Aktuelle Veranstaltungen

Meere und Ozeane sind reich an Bioressourcen. Diese auf nachhaltige Art und Weise langfristig zu erschließen, ist das Ziel von Akteuren aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, die sich der Blue Bioeconomy verschrieben haben. Schon heute werden vielfach Algen, Miesmuscheln, Korallen oder Quallen für Anwendungen als neue Nahrungs- und Arzneimittel sowie nachhaltige Materialien erforscht. Doch längst sind noch nicht alle marinen Geheimnisse gelüftet bzw. das Potenzial vieler neuer Technologien, etwa aus der Biotechnologie, noch nicht gänzlich mit Blick auf aquatische Bioressourcen in süß- und salzhaltigen Gewässern erschlossen. Diesem Ziel hat sich das neue europäische Forschungsnetzwerk European Research Area-Net Cofund on Blue Bioeconomy (ERA-NET BlueBio COFUND) verschrieben. Hier haben sich 26 Partner aus 16 Ländern zusammengeschlossen, um gemeinsam Forschungs-und Entwicklungsvorhaben in der Blue Bioeconomy voranzutreiben. Im Fokus stehen dabei vor allem neue Lösungen zur Ernährungssicherung sowie zur Produktion von gesunden und sicheren Lebensmitteln aus aquatischen Ressourcen, die sich dabei auf neues biologisches bzw. biotechnologische Know-how stützen. Mithilfe des ERA-NET BlueBio COFUND soll aber auch die Vernetzung relevanter Akteure im Bereich der Blue Bioeconomy in Europa verstärkt sowie vielfältige Interaktionen auf europäischer und internationaler Ebene geschaffen werden.

Millionenförderung für Forschung zur Blue Bioeconomy

Die Förderagenturen der jeweiligen Länder stellen dabei ein Fördervolumen von etwa 30 Mio. Euro zur Verfügung. Die Arbeit der Netzwerkpartner wird dabei von der Europäischen Kommission im Rahmen des europäischen Innovations-und Forschungsprogramms HORIZION 2020 mit mehreren Millionen Euro unterstützt. Das neue europäische Netzwerk ist das Resultat der Zusammenarbeit der Joint Programming Initiative Healthy and Productive Seas and Oceans (JPI Oceans) sowie der früheren ERA-NET Initiativen COFASP-Cooperation in Fisheries, Aquaculture and Seafood Processing und MBT- Marine Biotechnology. Deutschland ist im ERA-NET BlueBio COFUND durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vertreten.

Aquatische Biomasse für neue biobasierte Produkte 

Die Partner des ERA-NET BlueBio COFUND verfolgen das Ziel, die Erschließung biotechnologischer Potenziale und Chancen auch von bisher unentdeckten biologischen Ressourcen aus süß- und salzwasserhaltigen Gewässern sowie die nachhaltigen Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten aquatischer Biomasse entlang der gesamten Wertschöpfungskette voranzutreiben. Dies schließt auch die biotechnologische Kultivierung verschiedener aquatischer Zuchtbestände mit ein. Aquatische Biomasse kann sowohl als Wildfang oder aber in Salz- bzw. Süßgewässern, off-shore oder an Land gewonnen werden. Dabei anfallende Abfall- und Restströme sollen mithilfe neuer alternativer Nutzungswege im Sinne einer Kreislaufwirtschaft verwertet und nutzbar gemacht werden.

Viele Pflanzen sind darauf angewiesen, dass ihre Samen von Tieren als Teil der Nahrung aufgenommen werden. Meist werden sie danach unverdauert ausgeschieden, so dass sich die Samen auf diese Weise wieder verbreiten. Damit die Samen während der Verdauung im Körper der Tiere nicht zerstört werden, bilden viele von ihnen eine schleimige Schutzhülle. Diese Hülle bildet sich unabhängig von der Verdauung, sobald die Samenkörner mit Wasser in Berührung kommen. Ein Kieler Forscherteam hat nun herausgefunden, dass die Stabilität der Schleimhülle vor allem von winzigen Fasern abhängt, die den Schleim mit dem Samenkorn verbinden. Die Forscher berichten im Fachjournal „Applied Materials & Interfaces“ über diese stark haftenden Nanofasern, die künftig unter anderem in der Biomedizin Anwendung finden könnten.

