Aktuelle Veranstaltungen

Mehr als 4.300 Projekte hat die Europäische Union in ihrem Umweltförderprogramm LIFE bereits unterstützt. Jedes Jahr werden die innovativsten Vorhaben mit dem Life Best Project Award prämiert. Noch bis Ende Mai läuft das öffentliche Voting, bei dem jeder Bürger online über sein Lieblingsprojekt abstimmen darf. Auch ein Bioökonomie-Projekt mit deutscher Beteiligung ist unter den 25 nominierten Vorhaben: Leibniz-Forscher aus Potsdam haben ein Verfahren entwickelt, um Abfälle aus der Backindustrie in Bioplastik umzuwandeln.

LIFE ist seit 1992 das Förderprogramm der EU für Umwelt, Naturschutz und Klimapolitik. Im Rahmen dieses Programms wurden bis heute über 4.300 Projekte ko-finanziert. In der aktuellen Förderperiode (2014-2020) stehen 3,4 Milliarden Euro für die Projektfinanzierungen zur Verfügung. Die 25 innovativsten und vielversprechendsten Vorhaben werden alljährlich für den LIFE Environment Best Project Award nominiert. In einem Voting können die Bürger dann über ihre Lieblingsumweltprojekt entscheiden. Der Sieger wird bei der Green Week in Brüssel ausgezeichnet.

Bioplastik aus Brotresten

In diesem Jahr haben es auch mehrere Bioökonomie-Projekte in die engere Auswahl geschafft. Darunter ist auch das BREAD4PLA-Projekt, das nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip aus alten Brotresten neues Verpackungsmaterial gewonnen hat. Das Konsortium wird Plastikforschungsinstitut AIMPLAS in Spanien koordiniert und besteht aus Agraringenieuren, Chemikern und Biotechnologie-Experten, darunter auch vom Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam. Die Forscher haben von 2011 bis 2014 daran gearbeitet, aus Backresten eine transparente, dehnbare und zu 100 % biologisch abbaubare Folie herzustellen.  Dafür wurden sie mit knapp 490.000 Euro von der Europäischen Kommission unterstützt. (Projektzusammenfassung: hier klicken)

Allein in Deutschland fallen jährlich etwa 18 Millionen t Lebensmittelreststoffe an, die als Ausgangsmaterial für Produktion von Milchsäure, einem Grundstoff für Bioplastik, genutzt werden kann. Aber auch in Großbritannien gibt es große Menge alte Backwarenreste.  Die Leibniz-Forscher um Joachim Venus haben gemeinsam mit ihren Kollegen aus Spanien ein enzymbasiertes Fermentationsverfahren entwickelt, um zunächst Milchsäure und in einem weitere Schritt PLA herzustellen. Bei PLA handelt es sich um einen kompostier- und recycelbaren Bio-Kunststoff, der eine umweltfreundliche Alternative zu erdölbasierten, thermoplastischen Kunststoffen ist. In ihrem System ließen sich bis zu 4000 t Backwarenrest pro Jahr verwerten, schreiben die Forscher in ihrer Projektzusammenfassung. Aus dem Abfall einer Backfirma ließe sich so durchschnittlich 680 t neue Bioplastik generieren.

Viele innovative Projekte stehen zur Auswahl

Noch bis zum 30. Mai um 23 Uhr kann jeder EU-Bürger online seine Stimme darüber abgeben (hier gehts zum Voting), ob ihm dieses oder eines der anderen 24 Projekte am besten gefällt. Zur Auswahl stehen auch andere ökologische Projektideen. Etwa eine von Solarkraft angetriebenen Aufbereitungsanlage von Meerwasser, bei der als Endprodukt kommerziell nutzbares Salz und Trinkwasser zur Verfügung stehen soll (SOL-BRINE) oder ein Projekt zur Nutzung bisher nicht verwerteter städtischer Abfälle (ENERGY-WASTE). Eine Liste aller nominierten Projekte ist auf folgender Website zu finden: https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/bestlifeenv2015
Welches Projekt gewinnt wird sich Anfang Juni bei der Green Week in Brüssel entscheiden, dann wird der Gewinner offiziell ausgezeichnet.

Wie kann die Gesundheit von Pflanzen abseits konventioneller Düngemittel oder Saatzugaben unterstützen? Eine Alternative könnten Naturheilmittel sein, wie sie seit Langem in der Humanmedizin zum Einsatz kommen. Im Rahmen einer neuen Forschungspartnerschaft wollen die Konstanzer Bioplant Naturverfahren GmbH und das Büro für Biologische-Ökologische Beratung nun die Wirkung von auf Naturheilstoffen basierenden Pflanzenstärkungsmitteln genauer untersuchen und neue Produkte entwickeln. Der Grundstein für die Zusammenarbeit wurde im Bodenseeer Vierländer-Netzwerk für Life Sciences "Biolago" gelegt. Unterstützt wird das Projekt durch Innovationsgutscheine des Landes Baden-Württemberg.

Ob gegen Husten, Fieber oder Bluthochdruck – die Natur hält für zahlreiche Krankheiten ein Heilmittel parat. Die Medizin bedient sich dieser Substanzen seit Langem, um Mensch und Tier zu kurieren. Diese Naturheilstoffe könnten aber auch eine umweltfreundliche und gesundheitsverträgliche Alternative zu konventionellen Pflanzenstärkungsmitteln sein. Wie die auf Basis von Naturheilmitteln bestehenden pflanzlichen Fitmacher genau wirken, ist bislang aber wenig bekannt. Das Konstanzer Unternehmen Bioplant Naturverfahren GmbH ist auf die Herstellung biologischer Pflanzen-, Wasser- und Bodenhilfstoffe spezialisiert. Gemeinsam mit dem Büro für Biologische-Ökologische Beratung in Koblenz will der Naturheilmittelexperte das Potenzial bestehender Produkte erweitern und neue natürliche Planzenstärkungsmittel entwickeln. Dafür wollen sie gezielt untersuchen, wie die bestehenden natürlichen Stärkungspräparate auf die unterschiedlichen in der Landwirtschaft genutzten Pflanzenarten wirken.

Wirkung der Endophyten im Blick

Im Fokus steht dabei der Einfluss von Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien auf Wachstum und Schädlingsresistenz der Pflanzen. Die Experten sind überzeugt, dass die in den Pflanzen lebenden Mikroorganismen – die endophytische Begleitflora –dabei eine wichtige Rolle spielen könnten. Studien belegen: Bei den meisten mit natürlichen Pflanzenstärkungsmitteln behandelten Nutz- und Zierpflanzen haben Endophyten – sowohl Pilze als auch Bakterien – einen positiven Effekt auf die Wirtspflanzen. Sie können die Vitalität und das Wachstum steigern, die Nährstoffaufnahme fördern und die Pflanzen gegen Umweltstress und Schädlinge widerstandsfähig machen.

Im Rahmen der Forschungspartnerschaft wird das Büro für Biologische-Ökologische Beratung zunächst Literaturrecherchen zum Vorkommen von Endophyten und deren positiven Effekten durchführen. „Inzwischen haben wir Arbeitsanleitungen für Laborversuche erstellt“, so Michael Ernst vom wissenschaftlichen Beratungsbüro. Darüber hinaus wurden bereits Modelltestsysteme für künftige standardisierte Tests von Pflanzenstärkungsmitteln ermittelt, die vielversprechend sind.

Pflanzenstärkungsmittel gezielter einsetzen

Der Naturheilmittelspezialist Bioplant untersucht bereits den Einfluss verschiedener bewährter Präparate auf die Endophytenzusammensetzung verschiedener landwirtschaftlich genutzter Pflanzenarten. Mit einem besseren Verständnis des Wirkmechanismus hofft das Konstanzer Unternehmen natürliche Pflanzenstärkungsmittel künftig noch gezielter einsetzen zu können. „Aber auch Neuentwicklungen sollen im Hinblick auf die nützliche mikrobielle Begleitflora optimiert werden“, erklärt Bioplant-Geschäftsführer Rolf Würthle.

Der Grundstein für die neue Forschungsallianz wurde im Bodenseeer Netzwerk Biolago gelegt. Das Life Science Cluster bringt Unternehmen und Forscher aus den viel Ländern Deutschland, Schweiz, Österreich und Liechtenstein zusammen und fördert Innovationen sowie Unternehmensgründungen. Das neue Konstanzer Projekt wird vom Land Baden-Württemberg gefördert.

