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Beton ist ein Sinnbild für Stabilität. Vier Milliarden Tonnen werden davon jährlich verbaut. Doch selbst dieses Baumaterial bekommt mit den Jahren Risse, und dringt Feuchtigkeit in diese Risse ein, ist auf Dauer die Stabilität gefährdet. Bewehrungsstahl kann rosten, Frost das Bauteil weiter schwächen oder sogar sprengen. Der Spezialchemiekonzern Evonik hat dagegen eine besondere Betonrezeptur entwickelt: Sie enthält Bakterien, die Schäden im Beton reparieren. Solange der Beton unversehrt ist, befinden sich die Mikroorganismen in einem Überdauerungszustand. Entstehen Risse und gelangt Wasser an die Bakterien, wachen sie aus ihrer Ruhe auf und fahren ihren Stoffwechsel hoch. Dann erzeugen sie Calciumcarbonat – Kalkstein, der die Risse wieder füllt.

Längere Lebensdauer verringert Klimabelastung

Stabiler und langlebiger sollen Betonbauwerke dadurch werden. Das spart Kosten und nutzt auch dem Klima – denn der im Beton enthaltene Zement verursacht enorme CO2-Emissionen – in Deutschland im Mittel 590 Kilogramm je Tonne. Je später ein Bauwerk ersetzt werden muss, desto geringer sind die Emissionen über die Jahrzehnte betrachtet. „Wenn zum Beispiel Autobahnbrücken 60 statt 50 Jahre durchhalten, spart das langfristig immense Mengen an Material und CO2-Ausstoß“, erläutert Magnus Kloster von Evonik. Die längere Haltbarkeit spart damit auch Rohstoffe, die insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern oft rar sind, wo ein Betonrecycling noch nicht wirtschaftlich möglich ist.

Nach einem Monat sind die Risse weg

Natürlich musste das Material auch die üblichen Qualitätsprüfungen bestehen und beweisen, ob und wie sich der „WallCraft“ getaufte Zusatz mit den Bakterien mit anderen Additiven verträgt. Den Praxistest machten große Betonwannen, denen kontrolliert Risse zugefügt wurden, in die dann Wasser einsickerte. Nach etwa einem Monat hatten die Bakterien die Risse geschlossen, keine Feuchtigkeit drang mehr in die Wannen ein. „Ein Beton, der Risse von selbst kittet, schützt sich also vor schweren Schäden“, resümiert Anke Reinschmidt von Evonik.

Patentierter Bakterienstamm und geheime Nährstoffmischung

Um geeignete Mikroorganismen für diese Anwendung zu identifizieren, hat das Evonik-Team die unternehmenseigene Mikrobenbibliothek durchsucht. Fündig wurden die Biotechnologie-Fachleute bei einem Stamm von Bacillus subtilis, den sie selbst aus einer Umweltprobe isoliert hatten, und der deshalb bereits gut untersucht war. Das weit verbreitete Bakterium kommt sowohl mit dem alkalischen pH-Wert des Zements zurecht als auch mit den rund 60 Grad Celsius, die beim Aushärten herrschen. Damit es im Beton gedeihen kann, hat Evonik ihm „Proviant“ mitgegeben: „Neben dem Bakterienstamm, den wir zum Patent angemeldet haben, ist die Nährstoffformulierung unser wichtigstes Betriebsgeheimnis“, sagt Projektleiter Lukas Falke. Vermarkten will der Konzern die Formulierung weltweit.

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Saatgut und Futtermittel können von Krankheitserregern ebenso befallen werden wie Pflanzen und damit Erträge von Pflanzenzüchtern und Landwirten schmälern. Eine wirksame Methode, Viren, Pilze oder Bakterien abzutöten, ist die Elektronenstrahlbehandlung. Das Verfahren wurde in den 80er Jahren von dem Physiker Manfred von Ardenne entwickelt. Am Dresdner Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP hat ein Team um Andrè Weidauer diese bewährte Methode in den vergangenen Jahren zu einer mobilen Saatgutbehandlungsanlage weiterentwickelt. Die Apparatur passt in einen Transporter und kann direkt vor Ort Saatgut desinfizieren – und das umweltfreundlich und kostengünstig zugleich.

Fraunhofer und Ceravis gründen Spin-off E-VITA

Seit 2014 wurde die Technologie namens E-VITA von der Ceravis GmbH genutzt. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer FEP und dem norddeutschen Futtermittel- und Saatgutgroßhändler wird seit Juli dieses Jahres nun gemeinsam in dem neugegründeten Unternehmen E-VITA GmbH fortgesetzt. „E-VITA bietet interessierten Anwendern, wie Züchtern, Lohnunternehmen und gewerblichen Aufbereitern, Anlagentechnik zur Miete und zum Kauf an. Ebenso natürlich die Lohnbehandlung von Saatgut vor Ort durch E-VITA selbst“, so Andreas Prelwitz von der Ceravis AG. Prelwitz zufolge werden jährlich bereits über 15.000 Tonnen Saatgut auf diese Weise behandelt.

Mobile und umweltfreundliche Technologie

Der Vorteil der neuartigen Saatgutbehandlung liegt auf der Hand. Hier kommen keine chemischen Wirkstoffe wie bei konventionellen chemischen Beizungen zum Einsatz. Diese Substanzen können auf dem Saatgut verbleiben oder später sogar im Boden und Abwasser landen. Bei E-VITA sind es hingegen Elektronen, die eine keimtötende Wirkung entfalten, ohne in das Innere des Saatkorns einzudringen. Herzstück der Anlage ist die vom Fraunhofer FEP entwickelte mobile ringförmige Elektronenquelle, die auf Grund ihrer Größe nicht nur transportabel ist, sondern auch Wartungs- und Investitionskosten einspart.