Schonende Trocknungsmethode ermöglicht Blick auf Cellulosefasern

Die Samenschutzhülle besteht vor allem aus Cellulose, dem Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände, und quellenden Pektinen, pflanzlichen Zuckermolekülen. Die Pektine in der Schale der Samenkörner können in kurzer Zeit eine große Menge Wasser aufnehmen, so entsteht innerhalb weniger Minuten eine gelartige Kapsel. Durch feine Cellulosefasern mit einem Durchmesser von bis zu 100 Nanometern ist diese fest an der Oberfläche des Samens verankert.

„Um mehr über die Funktion des Schleims zu erfahren, untersuchten wir zunächst den Aufbau und die physikalischen Eigenschaften der Schleimhülle“, so Stanislav Gorb, Zoologie-Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Dazu nutzte das Team um Gorb eine spezielle Trocknungsmethode, die der Schleimhülle schonend das Wasser entzieht. Der Trick: Mithilfe der sogenannten kritischen Punkttrocknung wurden die Schleimhüllen schrittweise mit flüssigem Kohlenstoffdioxid entwässert. Dieses lässt sich bei bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen kontrolliert verdampfen, ohne dass sich eine Oberflächenspannung in der Hülle bildet. Dadurch blieben die ursprüngliche Zellstruktur und einzelne Cellulosefasern erhalten.

Cellulosefasern haben hervorragende Reibungs- und Haftkräfte

Anschließend wurden die Reibungs- und Adhäsionseigenschaften der Fasern untersucht. „Unsere Tests zeigen, dass die Reibungs- und Haftkräfte der Cellulosefasern fast genauso hoch sind wie bei vertikal stehenden Kohlenstoffnanoröhrchen“, sagt Clemens Schaber, Erstautor der Studie. Kohlenstoffnanoröhren sind mikroskopisch kleine Gebilde und aufgrund ihrer herausragenden elektrischen Leitfähigkeit, Reißfestigkeit und Reibungseigenschaften in Industrie und Forschung beliebt.

Durch die spezielle Punkttrocknung konnte die Forschergruppe die Haftstärke der Cellulosefasern sogar gezielt variieren. „Als natürlicher Rohstoff hätten die Cellulosefasern deutliche Vorteile gegenüber Kohlenstoffnanoröhren, deren gesundheitliche Auswirkungen noch nicht vollständig untersucht sind“, so Schaber. Nanocellulose wird vor allem in biologisch abbaubaren Kunststoffverbundmaterialien verarbeitet, die wiederum in der Biomedizin, der Kosmetik oder der Ernährungsindustrie eingesetzt werden. 

jmr

Many plants need animals to eat their fruits in order to spread their seeds. To prevent the seeds from being destroyed during digestion, many of them form a slimy protective shell. This sheath also forms independently of digestion as soon as the seeds come into contact with water. A team of researchers from Kiel University has now discovered that the stability of the mucus membrane depends heavily on tiny fibres that bind the mucus to the seed. The researchers report in the journal "Applied Materials & Interfaces" on these highly adhesive nanofibers, which could in the future be used for biomedical applications.

Gentle dehydration enables view onto tiny cellulose fibres

The protective coating of the seeds mainly consists of cellulose, the major component of plant cell walls, as well as pectins, which are plant sugar molecules. The pectins in the shell of the seeds can absorb large amounts of water in a short period of time, resulting in a gel-like capsule within a few minutes. Miniscule cellulose fibres with a diameter of up to 100 nanometres anchor the capsule firmly to the surface of the seed.

"In order to find out more about the function of the mucilage, we first wanted to study the structure and the physical properties of this seed envelope material," said Stanislav Gorb, Zoology Professor at the Christian Albrechts University of Kiel (CAU). The team around Gorb used a special dehydration method that gently extracts the water from the mucus membrane. The trick: With the help of so-called critical point drying, the mucous membranes were gradually dehydrated via liquid carbon dioxide. This can be evaporated in a controlled manner under certain pressure and temperature conditions, without a surface tension forming in the shell. Thereby preserving the original cell structure and individual cellulose fibres.