Katalysatoren wie Enzyme können chemische Prozesse ankurbeln. Gleichfalls sind sie der Schlüssel, um chemische Stoffe auf effiziente und ressourcenschonende Weise umzuwandeln. Das nachhaltige Potenzial dieser Helfer für die weltweite Wirtschaft ist groß. Mit dem Neubau eines Forschungsgebäudes auf dem Campus Garching will die Technische Universität München (TUM) die Katalyseforschung vorantreiben. In dem soeben eröffneten TUM Catalysis Research Center (CRC) werden  künftig Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche der TUM mit Industriepartnern unter einem Dach an neuen Möglichkeiten für den Einsatz von Katalysatoren für eine nachhaltige Wirtschaft forschen. Der Bau des insgesamt 84 Millionen Euro teuren Gebäudes wurde zu knapp einem Drittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

Katalysatoren sind für die chemische Industrie wie das Salz in der Suppe unverzichtbar. Mit Blick auf eine nachhaltige Wertschöpfungskette werden sie immer wichtiger. Der Grund: Sie können wesentlich dazu beitragen, biogene Rohstoffe besser zu nutzen sowie die Gewinnung, Speicherung und Umwandlung der Energie verbessern. Viele Fragen, wie etwa die katalytische Nutzung von Naturgas (Methan) zur Produktion weiter veredelter chemischer Zwischenprodukte verwendet werden kann, sind bisher aber nicht beantwortet. Das soll sich künftig ändern. Mit dem Neubau eines Forschungsgebäudes hat die Technische Universität München den Weg zur internationalen Katalyseforschung eingeschlagen. Auf dem Forschungscampus Garching wurde am 9. Mai – in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gebäude der Fakultät für Chemie - offiziell das TUM Catalysis Research Center (CRC) eingeweiht. „Die Produktvielfalt unserer führenden Technologiegesellschaft wird künftig nur darstellbar sein, wenn mithilfe spezifischer Katalysatoren Wertprodukte aufgebaut, Überflussprodukte abgebaut und Schadstoffe vermieden werden“, betonte  TUM-Präsident Wolfgang A. Herrmann.

Forschung ohne Grenzen

Wissenschaftler aus fünf Fakultäten sowie Kooperationspartner aus der Industrie werden hier zukünftig unter einem Dach an den Herausforderungen der energie- und der ressourcenschonenden Produktion von chemischen Grundstoffen, Feinchemikalien und pharmazeutischen Produkten forschen. Dafür stehen ihnen hochmoderne Laborräume im neuen Komplex zur Verfügung. „In dieser Forschung gibt es zwischen den klassischen Disziplinen der Ingenieur- und Naturwissenschaften keine Grenzen mehr“, so Hermann weiter. Parallel zum Bau des neuen Katalysezentrums wurde an der TUM das Spektrum um Professuren wie Bioanorganische Chemie, Computergestützte Biokatalyse oder Industrielle Biokatalyse erweitert.

Synergien optimal bündeln

„Mit dem neuen Zentralinstitut für Katalyseforschung haben wir nun einen Ort geschaffen, an dem die hier bestehenden Synergien in optimaler Weise zusammenfließen und wirksam werden“, betont Stefan Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im BMBF anlässlich der Einweihung des Gebäudes.  29 Millionen Euro hatte das Bundesforschungsministerium in den Garchinger Bau investiert. Das Zentrum ist zugleich Sitz der strategischen Forschungsallianz „Munich Catalysis“ (MuniCat), in der TUM-Wissenschaftler gemeinsam mit Forschern der Clariant AG im Bereich der chemischen Katalyse zusammenarbeiten. Darüber hinaus kooperiert das CRC mit dem Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing, wo unter anderem Ethanol aus Agrarreststoffen biokatalytisch erzeugt wird.

bb

Forscher aus Oldenburg und Frankfurt am Main haben untersucht, wie sich der weltweite Schiffverkehr auf die Verbreitung fremder Tier- und Pflanzenarten auswirkt.  Mit Hilfe einer neuen Modellierungsmethode konnten sie das Risiko einer Invasion fremder Meeresbewohner errechnen, die als blinde Passagiere an Bord der Frachtschiffe in neue Regionen gelangen. In der im Fachjournal PNAS (2016, Online-Veröffentlichung) erschienen Studie kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass in Gegenden mit hohem Schiffsaufkommen und gemäßigtem Klima zukünftig mit solchen „Einwanderern“ verstärkt zu rechnen ist. In der Nordsee wurden bereits Algen gesichtet, die aus asiatischen Gewässern stammen.

Ein Großteil des weltweiten Handels wird über den Schiffsverkehr abgewickelt. Doch an Bord der Handelsschiffe werden längst nicht nur Waren transportiert. Schiffsrümpfe und Tanks mit Ballastwasser sind ein beliebter Hort für Tiere und Pflanzen, die unbemerkt  in den Häfen ihrer Heimatländer an Bord gehen und in fremden Ländern genauso unauffällig das Schiff wieder verlassen. Das Problem: Eine Invasion fremder Tier- und Pflanzenarten kann ganze Ökosysteme verändern und Schäden in Milliardenhöhe verursachen.

Forscher vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main und der ICBM der Universität Oldenburg haben daher das Reiseverhalten der blinden Passagiere im Frachtschiffverkehr genauer untersucht. „Es ist wichtig zu wissen, wann und wo Tierarten in unsere Ozeane einwandern, um negative  Auswirkungen zu vermeiden beziehungsweise zu verringern“, erklärt Hanno Seebens vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main und Hauptautor der Studie.

Simulationsmodell erweitert

Mithilfe eines neuen Modellierungsmodells konnte das Team aufzeigen, wie der globale Frachtschiffverkehr die Ausbreitung fremder Tier- und Pflanzenarten befördert und in welchen Regionen die „Einwanderung“ am größten sein wird. „Für unsere Simulationen benutzen wir ein mathematisches Modell, welches Daten über Schiffsbewegungen und Schiffsgrößen mit Wassertemperaturen und Salzgehalt des Wassers verbindet, um die Wahrscheinlichkeit einer Invasion zu bestimmen“, erläutert Bernd Blasius vom Oldenburger ICBM. Im Vergleich zu früheren Modellen kann das neue System erstmals auch errechnen, welche Tier- und Pflanzenarten auswandern werden. Dafür wurde das Programm  mit Verbreitungskarten von potenziell invasiven Arten gekoppelt

Klimawandel befördert Invasion

Der Studie zufolge werden in der Nordsee und an den Küsten der USA zukünftig vermehrt solche Eindringlinge zu erwarten sein. Als Grund werden die ähnlichen Bedingungen in den Meeresregionen genannt, die zudem durch einen regen Schiffsverkehr mit einander verbunden sind. „In der Nordsee konnten sich bereits zwei neue Algen-Arten – Prorocentrum minimum und Polysiphonia harveyi – ansiedeln, die wir als Hochrisiko-Arten eingestuft haben. Hier haben sich unsere Vorhersagen schon bestätigt“, berichtet Seebens. Vor allem an der Westküste der USA rechnen die Forscher in Folge des globalen Klimawandels und der damit verbundenen Erhöhung der Wassertemperatur mit einer besonders großen Invasion fremder Tier- und Pflanzenarten. „Der Klimawandel erhöht die Gefahr einer Invasion – dort beobachten wir heute schon erste Einwanderungen aus Asien als Folge der erhöhten Wassertemperatur“, ergänzt Seebens.

Maritime Eindringlinge stoppen

Ziel der Forscher ist es, mithilfe der gesammelten Informationen aus dem Modellsystem eine Invasion der marinen Tier- und Pflanzenarten zu verhindern. Denn die Einwanderung invasiver Arten verursacht allein innerhalb der Europäischen Union Kosten von mehreren Milliarden Euro pro Jahr. Das neue Modellierungssystem kann Seebens zufolge problemlos erweitert werden, um die Ausbreitung anderer Tier- und Pflanzenarten zu untersuchen.

Ob als Biosprit oder Baumaterial: Stroh gewinnt als Biomasse zunehmend an Bedeutung. Seine energetische Nutzung zur Biogaserzeugung war bisher jedoch begrenzt. Das Problem: die getrockneten Halme und Blätter waren schwer verwertbar und bildeten im Fermenter Schwimmschichten, die den Prozess behinderten. Forscher vom Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) in Dresden haben das Problem nun gelöst. Unter Zugabe von Natronlauge wurden aus voluminösen Strohballen sogenannte Pellets, die handlich, gut dosierbar und kostengünstig zu transportieren sind und zudem die Gasausbeute deutlich steigern. Für die Neuentwicklung wurde das Dresdner Team mit den auf 10.000 Euro dotierten Biogas-Innovationspreis der Deutschen Landwirtschaft ausgezeichnet.

