen „Imevax“ und das Hannoveraner „Zellkraftwerk“ dürfen sich jeweils über eine weitere Millionenförderung im Rahmen der Gründungsoffensive GO-Bio freuen. Sie zählten 2011 zu den Siegern des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten Wettbewerbs. Nachdem nun die Unternehmen gegründet sind, starten die Teams nun die Phase der Kommerzialisierung. Ein weiteres GO-Bio-Siegerteam  aus Bonn, das mittlerweile als Rigontec GmbH firmiert, hat unterdessen mit einer Finanzierungsrunde 9,5 Millionen Euro eingenommen. Zu den Investoren zählen der High-Tech-Gründerfonds und der Boehringer Ingelheim Venture Fund.

Als Ausgründung der Technischen Universität München hat die Imevax GmbH im September ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in eigenen Räumen in München aufgenommen. Das Team um  nun über eine weitere Förderung im Rahmen von GO-Bio freuen – das BMBF steuert dazu 5,9 Millionen Euro bei. Imevax entwickelt hochspezifische Impfstoffe gegen Erreger chronischer Infektionskrankheiten und gegen gefährliche Krankenhauskeime. Die Basis der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bildet eine Technologie-Plattform. Sie umfasst eine Palette von Assays, mit denen Proteine bakterieller Erreger auf ihre immunmodulatorische Wirkung untersucht und neue Impfstoffkandidaten identifiziert werden können.

Impfstoff gegen häufigen Magenkeim

Das Hauptprodukt ist IMX 101, ein Impfstoff gegen das Bakterium Helicobacter pylori. Chronische Infektionen des Magens mit H. pylori sind die häufigste bakterielle Infektionskrankheit weltweit. Jeder zweite Mensch trägt den Keim schätzungsweise in sich. H. pylori führt beim Menschen zu Gastritis, Magengeschwüren und Magenkarzinomen. Die derzeitige Therapie von H. pylori -Infektionen erfolgt in der Regel mit verschiedenen Antibiotika. Bislang gibt es jedoch keinen Impfstoff gegen den Magenkeim. ImevaX wird diesen Impfstoff zunächst in eigener Verantwortung bis zur Klinik entwickeln und danach einen geeigneten Partner suchen. Gründer Markus Gerhard, nun Imevax-Forschungschef, freut sich auf die kommenden Jahre: „Der bisherige Erfolg des IMX 101 Projektes basiert in erster Linie auf den Leistungen des ganzen Teams, der Unterstützung durch das Institut für Medizinische Mikrobiologie der TUM und dem Vertrauen des BMBF, das wesentlich zur Finanzierung beigetragen hat."

Zellchips für die Biomarkeranalyse

Über eine Zusage für die zweite GO-Bio-Förderphase freut sich auch das Hannoveraner Team um Christian Hennig. Sein Projekt zur . Dank GO-Bio sei mittlerweile viel passiert, sagt Hennig. Im vergangenen Jahr wurde das Unternehmen „Zellkraftwerk" gegründet, zunächst als GbR, seit 2014 firmiert das Unternehmen als GmbH. Und es gibt bereits Produkte, etwa bestimmte Zellscanner-Systeme, oder einen Roboter, der Zellchips industriell herstellt und mit einem eigenen Softwarepaket arbeitet. „Wir sind aber in der ersten Linie als Dienstleister im Auftrag für die Pharmaindustrie aktiv", so Hennig im Gespräch mit biotechnologie.de. Zum Kundenkreis zählen laut dem Zellkraftwerk-Gründer schon jetzt 80 Prozent der großen Pharmaunternehmen weltweit, an den Tests für zwei klinische Studien sei man mittlerweile beteiligt. „Sie schätzen, dass unsere Biomarker-Messungen in oder auf Zellen sehr standardisiert ablaufen", sagt Hennig. Das Unternehmen mit derzeit acht Mitarbeitern hat sich bei den Analysen auf Biomarker auf Blutzellen, Immunzellen und Krebszellen besondere Expertise erworben.

Bonner Immuntherapie-Unternehmen

Ein : Wie das Bonner Team um Gunther Hartmann und Veit Hornung am 14. Oktober meldete, hat die 2014 gegründete Rigontec GmbH nun eine erste Finanzierungsrunde abgeschlossen und dabei 9,45 Millionen Euro eingesammelt. Rigontec hat sich auf die Entwicklung von Immuntherapeutika spezialisiert, die auf dem Erbmolekül RNA basieren. Die wichtigste Wirkstoffkandidat namens ImOI100 aktiviert das angeborene Immunsystem und versetzt es in die Lage, gezielt Krebszellen zu attackieren. Die Finanzierungsrunde wurde von Wellington Partners und dem Boehringer Ingelheim Venture Fund als Investoren angeführt, zu den weiteren zählen der High-Tech Gründerfonds (HTGF) und die NRW.Bank. Hartmann: „ Wir freuen uns, dass unsere Technologie nach acht Jahren im Labor so ausgereift ist, dass sie nun in die klinische Entwicklung übergehen kann.“ Das neue an dem Wirkstoff sei, dass durch die Behandlung im Grunde Tumorgewebe zu einem therapeutischen Tumorimpfstoff werde. Nach Ansicht von Hartmann birgt dieses Konzept das Potenzial, es mit anderen potenten Waffen wie Immun-Checkpoint-Inhibitoren zu kombinieren.

Drei Teams sind für den Deutschen Zukunftspreis 2014 des Bundespräsidenten für Technik und Innovation nominiert – gleich zwei davon haben diesmal Produkte mithilfe biobasierter Technologien entwickelt. Die Firma Nanion hat ein automatisiertes Mess-System für Ionenkanäle entwickelt, die das Aufspüren neuer Wirkstoffe erleichtert und stark beschleunigt. Das Protein aus der Süßlupine für den Einsatz in Lebensmitteln erschlossen haben Freisinger Fraunhofer-Forscher und Lebensmitteltechnologen der Prolupin GmbH. Beide nominierte Teams wurden bei ihren Forschung- und Entwicklungsaktivitäten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt. Am 19. November verleiht Bundespräsident Joachim Gauck den mit 250.000 Euro dotierten Preis in Berlin. Das ZDF überträgt (22.15 Uhr).

Gleich zwei Teams mit biobasierten Innovationen dürfen sich also Hoffnung auf den Deutschen Zukunftspreis 2014 machen. Für die Leser von biotechnologie.de sind es keine Unbekannten, mehrfach haben wir über die außergewöhnlichen Produkte der beiden Teams berichtet. Die Nominierten im Kurzprofil:

Ionenkanäle im Hochdurchsatz vermessen

Das Team der Nanion Technologies GmbH um , Andrea Brüggemann und Michael George steht für das Projekt „Ionenkanalmessungen im Hochdurchsatz – vom Uni-Labor zum Global Player“. Die drei nominierten Forscher haben die sogenannte zellbiologische „Patch-Clamp-Technik“ so weiterentwickelt, dass sie nun auf einem Chip für Messungen im Hochdurchsatz angewandt werden kann. Mit dem System lassen sich medizinische Wirkstoffe einfach und automatisiert aufspüren und testen: Die Roboterplattform „SyncroPatch“ ermöglicht es, viele Wirkstoff-Kandidaten parallel an Hunderten Zellen zu testen. Bislang dauert die Entwicklung eines neuen Arzneistoffs bis zu zwölf Jahre und kostet im Schnitt rund 800 Millionen Euro. Ein Grund ist die aufwendige und zeitraubende Untersuchung von Millionen potenziellen Wirkstoffen. Das neue System beschleunigt die Analysen und senkt die Kosten deutlich.

Veganes Eis und Wurst mit Lupinenprotein

Für das Projekt „Lebensmittelzutaten aus Lupinen – Beitrag zu ausgewogener Ernährung und verbesserter Proteinversorgung“ wurden Stephanie Mittermaier, Peter Eisner  vom und Katrin Petersen nominiert. Sie arbeiten am Freisinger Fraunhofer-IVV oder dessen norddeutschen Ausgründung, der Prolupin GmbH.Sie entwickelten ein Verfahren, um aus Lupinen Lebensmittel auf Pflanzenbasis herzustellen, die sich im Geschmack und im Mundgefühl beim Essen kaum von tierischen Produkten unterscheiden. Der Verzehr von pflanzlichen Produkten hat den Vorteil, dass dafür viel weniger Ackerfläche benötigt wird, als für die Erzeugung tierischer Lebensmittel. Bislang dominieren als Fleischersatz Sojabohnen. Doch sie sind in Verruf geraten, weil für Sojaplantagen Regenwäldern gerodet werden und viele Sojaprodukte gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten. Auch die geschmackliche Qualität ist nicht überzeugend: Proteine aus Soja riechen und schmecken teils bitter, bohnig oder grasig.  Lupinen dagegen, die in Deutschland als Zwischenfrucht angebaut werden, sind nicht gentechnisch modifiziert. Und sie stehen nicht in Konkurrenz zu Weizen, Mais oder Raps. Dass sie jetzt in vielen Lebensmitteln tierische Rohstoffe ersetzen können, ist das Verdienst der drei Nominierten.

Schmackhafte Proteine aus Lupinensamen als Basis für Eiscreme und Wurst: Mit dieser biobasierten Innovation haben Lebensmitteltechnologen der Fraunhofer-Gesellschaft beim diesjährigen Deutschen Zukunftspreis gepunktet. Der mit 250.000 Euro dotierte Preis des Bundespräsidenten gilt als höchste deutsche Auszeichnung für Technik und Innovation. Das Team um Stephanie Mittermaier und Peter Eisner vom Fraunhofer-Institut IVV in Freising und Katrin Petersen von der norddeutschen Prolupin GmbH nahm den Preis gestern bei einer Festveranstaltung in Berlin von Bundespräsident Joachim Gauck entgegen. Erste Lupinen-Produkte gibt es bereits im Supermarkt – wie das vegane Speiseeis Lupinesse. Das Lupinenprotein-Projekt wurde auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Damit geht der Zukunftspreis bereits zum sechste Mal an ein Forscherteam der Fraunhofer-Gesellschaft, zum ersten Mal jedoch an Lebensmitteltechnologen. Zu den Nominierten 2014 zählten die Münchner Firma Nanion Technologies, die Roboter für die Ionenkanalforschung in der Pharmaindustrie entwickelt hat, und ein Team von Ingenieuren, die ein ressourcenschonendes Stahlbandguss-Verfahren entwickelt haben.

Lupine als Star des Abends

Zum Star der von ZDF-Polittalkerin Maybrit Illner moderierten Preisverleihung aber wurde die Süßlupine. Die Hülsenfrucht ist nicht nur ein beliebter Bodenverbesserer, sondern gilt als reichhaltige pflanzliche Proteinquelle. Das Problem: Von Natur aus schmeckt das aus der Lupine gewonnene Protein nicht besonders. Hier setzt die Technologie der Fraunhofer-Forscher an. Der entscheidende Durchbruch:Sie identifizierten die chemischen Verbindungen, die für die bitteren und bohnigen Aromen bei der Lupine verantwortlich sind. „Darauf aufbauend konnten wir Verfahren entwickeln, mit denen sich diese Störaromen aus den Produkten entfernen lassen“, sagt Stephanie Mittermaier, Lebensmitteltechnologin am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising. Die Entwicklung der Forscher ist ein Paradebeispiel für Bioökonomie, also eine wissensbasierte Innovation für ein Wirtschaften auf der Basis nachwachsender Ressourcen.

Bitterstoffe werden herausgelöst

Zunächst werden die Kerne geschält und zu hauchdünnen Flocken verarbeitet. Beim anschließenden Entölen behandelt man diese mit überkritischem CO2, das bei einem Druck von über 74 Bar und Temperaturen höher als 31 Grad Celsius flüssigkeitsähnliche Eigenschaften hat. Darin löst sich ein Großteil der Öle und deren Begleitstoffe. In mehreren wässrigen Extraktionsschritten werden dann auch wasserlösliche Bitterstoffe oder weitere unerwünschte Aromen entfernt. Erst dann isolieren die Experten die Eiweiße. „Anderen Lebensmitteln beigemischt, können die Proteine und Ballaststoffe der Lupine diese fettärmer und ballaststoffreicher machen und so dazu beitragen, den Cholesterinspiegel im Blut der Konsumenten zu senken“, sagt IVV-Forscher Peter Eisner, einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Aus den hochreinen Proteinen lassen sich nicht nur Milch, Käse, Speiseeis und Pudding herstellen. Sie eignen sich auch als Grundlage für Kuchen, Mayonnaise, Wurstwaren, Cremes und Schäume. „Werden Lupinen-Proteine als Alternative zu Milcheiweißen eingesetzt, kann man gut schmeckende Pflanzenmilch, pflanzlichen Joghurt und Frischkäse mit ähnlichem Geschmack und Mundgefühl wie bei herkömmlichen Milchprodukten herstellen“, sagt Eisner. Das Verfahren hat inzwischen Industriereife erlangt. Ein Team um Katrin Petersen, Geschäftsführerin der Prolupin GmbH in Grimmen, stellt Lebensmittelzutaten aus Lupinensamen her und vertreibt sie, wie etwa das Speiseeis „Lupinesse“.