Cellulose fibres demonstrate excellent frictional and adhesive forces

Subsequently, the researchers investigated the friction and adhesive properties of the fibres. "Our tests showed that the frictional and adhesive forces of the cellulose fibers are almost as strong as with vertically-arranged carbon nanotubes," said Clemens Schaber, first author of the study. Carbon nanotubes are microscopic in size and are popular in industry and research for their outstanding electrical conductivity, tear strength and friction properties.

Due to this dehydration process, the research group was also able to vary the adhesive strength of the cellulose fibers in a targeted manner. "As a natural raw material, cellulose fibers have distinct advantages over carbon nanotubes, whose health effects have not yet been fully investigated," continued Schaber. Nanocellulose is mainly used for biodegradable plastic composites, which in turn are applied in biomedicine, cosmetics and the food industry.

jmr

Unsichtbar und schädlich

Mikroplastik, das sind Plastikteilchen, die kleiner als fünf Millimeter sind, erfüllen in vielen Hygieneartikeln nützliche Funktionen. Als Abrasiva (Schleifmittel) entfernen sie durch Reibung abgestorbene Hautschuppen und regen die Durchblutung der Haut an. Sie sind chemisch beständig, farb-, geruchs- sowie geschmacklos, weswegen sie auch häufig als Stabilisatoren und Füllmittel eingesetzt werden. Zum Problem werden die Kunststoffpartikel, da die winzigen Teilchen von gängigen Kläranlagen nicht aus dem Abwasser herausgefiltert werden können und somit über den Wasserkreislauf in die Nahrungskette gelangen. Außerdem sind sie extrem lange haltbar. Ihre Zersetzung kann über 100 Jahre dauern.

Nachwachsend und verträglich

Im Projekt KosLigCel entwickelten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS gemeinsam mit Industriepartnern eine Zahnpasta, in der das Mikroplastik durch Partikel aus nachwachsenden Rohstoffen ersetzt wurde. Die Herausforderung bestand darin, Partikel herzustellen, die in Größe, Form, Härte und auch in der Oberflächenstruktur genau passend für die gewünschten Reinigungseigenschaften sind. Die Partikel sollen Plaque, Zahnverfärbungen und Essensrückstände entfernen, dürfen aber den Zahnschmelz nicht schädigen. Sie sollen außerdem gesundheitlich verträglich sein und kostengünstig herstellbar. Geeignetes Ausgangsmaterial wurde schließlich in Cellulose, die aus Buchenholz, Hafer, Weizen und Mais gewonnen wird, gefunden, und der Herstellungsprozess nach und nach optimiert.

Marktreife

Die Cellulosepartikel sind bereits auf dem Markt und können nicht nur in Zahnpasta sondern beispielsweise auch in Cremes, Peelings, dekorativer Kosmetik oder Deodorants verwendet werden.

Mikroorganismen werden in vielen biotechnologischen Verfahren unter anderem zur Herstellung von Chemikalien und Medikamenten eingesetzt. Sie sind somit eine nachhaltige und oftmals effizientere Alternative zu den bis dato meist auf fossilen Rohstoffen basierenden Verfahren. Um auf die Mikrobenvielfalt und deren großes Anwendungspotenzial aufmerksam zu machen, wählen die Mitglieder der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) jedes Jahr die „Mikrobe des Jahres“. Für 2019 haben sie die Bakteriengattung Magnetospirillum gekürt.

Mikroben orientieren sich mittels Sauerstoffsensor und Magnetfeld

Magnetospirillum wurde 1963 erstmals von dem Italiener Salvatore Bellini entdeckt. Die Mikrobe lebt in Tümpeln und Meeren, vorrangig in tieferen und sauerstoffarmen Sedimentschichten. Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich um Bakterien mit magnetischen Eigenschaften: Mithilfe der Ausrichtung am Erdmagnetfeld und eines Sauerstoffsensors finden sie zu den für sie angenehmsten Sedimentschichten. 1990 isolierte Dirk Schüler, damals Student in Greifswald und heute Professor an der Universität Bayreuth, das noch weitgehend unbekannte Bakterium aus dem Schlamm eines Flusses. Das Timing war dabei von großer Bedeutung: „Als glückliche Fügung erwies sich zeitgleich der Fall der Mauer: Im Münchner Labor von Karl-Heinz Schleifer und Rudolf Amann untersuchten wir mit modernen Methoden das neuentdeckte Bakterium. Es wurde namensgebend für die Gattung Magnetospirillum“, so Schüler.