Im Sommer sind sie ein beliebtes Fotomotiv – die gold-gelben Strohballen auf den Feldern. Ausgedroschen und getrocknet werden die Halme und Blätter von Weizen, Gerste oder Roggen seit Jahrhunderten als Futtermittel, Baumaterial oder Brennstoff genutzt. In der jüngsten Vergangenheit bekommt der Rohstoff neuen Aufwind. Bei der Suche nach Alternativen zu den in der Industrie weitverbreiteten fossilen Rohstoffen hat sich Stroh als nachhaltige und preiswerte Biomasse bei der Herstellung von Treibstoff, Putz- oder Desinfektionsmitteln durchgesetzt. Der Vorteil: Stroh ist nicht nur in großen Mengen verfügbar, sondern stellt im Gegensatz zu Mais auch keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelwirtschaft dar.

Unbehandeltes Stroh schwer verwertbar

Die energetische Nutzung von Stroh zur Biogaserzeugung war bisher jedoch arg eingeschränkt und lag gerade bei fünf Prozent. Der Grund: In den Nassfermentern der Biogasanlagen neigte das unbehandelte Stroh schnell zur Bildung von Schwimmschichten, was zu erheblichen Betriebsproblemen führte. Außerdem bewirkten pflanzliche Bestandteile wie Lignin, dass energiereiche Stoffkomponenten wie Zellulose und Hemizellulose nur schwer von Mikroorganismen in Biogasanlagen aufgespaltet werden können. Dieses Problem haben Forscher vom Fraunhofer-IKTS aus Dresden nun gelöst. Das Team um Björn Schwarz fand heraus:  Eine effektive Vergärung von Stroh ist nur durch eine entsprechende Aufbereitung des Rohstoffs und durch die Auflösung der Lignozellulose-Strukturen möglich.

Stroh zu Pellets gepresst

Auf dieser Grundlage entwickelten die Dresdner ein Verfahren, bei dem das voluminöse Stroh zu handlichen Pellets gepresst wird. Zunächst wird das Stroh in einer Hammermühle zerkleinert, wobei natürliche Wachs- und Schutzschichten teilweise aufgelöst werden. Gleichzeitig kommt verdünnte Natronlauge hinzu, die in der Biogasanlage zu einem sogenannten verdauungsfördernden Effekt und somit zu einer Erhöhung der Gasausbeute um bis zu 20 Prozent führt. Beim anschließenden Pressen des Strohs zu Pellets wird schließlich nahezu die gesamte Luft aus den Poren entfernt.

Problem der Schwimmschichtbildung gelöst

Die Vorteile der Biogaspellets liegen auf der Hand: sie sind klein und wesentlich kostengünstiger zu transportieren als große Strohballen. Zudem sind sie mechanisch robust, lassen sich gut lagern und dosieren. Damit eignen sie sich, um problemlos für einen Einsatz in bestehenden Biogasanlagen. Durch die Rückführung der Gärreste auf die Felder bleibt bei dieser energetischen Nutzung zudem der Humuskreislauf geschlossen. Das Entscheidende jedoch: Da die einzelnen Pellets dichter als Wasser sind, kommt es im Biogas-Fermenter zu keiner Schwimmschichtbildung mehr. Die Pellets gehen sofort unter und lösen sich innerhalb einer Stunde komplett auf. In Kombination mit einer mechanisch-chemischen Behandlung konnten die Dresdner Forscher die Gasausbeute gegenüber unbehandeltem Stroh sogar um bis zu 40 Prozent steigern.

Innovationspreis für Biogas-Pellets

Mit dem von Fraunhofer-Forscher Schwarz entwickelten Verfahren wurde das Tor zur breiteren Anwendung von Stroh zur Biogasherstellung geöffnet. Dafür wurde das Fraunhofer-Team auf dem Biogas-Innovationskongress Ende April in Osnabrück ausgezeichnet. In der Kategorie Wissenschaft erhielte es den auf 10.000 Euro dotierten Biogas-Innovationspreis der Deutschen Landwirtschaft. Das Preisgeld wurde von der Landwirtschaftlichen Rentenbank zur Verfügung gestellt. „Wir würden uns sehr freuen, wenn seitens der Politik eine Art Nachhaltigkeitsbonus für Stroh und Wirtschaftsdünger im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt wird, um Bestandsanlagen künftig eine nachhaltige Perspektive zu geben“, sagte Björn Schwarz anlässlich der Preisverleihung.

Die Helmholtz-Gemeinschaft fördert mit 4 Millionen Euro den Aufbau eines neues Innovation Labs für Biotechnologie am Forschungszentrum Jülich. Das „Microbial Process Lab-Mibiolab“ soll innovative Technologien für die Entwicklung von Produktionsprozessen auf der Basis von Mikroorganismen bereitstellen. Das Jülicher Labor ist eines von insgesamt sieben Innovation Labs, die von der Forschungsgemeinschaft in den kommenden Jahren eingerichtet werden. Das Ziel: Unternehmen frühzeitig und damit langfristig in gemeinsame Entwicklungsprojekte einbinden. Für den Aufbau der neuen Kooperationsplattformen stellt die Helmholtz-Gemeinschaft rund 12 Millionen Euro zur Verfügung.

Von der Idee bis zur Markteinführung ist es ein langer Weg. Deshalb setzt die Helmholz-Gemeinschaft auf sogenannte Innovation Labs. Das Ziel: Forschung und Unternehmen frühzeitig zusammenbringen, um den Technologietransfer zu beschleunigen. 12 Millionen Euro will die Forschungsgemeinschaft in den kommenden fünf Jahren in den Ausbau und die Etablierung von insgesamt sieben Innovation Labs investieren. Das Spektrum der Labore reicht dabei von User-Labs und Service-Einheiten bis hin zu Joint Labs oder Open-Innovation-Plattformen. Knapp 4 Millionen Euro fließen davon allein nach Jülich. Am dortigen Forschungszentrum soll mit dem "Microbial Process Lab" (MiBioLab) ein neuartiges Labor für Biotechnologie eingerichtet werden. Am neuen Innovation Lab sollen innovative Technologien für die Entwicklung von Produktionsprozessen für Mikroorganismen entstehen.

Stamm-Phänotypisierung beschleunigen

Die molekularen Werkzeuge zur genetischen Veränderung von Mikroorganismen haben sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Heute können bereits in sehr kurzer Zeit große Stammbibliotheken für die unterschiedlichsten Organismen erstellt werden. "Doch zur Entwicklung wirtschaftlicher Produktionsprozesse – für die Herstellung von Chemikalien, Pharmazeutika, Futter- oder Lebensmittelzusätzen – ist nur ein kleiner Bruchteil der katalogisierten Stämme geeignet. Die schnelle Stamm-Phänotypisierung – also die quantitative Analyse von strukturellen und funktionellen Eigenschaften der Mikroorganismen – ist damit für die Entwicklung dieser Produktionsprozesse unerlässlich", erklärt Stephan Noack vom Bereich für Biotechnologie des Instituts für Bio und Geowissenschaften.

Neue Ansätze und Verfahren für Bioprozessentwicklung

Im neuen Jülicher Innovation Lab werden sich die Arbeiten auf eine schnelle Phänotypisierung und eine zielgerichtete Bioprozessentwicklungen konzentrieren. Dabei werden die Wissenschaftler eng mit Partner aus der Industrie zusammenarbeiten, um neue Ansätze und Verfahren für Bioprozesseentwicklung im Labormaßstab zu entwickeln. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere Aspekte der Automatisierung und Miniaturisierung.

Insekten auf dem Teller sind hierzulande natürlich noch ein exotischer Gaumenkitzel. In Ländern wie Thailand oder Korea stehen die Krabbeltiere seit Jahrhunderten auf der Speisekarte und werden sogar speziell zum Verzehr gezüchtet. Ernährungsexperten zufolge könnten Made & Co künftig auch vermehrt auf unserem Teller landen und Karriere als Proteinquelle in der Futtermittelindustrie machen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine repräsentative Umfrage zum Thema durchgeführt. Zudem plädiert das BfR dafür, Insekten stärker auf toxikologische und mikrobiologische Sicherheitsaspekte hin zu untersuchen, um Vorbehalte auszuräumen.

Mehr als 1.900 Insektenarten werden nach Einschätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) weltweit gegessen – und das von Mensch und Tier. In Europa ist das nicht angesagt. Ein wesentlicher Grund: Der Ekelfaktor überwiegt. Schon die Vorstellung, Raupen, Heuschrecken oder Mehlwürmer zu essen, sorgt hierzulande für Unbehagen. Wissenschaftler sehen das anders: Für sie gelten Insekten seit Langem als ernährungsphysiologisch günstige Nahrungsquelle und sinnvolle Alternative zum Fleisch mit großem Potenzial, die Probleme der Welternährung zu lösen. Insekten zählen lebensmittelrechtlich in der EU zu den neuartigen Lebensmitteln.