Das Musik-Hotel „nhow“ an der Spree, direkt am Puls der Berliner Kreativwirtschaft, war in diesem Jahr Schauplatz der fünften „Innovationsakademie Biotechnologie“. Der exklusive Workshop – eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – fand vom 17. bis 18. November im Rahmen der „Gründerwoche Deutschland“ statt. 50 findige Gründungswillige und Querdenker waren dabei, um im Team neue Ideen für biotechnologische Produkte oder Dienstleistungen zu suchen. Dabei war voller Einsatz gefragt: Die Konzepte mussten vor „Investoren“ verteidigt, beworben und sogar als Rap vertont werden im hoteleigenen Tonstudio. Ein Schimmelsensor, eine regenerative Arznei für Gelähmte und ein neuartiges Antibiotikum – am Ende konnten drei Teams besonders überzeugen. Sie erhalten 50.000 Euro, um ihre Ideen weiter auszuarbeiten.

Jede Menge Sichtbeton, freiliegende Rohre und Kabel: Der „Backstage“-Bereich des nhow wirkt wie ein Rohbau – und bot damit den idealen Rückzugsraum für zwei Tage intensive Werkstatt-Atmosphäre. Das 50-köpfige Teilnehmerfeld war auch bei der fünften Auflage der „Innovationsakademie Biotechnologie“ wieder bunt gemischt aus Naturwissenschaftern, Ingenieuren, Betriebswirtschaftlern und Designern. „Wir wollen ganz bewusst Leute mit verschiedene Kompetenzen mischen und die Teilnehmer im Team auch für ungewöhnliche Ideen begeistern“, sagt Matthias Kölbel, der im Referat Bioökonomie des BMBF die Innovationsakademie koordiniert. Diesmal war das Gros der Teilnehmer quasi per Empfehlung zu der exklusiven, von der BIOCOM AG organisierten Veranstaltung, gekommen – ehemalige Teilnehmer und ausgewählte Multiplikatoren hatten dazu sogenannte „Greencards“ verschickt. Prinzipiell kann sich jeder Interessierte bewerben. Weiteres Merkmal der Innovationsakademie: Den Ideenentwicklern stehen vor Ort Gründerpersönlichkeiten und Wirtschaftsexperten als Ratgeber zur Seite.

Durchgetaktetes Kreativprogramm

Konzipiert und moderiert wurde der zweitägige Workshop von der Innovationswerkstatt aus Amberg und den Münchner Innovationsexperten von Future Camp. Das Team um Harald Ostermann und Peter Schneider hatte ein hochgetaktetes Kreativ-Programm für alle Sinne geplant, das den Gründungswilligen nicht nur Gehirnakrobatik, sondern vollen Körpereinsatz abverlangte. Für das Teambuilding ging es zum Beispiel nach draußen Auf der Straße vor dem Hotel galt es, Rosen oder nostalgische Ostprodukte an Passanten zu verscherbeln. Danach aber ging es darum, unerhörte Ideen zutage zu fördern, sei es in Momenten der Stille unter Einsatz von Schlafbrillen und Ohrstöpseln, oder bei der Blitz-Präsentation im Plenum.

Lautstarker Einsatz bei Speakers’ Corner

Durchsetzungsvermögen war gleich am nächsten Morgen bei der Aktion „Speakers' Corner“ gefragt: Auf Getränkekisten mussten hier jeweils fünf Leute parallel mit ihren Konzepten um die Aufmerksamkeit des Publikums buhlen.  Zehn Produktideen zu den Feldern Gesundheit, Landwirtschaft und Umwelt kristallisierten sich so heraus, von Pflanzen als Bodenentgifter über die geruchslose Biotonne bis zur Zahnpasta in den Lieblingsvereinsfarben. Bei einer „Investorenkonferenz“ wurden die Konzepte bereits gründlich auf Chancen und Risiken abgeklopft. Schließlich geht es beim Unternehmertum stets auch darum, Ideen auf den Punkt zu bringen und Investoren sowie Kunden von der Notwendigkeit eines Produkts zu überzeugen.

Rappen im Tonstudio

Beim Akademie-Endspurt galt es für die Teams, noch einmal die letzten kreativen Reserven zu mobilisieren: Knapp eine Stunde hatten die Gruppen Zeit, einen halbminütigen Werbespot auf die Beine zu stellen. Und dann das große musikalische Finale: der „Love-and-hate-battle-Rap“: Pro und contra-Argumente für die eigene Geschäftsidee – im Sprechgesang vertont. Das ideale Setting für die Präsentation der neuen Texte auf die Beats von Dr. Dre, Sido und Fanta4 bot das voll eingerichtete Tonstudio in der achten Etage des nhow-Hotels.

Dreimal 50.000 Euro

Nach der Showeinlage wurde abgestimmt: Welches Team hatte am meisten überzeugt und damit die besten Chancen auf einen „Recall“ – verbunden mit 50.000 Euro? Mit dem „MYKO-Sensor“ Schimmelpilze aufspüren, mit dieser Produktidee wurde ein Fünfer-Team um Christoph Biermeier und Stefan Rasche Sieger der diesjährigen Innovationsakademie. Platz zwei ging an die Idee „Re-connect Nerves“, das Team um Fabian Hosp, Jörg Hampl, Jannis Hülsen und Jörg Wamser will ein regeneratives Medikament entwickeln, das gekappte Nervenverbindungen bei Gelähmten wieder verknüpfen hilft. Mit einer neuen Klasse antibiotischer Peptide will sich ein Dreier-Team um Einar Mäntylä beschäftigen. Die Gewinnerteams dürfen das Geld nun in den kommenden neun Monaten dafür einsetzen, ihre Idee weiterzuentwickeln. „Reisen Sie, reden Sie mit den Stakeholdern, veranlassen Sie Patentrecherchen, selbst Vorversuche sind möglich“, so Matthias Kölbel. In sechs Monaten werden die Gewinnerteams noch einmal vom zuständigen Projektträger Jülich zu einem „Vorsingen“ eingeladen – die ersten Sporen haben sie sich bei der Innovationsakademie im Musikhotel bereits wahrlich verdient.

Damit innovative Ideen auch tatsächlich einmal zu Produkten werden können, braucht es nicht nur Zeit, sondern auch Geld und Know-how. Mit der Gründungsoffensive Biotechnologie GO-Bio fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2005 junge Wissenschaftler und Kliniker, die ihre vielversprechenden Ideen im Zuge einer Unternehmensgründung zu marktreifen Produkten entwickeln wollen. Nun ist der Startschuss für die siebte Auswahlrunde des erfolgreichen Förderformats gefallen. Bis zum 30. Juni können Forscherteams aus den Lebenswissenschaften ihre Bewerbung beim Projektträger Jülich einreichen und sich damit für eine Millionenförderung in Stellung bringen.

Immer noch sind es nur wenige Wissenschaftler, die den Sprung vom Labor in die Wirtschaft wagen. Vor allem Forschungsprojekte aus dem Bereich der Lebenswissenschaften gelten auf Grund der langen Entwicklungszeit und des hohen Finanzbedarfs als risikoreich. Vor zehn Jahren hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) daher den GO-Bio-Wettbewerb ins Leben gerufen und so für Aufschwung in der Biotechnologie-Szene gesorgt.

Aus den sechs bisherigen Wettbewerbsrunden werden oder wurden bisher 45 Projekte gefördert. Bisher sind 22 Firmen gegründet worden oder sie wurden in der Zeit der GO-Bio-Förderung operativ tätig.

Zusatzförderung für Ausbau des Technologietransfers

Die GO-Bio-Förderung erfolgt in zwei Phasen über eine Dauer von jeweils maximal drei Jahren. In der ersten Förderphase soll von der Arbeitsgruppe das Anwendungspotenzial der Entwicklung herausgearbeitet und bewertet werden. Begleitend sollen konkrete Kommerzialisierungsstrategien für die weitere Umsetzung der Ergebnisse entwickelt werden.

In der zweiten Förderphase, über die nach einer Zwischenevaluation entschieden wird, erfolgt die Überführung dieser Strategien in die wirtschaftliche Verwertung. Spätestens ab der zweiten Förderphase müssen die Projektleiter möglichst eine privatwirtschaftlich aufgebrachte Co-Finanzierung für die Durchführung des GO-Bio-Vorhabens aufbieten. Für jede Förderrunde stellt das BMBF zwischen 20 und 30 Millionen Euro zur Verfügung. Im Schnitt wird jedes Förderprojekt mit etwa 2 Millionen Euro unterstützt. Das BMBF stellt zusätzlich bis zu 250.000 Euro den Hochschulen und Forschungseinrichtungen der bewilligten GO-Bio-Projekte zur Verfügung, um den Technologietransfer zu stärken.

Erfolgreiche Entwicklungen

 wurden im April vergangenen Jahres auf den Biotechnologie-Tagen in Hamburg gekürt. Damals konnten sich sieben Teams über eine Anschubfinanzierung in Höhe von insgesamt 20 Millionen Euro freuen. GO-Bio-Projekte haben schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. So wurde die iThera Medical GmbH kürzlich mit dem deutschen Innovationspreis in der Kategorie Start-ups ausgezeichnet. Die Firma ist aus einem GO-Bio-Projekt aus der 3. Auswahlrunde hervorgegangen.

Für die nun gestartete siebte Runde des GO-Bio-Wettbewerbs können ab sofort Projektskizzen abgegeben werden. Wissenschaftler aus Hochschulen, Fachhochschulen und außeruniversitären Einrichtungen sind aufgerufen, ihre Ideen bis zum 30. Juni 2015 beim Projektträger Jülich einzureichen. Ansprechpartner sind Dr. Jan Strey (j.strey@fz-juelich.de) und Dr. Ute Fink (u.fink@fz-juelich.de).

Erfolg für den Bioökonomie-Standort Nordrhein-Westfalen: Als Teil des trinationalen Netzwerks BIG-C hat sich der Cluster für industrielle Biotechnologie CLIB2021 4 Millionen Euro Fördergelder vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gesichert. Damit sollen Projekte zur Verwertung von Biomasse und Stoffströmen aus Industrieabgasen vorangetrieben werden. Zum Mega-Cluster BIG-C gehören Partner aus Belgien und den Niederlanden.

Den Nordrhein-Westfalen haben sich Partner aus der belgischen Region Flandern und den Niederlanden im Verbund BIG-C (Bioinnovation growth mega-cluster) angeschlossen. Es geht in dem Netzwerk um biobasierte Industrien und Innovationen. „Wir haben bei BIG-C bislang viel in Vorleistung aus dem Budget des Vereines getragen. Die Förderung eröffnet nun neue Möglichkeiten“, freut sich CLIB2021-Kommunikationschef Uwe Wäckers. Die 4 Mio. Euro fließen im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Internationalisierung von Spitzenclustern, Zukunftsprojekten und vergleichbaren Netzwerken“. Mit Hinblick auf diese Fördermaßnahme hatte CLIB2021, ein in Düsseldorf verankertes Kompetenznetzwerk für die industrielle Biotechnologie, BIG-C initiiert. Die Gründung des Clusters wurde von CLIB2021 und den Partnern BE-Basic (Niederlande) und FISCH (Flandern) vor genau einem Jahr gefeiert.

Förderung bring Schwung für das Netzwerk

Die Bundesförderung stärkt die Stellung Nordrhein-Westfalens innerhalb des Verbunds und setzt laut Wäckers Flandern und die Niederlande unter Zugzwang, sich noch stärker einzubringen. Thematisch steht die Optimierung von Stoffströmen im Vordergrund. So sollen Projekte gefördert werden, die Biomasse und Industrieabgase als Ausgangsstoffe für die Herstellung neuer Materialien nutzen. Der operative Schwerpunkt von BIG-C liegt in den Bereichen Ausbildung, Technologieentwicklung und Technologietransfer.