Kombination mit biologischen Stimulanzien möglich

Doch nicht nur die Abtötung von Schaderregern ist möglich. „Auch die umfassende Behandlung des Saatgutes mit biologischen Stimulanzien zur nachhaltigen Erhöhung der Erträge und zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit steht im Mittelpunkt“, erklärt André Weidauer, Geschäftsführer der E-VITA GmbH. In Kombination mit der Technologie könnten demnach Erträge und Nährstoffeffizienz verbessert und einen langanhaltenden Schutz bilden. „Mit dieser Partnerschaft wird das Arbeitsgebiet, das sich mit dem Aufbringen von Wirkstoffen direkt am Saatkorn beschäftigt und dadurch die globale Düngung von Feldern reduziert, weiter gestärkt“, so Gösta Mattausch, Abteilungsleiter für spezielle Elektronenstrahl-Systeme und -Technologien am Fraunhofer FEP.

Nach Angaben der E-VITA GmbH kann die mobile und kompakte Anlage zur Saatgutbehandlung sowohl gemietet als auch gekauft werden. Saatgutmengen über 10.000 Tonnen im Jahr können zudem in der Pilotanlage des Fraunhofer FEP desinfiziert werden. 

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Seeds and animal feed can be attacked by pathogens just as plants can, thus reducing yields for plant breeders and farmers. One effective method of killing viruses, fungi or bacteria is electron beam treatment. The process was developed in the 1980s by physicist Manfred von Ardenne. At the Dresden Fraunhofer Institute for Organic Electronics, Electron Beam and Plasma Technology FEP, a team led by Andrè Weidauer has developed this proven method into a mobile seed treatment unit in recent years. The apparatus fits into a van and can disinfect seeds directly on site - equally environmentally friendly and cost-effective.

Fraunhofer and Ceravis found spin-off E-VITA

Since 2014, the technology called E-VITA has been used by Ceravis GmbH. Since July of this year, the successful collaboration between Fraunhofer FEP and the northern German feed and seed wholesaler has now been continued jointly in the newly founded company E-VITA GmbH. "E-VITA offers interested users, such as breeders, contractors and commercial processors, plant technology for rent and purchase. As does, of course, on-site contract seed treatment by E-VITA itself," says Andreas Prelwitz of Ceravis AG. According to Prelwitz, more than 15,000 tons of seed are already treated in this way every year.

Mobile and environmentally friendly technology

The advantage of the new type of seed treatment is obvious: Unlike conventional chemical dressings, no chemical agents are used. These can remain on the seed or even enter the soil and wastewater. With E-VITA, on the other hand, it is electrons that have a germicidal effect without penetrating the inside of the seed. The heart of the system is the mobile ring-shaped electron source developed by Fraunhofer FEP, which is not only transportable due to its size, but also saves on maintenance and investment costs.

Combination with biological stimulants possible

However, it is not only the killing of pests that is possible. "The comprehensive treatment of seeds with biological stimulants to sustainably increase yields and improve resistance is also being pursued," explains André Weidauer, Managing Director of E-VITA GmbH. Accordingly, in combination with the technology, yields and nutrient efficiency could be improved and form long-lasting protection. "This partnership further strengthens the field of work that deals with the application of active ingredients directly to the seed, thereby reducing the global fertilization of fields," says Gösta Mattausch, head of department for special electron beam systems and technologies at Fraunhofer FEP.

According to E-VITA GmbH, the mobile and compact plant for seed treatment can be rented as well as purchased. In addition, seed quantities in excess of 10,000 tons per year can be disinfected in the Fraunhofer FEP pilot plant.

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Biokunststoffe wie PLA (Polylactid) werden mittlerweile in vielen Bereichen eingesetzt – darunter Lebensmittelverpackungen, Dübel oder Kinderspielzeug. Dennoch ist ihr Anteil im Vergleich zu konventionellen, auf fossilen Rohstoffen basierenden Kunststoffen noch immer gering. Gleiches gilt für Verbundwerkstoffe, die bestimmte Eigenschaften aufweisen müssen und daher aus verschiedenen Kunststoffen bestehen. Auch hier gibt es mittlerweile teilweise oder vollständig biobasierte Materialien. Forschende am IfBB an der Hochschule Hannover wollen nun beweisen, dass Biokunststoffe auch hohen Temperaturen und Belastungen standhalten können.

Ladeluftrohre und Filtermodule aus Biokunststoffen

Im Projekt „Biokunststoffe für Hochtemperaturanwendungen (HoT-BRo 2)“ will ein Team um Andrea Siebert-Raths gemeinsam mit Industriepartnern gezielt Materialien für den Einsatz in der Automobilbranche entwickeln und modifizieren. Im Fokus stehen thermoplastische Kunststoffe aus biobasierten oder teilbiobasierten sowie rezyklierten Polyamiden. Aus den neuen Materialien sollen  Produkte für den Motorraum hergestellt werden: ein Turbolader-Ladeluftrohr, ein Nutzfahrzeug-Flüssigfiltermodul, ein Thermomanagement-Modul und eine Kabelverschraubung als Referenzbauteile.

Eignung für Hochtemperatur-Anwendungen belegt

Ziel des Projektes ist es, die biobasierten Rezepturen später als Hochleistungskunststoffe in verschiedenen Bereichen – nicht nur in der Automobilindustrie – zu etablieren und so herkömmliche Kunststoffe zu ersetzen. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finanziert. Im Vorfeld des Projektes wurde in einer Machbarkeitsstufe bereits gezeigt, dass biobasierte Verbundwerkstoffe mit entsprechender Verarbeitung und Veredelung auch für anspruchsvolle Hochtemperaturanwendungen geeignet sind.

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Bioplastics such as PLA (polylactide) are now used in many areas - from food packaging to dowels or children's toys. Nevertheless, their share is still low compared to conventional plastics based on fossil raw materials. The same applies to composites, which have to exhibit certain properties and therefore consist of different plastics. Here, too, there are now partially or completely bio-based materials. Researchers at the IfBB at Hannover University of Applied Sciences now want to prove that bioplastics can also withstand high temperatures and stresses.