Bakterien nehmen Eisenionen aus der Umgebung auf

Inzwischen ist Magnetospirillum detailliert erforscht und ein wichtiger Modellorganismus für die Bildung bakterieller Organellen. Die magnetischen Eigenschaften basieren auf Ketten magnetischer Kristalle in der Zellmitte der Bakterien. Diese Kristalle richten sich wie eine Kompassnadel aus. Sie entstehen mithilfe spezieller Enzyme, die Eisenionen aus der Umgebung in die Bakterienzelle transportieren. Dadurch bilden sich Ketten aus 15 bis 30 Eisenoxid-Kristallen, die zusammen wie ein Magnet wirken.

Hohes Anwendungspotenzial für Biotechnologie und Biomedizin

Für die Biotechnologie und die Medizin bietet Magnetospirillum etliche Anwendungsmöglichkeiten, da die winzigen Magnete eine einheitliche Größe und Form sowie hohe Magnetisierung aufweisen, die synthetisch hergestellte Nanopartikel nicht erreichen. Diese Mikroben sind daher als magnetisches Kontrastmittel für die Magnetresonanztomographie (MRT), aber auch für andere Bildgebungsverfahren und die medizinische Diagnostik äußerst interessant. In Tierversuchen konnten bereits mithilfe von Magnetosomen Tumore verkleinert werden.

Auch der komplette Biosyntheseweg von Magnetospirillum ist mittlerweile entschlüsselt und wurde schon erfolgreich in fremde Bakterien übertragen. So lassen sich laut Schüler Größe, Form und Magnetisierung der Mikroben nach Bedarf gentechnisch variieren. „Mit fremden Genen bringen wir die Bakterien dazu, Magnetpartikel mit neuen Eigenschaften zu produzieren: interessante Enzymaktivitäten, Antikörper oder größere geordnete magnetische Strukturen“, so Schüler. Diese seien für technische oder biomedizinische Anwendungen von großem Interesse. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit sind sogenannte Mikroroboter: Hier werden die magnetischen Mikroben mit Medikamenten beladen und anschließend gezielt an den gewünschten Wirkungsort im Körper gesteuert.

jmr

Microorganisms are used in and for many biotechnological processes, including the production of chemicals and drugs. They offer a sustainable and often more efficient alternative to processes that were previously mostly fossil-based. In order to draw attention to the diversity of microbes and their enormous potential for many different applications, the members of the Association for General and Applied Microbiology (VAAM) elect the "Microbe of the Year" every year. For 2019, they have chosen the species of Magnetospirillum.

Microbes orient themselves via oxygen sensors and magnetic fields

Magnetospirillum was first discovered in 1963 by the Italian Salvatore Bellini. The microbe lives in puddles and oceans, mainly in deeper and low-on-oxygen sediment layers. As the name suggests, they are bacteria with magnetic properties: by aligning themselves with the earth's magnetic field and using an oxygen sensor, they find their way to their preferred sediment layers. In 1990, Dirk Schüler, then a student in Greifswald and now a professor at the University of Bayreuth, isolated the previously largely unknown bacterium from the mud of a river. The timing was very important: "At the same time, the fall of the Berlin Wall proved to be a lucky coincidence: In the Munich laboratory of Karl-Heinz Schleifer and Rudolf Amann, we used modern methods to study the newly discovered bacterium. It gave its name to the species Magnetospirillum," said Schüler.

Bacteria absorb iron from the environment

The bacteria have now been studied in detail and are an important model organism for the formation of bacterial organelles. Their magnetic properties are based on chains of magnetic crystals in the middle of the bacterial cells. These crystals align themselves like a compass needle. They are formed with the help of special enzymes that transport iron ions from the environment into the bacterial cell. As a result, chains of 15 to 30 iron oxide crystals are formed that - once combined - act like a magnet.