Zwei weitere Cluster-Inititativen gefördert

Die Internationalisierung von Clustern und Netzwerken ist Bestandteil der neuen Hightech-Strategie der Bundesregierung. Insgesamt werden 11 Initiativen mit einer Förderung bedacht. Mit dem BioRN-Projekt „Erweiterung der Health Axis Europe um weitere Spitzenstandorte der Biomedizin in Europa und Israel und Entwicklung einer Kooperationsplattform für KMU” und dem Projekt „Aufbau eines internationalen Innovationssystems der Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft” des Medical Valley EMN sind unter den Initiativen noch zwei weitere mit einem Bezug zu den Lebenswissenschaften.

Sollten sich die Erwartungen der Manager erfüllen, steht der Biotech-Industrie wohl ein außergewöhnlich gutes Jahr bevor. Die aktuelle Geschäftslage wird von ihnen so positiv wahrgenommen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Auch in der Einschätzung des aktuellen und zukünftigen politischen Klimas in Deutschland hat es eine klare Trendwende zum Positiven gegeben.  Das hat eine Umfrage des Branchenverbandes BIO Deutschland, in Kooperation mit dem Life Sciences-Magazin |transkript, ergeben. Die Ergebnisse wurden am 14. Januar in Berlin vorgestellt. Erfreulich: Im vergangenen Jahr sind die Kapitalinvestitionen in Biotechnologie-Firmen um 20 Prozent gestiegen und liegen somit wieder über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

„Viel Licht und ein wenig Schatten“, so beschrieb Andreas Mietzsch, der Herausgeber von |transkript das Motto für die Jahresvorschau. Und tatsächlich gibt es viel Positives zu berichten: Bis auf eine Ausnahme zeigen alle in der Umfrage erhobenen Indikatoren nach oben: Die Biotech-Unternehmen wollen 2014 verstärkt Personal einstellen. Zum ersten Mal seit drei Jahren ist der entsprechende Indexwert wieder gestiegen: um 2,80 Punkte auf 95,32. Ein Grund für den möglichen Beschäftigungszuwachs dürfte die positive Beurteilung der aktuellen Geschäftslage sein. Mit 99,13 Punkten (+2,64) markiert der Wert einen sechsjährigen Höchststand. „Rund 95 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre eigene Lage als gut oder befriedigend“, betont Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland.

Investitionen in Forschung und Entwicklung dürften sinken

Ähnlich verhält es sich mit der Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage, die ebenfalls positiver ausfällt. Der Indexwert stieg um 1,13 Punkte auf 92,12. Lediglich die Bereitschaft der Firmen, in Forschung und Entwicklung zu investieren, ist der Umfrage zufolge zurückgegangen. Mit 93,05 Punkten liegt der Wert 3,05 Punkte unter dem Vorjahresergebnis. Drei mögliche Gründe für diesen seit 2010 bestehenden Trend hat die BIO Deutschland Geschäfstführerin Bronsema dafür ausgemacht: „Unternehmen priorisieren ihre Forschungsprojekte wegen Kapitalmangels.“ Zudem dürften gerade im Wahljahr einige Firmen mit einer Investitionsentscheidung gewartet haben, bis sich die politischen Rahmenbedingungen geklärt hatten. Außerdem sei der Rückgang aber auch das Zeichen für eine Reifung der Branche: Gerade erfolgreiche Unternehmen, die ein Produkt am Markt haben, müssten nicht mehr nur in Forschung und Entwicklung investieren, sondern aus dem Budget beispielsweise auch Marketing- und Vertrieb bezahlen.

Politische Rahmenbedingungen deutlich positiver beurteilt

Gerade bei der Einschätzung der aktuellen politischen Rahmenbedingungen gab es hingegen große Veränderungen. Offenbar startet die große Koalition mit einigen Vorschusslorbeeren: Die Einschätzung des aktuellen politischen Klimas hat einen langjährigen Trend durchbrochen und liegt mit 97,31 Punkten (+5,61) auf ähnlichem Niveau wie nach der Bundestagswahl 2009. Auch die zukünftige Entwicklung des politischen Klimas wird deutlich positiver eingeschätzt (88,65 Punkte, +4,00).

Finanzierungssituation bleibt angespannt

Trotz der guten Stimmung, ein Wermutstropfen bleibt: Die Finanzierungssituation vieler Unternehmen dürfte auch in diesem Jahr angespannt bleiben. Zwar summierten sich die Finanzinvestitionen 2013 auf rund 365 Millionen Euro  – und lagen damit sowohl rund 20 Prozent über dem Wert des Vorjahres (300 Millionen Euro), als auch über dem fünfjährigen Mittelwert von 344 Millionen Euro. Trotzdem sei die Branche auf den ausreichenden Zufluss von Wagniskapital angewiesen, so Peter Heinrich, der Vorstandsvorsitzende von BIO Deutschland: „Die mangelnde finanzielle Förderung innovativer kleinerer und mittlerer Unternehmen in Deutschland bleibt ein großes Problem." Auch beim Wagniskapital und bei Börsengängen fänden Unternehmen in anderen Ländern häufig bessere Bedingungen vor, was ja gerade in den USA im Moment zu einem Investitionsschub und einem regelrechten Biotech-Boom geführt habe. „Obwohl 2013 keine Börsengänge stattfanden, konnten sich zahlreiche Aktionäre an Biotech-Investments erfreuen. Unter den 12 unterschiedlichen Unternehmen im Prime IG Biotech der Deutschen Börse gab es lediglich zwei Kursverlierer; genauso viele Firmen konnten ihren Wert mehr als verdoppeln", konstatierte Heinrich.

Bedeutung der Biotechnologie wächst

Insgesamt lässt sich aus den Umfrageergebnissen herauslesen, dass die Unternehmen trotz knapper Kassen von ihren Geschäftsmodellen überzeugt sind. Dies liegt auch darin begründet, dass die Bedeutung der Biotechnologie wächst. Längst findet sie nicht nur in dem besonders von Kapital abhängigen Bereich der Medikamentenentwicklung ihren Einsatz. Stattdessen werden biotechnologische Verfahren immer häufiger in klassischen Industrien wie dem Automobilbau, der Chemie oder der Kosmetik eingesetzt. Die hier entwickelten biobasierten Produkte reduzierten die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle und schonten so Klima und Umwelt, hieß es in Berlin. Sowohl die Gesundheitswirtschaft als auch die Bioökonomie werden im Koalitionsvertrag mehrmals erwähnt. Entsprechend hoch seien die Erwartungen der Unternehmen an die Politik.

Vitamin-A-Mangel führt in Afrika, Asien und Lateinamerika zu echten Gesundheitsproblemen. Der Goldene Reis könnte Betroffene vor Erblindung und Tod schützen. In den Philippinen sollte die gentechnisch veränderte Pflanze eigentlich in diesem Jahr zugelassen werden. Doch daraus wird nichts. 2016 ist nun der neue Zieltermin. Unterdessen erhält das Projekt Unterstützung vom einstigen Greenpeace-Mitgründer Patrick Moore. Mit seiner Kampagne „AllowGoldenRiceNow“ will er die ideologische Macht von Greenpeace gegen den Goldenen Reis brechen. Nun ist die Europatournee gestartet.


Von Natur aus enthalten Reiskörner keine Enzyme, die zur Herstellung des Provitamins A (Beta-Carotin) nötig sind. Um den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen, verteilen Hilfsorganisationen und staatliche Stellen in Entwicklungsländern seit einigen Jahren Vitaminpillen. Da sie nicht alle Menschen erreichen, soll zusätzlich der wegen seiner gelben Farbe „golden“ genannte Reis angeboten werden. Eine 50 Gramm-Portion deckt Studien zufolge immerhin 60 Prozent des Tagesbedarfs. Ursprünglich wurde die Reissorte vom deutsch-schweizerischen Forscherteam Ingo Potrykus und Peter Beyer seit 1992 entwickelt. Inzwischen ist sie in Zusammenarbeit mit zahlreichen humanitären Organisationen für den Einsatz in den Philippen weiter optimiert worden und hat hier alle erforderlichen Feldversuche durchlaufen. Sie enthält ein Gen aus Mais (Phytoensynthase) und eines aus dem Bakterium Pantotea ananatis (Desaturase crtI). Diese wurden auf gentechnischem Wege in den Reis eingebaut, sodass dessen Körner Beta-Carotin herstellen. Eine Zulassung dieser Sorte hatten Potrykus und Kollegen eigentlich bereits 2002 angepeilt. Ende November gab das Internationale Reisforschungs-Institut jedoch bekannt, dass der Zulassungstermin nicht länger im ersten Quartal 2014, sondern erst für 2016 erwartet wird. Vorangegangen waren Diskussionen mit der Regierung, die nun offenbar weitere Studien einfordert.

Moore: Aktionen von Greenpeace sind ein Verbrechen

Gegen weitere Verschleppungen der Marktzulassung gibt es nun Unterstützung von ungewöhnlicher Seite: Patrick Moore, im Jahr 1971 Mitgründer der Umweltorganisation Greenpeace, hat die Kampagne „AllowGoldenRiceNow“ gestartet und ist damit nun auf Tour in Europa. „Der Vitamin A-Mangel hat seit der Entwicklung des Goldenen Reis mehr Menschenleben gekostet als etwa Malaria“, so der studierte Ökologe bei seinem ersten Stopp Mitte Januar in Berlin. Diese Tragödie könne durch den Goldenen Reis beendet werden. Bislang jedoch haben Umweltorganisationen wie Greenpeace mit ihrem massiven Protest eine Zulassung verhindert und alle rechtlichen Register gegen den Versuchsanbau in den Phillippinen und im indischen Bangladesh gezogen. In dieser Zeit seien laut Moore acht Millionen Kinder durch Vitamin A-Mangel erblindet oder gestorben. „Die Aktionen von Greenpeace sind ein Verbrechen gegen die Menschheit und müssen gestoppt werden“, sagte Moore zur Begründung seiner Anti-Greenpeace-Kampagne in Berlin.

Im Fokus: Aufklärung statt Angst

Sein Kampf gleicht dem von David gegen Goliath. Greenpeace gibt einen beträchtlichen Teil der zum großen Teil in Deutschland akquirierten 300.000 US-Dollar Spendengelder für die Öffentlichkeitsarbeit gegen gentechnisch veränderte Pflanzen aus. Dabei wird vor allem damit argumentiert, der Goldene Reis sei ein trojanisches Pferd, um den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen generell zu erleichtern. Zudem wird auf unvorhersehbare Wirkungen der Pflanzen auf die Gesundheit verwiesen. Diese Sicht bezeichnet Moore mit Verweis auf diverse Studien als unwissenschaftlich. In Berlin zeigt er Fotos von Greenpeace-Aktivisten, die sich fälschlicherweise als Bauern ausgegeben haben. „Die Arbeit von Greenpeace hat nichts mehr mit den humanitären Zielen der Organisation zu tun, die einige Pioniere 1971 gegründet haben“, fasst Moore zusammen, der der Organisation in den achtziger Jahren den Rücken gekehrt hatte, weil sie sich für ein Verbot der Trinkwasserchlorierung stark gemacht hatte. „Um die Organisation öffentlichkeitwirksamer zu machen, wurde immer stärker mit Angst gearbeitet. Dabei ist das Ziel aus dem Auge geraten, Mensch und Umwelt zu schützen.“ Nun hält er mit seiner eigenen Kampagne dagegen, wenngleich auf weitaus geringerer Flamme. „Wir haben 6.000 Euro an Spendengeldern akquiriert“, sagt der Berner Forscher Klaus Amann, der die  Europatournee von Moore organisiert hat. Seine Mission, Greenpeace vom Protest gegen den Goldenen Reis abzubringen, führt den Kanadier über Berlin, Hamburg und die Greenpeace-Europazentrale in Amsterdam nach Brüssel, Rom und London. Ideele Unterstützung erhält Moore von wissenschaftsfreundlichen Organisationen wie dem Humboldt-Forum for Food and Agriculture (HFFA) und dem Forum Grüne Vernunft, Industrieunterstützung lehnt Moore ab.