Charge air tubes and filter modules made from bioplastics

In the "Bioplastics for high-temperature applications (HoT-BRo 2)" project, a team led by Andrea Siebert-Raths is working with industrial partners to develop and modify materials specifically for use in the automotive sector. The focus is on thermoplastics made from biobased or partially biobased and recycled polyamides. The new materials will be used to manufacture products for the engine compartment: a turbocharger charge air pipe, a commercial vehicle liquid filter module, a thermal management module and a cable gland as reference components.

Suitability for high-temperature applications proven

The aim of the project is to establish the bio-based formulations as high-performance plastics in various areas - not only in the automotive industry - and thus replace conventional plastics. The project is funded by the German Federal Ministry of Food and Agriculture. In the run-up to the project, a feasibility stage has already shown that bio-based composites are also suitable for demanding high-temperature applications with appropriate processing and refinement.

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Genau wie Mensch und Tier besitzen Pflanzen ein Immunsystem, um sich gegen Infektionen zu verteidigen. Die Pflanzenforschung hat über die Jahre viele Elemente der pflanzlichen Abwehr aufgeklärt, doch noch immer ist dieses Immunsystem schlechter erforscht als das des Menschen. Eine dieser offenen Fragen betrifft den Aufbau: Bekannt ist, dass das pflanzliche Immunsystem aus zwei unterschiedlichen Teilen besteht, die nacheinander greifen. Aber gibt es zwischen diesen Mechanismen auch eine direkte Verbindung? Was zunehmend vermutet wurde, hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Universität Tübingen und des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung nun an der Modellpflanze Ackerschmalwand mit Belegen untermauert, wie das Team im Fachjournal „Nature“ berichtet.

Erste Abwehr an der Zelloberfläche

Die erste Abwehrebene der Pflanze befindet sich an der Oberfläche ihrer Zellen. Rezeptoren erkennen dort typische Strukturen von Krankheitserregern, wenn diese daran binden. „Dieses Überwachungssystem löst meist nur eine schwache und unspezifische Immunreaktion aus“, sagt Rory Pruitt, Erstautor der Studie. Genügt diese Reaktion nicht, um die Erreger loszuwerden, können diese in die Pflanzenzelle Proteine einschleusen. Diese sogenannten Effektoren dienen dazu, die pflanzliche Abwehr im Inneren der Zellen lahmzulegen.

Zweite Abwehr im Zellinneren

Die zweite Abwehrebene der Pflanze liegt im Zellinneren und ist genau auf diese Effektoren ausgerichtet. Werden sie vom Immunsystem erkannt, aktiviert die Zelle das volle Abwehrprogramm: „Die Pflanze schickt die infizierten Zellen in den programmierten Zelltod, es bilden sich Läsionen im Blatt. Die Erreger können sich nicht weiter ausbreiten, und die Infektion kommt unter Kontrolle“, erläutert Pruitt. Weil beide Abwehrebenen zeitlich versetzt aktiv sind, wurden sie lange Zeit als voneinander unabhängige Mechanismen betrachtet.

Knotenpunkt beider Abwehrebenen

Das Forschungsteam hat nun die einzelnen Schritte und die beteiligten Proteine der beiden Abwehrreaktionen genau analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass ein Eingriff in den ersten Signalweg in bestimmten Fällen auch den zweiten Signalweg beeinträchtigte. „Die beiden Zweige des Immunsystems laufen in einem Knoten zusammen“, interpretiert Teamleiter Thorsten Nürnberger. Bestimmte Enzymkomponenten sind demnach sowohl daran beteiligt, Erreger an der Zelloberfläche zu erkennen als auch deren Effektoren im Zellinneren zu identifizieren. Wie die beiden Ebenen des Immunsystems genau ineinander greifen, blieb zunächst jedoch noch offen.

Langfristig könnte diese Beobachtung sich auf den Nutzpflanzenanbau auswirken: Versteht die Pflanzenzüchtung das pflanzliche Immunsystem besser, ist es möglich, auf züchterischem Wege die Abwehr gegen Pflanzenkrankheiten zu stärken und Erträge zu sichern.

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Mit der Ostsee vor der Tür ist Mecklenburg-Vorpommern (MV) eine der beliebtesten Urlaubsregionen Deutschlands. Doch der Norden des Landes hat mehr als Meer und Strand zu bieten: Mit seinen ausgedehnten Feldern und Wiesen verfügt das Bundesland zugleich über ein enormes bioökonomisches Potenzial. Um solche regionalen Innovationspotenziale auszuschöpfen und damit den Wandel in strukturschwachen Regionen voranzutreiben, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017 das Förderprogramm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ aufgelegt.

Digitale Lösungen für die Landwirtschaft in MV

Schon in der ersten Förderrunde 2019 konnte ein breites Bündnis in Mecklenburg-Vorpommern eine Millionenförderung für den Umbau des Landes zur „Musterregion der Bioökonomie“ einwerben. Im August 2021 wurden nun erneut 23 regionale Bündnisse für eine WIR-Förderung durch das BMBF ausgewählt, darunter das „ArtIFARM-Bündnis“ aus Mecklenburg-Vorpommern. Das Bündnis will in den kommenden Jahren mithilfe künstlicher Intelligenz digitale Lösungen für transparente landwirtschaftliche Prozesse entwickeln, um die Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft zu steigern. Dazu gehören ein datengestütztes Bodenmanagement, ein innovatives Maschinen- und Lagerkapazitätssharing sowie neuartige Beschaffungs- und Vertriebsgemeinschaften.