Hoher Proteingehalt und wenig Fett

Ein Plus: der Proteingehalt ist bei Insekten mit 33 bis 77 Prozent überdurchschnittlich hoch und könnte somit Proteinimporte wie Soja ersetzen. Auch beim Fettanteil von nur 13 bis 33 Prozent können die Tiere überzeugen und liefern dabei sogar den gleichen Energiewert wie Fleisch. Der Haken: Ob der Verzehr von Insekten dem Menschen schaden kann, ist weitestgehend unklar. Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR geht daher in die Offensive. Die Experten plädieren dafür, die gesundheitlichen Risiken der Insekten als Lebens- und Futtermittel besser zu erforschen.

Insekten als Tierfutter befürwortet

Hintergrund ist eine repräsentative Umfrage, deren Ergebnisse das Institut bei einem Symposium in Berlin am 24. Mai vorstellte. „Insekten als Nahrungsquelle stoßen zunehmend auf öffentliches Interesse. Umso wichtiger ist es zu klären, wie sicher diese neuen Lebensmittel sind“, sagt BfR-Vizepräsident Reiner Wittkowski. Der Umfrage nach würde die Mehrheit der Deutschen Insekten zwar als Tierfutter befürworten, als Lebensmittel gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Dabei wird bei den Befragten durchaus der hohe Eiweißgehalt als Vorteil erkannt. Doch auch wenn gesundheitlichen Risiken eher nicht befürchtet werden, die Mehrheit würde Insekten nicht essen.

Fragen mit Forschung klären

Die Studie ergab aber auch: Paniert, gebraten und so als Insekt nicht mehr erkennbar, würden viele doch zugreifen. Bei jungen gebildeten Männern zwischen 18 und 33 war die Akzeptanz der Umfrage nach am größten. Die Experten sind überzeugt, dass mit Aufklärung und Forschung die Barriere auch hierzulande abgebaut werden kann. Sie verweisen auf die fehlenden Untersuchungen zur toxikologischen und mikrobiologischen Sicherheit von Insekten. Inhaltsstoffe, Kontaminanten und Rückstände in aus Insekten hergestellten Lebens- und Futtermitteln sollten daher verstärkt berücksichtigt werden. Auch das allergene Potenzial von Lebensmitteln aus essbaren Insekten sollte den Experten zufolge ebenso geprüft werden, wie die mikrobiologischen Risiken und Fragen der Hygiene bei der Auswahl, Haltung und Zucht der essbaren Insekten.

bb

Schon lange bekannt ist: Pflanzen sind natürliche Luftreiniger, weil sie das umweltschädliche Kohlendioxid binden. Doch das Potenzial von Pflanzen, ein gesundes Klima zu schaffen, ist größer als bisher bekannt. Forscher um Christian Lindermayr vom Institut für Biochemische Pflanzenpathologie am Helmholtz-Zentrum München haben jetzt herausgefunden, dass Pflanzen auch Stickstoffmonoxid (NO) direkt aus der Luft fixieren können und es ihnen sogar beim Wachstum hilft. Damit könnten Pflanzen langfristig einen noch größeren Beitrag zur Luftqualität leisten als bisher angenommen. Wie das Team im Fachjournal Plant, Cell & Environment  (2016, Online -Veröffentlichung) berichtet, nutzen sie dafür das pflanzliche Hämoglobin. In Großstädten mit hoher Stickstoffkonzentration könnten Pflanzen demnach ein wichtiger Faktor bei der zukünftigen Städteplanung sein.

Pflanzen säubern auf natürliche Weise die Luft. Sie können schädliche Stoffe wie Formaldehyd, das in vielen Möbeln steckt, aufnehmen und abbauen. Sie binden auch Kohlendioxid, das für die Photosynthese benötigt wird. Mindestens ebenso gesundheitsschädlich ist Stickstoffmonoxid (NO). Stickoxide entstehen meist bei Verbrennungsvorgängen in Anlagen und Motoren. Allein in Deutschland beträgt die Emission von Stickoxiden nach Angaben des Umweltbundesamtes rund 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr. Vor allem in Großstädten wie Berlin oder München, die mit einem hohen Autoverkehr belastet sind, ist die Stickstoffkonzentration oft so hoch, dass viele Menschen unter Reizungen der Nasenschleimhäute und der Augen leiden.

Stickoxide fördern Pflanzenwachstum

Bisher war man davon ausgegangen, dass Stickoxide wie Stickstoffmonoxid aus der Luft für Pflanzen nicht verfügbar sind. Nun liefern München Wissenschaftler den Gegenbeweis. Forscher des Instituts für Biochemische Pflanzenpathologie (BIOP), der Abteilung für Experimentelle Umweltsimulation (EUS) und der Abteilung für Analytische BioGeoChemie (BGC) am Helmholtz-Zentrum München haben herausgefunden, dass Pflanzen durchaus NO direkt aus der Luft aufnehmen und in ihren Stoffwechsel einbinden. Doch wie ist das möglich?  In der Studie untersuchten die Forscher die Stickstoffaufnahme anhand der Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Durch molekularbiologische Analysen fanden die Forscher heraus, dass Hämoglobin für die NO-Fixierung eine entscheidende Rolle spielt. Es sorgt dafür, dass der Schadstoff überhaupt gebunden werden kann. Verstärkten die Forscher in den Versuchspflanzen gezielt das Hämoglobin-Level, konnten die Pflanzen vierfach höhere Mengen an Stickstoff aufnehmen. Und das nicht ohne Grund: „Wir konnten beobachten, dass hohe Mengen an Stickstoffmonoxid bei Pflanzen nicht toxisch waren, sondern das Pflanzenwachstum sogar verbesserten“, sagt Christian Lindermayr, Gruppenleiter am BIOP.

Natürliche Luftreiniger interessant für Städteplaner

Die Wissenschaftler beschäftigten sich zudem mit der Frage, woher diese Eigenschaft kommt.  „Der Mechanismus ist vermutlich entstanden, um Pflanzen an Standorten mit Stickstoffmangel ein Überleben zu sichern“ erklärt Gitto Kuruthukulangarakoola vom BIOP und Erstautor der im Fachjournal Plant, Cell & Environment erschienenen Studie. Die Forscher gehen davon aus, dass ihre neue Erkenntnis zur direkten NO-Aufnahme von Pflanzen durch die Luft für Städteplaner interessant sein dürfte. In Ballungsräumen könnten sie helfen,  die Luftqualität und somit die Lebensbedingungen zu verbessern.

bb

Krankenhauskittel, die vor Viren  schützen oder Bettlacken, die Insekten fern halten, sind nur zwei Möglichkeiten, die mit Hilfe der sogenannten Mikroverkapselung realisierbar sind. Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm wollen Wissenschaftler gemeinsam mit Industriepartnern solche Mikrokapseln entwickeln. Das Ziel: Viren- und Insektenschutz sollen sogar mehreren Waschgängen standhalten. Das Projekt, das durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird, ist das Ergebnis eines bundesweiten Netzwerks. Die „Fraunhofer Technologieplattform Mikroverkapselung - TPM “ wurde 2009 ins Leben gerufen, um das wenig bekannte Verfahren publik zu machen und Wissen zu bündeln. Nun wurde das Projekt um zwei Jahre verlängert.

Mikrokapseln, die gezielt Wirkstoffe freisetzen, sind bisher vor allem aus der Pharmaindustrie bekannt. Doch die Minicontainer können auch an Textiloberflächen haften und dort Erstaunliches bewirken. „Damit das Textil auch nach der Reinigung seine spezielle Wirkung behält, entwickeln wir Mikrokapseln, die entweder direkt beim Waschen oder im Nachgang durch Imprägnierung mit dem Wirkstoff beladen werden können“, erklärt Monika Jobmann vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm.

Dass die Mikroverkapselung funktioniert, belegt eine erste Studie der Potsdamer Wissenschaftler, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wurde. Darin wurde bewiesen, dass die Mikrocontainer an Baumwollgewebe angebunden werden können und der Wirkstoff dabei gezielt und dosiert abgegeben werden kann. Auf Grund dieser Anhaftung können die Kapseln beim oder nach dem Waschen mehrfach mit dem Wirkstoff beladen werden.