Automobilhersteller Audi und das deutsch-französische Biotech-Unternehmen Global Bioenergies entwickeln in Leuna gemeinsam das nicht-fossile „e-Benzin“ . Audi wird den Bio-Isooktan-Treibstoff in seinen Fahrzeugen testen und unterstützt den Kooperationspartner bei der Ausweitung seiner Forschungsarbeiten. Grundlage für den Kraftstoff ist das in der Pilotanlage Leuna aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Bio-Isobutan. 

Ein biotechnisch hergestellter, erneuerbarer Kraftstoff soll es werden, mit einer guten CO2-Bilanz, außer Konkurrenz zu Nahrungsmittelproduktion und Anbauflächen. Wie der Ingolstädter Autobauer und das Biotech-Unternehmen mit Hauptsitz im nordfranzösischen Évry am 21. Januar vermeldeten, soll der Kraftstoff dazu noch äußerst effizient sein: Wegen seiner hohen Energiedichten erziele er hohe Reichweiten. 

Via Isobutan zum Isooktan

2,2,4-Trimethylpentan oder kurz: Isooktan nennt sich der Sprit. Die Basis für das e-Benzin, wie es Audi nennt, ist zu 100 Prozent biologisch hergestelltes Isobuten, das sich chemisch in Isooktan umwandeln lässt. „Das dafür benötigte, hochreine Isobuten werden wir in den biotechnologischen Anlagen unserer vorindustriellen Pilotphase am Fraunhofer CBP in Leuna herstellen“, erläutert Thomas Buhl, Leiter des Business Developments bei Global Bioenergies. In dem chemisch-biotechnologischen Prozesszentrum wandeln die Biotechnologen nachwachsende Rohstoffe in sogenannte leichte Olefine um. Olefine bezeichnen in der petrochemischen Industrie zyklische und azyklische Kohlenwasserstoffe und stellen Ausgangsstoffe für viele chemische Verbindungen dar. So sollen jährlich rund 100 Tonnen hochreines Isobuten bakteriell aus Zucker produziert werden können.

Klopffester Drop-In-Sprit

Isooktan ist das Referenzmolekül für die Oktanzahlen, ein Maß für die Klopffestigkeit eines Kraftstoffs. Es handelt sich um einen hundertprozentigen Drop-In-Treibstoff. Er kann in jedem Verhältnis mit allen Standardtreibstoffen für Benzinmotoren gemischt werden. Alkohol-basierte Biotreibstoffe wie Ethanol oder der Ausgangsstoff Isobutanol lassen sich nur begrenzt anderen Kraftstoffen beimischen. Durch das Mixen mit dem Referenz kann die Klopffestigkeit von Ottomotoren verbessert werden. Audi wird den Stoff in seinen Boliden testen und unterstütze das Biotech-Unternehmen dabei, „in größerem Umfang als bisher an der Verwendung nachhaltiger Ausgangsstoffe zu arbeiten“. Die Abmachung berechtigt den Autobauer auch dazu, Aktien der Franzosen im Wert von weniger als 2 Prozent des Firmenkapitals zu erwerben. 

Audis Anti-Emissions Offensive

Als Teil der Audi e-Fuels-Strategie gegen hohe Emissionen, entwickelt die Marke mit den vier Ringen verschiedene e-Treibstoffe. Die Ingolstädter haben gemeinsam mit der US-amerikanischen Biotech-Firma Joules in New Mexico bereits Anlagen zur Herstellung von sogenanntem e-Ethanol und e-Diesel gebaut. Im niedersächsischen Werlte ist neuerdings eine e-Gas-Anlage am Netz, in der synthetisch erzeugtes Gas zum Speichern elektrischer Überschuss-Energie verwendet wird. „Mit unseren Partnern von Global Bioenergies gehen wir einen weiteren Schritt Richtung CO2-neutrale Mobilität“, sagt Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung bei Audi.

Zur Internationalen Grünen Woche präsentiert sich das Berliner Messegelände als Mekka der Agrarbranche. Vom 16. bis 26. Januar dreht sich die Messe aber nicht nur um den Konsum kulinarischer Köstlichkeiten und um Landwirtschaft. Auf der Fachschau „nature.tec“ kann man in Halle 5.2a besichtigen, wie sich aus Agrar- und Forstrohstoffen interessante Werk- und Treibstoffe fertigen lassen.

Die Sonderschau wird seit dem Jahr 2008 von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), dem Deutschen Bauernverband und dem Bundesverband BioEnergie veranstaltet. In sechs Schwerpunktbereichen werden neueste Entwicklungen plastisch: Ob Biogas, Biokraftstoffe und Holzenergie sowie  Biowerkstoffe und Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen – es gibt jede Menge Gelegenheiten, Materialien anzufassen oder gar daran zu schnuppern.

Bauen mit biobasiertem Hightech

Speziell im Bausektor gibt es vielfältige Einsatzbereiche, die auf eine teilweise Jahrhunderte währende Tradition zurückblicken und die durch neue Produktentwicklungen hochmoderne Ansätze liefern. Die Infobox BAUnatour beleuchtet diese Entwicklungen. Hier sind biobasierte Farben, Dämmstoffe und Baustoffe ausgestellt. Viel Know-how für eine biobasierte Wirtschaft kommt auch in diesem Jahr wieder von der Fraunhofer-Gesellschaft: Sechs Institute präsentieren neueste Forschungsergebnisse gemeinsam mit dem Spitzencluster Bioeconomy aus Leuna.

Weichmacher basieren auf Bernsteinsäure

Ein Schwerpunkt dabei: Biobasierte Kunststoffe. Das Fraunhofer UMSICHT aus Oberhausen präsentiert biobasierte Weichmacher, die auf der Basis  biotechnologisch gewonnener Bernsteinsäure hergestellt wurden. Bei den vorgestellten Substanzen handelt es sich um sogenannte biobasierte Ester (Bernsteinsäuredialkanoate). Sie unterscheiden sich von anderen biobasierten Weichmachern durch einen ausgeprägten polaren Charakter: die Atomgruppen der Bernsteinsäuredialkanoate sind elektrisch geladen. Daher eignen sich insbesondere Kunststoffe wie  PVC, PHB oder PLA für den Einsatz der neuen Weichmacher. Auf Polymilchsäure (PLA) setzt die Verpackungsindustrie zunehmend, da Biopolymere umweltfreundliche Alternativen zu erdölbasiertem Kunststoff darstellen. Der Ausgangsstoff Milchsäure wird aus Maisstärke gewonnen. Dabei bestand ein Problem bisher darin, dass PLA bei etwa 60 Grad weich zu werden beginnt. Für die industrielle Produktion von Joghurt-Bechern ist das zu niedrig. Forscher vom Fraunhofer IAP in Potsdam ist es nun gelungen, wärmebeständigere PLA-Varianten zu entwickeln, die auch Temperaturen um 120 Grad aushalten können.

Biobasiert Autofahren

Natürlich geht es auch um Biotreibstoffe und schnelle Fahrzeuge: So präsentiert sich auf der nature.tec das Bioconcept Car, der Langstrecken-Rennwagen von Smudo und dem FourMotors-Team mit einer Karosserie, die zu großen Teilen aus biobasierten Werkstoffen besteht. „Reifen wechseln!“ heißt es am Schlusswochenende  der Grünen Woche am 25. und 26. Januar, wenn der Rennstall FourMotors gegen Besucher der Grünen Woche antritt, um das schnellste Reifenwechselteam zu ermitteln.

Weltgrößtes Treffen der Agrarminister

Auch jenseits der nature-tec wird auf der Internationale Grünen Woche an Lösungen der Zukunft gearbeitet. So ist die „IGW“ eine Plattform für das weltgrößte Treffen der Landwirtschaftsminister. „Krisen meistern, Ernährung sichern“ lautete der aktuelle Titel des GFFA – Global Forum for Food and Agriculture. Das fand bereits zum sechsten Mal statt und zog 1.400 Gäste an, darunter 80 Agrarminister aus der ganzen Welt. Auch die Teilnehmer der Konferenz „Kraftstoffe der Zukunft“, die vom Bundesverband Bioenergie veranstaltet wird, diskutierten über den Einsatz nachwachsender Rohstoffe zur energetischen Nutzung. Und auch hier argumentiert die Fachwelt die großen Themen wie Beimischungsquoten und indirekte Landnutzungsänderungen.

Im Jahr 2013 wurden mit Labor-Diagnostika in Deutschland rund 2,17 Milliarden Euro umgesetzt – und damit rund 0,7 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor. Dies hat der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) ermittelt, der die Hersteller von Labordiagnostik und Patientenselbsttests vertritt. Europaweit erwirtschaftete die Diagnostika-Industrie im Jahr 2012 einen Umsatz von 10,7 Milliarden Euro. Deutschland ist mit einem Fünftel des Gesamtumsatzes der größte Markt in Europa. Auf dem Kontinent verläuft den Zahlen zufolge die Marktentwicklung aber sehr unterschiedlich.

Während lediglich die kleineren Märkte in den skandinavischen Ländern noch wachsen und Großbritannien, Frankreich sowie Deutschland stagnieren, gehen die Umsätze in Südeuropa teils deutlich zurück. Auch für das Jahr 2014 erwartet der VDGH ein weiteres Schrumpfen des Marktes.

Labordiagnostika-Markt koppelt sich von Medizintechnikmarkt ab

Von der Entwicklung des allgemeinen Medizintechnik-Marktes hat sich die Diagnostika-Industrie damit anscheinend abgekoppelt. Dort berichteten Branchenvertreter zuletzt von steigenden Umsätzen. Der Gesamtumsatz der produzierenden Medizintechnikunternehmen lag in Deutschland nach Angaben der offiziellen Wirtschaftsstatistik im Jahr 2012 bei 22,2 Milliarden Euro – Tendenz steigend. Allein 2013 wuchs der Medizintechnik-Markt insgesamt noch einmal um rund 2,6 Prozent schätzt der Branchenverband BVMed.

Diagnostik-Industrie bleibt optimistisch

Trotz der negativen Umsatzentwicklung hat sich die Stimmung unter den deutschen Herstellern für In-vitro-Diagnostik (IVD) dennoch etwas aufgehellt. „Die in Deutschland tätigen Unternehmen schauen mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft", sagte der VDGH-Vorstandsvorsitzende Matthias Borst bei der Vorstellung der Zahlen am 24. Januar in Berlin. So gingen mehr als 40 Prozent der IVD-Firmen von einer Verbesserung der Situation aus, etwa gleich viele rechnen zumindest mit einer unveränderten wirtschaftlichen Lage. Bei der Umsatzentwicklung erwarteten sogar zwei Drittel der Unternehmen einen Zuwachs. Aber: Der Anteil der Firmen, die für sich einen rückläufigen Inlandsumsatz prognostizieren, hat sich im Vergleich zum Vorjahr auf fast 25 Prozent verdoppelt.

Neue EU-Richtlinie verteuert Marktzugang

Kritisch sehen die Verbandsvertreter vor allem neue Regeln die sich aus der Überarbeitung der europäischen Medizinprodukte-Richtlinie ergeben könnten. Die EU-Kommission hatte im Herbst 2012 einen Vorschlag für eine neue Medizinprodukte- und IVD-Verordnung vorgelegt. Wesentliches Element der neuen Regeln ist eine neue risikoorientierte Produktklassifizierung und ein darauf basierendes System der Produktzulassung und Marktüberwachung. „Unter dem Strich wird der neue Rechtsrahmen bewirken, dass wesentlich mehr Labortests in höhere Risikoklassen eingestuft werden. Aufwändigere Zulassungsverfahren sind die Folge. Das wird nicht ohne Auswirkungen auf die IVD-Branche bleiben“, sagte Borst. Mehr als zwei Drittel der vom VDGH befragten Unternehmen rechnen mit steigendem Personalbedarf. Insgesamt bedeutet die Neuregelung eine geschätzte Mehrbelastung von durchschnittlich einer halben Milliarde Euro für die europäische IVD-Branche. „Dies ist eine enorme Last für unsere Mitgliedsunternehmen“, so Borst. Nach Ansicht des Branchenvertreters sollten großzügige Übergangsfristen – vorgeschlagen wird ein Zeitraum von fünf Jahren – dafür sorgen, dass die IVD-Unternehmen die Umstellung auch wirtschaftlich schultern können.

bb

Sprit aus Stroh auf der Straße: Gemeinsam mit dem Autohersteller Mercedes-Benz und dem Mineralölunternehmen Haltermann hat der Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant nun einen ersten Flottentest gestartet. Dabei soll sich ein Gemisch aus 20 Prozent Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen und 80 Prozent Superbenzin für den alltäglichen Einsatz in Serienfahrzeugen beweisen. Der Biosprit kommt aus der Bioraffinerie-Demonstrationsanlage, die Clariant seit 2012 in Straubing betreibt.