8 Mio. Euro für innovationsbasierten Strukturwandel

Im Rahmen des WIR-Förderprogramms stellt das BMBF 8 Mio. Euro dem Bündnis für die Umsetzung bereit. „ArtIFARM bietet der Landwirtschaft technische, KI- und IT-Lösungen für die großen aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenschutz und trägt damit zu nachhaltigen Wertschöpfungsketten und einem innovationsbasierten Strukturwandel in der Region Östliches Mecklenburg-Vorpommern bei“, so der Sprecher des Bündnisses Mark Vehse von der Hochschule Stralsund. Stefan Seiberling vom Zentrum für Forschungsförderung und Transfer der Universität Greifswald ergänzt: „ArtIFARM bietet die große Chance, gemeinsam mit allen relevanten Akteuren durch künstliche Intelligenz die Landwirtschaft in die Lage zu versetzen, den großen Herausforderungen wie Verbrauch nichtregenerativer Ressourcen, Überdüngung, Biodiversitätsverlust und CO2-Neutralität wissenschaftlich fundiert zu begegnen und unsere Region nachhaltig zu wandeln.“

Innovationen für vier Forschungsfelder

Welche Innovationen genau erforderlich sind, will das Bündnis für vier Forschungsfelder herausarbeiten: autonome Prozesse auf dem Hof, digitales Agrarmanagement, Technologien für mehr Ressourceneffizienz und digitale Lösungen für transparente landwirtschaftliche Prozesse. Das ArtIFARM-Bündnis vereint über 60 Partner aus den Landkreisen Vorpommern-Rügen, Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte. Dazu zählen Forschungseinrichtungen, Landwirtschaftsbetriebe, Verbände, Vereine, Unternehmen und Start-ups.

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With the Baltic Sea on its doorstep, Mecklenburg-Western Pomerania is one of Germany's most popular vacation destinations. But the north has more to offer than just the sea: Extensive fields and meadows hold enormous bioeconomic potential. In order to exploit the regional innovation potential and thus drive change in structurally weak regions, the German Federal Ministry of Education and Research launched the "WIR! – Wandel durch Innovation in der Region" (Change through Innovation in the Region) funding program in 2017.

Digital solutions for agriculture in Mecklenburg-Western Pomerania

In the first round of funding in 2019, a broad alliance in Mecklenburg-Western Pomerania was already able to attract millions in funding to transform the state into a "model region for the bioeconomy." In August 2021, 23 regional alliances were again selected for WIR funding by the BMBF, including the "ArtIFARM Alliance" from Mecklenburg-Western Pomerania. In the coming years, the alliance wants to use artificial intelligence to develop digital solutions for transparent agricultural processes in order to increase resource efficiency in agriculture. These include data-driven soil management, innovative machine and storage capacity sharing, and novel procurement and distribution communities.

8 million euros for innovation-based structural change

As part of the WIR funding program, the BMBF is providing 8 million euros to the alliance. "ArtIFARM offers agriculture technical, AI and IT solutions for the major current challenges such as climate change and resource protection, thus contributing to sustainable value chains and innovation-based structural change in the Eastern Mecklenburg-Western Pomerania region," says Alliance spokesman Mark Vehse of Stralsund University of Applied Sciences. Stefan Seiberling from the Center for Research Promotion and Transfer at the University of Greifswald adds: "ArtIFARM offers a great opportunity to advance agriculture together with all relevant stakeholders through artificial intelligence. This allows us to address the major challenges such as consumption of non-renewable resources, overfertilization, biodiversity loss and CO2 neutrality in a scientifically sound way and to transform our region in a sustainable way."

Innovations for four research fields

The alliance wants to work out exactly which innovations are needed for four research fields: autonomous processes on the farm, digital agricultural management, technologies for greater resource efficiency and digital solutions for transparent agricultural processes. The ArtIFARM alliance brings together more than 60 partners from the districts of Vorpommern-Rügen, Vorpommern-Greifswald and Mecklenburgische Seenplatte. These include research institutions, farms, associations, societies, companies and start-ups.

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Kunststoffe sind nicht nur ökologisch problematisch, wenn sie auf Erdöl basieren, sondern auch dann, wenn sie in der Natur nicht gut abgebaut werden können – denn dorthin gelangt immer noch ein großer Teil von ihnen. Landwirtschaftliche Mulchfolien werden beispielsweise sogar gezielt in der Umwelt eingesetzt und hinterlassen dort meist Rückstände. Zukünftig sollen daher biologisch abbaubare Kunststoffe solche Produkte ersetzen. Doch was genau passiert beim Abbau im Boden – und wird er auch unter veränderten klimatischen Bedingungen noch funktionieren?

Mikrobengemeinschaft stärkt Plastik abbauende Pilze

Diese Fragen hat ein Forschungsteam des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) jetzt untersucht und darüber in den Fachjournalen "ACS Environmental Science & Technology" und "Environmental Science Europe" berichtet. Die Fachleute haben Mulchfolien aus dem biobasierten und bioabbaubaren Kunststoff PBSA (Polybutylensuccinat-Co-Adipat), die ein Jahr lang im Acker verrotten konnten, während dieser Zeit analysiert. „Wir konnten zeigen, dass bereits nach knapp einem Jahr rund 30 Prozent des PBSA abgebaut waren – das ist unter den klimatischen Bedingungen, wie sie in Deutschland derzeit herrschen, eine ganze Menge“, schildert Witoon Purahong vom UFZ. Die Hauptakteure seien dabei Pilze, die durch eine vielfältige Bakteriengemeinschaft und einige weitere Mikroorganismen unterstützt werden. So versorgen Bakterien beispielsweise die Pilze mit ausreichend Stickstoff, der sich aus dem Kunststoff nicht gewinnen lässt, und andere Mikroorganismen nutzen und entsorgen dadurch giftige Abbaustoffe, die sonst die Pilze schädigen würden.

Abbau auch unter Bedingungen des Jahres 2070 ähnlich schnell

Ob diese Prozesse auch künftig so greifen würden, analysierte das Team in der Global Change Experimental Facility in Bad Lauchstädt ebenfalls. Dort wurden im Freiland Bedingungen simuliert, wie sie 2070 voraussichtlich in Mitteldeutschland vorherrschen werden. Diese wahrscheinlichen Folgen der Klimakrise veränderten die Abbaurate der Folie jedoch nur geringfügig. Zwar setzte sich die Mikrobengemeinschaft um die Pilze herum anders zusammen, doch beeinträchtigte das die Pilze selbst nicht. „Das ist eine wirklich gute Nachricht, mit der wir in der Form nicht gerechnet hätten“, freut sich Purahong.