Large application potential for biotechnology and biomedicine

For biotechnology and medicine, Magnetospirillum offers countless possible applications, because the tiny magnets are uniform in size and shape and possess a high magnetization that synthetically produced nanoparticles cannot achieve. These microbes are therefore extremely interesting as contrast agents for magnetic resonance imaging (MRI), but also for other imaging procedures and medical diagnostics. Moreover, in animal experiments, magnetosomes have already been used to reduce the size of tumours.

The complete biosynthetic pathway of magnetospirillum has also been deciphered and has already been successfully transferred to foreign bacteria. According to the students, the size, shape and magnetization of the microbes can be genetically modified as required. "We use foreign genes to induce bacteria to produce magnetic particles with new properties: interesting enzyme activities, antibodies or larger ordered magnetic structures," said Schüler. These are of great interest for technical or biomedical applications. Another possible application is in so-called microrobots, in which the magnetic microbes are loaded with drugs and then directed to the desired site of action in the body.

jmr

Viele Pflanzen haben Strategien entwickelt, die sie befähigen, auch auf nährstoffarmen oder trockenen Böden zu wachsen. Diese Anpassungsfähigkeit ist wichtig, denn oft konkurrieren sie mit anderen Gewächsen auf engstem Raum um kostbare Nährstoffe, Wasser oder Sonnenlicht. Doch wofür entscheidet sich eine Pflanze in einer solchen Stresssituation: wachsen oder verteidigen?

Stresssituationen bei Pflanzen analysieren

Diesen Stressmechanismus bei Pflanzen wollen Forscher vom Institut für Pflanzenbiologie der Technischen Universität Braunschweig nun genauer unter die Lupe nehmen. Das Vorhaben wird über 18 Monate von der VolkswagenStiftung im Rahmen des „Experiment!“-Programmes unterstützt. Ziel des Projektes ist es, die Reaktionen der Organismen auf Stress zu analysieren. Ein Team um Projektleiterin Maria Pimenta Lange wird dabei der Frage nachgehen, wie sich Pflanzen konkret für Abwehr oder Wachstum entscheiden.

Molekulare Prozesse identifizieren

Dazu wollen die Braunschweiger Wissenschaftler das Stressmanagement von betäubten Pflanzen mit dem von unbetäubten Pflanzen vergleichen. Der Grund: Gewächse wie Mimosen, Venusfliegenfallen und Sonnentau zeigen deutliche Reaktionen bei Anästhesiebehandlungen: Sie verlieren ihre autonome und berührungsinduzierte Fähigkeit zur Bewegung. Dieses Wissen will das Team nutzen, um molekulare Reaktionen zu identifizieren, die für die Entscheidung in einer Stresssituation verantwortlich sind.

bb

Es war im Jahr 2010, als Brustimplantate aus billigem Industriesilikon einen Skandal in der Medizintechnik auslösten. Der Fall beschäftigte jahrelang die Gerichte und rückte dabei auch die Bedeutung der Biokompatibilität von biomedizinischen Materialien in den Fokus. Diese Materialien sind Werkstoffe, die für therapeutische oder diagnostische Zwecke im oder am Körper eines Patienten eingesetzt werden. An ihrer Sicherheit werden hohe Anforderungen gestellt – doch standardisierte, umfassende und schnelle Bewertungsmethoden fehlen bis heute.

Modularer Aufbau des Testsystems

Das von der Europäischen Union geförderte Forschungsprojekt PANBioRA will das ändern. Die international zusammengesetzte Projektgruppe entwickelt einen Prototypen mit dem Ziel, zahlreiche biologisch relevante Parameter überprüfen zu können. Das modulare System soll erfassen, ob ein Biomaterial Antikörperreaktionen auslöst, was in der Praxis beispielsweise Abstoßungen des Materials und Entzündungen zur Folge hätte. Es testet auch, ob Zellen oder Gewebe geschädigt werden und ob das Biomaterial das Erbmaterial verändert.