Man bringe nichts weniger als „den Kraftstoff der Zukunft auf die Straße“, haben die Projektpartner bei der Vorstellung der neuen Kooperation am 29. Januar versprochen. Die Schweizer Clariant stellt in ihrer Demonstrationsanlage im bayerischen Straubing aus Stroh Bioethanol her. Die Entwicklung des dafür genutzten Sunliquid-Verfahrens wurde auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Der grüne Alkohol wird anschließend von der Firma Haltermann im Werk Hamburg mit konventionellem Superbenzin und weiteren Additiven vermischt. Dieser Kraftstoff wird schließlich an das Mercedes-Werk in Stuttgart-Untertürckheim geliefert. An einer speziell dafür vorgesehenen werksinternen Tankstelle können die für den Test vorgesehenen Serienfahrzeuge dann mit dem neuen Kraftstoff betankt werden.

Bioethanol aus Stroh

In der im Juli 2012 eingeweihten Demonstrationsanlage kann Clariant jährlich rund 4.500 Tonnen Weizenstroh in 1.000 Tonnen . In dem 28 Millionen Euro teuren Ensemble entsteht aus lignocellulosehaltigem Weizenstroh und anderen Feldabfällen der Treibstoff Ethanol. Vom Strohschreddern über das enzymatische Aufschließen der Pflanzenfasern bis hin zur Vergärung von Zuckern bildet die Anlage den gesamten Umwandlungsprozess ab – und das nach Clariant-Angaben nahezu klimaneutral. „Cellulose-Ethanol ist ein wirklich nachhaltiger und fortschrittlicher Biokraftstoff neuester Generation, der in Deutschland aus Agrarreststoffen hergestellt wird“, betont Andre Koltermann, Leiter Group Biotechnology bei Clariant. So werde ein Konkurrenzkampf mit der Nahrungsmittelproduktion vermieden.

Mixquote lässt sich nicht beliebig erhöhen

Der für den Flottentest genutzte Kraftstoff enthält rund 20 Prozent Bioethanol. Das bedeutet, bei gleicher Motorleistung werden knapp 20 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen. Der neue Biosprit könnte nun im Praxistest beweisen, „dass er ohne Probleme in bestehenden Motoren und mit bestehender Infrastruktur verwendet werden kann,“ sagt Uwe Nickel, der Chef der zur Haltermann-Gruppe gehörenden HCS Group. Unbegrenzt kann der Bioethanol-Anteil am Kraftstoffmix aber wohl ohne weiteres nicht erhöht werden.

Bio-Isooktan als Alternative

Der Autohersteller Audi setzt bei seinen Biokraftstoffplänen daher auf eine andere Substanz. Erst kürzlich hatte das Unternehmen gemeinsam mit dem deutsch-französischen Biotech-Spezialisten Global Bioenergies das . Statt Bioethanol kommt dort Isooktan zum Einsatz, das aus 100 Prozent biologisch hergestelltem Isobuten synthetisiert wird. In einer Bioraffinerie-Pilotanlage in Leuna kann Global Bioenergies mit Hilfe spezieller Bakterien jährlich rund 100 Tonnen des Grundstoffs herstellen. Die Zukunft wird zeigen, welche der beiden Methoden sich am Markt durchsetzen wird.

bb

Mitten in den Zwist um die EU-Zulassung von Gentechnik-Mais 1507 platzen die Zahlen zur Grünen Gentechnik auf den Äckern weltweit, die die International Service for the Acquisition of Agri-Biotech-Applications (ISAAA): Mit einer weltweiten Fläche von 175 Millionen Hektar wurden 2013 mehr gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen angebaut als in 2012. Allerdings stieg die Zahl langsamer als im Jahr zuvor. In Europa ist Gentechnik immer noch eine Ausnahmeerscheinung, in Deutschland gibt es nach wie vor keinen Anbau von gv-Pflanzen.

Jedes Jahr zieht der International Service for the Acquisition of Agri-Biotech-Applications (ISAAA), eine nicht-staatliche Organisation, Bilanz auf den Äckern der Welt. Die Zahlen kommen zu einem Zeitpunkt, in dem in Europa gerade über die Zulassung einer gv-Maissorte debattiert wird  Das Ergebnis des diesjährigen Berichts, der am 13. Februar veröffentlicht wurde: Der Einsatz an gv-Pflanzen steigt, jedoch langsamer als in den Jahren zuvor.

Die gesamte weltweite Anbaufläche  beläuft sich nun auf 175 Millionen Hektar. Im Vergleich zu 2012 sind 5 Millionen Hektar hinzukommen, im Jahr davor war es noch doppelt soviel. Hinzukommt, dass der Anteil von gv-Pflanzen innerhalb der wichtigsten Kultursarten leicht gesunken ist.

Wie in 2012 werden in elf von 27 Ländern mehr als eine Million Hektar mit gv-Pflanzen bewirtschaftet. An der Spitze steht weiterhin die USA (70,1 Millionen Hektar), gefolgt von Brasilien (40,3) und Argentinien (24,4). Neu auf Platz 4 steht Indien (11 Mio. Hektar), das dieses Jahr Kanada auf den fünften Platz verwies. Dort ging der Anbau von gv-Pflanzen leicht zurück.

Außerdem werden in China, Paraguay, Südafrika, Pakistan, Uruguay und Bolivien gv-Pflanzen auf über einer Million Hektar angebaut. Am deutlichsten zugelegt hat Brasilien: Hier wuchs die Anbaufläche um 3,7 Millionen Hektar an. Neue Länder sind in diesem Jahr nicht hinzugekommen.

Spanien bleibt Spitzenreiter in Europa

Europa spielt weiterhin eine untergeordnete Rolle: Spitzenreiter Spanien ist mit 150.000 Hektar zwar für 94 Prozent der europäischen Anbauflächen verantwortlich, liegt damit im internationalen Vergleich aber deutlich hinter anderen Nationen. Neben Spanien bauen in Europa nur Portugal,Tschechien, Rumänien und die Slovakei gv-Mais an. Europaweit wuchs die für gv-Pflanzen genutzte Anbaufläche um 15 Prozent. In Deutschland findet derzeit kein Anbau von gv-Pflanzen statt.

Wie schon im Jahr zuvor wurden in Schwellen- und Entwicklungsländern mehr gv-Pflanzen angebaut als in den Industrieländern.  „Biotech-Pflanzen zeigen ihren globalen Nutzen als Werkzeug für rohstoffarme Landwirte, die mit mangelnden Wasservorräten und hohem Druck durch Unkraut und Schädlinge konfrontiert sind,“ kommentiert Clive James, der Autor des Berichts und Gründer der ISAAA. Er prognostiziert: „Die Auswirkungen des Klimawandels werden den Bedarf an dieser Technologie nur noch verstärken.“

LandAnbau 2011Anbau 2012Anbau 2013Angebaute Pflanzen
USA69,069,570,1Mais, Soja, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya, Alfalfa, Zuckerrübe
Brasilien30,336,640,3Mais, Soja, Baumwolle
Argentinien23,723,924,4Mais, Soja, Baumwolle
Indien10,610,811,0Baumwolle
Kanada10,411,610,8Mais, Soja, Raps, Zuckerrübe
China3,94,04,2Baumwolle, Pappeln, Tomaten, Petunien, Paprika, Papaya
EU-LänderAnbau 2011Anbau 2012Angebaute Pflanzen
Spanien0,10,10,1Mais

Portugal

< 0,1< 0,1< 0,1Mais
Tschechische Republik< 0,1< 0,1< 0,1Mais
Rumänien< 0,1< 0,1< 0,1Mais
Slowakei< 0,1< 0,1< 0,1Mais

Quelle: ISAAA-Report 2014

Die Brain AG hat ein Patentportfolio vom Chemiekonzern BASF komplett übernommen. In den vergangenen drei Jahren haben die Brain AG in Zwingenberg und die Ludwigshafener BASF gemeinsam an Substanzen geforscht, die bittere Geschmacksstoffe überdecken können. Das daraus entstandene Portfolio an Patenten und Gebrauchsmustern hat sich Brain nun gesichert. Ziel des Unternehmens mit Fokus auf industrielle Biotechnologie ist es, sogenannte Geschmacks-Modulatoren weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Sie sollen eingesetzt werden, um Geschmäcker von Arzneien, Kosmetika und Lebensmitteln zu optimieren. 

Viele Getränke, Süßungsmittel, andere Genussmittel, aber auch Lippenstifte oder Medikamente, wie etwa Hustensaft, schmecken bitter. In einem breit angesetzten Screening-Programm haben sich die BASF und die Zwingenberger Brain AG Substanzen genauer angesehen, die bereits als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind. Abgesehen hatten es die Forscher auf solche Stoffe, die die jeweiligen Bittermacher in den Konsumgütern molekular „maskieren“ können.  

Zelltest für den guten Geschmack

Die biologisch aktiven Substanzen identifizierten die Brain-Mitarbeiter in einem selbst entwickelten zellulären Testsystem mit der Unterstützung durch das BMBF. Mit seiner Hilfe können Geschmackserlebnisse biologisch objektiviert werden. Hierfür erzeugten die Wissenschaftler eine Zelllinie aus Geschmackspapillen der menschlichen Zunge. So konnten sie die natürlichen Antworten von Geschmackszellen auf verschiedene Moleküle beobachten. Die Bitter-Rezeptoren auf den Zellen vermitteln den unangenehmen Beigeschmack.  

Bitter-Geschmacksmodulatoren

Einige bereits als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassene Substanzen, wie etwa Azofarbstoffe und Fettsäureester können als Geschmacksmodulatoren wirken, indem sie an die Rezeptoren binden. In der richtigen Menge und mit der richtigen Verarbeitung dem Lebensmittel beigesetzt, verhindern sie, dass etwa ein Süßstoff im Softdrink einen bitteren Nachgeschmack erzeugt. Bei der Entwicklung zeigten die Brain-Technologen persönlichen Einsatz. Die Bitter-Rezeptoren, die zu den kultivierbaren Zelllinien weiterentwickelt wurden, stammen ursprünglich direkt von der Zunge von Brain-Mitarbeitern. 

Volles Patentpaket

Das zugehörige Patent- und Gebrauchsmusterportfolio, das die beiden Unternehmen erarbeitet haben, ist umfangreich. In sogenannten Gebrauchsmustern wird gewissermaßen die neuartige Methode rechtlich geschützt, durch die bereits existierende Erfindungen den neuen Effekt erzielen. Erste Schutzrechte wurden bereits erteilt, mehr als 40 internationale Patentanmeldungen sind noch auf dem Weg. Weit fortgeschritten ist die Weiterentwicklung zweier Substanzen, die bereits marktreif seien, so Michael Krohn, Leiter der Technologie-Einheit BioActives and Peformance Biologics des Unternehmens. „Wir konnten mittlerweile die beiden Azofarbstoffe E110 und E129 auch auf unseren patentierten Zelllinien als Wirkstoffe validieren“, erklärt Krohn. „Unsere Bittermodulatoren können effizient zur Lebensmitteloptimierung beitragen“, so Brain-Chef Holger Zinke. Finanzielle Details des Deals mit dem Chemieriesen BASF wurden nicht bekannt. Die nun geschlossene Vereinbarung passt zur bisherigen Strategie von Brain, sich mit biologisch aktiven Substanzen Endkundenmärkten zu nähern. Diesen Weg verfolgt Brain bereits im Kosmetikbereich.

Der Trend zu automatisierten Abläufen in Bioanalytik und Prozesstechnik ist ungebrochen. Und viele innovative Verfahren haben sich bereits in der Klinik bewährt. Das lässt sich auch bei der 24. Analytica besichtigen, die noch bis zum 4. April in den Münchner Messehallen stattfindet. Die internationale Branchenmesse für Hersteller und Zulieferer aus Labortechnik, Analytik und Biotechnologe lockt mit einem Mix aus Konferenz, Präsentationsforum und Live-Vorführungen. Trotz Piloten-Streik bei der Lufthansa zeigten sich die Aussteller mit dem regen Besucheraufkommen zufrieden.  