Plastikreste und Dünger in Kombination fördern Schadpilz

Ein anderes Ergebnis weiterer Versuche ist jedoch weniger erfreulich. Darin hatten die Fachleute untersucht, was passiert, wenn PBSA-Folie in größerer Menge im Boden vorkommt, und wie sich eine intensive Düngung des Ackers auf die Abbauprozesse auswirkt. Beides führte zu massiven Veränderungen der mikrobiellen Gemeinschaft, die Artenvielfalt der Pilze ging bei einem um 6% erhöhten Anteil von PBSA im Boden um 45% zurück. Kam dann noch die Düngung hinzu, schuf das Bedingungen, unter denen sich der Pilz Fusarium solani stark ausbreiten konnte. Dieser Pflanzenschädling ist auch für die menschliche Gesundheit problematisch. Daher resümiert die UFZ-Forscherin François Buscot: „Gelangen große Mengen an Kunststoff in die Umwelt, ist das nie gut – auch nicht, wenn es sich um einen biologisch abbaubaren Kunststoff handelt.“

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Not only are petroleum-based plastics ecologically problematic, but also those that don't break down well in nature - because that's where a majority of them still end up. Agricultural mulch films, for example, are even deliberately used in the environment, where they usually leave behind residues. In the future, such products are therefore to be replaced by biodegradable plastics. But what exactly happens during degradation in the soil - and will it still work under changed climatic conditions?

Microbial community strengthens plastic-degrading fungi

A research team from the Helmholtz Centre for Environmental Research (UFZ) has now investigated these questions and reported on them in the journals "ACS Environmental Science & Technology" and "Environmental Science Europe". The experts analyzed mulch films made of the biobased and biodegradable plastic PBSA (polybutylene succinate-co-adipate), which rotted in the field for one year. "We were able to show that after just under a year, around 30 percent of the PBSA had already degraded - which is quite a lot under the climatic conditions that currently prevail in Germany," Witoon Purahong of the UFZ describes. This process is mainly driven by fungi, which are supported by a diverse bacterial community and some other microorganisms. For example, bacteria provide the fungi with sufficient nitrogen, which cannot be extracted from the plastic, and other microorganisms thereby use and dispose of toxic degradation substances that would otherwise harm the fungi.

Degradation similarly rapid even under conditions in 2070

At the Global Change Experimental Facility in Bad Lauchstäd, the team also analyzed whether these processes would also function in the future. There, conditions were simulated in the field that are likely to prevail in central Germany in 2070. However, the likely consequences of the climate crisis only slightly changed the degradation rate of the film. While the microbial community around the fungi composed differently, this did not affect the fungi themselves. "This is really good news that we would not have expected in this form," Purahong enthuses.

Combination of plastic residue and fertilizer promotes harmful fungus

However, another result of further experiments is less encouraging. In these, the experts had investigated what happens when PBSA film is present in larger quantities in the soil, and how intensive fertilization of the field affects the degradation processes. Both resulted in massive changes in the microbial community, with fungal biodiversity decreasing by 45% when the amount of PBSA in the soil was increased by 6%. If fertilization was then added, this created conditions in which the fungus Fusarium solani could spread strongly. This plant pest is also problematic for human health. Therefore, UFZ researcher François Buscot sums up: "If large amounts of plastic get into the environment, it's never good - even if it's a biodegradable plastic."

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Das Portfolio landwirtschaftlicher Reststoffe reicht von Weizen und Weinreben über Hanf und Hopfen bis hin zu Tomaten und Zuchini. Eine neuartige Fasertechnologie, entwickelt vom CleanTech-Start-up BIO-LUTIONS und der Zelfo Technology GmbH in Schwedt, ermöglicht es, dieses reichhaltige Angebot an Pflanzenresten zu nachhaltigen Produkten wie Verpackungen und Einweggeschirr zu verarbeiten. Dafür wurde das Entwickler-Duo aus Schwedt mit dem Brandenburger Innovationspreis in der Kategorie Kunststoffe und Chemie ausgezeichnet. Der Preis wird vom Land Brandenburg vergeben und würdigt innovative Unternehmen der Region und deren zukunftsweisende Produkte, Konzepte und Arbeitsweise.

Bundesweit erste Produktionsanlage in Schwedt

Mit dem Preis würdigt die Jury eine Technologie, die Agrarreste mechanisch verarbeitet und zu selbstbindendem Fasermaterial umwandelt. Diese nachhaltigen Produkte, hergestellt aus dem eigens entwickelten Naturfasermix, bieten eine optimale Alternative zu gängigen Produkten aus Kunststoff", heißt es in der Begründung der Jury. Durch die Minimierung von Transportwegen und einen schlanken Produktionsprozess würden außerdem CO2-Emissionen reduziert.

BIO-LUTIONS wurde 2017 gegründet und hat seinen Sitz in Hamburg. Die erste Fabrik entstand vor drei Jahren in Bangalore, Indien. In Schwedt entsteht gegenwärtig die erste Produktionsanlage in Deutschland. Hier sollen künftig nachhaltige Produkte aus Agrarreststoffen für den lokalen und europäischen Markt produziert werden. „Dieser Preis ist ein tolles Signal an uns, dass die Region Brandenburg hinter uns steht und den Wert zukunftsweisender Unternehmen erkennt“, sagt Eduardo Gordillo, Gründer und CEO von BIO-LUTIONS.

Unternehmen spenden Preisgeld

Der Brandenburger Innovationspreis wurde in diesem Jahr an insgesamt drei Unternehmen vergeben. Das Preisgeld von insgesamt 3.333 Euro wollen BIO-LUTIONS und Zelfo Technology an zwei Brandenburger Bildungseinrichtungen spenden.

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Agricultural residues range from wheat and grapevines to hemp, hops, tomatoes and zucchini. A novel fiber technology, developed by CleanTech start-up BIO-LUTIONS and Zelfo Technology GmbH, enables this rich array of plant residues to be processed into sustainable products such as packaging and disposable tableware. For this, the developer duo from Schwedt was awarded the Brandenburg Innovation Prize in the plastics and chemistry category. The prize is awarded by the state of Brandenburg and recognizes innovative companies in the region and their forward-looking products, concepts and working methods.