Ätherische Öle als Viren-und Insektenschutz

Im nächsten Schritt will Jobmann mit Partnern aus der Industrie diese Methode  so weiterentwickeln, dass Krankenhauskittel oder Bettbezüge zu einem wirksamen Schutz vor Viren und Insekten werden. „Sowohl für die Partikelhülle als auch für den Wirkstoff setzen wir dabei bevorzugt umweltfreundliche und naturbasierte Stoffe ein, die zudem in der Umwelt abbaubar sind“, erklärt Jobmann. Das Team konzentriert sich dabei auf ätherische Öle wie Lavendel-, Pfefferminz- oder Eukalyptusöl, die eingebettet in Minicontainern fest an Textilien haften und dort zielsicher und  über einen langen Zeitraum ihre Wirkung entfalten sollen. „Die Mikroverkapselung hat den Vorteil, dass die Freisetzung des Wirkstoffes deutlich langsamer erfolgt. Der Mückenschutz hält so beispielsweise viel länger“, betont Lobmann. Die Weiterentwicklung der waschbaren Mikrokapseln als Viren- und Insektenschutz  wird erneut vom BMEL gefördert.

Netzwerk bündelt Wissen zu Mikrokapseln

Das Projekt ist das Ergebnis eines bundesweiten Netzwerks. Die „Fraunhofer Technologieplattform Mikroverkapselung - TPM “ wurde 2009 ins Leben gerufen, um das bis dato wenig bekannte Verfahren publik zu machen, Wissen zu bündeln und neue Anwendungen zu finden. Neben antimikrobieller Kleidung fürs Krankenhaus könnte das Verkapselungsverfahren auch für Kosmetik- und Industrietextilien geeignet sein. Die Plattform wird derzeit gemeinsam von den Fraunhofer-Instituten für Angewandte Polymerforschung IAP (Potsdam-Golm) und für Chemische Technologie ICT (Pfinztal) sowie der Fraunhofer-Forschungsgruppe „Partikeltechnologie und Rohstoffinnovation“ der TH Nürnberg betreut. Darüber hinaus sind acht Firmen beteiligen, darunter die Chemiefirmen BASF, Clariant, Follmann, Lanxess und Lonz sowie, die Papierfabrik August Koehler und der Aroma-und Duftspezialist Symrise.

bb

Nicht  nur Menschen, auch Pflanzen schützen sich vor Sonnenbrand. Die Grünalge C. reinhardtii tut das mit einem speziellen Protein, wie Forscher um Michael Hippler von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) gemeinsam mit Kollegen der Universität Osaka in Japan im Fachmagazin Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichten. Das Wissen um diesen besonderen „Sonnenbrand-Schutzmechanismus“ ist auch von hoher Relevanz für die Pflanzenzüchtung. Wenn er auf andere Pflanzen zutrifft, könnten langfristig Ernteerträge von Nutzpflanzen noch besser optimiert werden. Dies spielt insbesondere bei zunehmendem Klimastress wie Dürre eine wichtige Rolle.

Sonnenstrahlen sind für Menschen, Tiere und Pflanzen eine lebenswichtige Energiequelle. Doch das Sonnenlicht hat es in sich und ist oft sogar schädlich. Sonnencremes sind daher ein sinnvoller Schutz, um die Haut vor Verbrennungen zu bewahren. Längerfristig helfen Mineralstoffe wie Karotin oder Kalzium, um einem Sonnenbrand vorzubeugen. Ähnlich geht es Pflanzen. Sie brauchen das Licht zwar für die Fotosynthese, um Energie zu gewinnen und Zellbausteine zu bilden. Doch auch Pflanzen können einen Sonnenbrand bekommen. Diesen Prozess haben Forscher bei der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii jetzt genauer untersucht.

Schutz vor überschüssiger Lichtenergie

Ein internationales Forscherteam um Michael Hippler von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und Genji Kurisu von der Universität Osaka in Japan hat dabei ein neuartiges Protein entdeckt, das die Grünalge vor Schäden durch zu hohe Lichtintensitäten schützt. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications berichtet, handelt es sich dabei um Calredoxin – offenbar ein zentraler Spieler, um Pflanzen vor Sonnenbrand zu bewahren.

"Damit die Fotosynthese effizient ablaufen kann, müssen Schutzmechanismen starke Schwankungen der Lichtintensität kompensieren", erklärt WWU-Forscher Michael Hippler. Bei zu intensiver Sonneneinstrahlung entstehen während der fotosynthetischen Energieumwandlung schädliche Formen von Sauerstoff – zum Beispiel reaktive Sauerstoffspezies, umgangssprachlich "Sauerstoffradikale" genannt. Mit Calredoxin haben Pflanzen einen Weg gefunden, um sich gegen überschüssige Lichtenergie zu schützen. Das Protein wandelt dabei Lichtenergie in Wärmeenergie um, in dem es den Mineralstoff Kalzium bindet und Redoxreaktionen in Gang bringt.

Option für optimale Pflanzenzucht

Ob dieser Mechanismus nur für die Grünalge relevant ist oder auch bei höheren Gefäßpflanzen vorkommt, das wollen die Forscher nun in weiteren Studien herausfinden. Die Wissenschaftler sind sich jedoch sicher, das ihr neues Wissen um den "Sonnenbrand-Schutzmechanismus“ zukünftig helfen kann, Ernteerträge zu optimieren. Zum Beispiel indem Pflanzen gezüchtet werden, die besonders gute Schutzeigenschaften vorweisen können.

bb

Viele Verfahren zur chemischen Synthese sind oft sehr aufwändig und langwierig. Mit bisherigen Methoden muss vieles nacheinander und schrittweise ablaufen. Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun einen Weg gefunden, um chemische Reaktionen auf kleinsten Raum, sehr schnell parallel zu testen. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, schafft ihr neuartiges miniaturisiertes Verfahren namens cLIFT (combinatorial Laser-induced forward transfer) bis zu 50.000 Reaktionen gleichzeitig. Es ist vor allem für Moleküle wie Peptide oder Antikörper geeignet, die an ein Trägermaterial binden können. Es könnte daher langfristig ein effizientes Forschungswerkzeug für Medikmanentenentwickler sein.

Bei der Herstellung neuer Farb- oder Arzneistoffe ist die chemische Synthese ein zentraler Punkt jedes Entwicklungsprozesses. Ob chemischer Baustein, Katalysator oder Lösungsmittel - das richtige Mischungsverhältnis zu finden, ist oft langwierig und erfordert zahlreiche Tests. Das Problem: Ob der gewählte Weg der Richtige war, zeigt sich erst in einem sehr späten Syntheseschritt. „Bei allen chemischen Synthesen muss ein Baustein A mit einem Baustein B im Lösungsmittel X vermengt werden, sodass sie miteinander reagieren können. Dies ist sehr mühevoll und zeitraubend“, erläutert Frank Breitling, Forschungsgruppenleiter am Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT.

Schnelle Synthese auf kleinstem Raum

Das Ausprobieren kostet aber nicht nur Zeit, sondern vor allem viele teure Chemikalien. Gemeinsam mit dem Physiker Alexander Nesterov-Müller hat Biochemiker Frank Breitling deswegen ein neuartiges Verfahren entwickelt, das den aufwendigen Prozess der chemischen Synthese effektiver macht. „Wir haben dieses Verfahren miniaturisiert, so dass wir nicht auf herkömmliche Weise aufwendig Schritt für Schritt gehen müssen, sondern auf kleinstem Raum viele Reaktionen zugleich stattfinden lassen können“, erklärt Alexander Nesterov-Müller.

Dafür haben die KIT-Forscher eine Maschine konstruiert, mit der nanometerdünne Schichten verschiedener fester Materialien mit eingebetteten Reaktionsmolekülen automatisiert über- und nebeneinander geschichtet werden können. Sogenannte Spots - winzige, in ihrer Größe genau bestimmbare Bereiche - werden dafür aus der nur ein Tausendstel Millimeter dünnen, wiederverwendbaren Materialschicht mit Hilfe eines Lasers ausgestanzt und auf den Syntheseträger übertragen. Durch Zufuhr von Hitze oder Lösungsmitteln verflüssigen sich diese Materialschichten, sodass sich die darin befindlichen chemischen Bausteine - wie beim konventionellen Syntheseverfahren - durchmischen und miteinander reagieren.

50.000 Materialspots gleichzeitig getestet

Für das neue Verfahren eignen sich danach besonders Moleküle, die sich an einen Trägerstoff binden lassen - also Biomoleküle wie Peptide oder Antikörper. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications berichtet, konnten sie am Beispiel der Synthese von Peptiden zeigen, dass 50.000 solcher übereinander gestapelter Materialspots pro Glasobjektträger gleichzeitig getestet werden können. Aufgrund der sehr hohen Dichte der Peptid-Arrays und durch die Vielzahl möglicher Kombinationen unterschiedlicher Aminosäure-Bausteine auf engstem Raum konnten die KIT-Forscher in kurzer Zeit eine große Zahl von biochemischen Reaktionen testen.