Mehr als 1.000 Aussteller präsentierten ihre neuesten Generationen an Produkten und Laborgeräten. Die Veranstalter rechnen für die vier Messetage mit rund 30.000 Besuchern aus 110 Ländern. Im Rahmen der parallel laufenden Analytica-Conference halten Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft 130 Fachvorträge. Zudem stehen Posterpräsentationen, Preisverleihungen sowie ein Schülertag auf dem Programm. Ein ganzer Tag ist zudem dem Thema Finanzierung gewidmet. Klarer Trend im Bereich Analytik waren Bioimaging und hochauflösende Spektroskopie-Methoden. Eine Neuheit auf der Messe: die Sonderschau zum Thema Arbeitssicherheit –  mit wahrlich explosiven Live-Demonstrationen.

Neue Geräte für die Klinik

Für die meisten Unternehmen bietet die Messe vor allem eine Möglichkeit, neueste Tests und Verfahren live vorzuführen. Eindeutiger Trend: Geräte, bei denen Analyseverfahren völlig automatisch ablaufen und der Mensch höchstens noch dafür gebraucht wird, die Probe per Joystick einzustellen. Einen innovativen Automaten, um Chemikalien auf ihre Giftigkeit zu messen,  stellte zum Beispiel Martin Winter von der Esslinger Firma Cetics seinen Standbesuchern vor. Das Gerät basiert auf einem Gentest, dem sogenannten FADU-Assay. Dieser misst die Anzahl der Strangbrüche in einer DNA-Probe, die von der Testchemikalie verursacht werden. Es registriert darüber hinaus das individuelle Vermögen der Zelle, das Erbgut auch wieder zu reparieren. „Mit dem Test können Tierversuche drastisch reduziert werden. Auch die Dosis von Bestrahlungen wollen wir so individuell einstellen“, erläutert Winter. Andere potenziell schädliche Veränderungen der DNA wie Methylierungen kann das Gerät allerdings nicht erfassen. „Bisher können wir daher nicht messen, ob eine Chemikalie genotoxisch ist.“ In weiteren Studien soll nun validiert werden, ob das Gerät für den klinischen Einsatz geeignet ist, so Winter.

Neuigkeiten aus dem Bereich Proteomics

Ein Themenkomplex der Analytica-Conference drehte sich um die Frage der klinischen Relevanz von   sogenannten Proteomics-Technologien  - also Methoden, die sich mit der Gesamtheit der Eiweiß beschäftigen. Markus Kostrzewa von der Bruker GmbH in Bremen präsentierte positive Fallbeispiele: Die Methode der sogenannten MALDI-TOF Massenspektrometrie würde bereits in vielen Kliniken weltweit erprobt, um Mikroorganismen in Patientenproben zu identifizieren. Charakteristische Merkmale im Proteom der Bakterien können mit inzwischen sehr umfassenden Datenbanken abgeglichen werden. Innerhalb von Minuten könne man so die Erreger etwa im Blut identifizieren, was bislang nur binnen Tagen möglich war. Kostrzewka fasste auf der Analytica-Conference verschiedene Studien zusammen: In einer US-Klinik konnte demnach der tödliche Ausgang einer Sepsis durch den Einsatz der Proteomics-Methode von 20 auf 14 Prozent gesenkt werden. Eine andere Studie kam zu dem Schluss, dass mittels Proteomanalysen die Kosten für den Krankenhausaufenthalt pro Patient von 45.700 auf  26.000 US-Dollar reduziert werden können. Damit sich die Proteomik im Bereich der Mikrobiologie im klinischen Einsatz etablieren kann, müssten allerdings noch Datenbaeken und Analyse-Services ausgebaut werden, so der Experte.

Fraunhofer-Institute sehr präsent 

Neben den vielen Firmen waren auch etliche Forschungseinrichtungen vor Ort, etwa mehrere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft. „Wir strecken unsere Fühler aus, um zu sehen was es Neues gibt“, sagt Judith Schenk vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung. Für ihre Laborgeräte nutzen die Fraunhofer-Techniker Bauteile unterschiedlicher Firmen und evaluieren die Qualität, um eigene Maschinen zu optimieren. Viele Wissenschaftler aus Unternehmen seien an diesem 'unabhängigen Warentest' interessiert, so die Biotechnologin. Außerdem gebe es eine rege Anfrage zu Software-Entwicklungen für Automatisierungsprozesse, die das Fraunhofer-Institut anbietet, berichtet Schenk. 

Besucher und Aussteller mit Resonanz zufrieden

Mit der Messe zeigten sich Aussteller und Besucher im Gespräch mit biotechnologie.de zufrieden. Die übereinstimmende Meinung vieler Verkäufer: Der erste Tag war etwas lau. „Am zweiten Tag hatte ich keine einzige Pause“, freute sich zum Beispiel Produktspezialist Nikolaus Machuy von der Firma Beckman Coulter. Und auch Klaus Berka, Geschäftsführer bei Analytik Jena, zeigte sich von der Analytica überzeugt: „Das Konzept mit zweijährigem Turnus hat sich bewährt. Die Firmen müssen die Chance haben, wirklich Neuigkeiten mitzubringen." Sein Fazit war daher eindeutig: "Mit einer jährlichen Messe würde man nicht viel erreichen." 

Verbesserte Finanzierung an der Börse, Stagnation bei Umsatz- und Mitarbeiterzahlen, rückläufige Ausgaben für Forschung und Entwicklung – 2013 war offenbar ein durchwachsenes Jahr für die deutsche Biotechnologie-Branche. Dennoch ist das Interesse der Großindustrie an Biotech-Produkten ungebrochen – nicht nur in der Gesundheitswirtschaft, sondern zunehmend auch in der Bioökonomie. Das geht aus den ersten Ergebnissen der Umfrage von biotechnologie.de zur Lage der Biotechnologie in Deutschland hervor, die zum Start der „Deutschen Biotechnologietage 2014“ am 9. April  in Hamburg veröffentlicht wurden.

Die zweitägige Veranstaltung wird jährlich vom Branchenverband BIO Deutschland, dem Arbeitskreis der Bioregionen und einer Bioregion, in diesem Fall der Life Science Nord, ausgerichtet und erwartet aktuell über 700 Teilnehmer aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Bereits im vergangenen Jahr Der Branchenreport wird jedes Jahr im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) nach den Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt. 

Umsatz konstant, Mitarbeiterzahlen leicht rückläufig

Im Jahr 2013 blieb der Umsatz mit rund 2,9 Mrd. Euro in etwa konstant. Rund ein Drittel dieser Summe (899 Mio. Euro) haben die Firmen in Forschung und Entwicklung (F&E) investiert (2012: 934 Mio. Euro). Die Zahl der Mitarbeiter in den dedizierten, also hauptsächlich mit Biotechnologie beschäftigten Unternehmen, ist leicht auf 16.950 zurückgegangen (2012: 17.430). Die Zahl dieser Firmen ist im Vergleich zum Vorjahr auf aktuell 570 gestiegen (2012: 565), darunter waren 13 Neugründungen.

Biotechnologie von Interesse in Großindustrie  

Als industrielles Thema ist die Biotechnologie weiter von großer Relevanz: Inzwischen gibt es insgesamt 130 Unternehmen, für die Biotechnologie ein Teil ihres Geschäftes darstellt (2012: 128). Dazu gehören unter anderem Konzerne aus der Pharma-, Chemie- und Lebensmittelindustrie. In den biotechnologisch ausgerichteten Bereichen dieser Unternehmen waren 18.450 Mitarbeiter tätig (2012: 17.760). Zusammengerechnet ergibt das für 2013 insgesamt 35.400 Arbeitsplätze in der kommerziellen Biotechnologie in Deutschland.

Uneinheitliches Bild in medizinischer Biotechnologie

Die Mehrheit der Biotech-Firmen (48%) ist im Bereich Gesundheit aktiv. Hier zeigte das Jahr 2013 ein uneinheitliches Bild: Lukrative Partnerschaften wie die der Morphosys AG mit dem wechselten sich mit Rückschlägen ab, wie sie zum Beispiel Die Gesamtzahl der Wirkstoffkandidaten in der klinischen Erprobung ging leicht auf 91 zurück (2012: 93). Bis heute haben deutsche Biotechnologie-Unternehmen zehn Therapeutika zur Zulassung gebracht. Insgesamt 48 Unternehmen haben einen oder mehrere Medikamentenkandidaten in der klinischen Entwicklung (2012: 55). Die große Mehrheit der "roten" Biotechnologie-Firmen  (150) setzt auf Technologieplattformen oder hat Projekte in der präklinischen Forschung. Weitere 77 Firmen (2012: 73) entwickeln Diagnostika.

Mit Bioökonomie zur biobasierten Wirtschaft

Längst findet die Biotechnologie aber nicht nur in der Medizin ihren Einsatz. Immer häufiger werden biotechnologische Verfahren in klassischen Industrien wie dem Automobilbau, der Chemie oder der Kosmetik eingesetzt. 2013 verkündete BASF will im brandenburgischen Schwarzheide die Entwicklung von  Mithilfe von biobasierten Produkte können die Unternehmen ihre Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle reduzieren und schonen so Klima und Umwelt. Dieser Trend zeigt sich auch beim Umsatz der industriellen Biotech-Firmen, die in der Mehrheit für die Nahrungsmittel-, Pharma- oder Chemieindustrie arbeiten. Entgegen der allgemeinen Entwicklung ist ihr Umsatz um 6% gestiegen.

Aufwärtstrend bei börsennotierten Firmen

Positiv hat sich im Jahr 2013 die Finanzierungssituation entwickelt: Insgesamt rund 400 Mio. Euro haben die Biotech-Firmen eingeworben (2012: 347 Mio. Euro). So hat sich der bereits 2012 eingeläutete Aufwärtstrend bei den börsennotierten Unternehmen fortgesetzt: Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Investitionen über Kapitalerhöhungen um mehr als das Doppelte auf insgesamt 218 Mio. Euro (2012: 95 Mio. Euro). Anders das Bild bei den privat finanzierten Unternehmen: Mit Wagniskapital-Finanzierungen in Höhe von 137 Mio. Euro ist der Wert um 34% gesunken (2012: 205 Mio. Euro). Der Anteil der öffentlichen Förderung blieb mit 49 Mio. Euro konstant (2012: 47 Mio. Euro). „2013 war ein erfreuliches Jahr für viele Biotech-Aktionäre. Einige Firmen konnten ihren Wert erheblich steigern“, resümierte Dr. Boris Mannhardt, Prokurist der BIOCOM AG und Leiter der Studie bei biotechnologie.de.  Dr. Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender des Unternehmensverbandes BIO Deutschland, ergänzt: „In der Biotechnologie zeigt sich mitunter erst nach vielen Jahren, ob ein Geschäftsmodell und die dabei verfolgten Entwicklungsmodelle tatsächlich funktionieren oder eben nicht. Im Jahr 2013 haben sich Erfolge und Rückschläge die Waage gehalten. Biotech-Produkte aus Deutschland sind aber vielerorts gefragte Innovationen, vor allem die Bioökonomie erweist sich dabei als Wachstumsfaktor.“ 

„Die langfristig angelegte Unterstützung der Biotechnologie in Hamburg und Schleswig-Holstein hat sich auch im Jahr 2013 ausgezahlt“, sagt Dr. Hinrich Habeck von Life Science Nord. „In unserer Region sind vielversprechende neue Biotech-Unternehmen gegründet worden, und bereits bestehende Firmen konnten sich festigen. Der neue Teilnehmerrekord der Biotechnologietage zeigt die ungebrochene Vitalität der Branche.“

Die komplette Studie wird am 30. April auf biotechnologie.de veröffentlicht.

Insgesamt 780 Teilnehmer aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik fanden am 9. und 10. April den Weg zu den diesjährigen „Deutschen Biotechnologietagen 2014“ nach Hamburg – so viele wie noch nie. Der Branchentreff wird damit seinem Anspruch als Familientreffen immer mehr gerecht. Viele nutzen die Veranstaltung, um Kontakte und Netzwerke zu pflegen. Anwesende Vertreter der Politik versprachen mit neuen Initiativen in der Innovationspolitik, sich der Probleme der Branche zu widmen.