Nationwide first production plant in Schwedt

With the award, the jury honored a technology that mechanically processes agricultural residues and converts them into self-binding fiber material. "Sustainable products made from the specially developed natural fiber mix offer an optimal alternative to common products made of plastic," the jury's statement reads. The minimization of transport routes and a lean production process would also reduce CO2 emissions.
BIO-LUTIONS was founded in 2017 and is based in Hamburg, Germany. Its first factory was established three years ago in Bangalore, India. The first production plant in Germany is currently being built in Schwedt to produce sustainable products from agricultural residues for the local and European market in the future. "This award is a great signal for us that the Brandenburg region supports us and recognizes the value of innovative companies," says Eduardo Gordillo, founder and CEO of BIO-LUTIONS.

Companies donate prize money

The Brandenburg Innovation Prize was awarded to a total of three companies this year. BIO-LUTIONS and Zelfo Technology intend to donate the prize money totaling 3,333 euros to two Brandenburg educational institutions.

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Mehr als zehn Jahre hat es gedauert, diese biobasierte Innovation auf die Straße zu bringen: Ein Fahrradreifen, der zu wesentlichen Teilen aus auf heimischen Äckern gewonnenem Löwenzahn-Kautschuk gefertigt ist. Seit 2019 kann man den Reifen kaufen. In wenigen Jahren will der Reifenhersteller Continental auch Autoreifen in Serie produzieren und seine Produktion damit nachhaltiger gestalten.

Seit 2011 hat ein Team um Dirk Prüfer von der Universität Münster gemeinsam mit Christian Schulze Gronover vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME sowie Chemikerin Carla Recker von Continental erforscht, wie sich der Löwenzahn in einen industriellen Lieferanten für Naturkautschuk verwandeln lässt. Jetzt ist das Team für den Deutschen Zukunftspreis 2021 nominiert worden: Ob das innovative Verfahren sich im Finale trotz hochkarätiger Konkurrenz durchsetzen kann, gibt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 17. November bekannt. Der Preis ist mit 250.000 Euro dotiert.

Nachhaltige Quelle für Naturkautschuk

„Die Nominierung ist eine große Ehre für uns“, freut sich Carla Recker, Leiterin des Fachgebiets Materialchemie des Reifenbereichs bei Continental. „Sie bestätigt einmal mehr das Potenzial einer neuen Rohstoffquelle für Naturkautschuk.“ Gemeinsam mit dem Projektnetzwerk habe man die Erforschung der gesamten Wertschöpfungskette des Russischen Löwenzahns wesentlich vorantreiben können. Das begann schon mit der Suche nach der geeigneten Löwenzahnart, die dann aufwendig züchterisch so optimiert werden musste, dass der Kautschukgehalt ihrer Wurzeln sich weiter erhöht und dass sie unter den Bedingungen der industriellen Landwirtschaft angebaut werden kann. Dazu gehörten auch die Widerstandsfähigfähigkeit gegen Schädlinge und Trockenheit. Inzwischen besitzt der Russische Löwenzahn diese Eigenschaften.

Ob als Frischkäse oder Scheibletten: Wer sich vegan ernähren will, muss längst nicht mehr auf Käse verzichten. In veganen Alternativen werden Milchproteine durch pflanzliche Eiweiße beispielsweise aus Soja, Nüssen oder Getreide ersetzt. In Geschmack und Textur unterscheiden sich diese Käseprodukte jedoch meist deutlich vom Original. Das Berliner Start-up Formo will das ändern. Das 2019 unter dem Namen Legendairy Foods gegründete Unternehmen will Käse mithilfe von Mikroorganismen herstellen.

EU-weit größte Serie-A-Finanzierung für Food-Tech

Für die Weiterentwicklung dieser Lebensmitteltechnologie konnte das Team um Gründer Raffael Wohlgensinger umgerechnet rund 43 Mio. Euro (50 Mio. US-Dollar) von Investoren einsammeln. Es ist die bislang größte Serie-A-Finanzierung für ein Food-Tech-Start-up in Europa. Zu den Hauptinvestoren der neuen Runde gehören die schwedische VC EQT Ventures, Elevat3 Capital, die Investmentfirma von Christian Angermayer und der US-Fonds Lowercarbon Capital.

Formo hat ein biotechnologisches Verfahren entwickelt, um die für Geschmack und Textur charakteristischen Milcheiweiße Casein und Molkenprotein im Labor herzustellen. Mikroorganismen wurde dafür so umfunktioniert, dass nunmehr Hefen diese Milcheiweiße produzieren. „Bei Formo wird deutlich, wie Technologie und Wissenschaft die konventionelle Milchindustrie neu erfinden können und gleichzeitig positive Veränderung für Klima- und Tierschutz sowie die Gesundheit unserer Gesellschaft voranbringen“, sagte Jim Mellon, Direktor bei Agronomics, einem der Bestandsinvestoren, gegenüber dem Handelsblatt.

Bau einer Pilotfabrik geplant

Wie das Handelsblatt weiter berichtet, will das Start-up das frisch eingeworbene Kapital nutzen, um in Rheinbach bei Bonn eine Pilotfabrik zu bauen und neue Mitarbeiter einzustellen. In der Fabrik sollen dann erstmals Milchproteine in großen Mengen hergestellt werden. Die Produktion, so heißt es, soll später an Auftragsfertiger übergeben werden. 2023 will Formo bereits die ersten tierfreien Käseprodukte auf den Markt bringen. Und schon 2025 sollen der vegane Käse preislich den Käseprodukten entsprechen. Zunächst müssen diese neuen Lebensmittel jedoch als „Novel Food“ von der EU zugelassen werden.