Schnelle und einfache Anwendbarkeit

Durch Befragungen von Anwendern in Forschungseinrichtungen und Krankenhäusern ermitteln die Projektpartner die praktischen Anforderungen und Erwartungen. Ein besonderes Augenmerk legen die Entwickler des Prototypen auf dessen schnelle und einfache Bedienung. Im Dialog mit Experten für Biomaterialien soll außerdem ein Rahmenwerk konzipiert werden, welche Parameter standardmäßig zur Sicherheitsbewertung von Biomaterialien gehören. Nicht zuletzt soll ein „Risikoradar“ die umfassende Bewertung von Risikomaterialien ermöglichen.

Erster Prototyp nach einem Jahr

Über ihre Fortschritte im ersten Projektjahr haben die Forscher unlängst bei einem Treffen in Albanien berichtet. Neben den Befragungsergebnissen und ersten Erfolgen bei den einzelnen Testkomponenten gab es sechs wissenschaftliche Fachpublikationen. Darüber hinaus konnte das Konsortium bereits einen Prototypen vorstellen.

bl

Nearly nine years ago, in 2010, breast implants made of cheap industrial silicone caused a scandal in medical technology. The case occupied the courts for many years and also focused on the issue of biocompatibility for biomedical materials. These materials are used for therapeutic or diagnostic purposes in or on a patient's body. Therefore, high demands are placed on their safety - but standardized, comprehensive and rapid evaluation methods are still lacking.

Modular structure of the test system

The research project PANBioRA, funded by the European Union, aims to change this. The international project group is developing a prototype that will be able to test numerous biologically relevant parameters. The modular system is intended to determine whether a biomaterial triggers antibody reactions, which in practice would lead to rejection of the material and inflammation. It also tests whether cells or tissue are damaged, and whether the biomaterial alters the genetic material.

Quick and easy to use

By interviewing users in research institutions and hospitals, the project partners determined the practical requirements and expectations. The developers of the prototype are paying special attention to its quick and easy operation. In dialogue with experts in biomaterials, a framework will also be developed that includes standard parameters for the safety assessment of biomaterials. Last but not least, a "risk radar" will enable the comprehensive evaluation of risk materials.

First prototype after one year

The research partners recently reported on their progress throughout the first project year at a meeting in Albania. In addition to the survey results and initial successes with the individual test components, they completed six scientific publications. Furthermore, the consortium was already able to present a prototype.

bl/ jmr

Die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikmüll betrifft längst nicht mehr nur Meere und Ozeane. Eine Meta-Studie hat erst kürzlich gezeigt, dass die Bedrohung durch Mikroplastik an Land noch viel größer ist als in Gewässern. Als Verursacher gelten auch hier Einwegartikel aus Kunststoffen, die in die Umwelt gelangen und so ganze Ökosysteme gefährden. Und was im Wasser treibt und Landschaften verschmutzt, macht auch vor Ackerböden nicht halt. Forscher der Universität Bayreuth zeigen erstmals in einer Studie, dass Plastikpartikel, ob groß oder klein, selbst auf konventionell bewirtschafteten Anbauflächen zu finden sind. Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen.

Ein Team um Christian Laforsch hatte in Mittelfranken ein 10.000 Quadratmeter großes Feld untersucht, auf dem neben Weizen, Gerste, eine Kreuzung von Weizen und Roggen (Triticale) sowie Luzerne und Weißer Senf angebaut wurden. Gedüngt wurde hier ausschließlich mit Stallmist von Kühen und Schweinen sowie Stickstoffdünger. Gewächshäuser aus Kunststoff, Mulchfolien und andere plastikhaltige Hilfsmittel kamen nicht zum Einsatz.

Vor allem Plastikpartikel aus Polyethylen im Ackerboden

Zum Aufspüren von Makro- und Mikroplastikpartikeln im und auf dem Ackerboden, nutzte das Team die Fourier-Transformations-Infrarotspektrometrie (FTIR). Der Studie zufolge konnten mit Hilfe dieser Technik, allein auf der Oberfläche des Bodens insgesamt 81 Makroplastikteilchen mit einer Größe von mehr als fünf Millimetern identifiziert werden. Bezogen auf die Gesamtfläche ergibt sich somit eine Makroplastikbelastung von 206 Teilen pro Hektar. Insgesamt spürten die Forscher sechs verschiedene Kunststoffarten auf. In 68% der Fälle handelte es sich um Makroplastikteile aus Polyethylen - ein Kunststoff, der besonders oft für Einwegverpackungen verwendet wird. 14% der Plastikpartikel waren aus Polystyrol. Der Anteil von Polypropylen lag wiederum bei 8% und der von PVC bei 5%.