Angesichts des neuen Besucherrekordes zeigten sich die Veranstalter um BIO Deutschland, dem Arbeitskreis der BioRegionen und Gastgeber Life Science Nord rundum zufrieden mit der nunmehr fünften Ausgabe des Events in seiner aktuellen Form. Hinrich Habeck, Geschäftsführer von Life Science Nord, betonte: „Hamburg war und ist traditionell ein Warenumschlagplatz. Für zwei Tage sind wir gern der Hafen für die Biotechnologie.“  Reichlich Gesprächsstoff boten die rund 20 parallelen Foren zu Themen wie Immuntherapie, Bioökonomie, Technologietransfer oder Marktzugang. Das Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) nutzte die „Deutschen Biotechnologietage 2014“, um Ergebnisse aus der Projektförderung zu präsentieren. Insgesamt 32 Projektleiter  – verteilt über vier thematisch unterschiedliche Symposien – berichteten über Ergebnisse aus der Pflanzenzüchtung, der Verfahrenstechnik, von neuen Plattformtechnologien  und therapeutischen sowie diagnostischen Ansätzen. So stellten Forscher der Tecnaro GmbH zum Beispiel, wie sich mithilfe biotechnologischer Verfahren Reststoffe aus der Zellstoffherstellung so weiterverarbeiten lassen, dass daraus interessante Biowerkstoffe für die Automobil- oder Möbelindustrie entstehen.

Mit Eiweißen aus Fischen das Auftauen von Eis verhindern

Als Gastgeber setzten Schleswig-Holstein und Hamburg thematische Akzente bei mariner Biotechnologie und Medizintechnik. Dies war nicht nur in der Begleitausstellung deutlich sichtbar – hier war u.a. die Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie sehr präsent – sondern auch im Programm. So stellte u.a. der niederländisch-britische Konzern Unilever diverse marinbasierte Ansätze vor: Etwa ein aus Fischen stammendes Anti-Freeze-Protein, das bei Eis dafür sorgt, dass es sich auch bei schwankenden Temperaturbedingungen länger hält. „Dies ist insbesondere für unsere Eissorten relevant, die wir in Asien und Südamerika verkaufen“, sagte Dietmar Lang, Biotechprojektleiter bei Unilever. Für alle Forschenden im Umfeld der ‚blauen’ Biotechnologie gab es zudem die Ankündigung einer ersten Ausschreibung im gerade gestarteten europäischen Forschungsnetzwerk ERA-NET marine Biotechnologie, die noch für diesen Sommer erwartet wird.

Norden will in Life Sciences investieren

Aber auch die Schnittstelle zwischen Biotechnologie und Medizintechnik wurde in einer Session beleuchtet. Hans-Peter Bruch vom Berufsverband der Deutschen Chirurgen zeigte sich begeistert: „Wenn es tatsächlich gelingt, rekombinante Proteine und damit ihre medizinische Wirksamkeit als Beschichtung auf Implantaten zu integrieren, dann wäre das ein faszinierender Ausblick.“ Von Seiten der Landesregierung in Schleswig-Holstein sollen die Life Science Aktivitäten in der Region weiter gestärkt werden. Ein Masterplan befindet sich derzeit in Arbeit, wie Landeswirtschaftsminister Ralph Müller-Beck auf den Biotechnologietagen berichtete. „Gerade mit Blick auf unsere Wettbewerbsfähigkeit müssen wir die Axt schärfen und künftig stärker investieren“, sagte er und betonte: „Das ist kein Modetrend.“

Heiß diskutiert: die Finanzierungssituation

Mit Blick auf die lag das Thema Finanzierung wie üblich hoch im Kurs: Befinden sich die Firmen hierzulande nur im Überlebensmodus und verlieren zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit? Siegfried Bialojan von EY zeichnete ein eher düsteres Bild: Deutschland habe im internationalen Vergleich zu wenig Medikamentenentwickler, die Finanzierung der Firmen werde nur von wenigen Investoren gestemmt und auch an der Börse gebe es zu wenige Erfolgsgeschichten. Unter den Biotech-Entrepreneuren war die Stimmung gemischt. Während die einen neidisch auf den neuen Biotech-Börsenboom in den USA schauen und darauf hoffen, dass sich dieser Aufwärtstrend auch in Deutschland irgendwann zeigt, plädierten andere für ein deutsches Modell, das vor allem mit Blick auf das sogenannte ‚Valley of death’ bessere Finanzierungsmöglichkeiten bzw. Anreize für Investoren schafft. Für neue Hoffnung sorgten Vertreter der Politik. So kündigte Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), spontan eine neue Initiative an, um Verbesserungen im Kapitalmarkt auszuloten. „Wir haben gerade hier die Idee für einen neuen interministeriellen Dialog mit dem Wirtschafs- und Finanzministerium geboren“, sagte Schütte. Sven Halldorn, Abteilungsleiter Industriepolitik im Bundeswirtschaftsministerium, berichtete über ein industriepolitisches Innovationskonzept seines Hauses, das noch vor der Sommerpause präsentiert werden soll und betonte: „Wir trauen uns inzwischen, Biotechnologie als Leitmarkt zu bezeichnen.“ Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, wiederum stellte Pläne für einen neuen „Pharmadialog“ der Regierung vor.

Innovationspreis für Imfpstoffverbesserung

Wie jedes Jahr wurden die Biotechnologietage aber auch zum Geld verteilen genutzt. Neben den wurde der mit jeweils 2.000 Euro dotierte Innovationspreis (mehr...) der BioRegionen an drei Forscherteams verliehen. Der erste Preis ging an Wilfried Weber, Professor für synthetische Biologie an der Universität Freiburg. Er hat ein Wirkstoffdepot entwickelt, durch das ein Impfstoff über einen längeren Zeitraum im Körper gelagert und durch eine Tablette aktiviert werden kann. „Impfungen benötigen oft mehrere Injektionen, bevor sie ihren vollen Schutz entfalten. Die dafür nötigen Arztbesuche sind in Entwicklungsländern sehr schwer zu koordinieren und in der westlichen Welt werden sie von Patienten als zeitraubend und lästig empfunden“, erklärt Weber den Hintergrund seines Ansatzes. „Impfungen werden daher häufig nicht planmäßig abgeschlossen. Das ist schlecht für den Therapieerfolg und teuer für das Gesundheitssystem.“

Zeit zum Netzwerken

Ob Forscher, Unternehmer oder Regionalmanager – die Biotechnologietage erwiesen sich erneut als wichtiger Branchentreff. Neben den vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) war in diesem Jahr die Pharmaindustrie stark vertreten. Hubert Haag von Sanofi warb zum Beispiel intensiv für eine größere KMU-Beteiligung bei der europäischen Innovative Medicines Initiative (IMI). Inzwischen gingen fast 20% der Fördergelder an KMUs, es könnte aber noch deutlich mehr sein. Andere wiederum nutzten die Veranstaltung zum Netzwerken. „Für die Kontaktpflege bieten die Biotechnologietage ein gutes Umfeld“, sagte Holger Schwarz von der Merck KGaA. Ein positives Fazit zog auch Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland: „Die Vielzahl an Besuchern verdeutlicht die zunehmende Relevanz der Veranstaltung für die Branche.“ Die Messlatte für die nächsten Biotechnologietage sind nun hoch: Sie sollen am 22. und 23. April in Köln stattfinden. „Wir wollen die 800-Marke bei den Teilnehmern knacken“, zeigte sich Bernward Garthoff von der dann gastgebenden Bioregion BIO.NRW kämpferisch.

Seit Jahren wächst der Luftverkehr, zuletzt stiegen Passagier- und Frachtaufkommen um rund fünf Prozent jährlich. Damit steigt auch der Treibstoffverbrauch: Rund 213 Milliarden US-Dollar werden die Fluggesellschaften weltweit in diesem Jahr allein für Kerosin ausgeben, schätzt die Internationale Luftverkehrs-Vereinigung IATA. Der Flugtreibstoff wird so zu einem wesentlichen Kostentreiber für die Branche. Die Suche nach Alternativen hat längst begonnen. Das wurde auch auf Deutschlands größter Luftfahrt-Messe, der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin deutlich: Neben Programmen zur Effizienzsteigerung werden auch Forschungsprojekte mit alternativen Treibstoffen wie Algenkerosin vorangetrieben.  

Auf der ILA sind alternative Flugkraftstoffe noch ein Nischenthema, die Bedeutung für die Branche wird aber zweifelsohne in Zukunft stetig zunehmen. Ab 2020 will die Branche CO2-neutral wachsen, haben die IATA-Mitglieder in einer Selbstverpflichtung beschlossen. Und die deutsche Luftfahrt will dem herkömmlichen Flugbenzin bis zum Jahr 2025 rund 10 Prozent Biosprit beimischen, sagt Joachim Szodruch. Im Verband Aireg, ist er Präsident für Wissenschaft und Forschung. Die Biokraftstoffinitiative der deutschen Luftfahrt wurde 2011 gegründet, um den alternativen Antrieben zum Durchbruch zu verhelfen.

Forschungsprojekte zeigen Praxistauglichkeit

Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Forschungsprojekten angelaufen, um Fliegen weniger klimaschädlich zu machen. Erst Mitte Mai startete ein Passagierflugzeug von Amsterdam-Schiphol zum längsten kommerziellen Flug mit nachhaltigen Flugkraftstoffen, der je mit einem Airbus-Flugzeug durchgeführt wurde. Für den zehnstündigen Flug zur niederländischen Karibikinsel Aruba wurde der Flieger mit einer 20-prozentigen Beimischung mit einem nachhaltigen Kraftstoff aus recyceltem Speiseöl betankt. Die Lufthansa hatte bereits 2011 erste Probeflüge mit Biokerosin unternommen. Und die Fluggesellschaft British Airways hat kürzlich bekannt gegeben, ab 2017 aus Londoner Abfall jährlich 50.000 metrische Tonnen Kerosin herstellen zu wollen. Bei dem von der amerikanischen Firma Solena Fuels entwickelten Verfahren wird Müll zunächst auf 3500 Grad erhitzt um daraus Synthesegas herzustellen, welches anschließend zu Kerosin verarbeitet wird.

Algen oder Abfälle für die Biokerosin-Pipeline

Derzeit werden in den Forschungsprojekten noch eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansätze verfolgt. Kraftstoffe aus Pflanzenresten, Algen, Abfällen oder aus Nüssen von auch auf kargen Böden wachsenden Pflanzen wie die Brechnuss (Jatropha) könnten helfen, eine Konkurrenz zum Lebensmittelanbau zu vermeiden. Welche Methode sich letztlich durchsetzt, bleibt abzuwarten. Gut möglich, dass auch in Abhängigkeit von den lokalen Gegebenheiten mal der einen und mal der anderen Technik der Vorzug gegeben wird.

Kerosin aus Sonnenlicht

In der Grundlagenforschung ist man bereits einen Schritt weiter: Statt auf Biomasse als Rohstoff für Kerosin zu setzen, suchen Forscher nach Möglichkeiten, aus Kohlendioxid und Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht direkt Flugtreibstoff zu entwickeln. Im Labor konnten Forscher der ETH Zürich das sogenannte Solar Fuel bereits herstellen: Mit Kunstlicht wird ein Katalysator aus Cerium-Oxid auf rund 1500 Grad erhitzt. Das Material gibt Sauerstoff ab, wird abgekühlt und erzeugt aus Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser Kohlenmonoxid und Wasserstoff. Die weitere Verarbeitung dieses sogenannten Synthesegases ist dann unproblematisch. Seit Jahrzehnten nutzt die Industrie das sogenannte Fischer-Tropsch-Verfahren um daraus Diesel, Benzin oder Kerosin herzustellen. Eines Tages könnten große Solarturmkraftwerke genutzt werden, um den Solarkraftstoff zu produzieren. Bis es jedoch soweit ist – frübhestens in20 Jahren, so erste, optimistische Schätzungen – müssen andere Verfahren genutzt werden. Hier könnte das Biokerosin eine gute Wahl sein.

Zur „Halbzeitkonferenz Bioökonomie“ wurde am 5. Juni nicht nur über das Potenzial einer biobasierten Wirtschaft diskutiert. Es gab für die knapp 500 Teilnehmer auch jede Menge handfeste Innovationen zu erleben. In der Ausstellung „Bioökonomie im Alltag“ wurden rund 40 Produkte präsentiert, die bereits für den Einsatz in Wohnzimmer, Küche, Bad und Garage auf dem Markt sind. Kleidsames aus ungewöhnlichen Ausgangsstoffen wie Milchprotein oder Mikroalgen gab es bei einer Modenschau zu besichtigen.