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Mehr als eine Million Insektenarten gibt es weltweit, davon sind etwa 2.000 essbar. Ob gegrillt, püriert oder gebraten, zu Fruchtgummis oder Tacos verarbeitet: In vielen Ländern der Erde wie Mexiko oder Korea haben Würmer und Co. längst einen festen Platz auf der Speisekarte. Hierzulande ist Insekten-Kost nicht nur ungewöhnlich, sondern wird auch mit Skepsis oder sogar Ekel betrachtet. Doch Insekten sind reich an Proteinen, leicht und ressourcenschonend in großen Mengen zu züchten und könnten einen wichtigen Beitrag zur Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung leisten.

Aufklären und Akzeptanz schaffen

Im Rahmen eines vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung geförderten Projekts zum Thema „Zukunftsdiskurs“ gehen Forschende der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) nun der Frage nach, inwiefern Insekten als alternative Proteinquelle eine Lösung für kommende gesellschaftliche Herausforderungen sind. „Wir möchten die Gesellschaft über Insekten als Lebensmittel aufklären und so zur Akzeptanz beitragen“,  so der Direktor der Hochschule, Gerhard Greif, bei der Online-Auftaktveranstaltung Mitte September.

Ziel des Projekts ist es, die Verbraucherwünsche und -erwartungen sowie die Einstellungen gegenüber neuartigen Lebensmitteln besser zu verstehen und einzuordnen. Forschende des Instituts für Lebensmittelqualität und -sicherheit (LMQS) suchen daher gezielt den Diskurs mit den verschiedenen Interessengruppen, darunter auch mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, um Vorbehalte abzubauen und die Akzeptanz gegenüber Insekten als Lebensmittel zu verbessern.

Kochrezepte sollen Interesse wecken

In Online-Umfragen wollen die Forschenden zunächst ausloten, wie es tatsächlich um die Akzeptanz von Insekten-Food steht. Unter dem Motto „Aufklären und Ängste abbauen“ sind Veranstaltungen geplant, die über Vorteile, Risiken, aber auch rechtliche Grundlagen der Zulassung von Insekten-Food informieren. Auch mit Kochrezepten und Videos zur Zubereitung wollen die Forschenden das Interesse einer breiten Öffentlichkeit für diese neuartigen Lebensmittel gewinnen.

Vorurteile gegenüber Insekten abzubauen, ist auch das Anliegen des Kölner Start-ups „entosiast“. Gründer Philipp Zimmermann ist überzeugt, dass Akzeptanz nur über Wissensvermittlung und Vertrauen geht. Er appellierte auf der Auftaktveranstaltung: „Wir müssen Innovationen aufzeigen und unsere Informationen zielgruppengerecht aufbereiten.“

Neue Speiseinsekten vor der Zulassung

Seit 2018 ist die Zulassung essbarer Insekten innerhalb der EU in der „Novel-Food-Verordnung“ einheitlich geregelt. Die getrocknete Larve des Mehlkäfers Tenebrio molitor, auch als gelber Mehlwurm bekannt, wurde im Mai dieses Jahres nach umfassenden Sicherheitsprüfungen als erstes Insekt in der EU als Lebensmittel genehmigt. „Die aktuelle Gesetzeslage befindet sich durch neue Zulassungen im stetigen Wandel“, sagte Laura Schiel vom Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart, die im Rahmen der Veranstaltung über die rechtlichen Grundlagen in Deutschland berichtete. Demnach warten gegenwärtig drei weitere Speiseinsekten, darunter die Wanderheuschrecke, auf ihren Markteintritt.

Insekten sind längst nicht nur als Lebensmittel oder Futtermittel interessant. Auch als Rohstoffquelle rücken sie zunehmend in den Fokus der Forschung. Auf deren Einsatzpotenzial in technischen Anwendungen verwies Thomas Piofczyk von der Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg. Das Unternehmen, das seit Jahren die „Insecta“ organisiert, befasst sich mit der industriellen Nutzung von Chitin und Insektenfetten für Farben, Beschichtungen und Kraftstoffe.

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Moderne Agrar-Ökosysteme müssen für die Herausforderungen des Klimawandels gewappnet sein, damit Nahrungspflanzen gut gedeihen und die Ernährung gesichert ist. Längst reicht es nicht mehr aus, wichtige Kulturpflanzen ausschließlich auf Höchsterträge zu trimmen. Sie müssen auch resistenter und stresstoleranter gegenüber Hitze, Dürre und Krankheitserregern sein. Im Projekt CROP verfolgen Forschende vom Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-3) am Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit der Universität Hohenheim daher eine neue Anbaustrategie für den Weizen.  

Zwei Weizensorten mit verschiedenen Wurzelsystemen

„Wir wollen untersuchen, ob eine Kombination von zwei komplementären Weizensorten innerhalb eines Feldes hinsichtlich des Ertrags und anderer Kriterien etwas bringt. Dabei geht es um zwei Genotypen des Weizens, die sich in ihren Wurzelsystemen deutlich unterscheiden“, erklärt Youri Rothfuss, Ko-Projektleiter am IGB-3. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 870.000 Euro geförderten Projekt wollen die Forschenden jeweils eine tief- und eine flachwurzelnde Weizensorte gemeinsam auf dem Feld anbauen.

Vorteile des Kombianbaus ausloten

Ziel ist es, die Vorteile des Kombianbaus nachzuweisen. „Wenn nur eine Weizensorte – insbesondere die Flachwurzelnde – auf dem Feld ist, sollte die Toleranz gegenüber Wasserstress geringer sein“, erklärt Rothfuss. „Die Kombination kann jedoch dazu führen, dass in manchen Phasen der eine Genotyp mit flachen Wurzeln in feuchten Bodenschichten ist und dort Wasser aufnehmen kann, während zu einer anderen Phase der zweite Genotyp mit den längeren Wurzeln einen Vorteil hat, wenn Wasser nur tiefer im Boden verfügbar ist.“ Von dem kombinierten Anbau zweier Weizen-Genotypen mit verschiedener Wurzelarchitektur erwarten die Forschenden neben einer verbesserten Dynamik der Wasseraufnahme auch eine höhere mikrobielle Aktivität im Boden und damit eine bessere Verfügbarkeit von Nährstoffen wie Stickstoff.