Werkzeug für Medikamententwickler

„Unser Verfahren dient in erster Linie als Forschungswerkzeug“, erklärt Breitling. Gerade in der Medizin sind viele Einsatzfelder denkbar, denn hier stehen Peptide oder Antikörper sehr häufig im Zentrum therapeutischer Verfahren oder diagnostischer Methoden. So hoffen die Forscher, dass mit Hilfe des Verfahrens eines Tages Immunsysteme ausgelesen und Antikörper im Blut schneller und einfacher aufgespürt werden können. Damit ließen sich beispielsweise bei Rheumapatienten veränderte Aminosäuren erkennbar. Das neuartige Verfahren könnte aber auch ein wertvolles Werkzeug für Pharmafirmen bei der Entwicklung neuer Impfstoffe sein. Als nächstes  wollen Nesterov-Müller und Breitling mit anderen KIT-Forschern die neuartige Synthesemaschine noch kleiner und bedienerfreundlicher machen und auf weitere chemische Synthesen ausweiten.

bb

Bernsteinsäure zählt in der Industrie zu den zehn bedeutendsten Plattformchemikalien und ist sowohl für Medikamente, Lack- und Pflanzenschutzmittel sowie Vitamine ein wichtiger Ausgangsstoff. Einem internationalen Forscherteam ist es nun gelungen diesen für gewöhnlich erdölbasierten Grundstoff mithilfe von Bakterien aus Holzabfällen zu gewinnen. Mit der im Fachjournal Energy & Environmental Science (2016, Online-Veröffentlichung) erschienenen Studie liefert das Team den Beweis, dass die biobasierte Produktion von Bernsteinsäure je nach Konzept günstiger und umweltfreundlicher sein kann als die erdölbasierte Variante. In Deutschland zählt der Chemiekonzern BASF zu den Vorreiten bei der Produktion von Bio-Bernsteinsäure.

Bei der Suche nach Alternativen zu erdölbasierten Chemikalien gewinnt Holz immer mehr an Bedeutung. Denn der Rohstoff ist nicht nur in großer Menge verfügbar. Holz bietet zugleich eine breite Palette von Inhaltsstoffen wie Lignin und Cellulose, die sich für eine nachhaltige Herstellung von Chemikalien eignen. Einem internationales Forscherteam unter Leitung der ETH Zürich ist es nun gelungen, eine der bedeutendsten Chemikalien mithilfe von Bakterien aus Holzabfällen zu gewinnen – Bernsteinsäure.

Holz als Cellulosequelle

Die farb- und geruchlose kristalline Bernsteinsäure ist ein wichtiger Ausgangsstoff für die Herstellung von Medikamenten, Kunststoffen oder Lack- und Pflanzenschutzmitteln. Damit Bakterien Bernsteinsäure überhaupt herstellen können, brauchen sie allerdings Glucose, ein Einfachzucker, der im Holz in dem langkettigen Zellwand-Molekül Cellulose vorkommt.

Der Studie zufolge konnten die Wissenschaftler um den Schweizer Chemiker Konrad Hungerbühler mithilfe von E. coli-Bakterien aus Holz- und Celluloseabfällen die Bio-Bernsteinsäure herstellen.  „Der Holzbestandteil Cellulose kann mithilfe von Säure in Glucose umgewandelt werden. Denn damit konkurriert man nicht mit der Nahrungsmittelversorgung“, erklärt Merten Morales, Doktorand in der Gruppe von Hungerbühler und Erstautor der aktuellen Studie. An der Studie waren der EPFL und die Technische Hochschule Chalmers in Göteborg beteiligt.

Günstig und umweltfreundlich

Je nach verwendeten Bakterien und Prozessen ist die biotechnologische Herstellung aus Holzabfällen im Vergleich erdölbasierten Herstellungsweise entweder deutlich günstiger oder deutlich umweltfreundlicher, so das Fazit der Forscher. Dafür hatten sie verschiedene Herstellungsprozesse sowie Bakterien simmuliert. Um die Umweltbelastung des Prozesses zu bewerten, wurde auch der Energieverbrauch einschließlich der zur Abfallentsorgung oder Vorproduktion benötigte Energie berücksichtigt.

Danach waren die Produktionskosten bei einer bestimmten biotechnologischen Methode im Vergleich zur erdölbasierten Bernsteinsäureherstellung um 20 Prozent günstiger. Beim Einsatz anderer Bakterien ließ sich die Umweltbelastung um 28 Prozent reduzieren , obwohl die Herstellungskosten vergleichbar mit dem traditionellen erdölbasierten Prozess waren. Ein Vergleich der Herstellung von Bernsteinsäure aus Zuckerrüben mit der aus Holzabfällen ergab hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Sicherheit aber kaum nennenswerte Unterschiede. „Wenn es möglich ist, Holzabfälle – zum Beispiel solche aus der Forstwirtschaft – zu nutzen, sollte man das tun“, betont Morales. Die Forscher sind überzeugt, dass die neue Methode auch für die Papierindustrie interessant ist.  Die dort anfallenden cellulosehaltigen Laugen, die bisher nicht verwertet werden, würden sich danach hervorragend als Glucosequellen eignen. „Die europäische Papierindustrie könnte gegenüber der starken Konkurrenz aus Übersee wieder wettbewerbsfähiger werden, wenn sie es schafft, Abfallprodukte zu veredeln und sie mit Mehrwert zu verkaufen“, argumentiert Morales.

Lohnenswerte Investition

Mit der Studie liefern die Forscher zugleich ein Argument für die Wirtschaftlichkeit einer entsprechenden biotechnologischen Produktionsanlage. In Deutschland gehört der  Chemiekonzern BASF mit zu den Voreitern auf dem Gebiet der biobasierten Bernsteinsäure. Gemeinsam mit dem niederländischen Unternehmen Corbion Purac wurde 2009 unter dem Namen Succinity ein Joint Venture zur Produktion und Vermarktung der biobasierten Chemikalie geschlossen. Eine erste Anlage wurde 2014 in Spanien eröffnet. 2013 hatte der Industriekonzern Thyssen-Krupp in Leuna die europaweit erste Mehrzweck-Fermentationsanlage zur kontinuierlichen Produktion biobasierter Chemikalien wie Bernsteinsäure eröffnet.

bb

Biokunststoffe haben den Ruf, zwar umweltfreundlich, aber nicht so leistungsfähig wie die erdölbasierte Konkurrenz zu sein. Dafür liefern Forscher der Universität Bayreuth nun den Gegenbeweis. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, haben sie einen leistungsstarken „grünen Alleskönner“ entwickelt, der das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten von Biokunststoffen deutlich erweitert. Dabei handelt es sich um ein Polycarbonat namens Plimc, das auf Orangenschalen und Kohlendioxid basiert und sowohl hart, hitzebeständig als auch durchsichtig ist.

Biokunststoffe liegen im Trend. Doch in punkto Hitzebeständigkeit und Stabilität hinken die umweltfreundlichen Materialien den erdölbasierten Stoffen oft noch hinterher und sind somit in der Industrie nur begrenzt einsetzbar. Bundesweit arbeiten Wissenschaftler daran, diese Hürde zu nehmen. So entwickeln Fraunhofer-Forscher zwei neue Typen aus Polymilchsäure (PLA), die sowohl stabil als auch hitzebeständiger sind als die bisher in Joghurtbechern Ebenso leistungsstark soll der auf pflanzlichem Zucker basierende Biokunststoff Polyethylenfuranat (PEF) sein, den der Chemiekonzern BASF gemeinsam mit einem niederländischen Unternehmen .

Polycarbonat aus Orangenschalen

Nun liefern Forscher der Universität Bayreuth einen weiteren Beweis dafür, dass biobasierte Kunststoffe durchaus mit herkömmlichen Kunststoffen mithalten können. Das Team um den Polymerforscher Andreas Greiner hat dafür einen neuen Grundstoff zur Herstellung von Biokunstoffen entwickelt – das Polycarbonat Plimc. Plimc basiert auf Orangenschalen, denen der Naturstoff Limonen entzogen wurd. Dieses Gemisch wird oxidiert und mit Kohlendioxid verbunden.

Biokunststoffe ohne schädliches Bisphenol A

Im Unterschied zu herkömmlichen Polycarbonaten, die in Kunststoffen eingesetzt werden, enthält Plimc nicht die gesundheitsschädliche Substanz Bisphenol A. Außerdem überzeugt der neue biobasierte Kunststoff mit einer Reihe von Eigenschaften, die das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten stark erweitert. Wie das Team in Nature Communications berichtet, ist Plimc hart, äußerst hitzebeständig und durchsichtig und eignet sich deshalb besonders gut als Material für Beschichtungen.