Darüberhinaus wurde der Boden auch stichprobenartig auf Mikroplastikteilchen untersucht. Diese weniger als fünf Millimeter kleinen Partikel sind in der Regel für das bloße Auge kaum sichtbar. Hier zeigte sich, dass der Ackerboden pro Kilogramm Trockengewicht im Durchschnitt 0,34 Mikroplastikteilchen enthielt. Hochgerechnet auf eine Fläche von einem Hektar bedeutet das eine Kontamination von mindestens 150.000 Mikroplastikteilchen. Auch hier war der Anteil von Polyethylen mit 62,5% am größten. „Unsere Berechnungen zeigen, dass die Anzahl der Mikroplastikpartikel pro Hektar punktuell noch viel höher liegen kann“, erklärt Martin Löder, Experte für Mikroplastikforschung an der Universität Bayreuth.

Kontamination der Äcker durch Plastik weitaus größer

Mit Blick auf die noch relativ sanfte konventionelle Bewirtschaftung des untersuchten Ackerbodens gehen die Forscher davon aus, dass die Kontamination der Ackerböden insgesamt weitaus größer ist. „Ackerland, das über größere Zeiträume hinweg mit einem kunststoffverunreinigten Dünger - wie zum Beispiel Kompost aus bestimmten Kompostieranlagen oder Klärschlamm - bearbeitet wird, dürfte größere Mengen an Partikeln enthalten. Dies gilt ebenso für Agrarflächen, die mit Kunststoff-Gewächshäusern und Mulchfolien bewirtschaftet werden“, erklärt Sarah Piehl, Erstautorin der Studie und Doktorandin an der Universität Bayreuth.

Mikroplastik stammt zum Großteil aus Makroplastik

Woher die Kunststoffpartikel stammen, konnte nicht eindeutig festgestellt werden. Die Bayreuther Forscher vermuten, dass die Makroplastikteile entweder versehentlich auf dem Bauernhof in den Stallmist geraten sind oder von achtlos entsorgtem Müll stammen, den der Wind aufs Feld geweht hat. Bei den Mikroplastikpartikeln handelt es sich zum Großteil um Fragmente, die vom Makroplastik stammen. Diese könnten entweder durch natürliche Stoffwechselprozesse oder durch landwirtschaftliche Techniken, wie etwa das Pflügen, zu Mikroplastik zerkleinert worden sein. „Allein die Tatsache, dass mehr als ein Drittel der globalen Landfläche landwirtschaftlich genutzt wird, zeigt, dass die Forschung auch in diesem Bereich erheblich intensiviert werden muss“, sagt Christian Laforsch.

Mit einem Verbot von Einwegplastikprodukten wie Obst- und Gemüsebeutel, To-go-Kaffeebecher oder Take-away-Essensboxen will die EU diese Umweltbelastung eindämmen. Das EU-Parlament gab im November 2018 dafür bereits grünes Licht

bb

Solarenergie und Solartechnik sind eine nachhaltige und umweltschonende Methode der Energiegewinnung. Abgesehen von der Speicherung der so gewonnenen Energie ist auch die Effizienz dieser Methode noch ausbaufähig. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Wissenschaftlern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat sich nun Pflanzen und deren „Solarzellen“ zum Vorbild genommen, um die Effizienz der Solarenergiegewinnung zu verbessern. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Chemistry“ vor.

Mehr einfallende Energie durch Lichtantennen

Die Photosynthese ist ein ebenso komplexer wie essenzieller Prozess, der nicht zuletzt den von uns benötigten Sauerstoff produziert. Zu diesem Zweck nutzen Grünpflanzen, Algen sowie manche Bakterien mithilfe des grünen Farbstoffes Chlorophyll Sonnenlicht als Energiequelle. Das Chlorophyll nimmt die elektromagnetische Lichtenergie auf, wodurch chemische Reaktionen in Gang gesetzt werden. Diese finden im Kern von komplexen Proteinstrukturen statt, genannt Photosystem I und II. Damit diese komplexen Prozesse so effektiv wie möglich ablaufen, sind die Reaktionszentren der Photosysteme umringt von lichtabsorbierenden Farbstoffen. Diese „Lichtantennen“ vergrößern die Fläche, auf die die Lichtenergie auftreffen kann, und erweitern das Spektrum von nutzbaren Wellenlängen. Beides sind Voraussetzungen für eine günstige Energiebilanz. In der Natur gibt es etwa 30 Antennen pro Reaktionszentrum. Wissenschaft und Technik arbeiten schon lange daran, diese enorme Effizienzsteigerung nachzuahmen.