Innovative Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen oder biobasierten Prozessen – das steckt im Kern hinter dem Begriff Bioökonomie. Besonders klar wurde in Berlin die heute schon erhältliche Produktvielfalt mit der eigens konzipierten Ausstellung „Bioökonomie im Alltag“ – ein begehbares Ensemble aus Wohnzimmer, Küche, Bad und Garage. Überraschungen waren dabei programmiert: „Das ist ja irre, so dünn wie ein Haar“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka zu einem goldschimmernden Hightech-Garn, den Potsdamer Polymerforscher aus Weizenstroh hergestellt haben

Die Fasern könnten es in ihren technischen Eigenschaften mit Carbonfasern aufnehmen, betonte der Vorsitzende des Bioökonomierates, Joachim von Braun, bei einem Presserundgang. Dereinst ließen sich die Fasern womöglich in Aufzugsseilen verwenden.  „Bei den biobasierten Produkten geht es nicht nur um die Machbarkeit, sie müssen auch wirtschaftlich sinnvoll sein“, betonte Wanka. Auch für Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ist gerade die Entwicklung marktfähiger Produkte „ein wichtiger Schritt für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands.“ Marcel Wubbolts, Forschungschef beim niederländischen Spezialchemiekonzern DSM sagte, bei der Umstellung der Wirtschaft auf nachwachsende Rohstoffe gehe es nicht nur darum, einen biobasierten Ersatz für nicht nachhaltige Produkte zu finden. „Nur wenn die Produkte der Bioökonomie nicht nur gleichwertig sondern besser sind, werden sie sich dauerhaft durchsetzen“, so Wubbolts.

Klassiker Eis, Wurst, Brot  – mit innovativer Rezeptur

Eine große Vielfalt an bereits erhältlichen biobasierten Produkten hielt die Küche in der Ausstellung parat. Zum Beispiel ein cremiges und milchfreies Speiseeis, das vor allem aus Lupinenprotein gewonnen wird und damit interessant für Allergiker ist. Im Kühlschrank lagerten auch feine Wurstaufschnitte angereichert mit Omega-3-Fettsäuren, die aus Fischöl stammen. Ein weiteres Paradebeispiel: Enzyme als winzige Backgehilfen im Brotteig. „Enzyme sorgen für eine schöne Kruste, und sie können die Brotkrume feiner machen, damit sie sich besser mit Butter beschmieren lässt“, erläuterte Lutz Popper von der SternEnzym GmbH die Möglichkeiten für die Backindustrie. „Spezielle Amylasen halten das Supermarktbrot zudem länger frisch, so hat man länger davon und muss es nicht an die Enten verfüttern“, so Popper.

Ob ein Teppich mit Fasern aus Maisstärke, Ledergerbstoff aus Olivenblattabfall für den Sessel oder im Labor vermehrte Orchideen als Zierde, auch im Wohnzimmer steckt bereits viel Bioökonomie. Die Firma fischerwerke hat inzwischen ein biobasiertes Sortiment im Programm. Dazu gehört unter anderem ein Dübel, der zum Teil aus dem nachwachsenden Rohstoff Rizinusöl hergestellt wird und so bombenfest hält wie sein rein erdölbasiertes Pendant.

Reifengummi aus Russischem Löwenzahn

Auch in der Garage halten zunehmend biobasierte Produkte Einzug. Eine neue Quelle für Gummi für Winterreifen erschließt der Autozulieferer Continental zusammen mit Partnern aus Forschung und Industrie im Verbundprojekt TARULIN.

„Wir brauchen dazu eine besondere Sorte, den Russischen Löwenzahn, unsere heimische Pusteblume tut es nicht“, so Carla Recker von Continental. Der Vorteil: Der Russische Löwenzahn gedeiht auch hierzulande, gerade auch auf Flächen, die sich nicht für den Ackerbau eignen.

Aus dem Milchsaft des Löwenzahns lässt sich Latex oder Kautschuk gewinnen. Damit eröffnet das Kraut eine echte Alternative zum Kautschukbaum, für dessen Anbau Regenwälder weichen müssen. Derzeit sind die Forscher dabei, die Anbauerträge durch intelligente Pflanzenzüchtung zu steigern und auch die Gewinnung und die Verarbeitung des Milchsafts in einer Pilotanlage voranzutreiben. Drei biobasierte Fahrzeuge zogen in der Garage besonders die Blicke auf sich. Neben Fahrrädern aus superstabilem Hightech-Holz oder aus Bambus der markanteste Hingucker: das Bioconcept-Car vom Rennstall Four Motors. Zum Team gehört auch Hobbyrennfahrer Smudo: „Wir bauen Rennwagen, deren Teile mit möglichst viel High-Biotech angereichert sind – vom Treibstoff, über der Karosserie bis zum Lack“, so der Sänger der Hip-Hop-Gruppe „Die Fantastischen Vier“ in Berlin.

Biobasierte Modenschau

Das offizielle Programm der Halbzeitkonferenz – mit zahlreichen Gesprächsrunden, Podiumsdiskussionen und Vorträgen zur Bioökonomie – fand einen besonders farben- und formenreichen Abschluss: Die biobasierte Modenschau „Milk & Sugar“, bei dem mehr als ein Dutzend junge Labels Mode mit innovativen nachwachsenden Materialien oder Textilien aus nachhaltiger Produktion präsentierten. 

So wurde unter anderem ein Abendkleid der Hannoveraner Firma Qmilch vorgestellt. Das Unternehmen hat ein Biopolymer aus dem Milcheiweiß Kasein entwickelt, das aus nicht mehr verkehrsfähiger Rohmilch hergestellt wird. Jährlich fallen davon 1,9 Mio. Tonnen an. Die so gewonnene Textilfaser kommt nicht nur für Bekleidung in Frage, sondern auch als technische Faser für die Medizintechnik oder im Automobilbau. Die Berliner Designerin Kaska Hass wiederum zeigte unkonventionelle Hochzeitsoutfits, bei denen Hightech-Stoffe aus dem Hochleistungssport mit feiner Spitze kombiniert werden.

Schimmernde Mikroalgen als Textildruck

Die Designerin Ester Bätschmann wiederum zeigte Kleider, die nach dem Prinzip Crade to Cradle hergestellt wurden - also in einem nachhaltigen Kreislaufsystem, in dem Materialien recycelbar oder kompostierbar sind. Das Label  „Blond & Bieber“ wiederum bedruckt Schuhe oder Kleider mit einer Schicht aus rot oder grün schimmernden Mikroalgen. In dem Projekt „Algaemy“ haben die Designerinnen Essi Johanna Glomb und Rasa Weber mit Forschern der Fraunhofer-Gesellschaft zusammengearbeitet. Neben Kleidungsstücken wurden in der Modenschau auch Schmuck und Uhren aus Holz, Taschen aus Rharbarerleder oder Biolachshaut gezeigt.

Vom Hoffnungsträger der Bioökonomie zum Stiefkind – fast könnte man der Bioenergie ein tragisches Schicksal unterstellen. Doch während die deutsche und europäische Politik versucht, Bioethanol, Biodiesel und Biogas Einhalt zu gebieten, sind weltweit große Hoffnungen mit der energetischen Nutzung von Biomasse verbunden. Die europäische Industrie engagiert sich dem politischen Gegenwind zum Trotz. Dies zeigte die 22. European Biomass Conference am 23. Juni, zu der rund 900 Experten nach Hamburg kamen.

Für Paolo Frankl ist es keine Frage: Die Bioenergie spielt bei der Rettung des Weltklimas eine entscheidende Rolle. „Wenn wir den weltweiten temperaturanstieg auf zwei Grad begrenzen wollen, benötigen wir einen biobasierten Anteil von 20% bei der weltweiten Nutzung von Biotreibstoffen“, so der Vertreter der Internationalen Energieagentur IEA. In Europa ist man sich da nicht so sicher. Gerade wurden die Beimischungsquoten in der EU gesenkt. Besonders die Produzenten von Biodiesel sind in der Krise. Der Grund: Zweifel an der Nachhaltigkeit, mögliche indirekte Landnutzungseffekte, die zu Umweltschäden anderswo führen sowie Sorgen bezüglich der Biodiversität.

Hohe Qualität der Biomasse-Nutzung in Europa

Und dennoch: „Die Qualität der Biomasse-Nutzung hat in Europa ein sehr hohes Niveau erreicht“, sagte Bernd Krautkremer vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Bad Hersfeld anlässlich der Eröffnung der "22. European Biomass Conference" am 23. Juni in Hamburg. Er konnte sich dabei der Zustimmung der 900 internationalen Teilnehmer sicher sein. „Die Konzepte sind mittlerweile so reif, dass sich auch die Industrie engagiert“, so Krautkremer weiter. Nicht von allen hätte man das gedacht, wie dem Traditionsunternehmen Viessmann GmbH aus Allendorf in Nordhessen beispielsweise. Das 1917 gegründete Familienunternehmen mit 11.000 Mitarbeitern und 2 Mrd. Euro Umsatz engagiert sich in der Bioenergie. Der Geschäftsführer Thomas Krause zeigte in Hamburg auf, wie die energetische Biomassenutzung sein Unternehmen verändert hat: "Wir verkaufen heute keine Produkte mehr, sondern Systeme." Dafür berät und betreut Viessmann unter anderem Bioenergiedörfer – regionale Zusammenschlüsse von Haushalten, die ihren Strom- und Wärmebedarf vor allem mit Biomasse decken. Rund 100 Bioenergiedörfer gibt es bereits in Deutschland, 14 befinden sich in der Entwicklung. Viele bedienen sich der Viessmannschen Technologie. Und die Firma ist nicht die Einzige. Deutsche Unternehmen gelten als Technologieführer.

Im Fokus: bessere Speicherfähigkeit

Auch der schwedische Energieversorger Vattenfall setzt auf Bioenergie – allerdings mit Augenmaß. "Ein weiterer Ausbau der Biostromerzeugung ist nicht wahrscheinlich, es geht jetzt um andere Dinge“, so Jan Grundmann, Leiter von Vattenfall Europe New Energy. Derzeit seien Kapazitäten mit einer Leistung von rund 1,5 Terawatt in Deutschland installiert. Die Bundesregierung deckelt den Ausbau. Daher gehe es jetzt darum, die Stärken der Biomasse zu nutzen: vor allem ihre Speicherfähigkeit. Damit können Leistungsschwankungen ausgeglichen werden, die durch die schwankende Wind- und Sonnenenergie entstehen. Daher werden derzeit bestehende Biostrom-Anlagen so verbessert, dass sie flexibel und möglichst schnell angefahren können, wenn Wind und Sonne schwächeln. "Die Anlagen müssen innerhalb kürzester Zeit anspringen", so Grundmann. Dabei gehe es um Sekunden.

Anlagen der zweiten Generation im Vormarsch 

Auch außerhalb Deutschlands wird an der energetischen Nutzung von Biomasse gearbeitet. Im norditalienischen Crescentino wurde im vergangenen Jahr eine Demonstrationsanlage zur Herstellung von Bioethanol mit einer Jahreskapazität von 50.000 Tonnen in Betrieb genommen. Das ist das Fünfzigfache der Produktionsleistung der Bioethanol-Pilotanlage im bayrischen Straubing, die Clariant betreibt. Die Gesamtinvestition beträgt 150 Mio. Euro, rund 5 Mio. Euro hat die EU beigesteuert. Dazu haben sich eine Reihe europäischer Unternehmen zusammengeschlossen. Darunter zwei italienische Unternehmen: Biochemtex als Ingenieurdienstleister und Betarenewables als Technologielieferant . Hinzukommt die dänische Novozymes als Bereitsteller der Enzymtechnik. "Unsere Stärke ist die schnelle Hydrolyse und Fermentation der Biomasse", betonte Dario Giordano von Biochemtex auf der Konferenz in Hamburg. Verarbeitet wird in der Anlage der zweiten Generation vor allem Weizen-, aber auch Reisstroh aus der lokalen italienischen Produktion, Miscanthus-Gras oder Bagasse. Bei einer Energieeffizienz von etwa 85% sei es gelungen, zu Marktpreisen zu produzieren, so Giordano. Ziel sei es nun, weniger der relativ teuren Enzyme – sie machen etwa 15% der Prozesskosten aus – einzusetzen beziehungsweise diese effizienter zurückzugewinnen. Schon jetzt ist die Anlage für Giordano "eine einmalige Chance für Europa". Die Technologie sei nun reif zur Auslizenzierung. Gerade hat die italienische Regierung bekundet, drei weitere Anlagen zu bauen.