Antimikrobielle Polymere für Behälter in Krankenhäusern

Über das neue biobasierte Material berichteten die Forscher bereits im vergangenen Jahr im Fachjournal Nature (2015, Online-Veröffentlichung). Die neue Studie liefert nun weitere Erkenntnisse für die breiten Anwendungsmöglichkeiten von Plimc. „Wir haben an einigen konkreten Beispielen gezeigt, dass sich Plimc hervorragend als Grundstoff eignet, aus dem sich vielseitige Kunststoffe mit sehr spezifischen Eigenschaften entwickeln lassen. Plimc besitzt nämlich eine Doppelbindung, die gezielt für weitere Synthesen genutzt werden kann“, erklärt der Leiter des Bayreuther Forschungsteams Andreas Greiner. Der Studie zufolge eignen sich Plimc-basierte Kunststoffe beispielsweise für antimikrobielle Polymere, da sie in der Lage sind, Anhaftungen von E.coli-Bakterien zu verhindern. Behälter aus diesem Material könnten somit auch das Infektionsrisiko in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen deutlich senken. Wegen des geringen Entzündungsrisikos wäre Plimc somit auch für die Herstellung von Kunststoff-Implantaten geeignet.

Mit Plimc-Materialien die Weltmeere schonen

Darüber hinaus hätte das biobasierte Polycarbonat das Potenzial, sich auf ökologisch unbedenkliche Weise im salzigen Meerwasser aufzulösen und zu zersetzen. Flaschen, Tüten oder andere Behälter aus Plimc würden einfach auf natürliche Weise entsorgt und würden die ohnehin vermüllten Weltmeere nicht noch mehr belasten. Gerade erst hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein milliardenschweres Forschungsprogramm gestartet, um den

Orangenabfälle einfach nutzen

Die Bayreuther Forscher sind überzeugt, dass dem Einsatz von Plimc-Materialien keine Grenzen gesetzt sind. „Die Herstellung von Plimc ist einfach zu handhaben und ausgesprochen umweltfreundlich. Die Schalenabfälle von Unternehmen, die Orangensäfte produzieren, können recycelt werden, und ebenso kann das Treibhausgas CO2 verwertet werden, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Zudem sind die vielfältigen Kunststoffe, die auf Basis von Plimc ohne großen technischen oder finanziellen Aufwand synthetisiert werden können, ökologisch unbedenklich und recycelbar“, erklärt Oliver Hauenstein.

bb

Eine Genveränderung auf Chromosom 19 ist bei Rindern verantwortlich für häufige Atemwegserkrankungen und den frühen Tod von Kälbern. Ein Expertenteam von der Technischen Universität München (TUM) hat mittels einer umfassenden Genomanalyse herausgefunden: Die ursächliche Genmutation ist bereits vor vielen Generationen entstanden und ist bei Braunvieh und Fleckvieh weit verbreitet. Würde man die Mutterkühe vorab als Träger der Mutation identifizieren, ließe sich der Erkrankung durch entsprechende Besamung vermeiden. Die Forscher berichten im Fachjournal BMC Genomics (2016, Online-Veröffentlichung).

Atemwegserkrankungen zählen zu den häufigsten Krankheiten von Kälbern. Dem Team um Hubert Pausch vom Lehrstuhl für Tierzucht von der Technischen Universität München ist es gelungen sowohl beim Braunvieh als auch beim Fleckvieh eine verantwortliche Mutation im Gen TUBD1 aufzuspüren: In reinerbigem Zustand, –wenn also beide Genkopien betroffen sind – verändert sich der Aufbau der Flimmerhärchen der Atemwege. Damit es dazu kommt, müssen beide Elternteile Träger der Genmutation gewesen sein. Der veränderte Aufbau beeinträchtigt die Bewegung der Flimmerhärchen und so können sie die Atemwege nicht mehr genügend von Sekret befreien. Die mangelnde Reinigung führt zu chronischen Infektionen. Defekte Flimmerhärchen verursachen auch beim Menschen eine Erkrankung der Atemwege, die allerdings sehr selten auftritt.

Fleckvieh und Braunvieh

An der Studie beteiligten sich neben dem TUM-Lehrstuhl für Tierzucht auch Wissenschaftler der Zentralen Arbeitsgemeinschaft österreichischer Rinderzüchter, des Kompetenzzentrums für Informatik & Genetik für Schweizer Zuchtorganisationen und der Rinderkliniken der Wiener und Züricher Universitäten. Gesunde Kälber sind für eine erfolgreiche und nachhaltige Rinderzucht entscheidend. Die dominierenden Rinderrassen in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz sind Fleckvieh und Braunvieh. Fleckvieh liefert Milch und Fleisch in hoher Quantität und Qualität, Braunvieh liefert vor allem Milch. In beiden Rassen werden züchterisch interessante Tiere über das komplette Genom hinweg genotypisiert, das bedeutet der genetische Fingerabdruck wird genommen, um ihre Erbanlagen zu erfassen. Auf diese Weise offenbaren sich individuelle Veränderungen, die zeigen, welche Anlagen ein Tier vererbt – sowohl positive als auch negative wie etwa genetisch-bedingte Krankheiten.

Umfangreichste Genom-Analyse beim Rind

Die Veränderung auf Chromosom 19 wurde beim Braunvieh bereits vor einigen Jahren entdeckt. Jetzt wurde sie auch beim Fleckvieh aufgespürt. „Es ist nun erstmals der Nachweis gelungen, dass die Genmutation wahrscheinlich bereits vor der Aufspaltung in die Rassen Braun- und Fleckvieh entstanden ist“, sagt Pausch. Das von ihm koordinierte Team untersuchte die Genom-Sequenzen von 290 ausgewählten Tieren und damit mehrere tausend Gigabyte Daten. 

Beim Durchforsten der Genom-Datenbanken der Rinderzuchtverbände fiel dem Team von Pausch auf, dass die Mutation nahezu nie reinerbig zu finden war. „Wenn sowohl der Vater als auch die Mutter Träger der schadhaften Genvariante waren, war die Überlebenswahrscheinlichkeit der Nachkommen deutlich geringer. Reinerbige Nachkommen sind kurz nach der Geburt verendet und wurden somit auch nicht in die Genom-Datenbank aufgenommen.“

Schwierige Suche nach erkrankten Kälbern

Um dennoch die Ursache für die hohe Kälbersterblichkeit aufzuklären, mussten die Wissenschaftler aber gerade die in den Datenbanken fehlenden reinerbigen Kälber untersuchen. Dafür galt es, die reinerbigen Tiere rechtzeitig, also unmittelbar nach der Geburt aufzuspüren und klinisch zu charakterisieren. „Diese zu finden, war nicht einfach“, erinnert sich Pausch. Zwölf reinerbige Kälber konnten die Wissenschaftler letztlich ausfindig machen: Fünf wurden tot geboren, drei starben innerhalb von 30 Tagen und vier konnten an die Rinderkliniken nach Wien und Zürich gebracht werden. Diese vier Kälber waren deutlich untergewichtig und litten an wiederkehrenden Atemwegserkrankungen. Aufgrund der kontinuierlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes mussten die Tiere nach wenigen Wochen eingeschläfert werden. Die pathologischen Untersuchungen zeigten Veränderungen am Aufbau der Flimmerhärchen in den Atemwegen.

Zuchtverbände haben bereits reagiert

Seit die Ergebnisse der Studie bekannt sind, schließen die Zuchtverbände Träger-Tiere dieser Mutation von der Zucht aus. Hubert Pausch hält diese Entscheidung für „sehr radikal“ und mittelfristig nicht praktikabel. Er gibt zu bedenken: „Jedes Individuum trägt schadhafte Gene in sich.“ Für Pausch ist die Strategie der Zuchtverbände aber auch nachvollziehbar: „Ein Zuchtstier mit sehr guten Erbanlagen hat zwischen 10.000 und 100.000 Nachkommen und rezessive Varianten wie etwa die Mutation auf Chromosom 19 können sich so rasch in der Population anreichern.“

Kühe genotypisieren als Alternative

Pausch hält es für wesentlich ratsamer, eine Verpaarung mit Kühen zu vermeiden, die ebenfalls die Genmutation in sich tragen. Denn ein nicht reinerbiges (heterozygotes) Kalb, das nur eine Variante des schadhaften Gens in sich trägt, erkrankt nicht. Momentan werden weibliche Tiere allerdings nicht genotypisiert. Der Genetiker erwartet hier aber eine baldige Änderung der bisherigen Erfassung. Sobald auch weibliche Tiere flächendeckend genotypisiert sind, kann über genombasierte Anpaarungsstrategien verhindert werden, dass Anlageträger verpaart werden. So ließen sich züchterisch interessante Mutationsträger weiterhin einsetzen, ohne dass reinerbige Nachkommen mit wiederkehrenden Atemwegserkrankungen geboren werden.