Netz aus lichtabsorbierenden Kristallen formen Sammelblock

Für ihren Ansatz haben Physiker der FAU um Dirk Guldi und seinem ehemaligen Mitarbeiter Konstantin Dirian nun insbesondere das Photosystem II genauer unter die Lupe genommen. In den neu entwickelten Systemen lagern sich lichtabsorbierende Kristalle, wie sie in Leuchtdioden, Transistoren und Solarzellen bereits verwendet werden, zu einem Netz aus sechseckigen Waben um einen wasseroxidierenden Katalysator mit vier Ruthenium-Metallatomen im Zentrum. In dem selbstorganisierenden chemischen Prozess entstehen dann aus diesen „Kleinstkraftwerken“ zweidimensionale Lamellen. Schließlich formen diese übereinanderliegenden Schichten einen gemeinsamen Block, in dem sich die aus der Sonnenstrahlung gewonnene Energie sammelt. 

Zwar ist dadurch die ideale räumlich-funktionelle Anordnung der natürlichen Photosysteme noch immer nicht vollständig erreicht, doch das Prinzip der Natur wird widergespiegelt und die Fähigkeit Licht einzufangen deutlich verbessert. Mithilfe dieser technischen Neuerung hoffen die Forschenden, die Effizienz der Solartechnik in naher Zukunft noch weiter auszubauen und der Pflanzen anzunähern.

jmr

2018 war der Sommer in Deutschland ungewöhnlich trocken. Viele Pflanzen haben nicht überlebt, da sie auf Wasser angewiesen sind: Ohne Regen fehlt ihnen nicht nur der Wassernachschub über die Wurzeln. Über ihre Blätter verlieren sie obendrein gespeichertes Wasser. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Heidelberg hat nun herausgefunden, wie Pflanzen versuchen, sich vor diesem Effekt zu schützen. Das Mineral Sulfat spielt dabei eine besondere Rolle, wie die Wissenschaftler in den Fachjournalen „The Plant Cell“ und „Plant Physiology“ aufzeigen.

Einfluss der Umweltfaktoren verstehen

Um für die Photosynthese Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen zu können, weisen Pflanzenblätter spezielle Poren auf. Durch diese Poren kann jedoch auch Wasser aus den Blätter verdunsten. Wie weit diese Poren geöffnet sind und wie schnell die Pflanze somit Wasser verliert, reguliert das Trockenstresshormon Abscisinsäure (ABA). „Um Nahrungspflanzen mit einer größeren Widerstandsfähigkeit gegen Wassermangel und Dürre züchten zu können, müssen wir verstehen, wie Umweltfaktoren die Bildung des Hormons ABA regulieren“, erklärt Markus Wirtz vom Centre for Organismal Studies (COS) der Universität Heidelberg.

Signal von der Wurzel an die Blätter 

Genau diesem Ziel sind die Pflanzenforscher nähergekommen. Bereits 2017 entdeckte das Team, dass sich in den Wasserleitungsbahnen der Pflanzen bei beginnender Dürre Sulfat ansammelt. Nun konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass dieses Mineral indirekt die Blattporen schließt, indem es das Hormon ABA vermehrt. „Wir waren selbst überrascht, wie effizient Sulfat die Synthese von ABA anstößt und damit den Verschluss der Poren reguliert“, berichtet Rüdiger Hell vom COS. Das neu gewonnene Verständnis darüber, wie das Signal für Wassermangel aus der Wurzel in die Blätter weitergeleitet wird, soll nun helfen, die Trockentoleranz wichtiger Nahrungspflanzen zu verbessern.

bl