Das Projekt ist im März 2020 gestartet. Seither wurden im Jülicher Labor mehrere Weizensorten getestet, ob sie für den gemeinsamen Anbau geeignet sind. „Die passenden Genotypen zu finden, war anspruchsvoll. Wir hatten im Vorfeld zwei Sorten gewählt und getestet, die unter den hiesigen Bedingungen kaum Unterschiede in der Entwicklung der Wurzeln zeigten“, berichtet der Agrarwissenschaftler. Die nächsten beiden Genotypen erwiesen sich jedoch als vielversprechend. „Wir sind sicher, die Kombination jetzt gefunden haben.“

Wurzelwachstum live beobachten

Aktuell laufen im Jülicher Labor die ersten „feinskaligen“ Experimente mit dem ausgewählten Weizenpaar. In etwa 80 cm großen Monolithen werden Sonden eingebracht, um die Wasseraufnahme und Nährstoffversorgung zu quantifizieren. Noch im September sollen die Versuche dann an der Jülicher Rhizotronanlage in Selhausen starten. Dort kann das Team um Rothfuss das Wurzelwachstum live im Feld beobachten. „Wir können hier in verschiedenen Bodentiefen Kameras in transparente, 7 m lange horizontale Röhren schieben, damit Bilder aufnehmen und sehen, wie sich die Wurzeln entwickeln, und die Wurzeltiefe quantifizieren“, erklärt der Forscher. Welchen Einfluss die Wurzelentwicklung der beiden Weizenarten auf die mikrobielle Aktivität im Boden hat, das wiederum untersuchen Forschende der Universität Hohenheim mithilfe spezieller Bildgebungsverfahren.

Vorhersagemodell zur Entwicklung der Pflanzen

Am Ende der vierjährigen Projektdauer soll zudem ein prozessbasiertes Modell, das sogenannte Rhizosphären-Mikrobiom-Pflanzen-Modell, entstehen. Es basiert auf den Ergebnissen der beiden Projektpartner und soll schließlich den Nutzen des Kombianbaus von Genotypen mit komplementären Wurzelsystemen vorhersagen – und das nicht nur für Weizen, sondern auch für andere Kulturpflanzen. „Es bietet die Möglichkeit, zwei Genotypen mit Rahmenbedingungen wie lange Trockenheit oder Starkregen virtuell konfrontieren zu können. Anhand der Daten könnten dann der Wasserhaushalt des Bodens, die Wasser- und Nährstoffaufnahme und die Entwicklung der Pflanze vorhergesagt werden“, so Rothfuss. Der Jülicher Forscher rechnet damit, dass dieses Modell zunächst jedoch in der Wissenschaft zum Einsatz kommt. Bis es Landwirten und Pflanzenzüchtern Prognosen liefert, wird demnach noch einige Zeit vergehen.

Autorin: Beatrix Boldt

For food crops to thrive and food security to be ensured, modern agricultural ecosystems must be equipped to meet the challenges of climate change. It is no longer enough to trim important crops for maximum yield. They also need to be resistant and stress-tolerant to heat, drought and pathogens. In the CROP project, researchers from the Institute of Biosciences and Geosciences (IBG-3) at Forschungszentrum Jülich are therefore collaborating with the University of Hohenheim to develop a new cultivation strategy for wheat.  

Two wheat varieties with different root systems

"We want to investigate whether combining two complementary wheat varieties within a field makes a difference in terms of yield and other criteria. For this, we are looking at two genotypes of wheat that differ significantly in their root systems," explains Youri Rothfuss, co-project lead at IGB-3. In the project, which is funded by the German Federal Ministry of Education and Research with around 870,000 euros, the researchers plan to grow one deep-rooted and one shallow-rooted wheat variety.

Exploring the advantages of combined cultivation

The goal is to demonstrate the benefits of combined cultivation. "If only one wheat variety is grown - especially if it's the shallow-rooted one - there should be less tolerance to water stress," Rothfuss explains. "However, the combination may allow one genotype with shallow roots to be in moist soil layers at some times, while at other times the second genotype with the longer roots has an advantage when water is only available deeper in the soil." From the combined cultivation of two wheat genotypes with different root architecture, the researchers expect not only improved water uptake dynamics but also higher microbial activity in the soil and thus better availability of nutrients such as nitrogen.

The project started in March 2020. Since then, several wheat varieties have been tested in the Jülich laboratory to determine whether they are suitable for joint cultivation. "Finding the right genotypes was challenging. We had previously selected and tested two varieties that showed little difference in root development," reports the agricultural scientist. However, the next two genotypes proved promising. "We are sure we have found the combination now."

Live observation of root growth

The first "fine-scale" experiments with the selected wheat pair are currently being carried out in the Jülich laboratory. Probes are being inserted into about 80-cm monoliths to quantify water uptake and nutrient supply. In September, the experiments will start at the Jülich rhizotron facility in Selhausen, where Rothfuss' team can observe root growth live in the field. "Here, we can slide cameras into transparent, 7-meter-long horizontal tubes at different soil depths, use them to take pictures, to see how the roots develop, and to quantify the root depth," the researcher explains.  In turn, researchers at the University of Hohenheim are using special imaging techniques to investigate what influence the root development of the two wheat species has on microbial activity in the soil.

Predictive model for plant development

At the end of the four-year project, a process-based model will also be developed, the so-called rhizosphere-microbiome-plant model. Based on the results of the two project partners, it will eventually predict the benefits of combining genotypes with complementary root systems - and not just for wheat, but also for other crops. "It offers the possibility of virtually confronting two genotypes with general conditions such as prolonged drought or heavy rainfall. The data could then be used to predict the water balance of the soil, water and nutrient uptake and the development of the plant," Rothfuss says. The Jülich researcher expects that this model will initially be used in science and that it will be some time before it provides forecasts to farmers and plant breeders.

Author: Beatrix Boldt