Mit Dünger aus Biogasanlagen, die mit einer Temperatur von mehr als 55° C betrieben werden, werden keine gefährlichen Erreger verbreitet. Zu diesem Ergebnis kommt ein deutsches Forscherteam nach umfassenden Laboruntersuchungen.

Human- und tierpathogene Keime vermehren sich nicht in Biogasanlagen. Vielmehr kommt es zu einer Reduktion der Keimzahl oder einer Hemmung von Schaderregern. Dies berichten Forscher vom Deutschen Biomasse-Forschungszentrum (DBFZ) gGmbH (DBFZ) und der Universität Hohenheim in ihremAbschlussbericht zu einem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über seinen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), gefördertes Forschungsvorhaben.

Im Projekt untersuchten die Forscher ein Spektrum von Schaderregern in Einsatzstoffen und Gärrückständen und analysierten den Einfluss des Biogasprozesses auf die Anzahl und Aktivität der Erreger. Untersucht wurde das Überlebensverhalten von Keimen wie Escherichia coli, Enterokokken, Salmonellen unter verschiedenen Prozessbedingungen im Laborfermenter. Hierdurch sollte festgestellt werden, ob Temperatur, Verweilzeit oder pH-Wert die Erreger reduzieren oder inaktivieren.

Keimreduktion beginnt bei 37 Grad Celsius

Zusammenfassend stellen die Wissenschaftler fest, dass sich die untersuchten human- und tierpathogenen Erreger unter keiner der verfahrenstechnischen Voraussetzungen in Biogasanlagen vermehren. Vielmehr werden durch den Biogasprozess Schaderreger – je nach Umgebungsbedingungen entweder reduziert oder inaktiviert. Bereits die in der Praxis üblichen vergleichsweise milden Temperaturbedingungen von 37° C bis 42° C reduzierte die Zahl der Bakterien. Als noch wirkungsvoller erwiesen sich Temperaturen von mehr als 55° C und eine „tatsächliche“ Verweilzeit von 24 Stunden – Bedingungen, die in vielen thermophilen (> 50° C) Biogasanlagen vorherrschen.

Gesetzliche Vorgaben einhalten

Würden die gesetzlichen Vorgaben eingehalten, so entstünden hygienisch unbedenkliche Gärrückstände und es würden keine gefährlichen Erreger durch das Düngen mit Gärrückständen aus thermophilen Biogasanlagen verbreitet, so das Fazit der Forscher. Maßnahmen, wie längeres Lagern oder Trocknen der Gärrückstände reduzieren die Bakterienlast dagegen nur unzureichend und seien daher nicht zu empfehlen. In den vergangenen Jahren gab es Presseberichte mit der Vermutung, dass sich Botulismus-Sporen (Clostridium botulinum) oder EHEC-Bakterien in Biogasanlagen vermehren könnten. Inzwischen haben verschiedene anerkannte Forschungseinrichtungen in wissenschaftlichen Analysen nachgewiesen, dass das Gegenteil der Fall ist und der Biogasprozess die Risiken vielmehr vermindert.

Krebse und Krabben sind für viele eine Delikatesse. Doch auch der Panzer der Meerestiere hat es in sich, landet aber meist im Müll. Textilforscher der Technischen Universität Dresden nutzen diesen Abfall als Ausgangsstoff für neue biobasierte Materialien. Der Grund: die Schalen enthalten das neben Cellulose am weitesten verbreitete Polysacharid Chitin, das wegen seiner strukturgebenden Eigenschaften gefragt ist. Wissenschaftler um Rolf-Dieter Hund am Institut für Textiltechnik der TU haben gemeinsam mit der Firma Heppe Medical Chitosan erstmals ein Bio-Garn gesponnen, das auf Grund seiner Biokompatibilität vor allem für biomedizinische Anwendungen bestens geeignet ist.

Meerestiere wie Krebse oder Krabben sind nicht nur schmackhaft, sondern auch wegen ihres hohen Chitin-Gehalts im Panzer äußerst gefragt. Riesige Mengen dieser Schalen landen jedoch noch immer als Abfall im Müll. Derweil gehört Chitin wegen seiner strukturbildenden Eigenschaften neben Cellulose zu dem am weitesten verbreiteten Polysachariden und ist Ausgangsstoff für die technische Herstellung von Chitosan. Das Biopolymer  ist wiederum ein wichtiger Grundstoff  zur Herstellung von Fasern, Schaumstoffen oder Folien und wegen seiner biokompatiblen Eigenschaften vor allem für Medizinprodukte gut geeignet.

Abfallprodukt verwerten

"Für ein Abfallprodukt so eine tolle Verwendung zu finden, ist eine klasse Sache", schwärmt Rolf-Dieter Hund, Forschungsgruppenleiter Textilchemie am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstoffe (ITM) der TU Dresden. In Kooperation mit der Hallenser Firma Heppe Medical Chitosan GmbH, die weltweit Pharmaunternehmen mit Chitosan beliefert, haben die Dresdner nun erstmals ein Garn entwickelt, dass zu 100 Prozent aus Chitosan besteht.

Viel Garn für wenig Pulver

Das in Halle unter Reinraumbedingungen gewonnene weiße Pulver wurde im Labor bei Rolf-Dieter Hund im sogenannten Nassspinnverfahren zu Garn verarbeitet. Hierfür wurde das weiße Pulver zunächst gelöst, gefiltert, von Luftblasen befreit und dann durch eine Düse mit 600 Einzellöchern von jeweils 90 µm Durchmesser gedrückt. So entstanden hauchdünne Fasern für die Medizin, die schließlich gewaschen, getrocknet und mit einer Schutzschicht versehen wurden. Zwischen 30 und 40 Meter Garn kann die Anlage pro Minute spinnen. Hund zufolge sind etwa eineinhalb Kilo Chitosan-Pulver nötig, um 7.000 Meter Garn herzustellen.

Das aus dem Panzer von Krebstieren gesponnene Naturmaterial ist nach Angaben der Forscher biokompatibel und nicht allergen und  baut sich im Körper selbstständig ab. Vor diesem Hintergrund ist das Anwendungsspektrum groß. Das Bio-Garn ist für Wundauflagen, chirurgisches Nahtmaterial oder künstliche Haut genauso geeignet wie für Knochenimplantate, als Wirkstofftransporter oder als Nährmedium für die Stammzellforschung.

Chitosan-Garn ist biokompatibel aber teuer

Seit etwa drei Jahren experimentieren die Dresdner mit dem Hightech-Garn. „In der Regenerativen Medizin wird es bereits in der Forschung eingesetzt“, berichtet Rolf-Dieter Hund. Das Problem:  Das Bio-Garn ist derzeit noch um ein Vielfaches teurer als herkömmliches Textilgarn. „Die größte Herausforderung ist das Lösen in der richtigen Konzentration“, so Hund. Bis das neuartige „Krabbengarn“ für biomedizinische Anwendungen zum Standard wird, sind noch weitere Versuche notwendig.

Das Meer wimmelt nur so vor Bakterien, Algen oder Pilzen. Sie gelten als vielversprechende  Quelle für neuartige Antibiotika oder Wirkstoffe gegen Erkrankungen wie Alzheimer oder Krebs. Doch bisher ist nur ein Bruchteil der marinen Biodiversität erforscht. Das wollen EU-finanzierte Verbundprojekte wie MaCuMBA oder PharmaSea ändern. Ende Juni kamen auf der Marine Microbiome Conference in Berlin mehr als 130 Forscher und Unternehmer aus aller Welt zusammen, um über die Ergebnisse ihrer Forschung zu berichten und zu diskutieren.

Das exotisch anmutende Kürzel MaCuMBA steht für „Marine Microorganisms: Cultivation Methods for Improving their Biotechnological Applications“. Die Veranstaltung in Berlin stellte den Höhe- und Schlusspunkt des vierjährigen europäischen Forschungsprojekts dar, in dessen Mittelpunkt die Entdeckung und Erforschung neuer Mikroorganismen aus dem Meer steht. Neben dem Wissensaustausch war es erklärtes Ziel der Veranstaltungsorganisatoren, Wissenschaftler und Unternehmer an einen Tisch zu bringen, um konkrete Kooperationsmöglichkeiten auszuloten und Forschungsergebnisse in die Industrie zu bringen.

Großes Potenzial für neue Antibiotika

Bereits am ersten Konferenztag stiegen die Wissenschaftler tief in die Thematik ein: Wie lassen sich marine Mikroben im Labor vermehren? Wie sehen die entdeckten chemischen Strukturen aus, die sie hervorbringen? Und wie kann die Forschung bestmöglich unterstützt werden? Denn dass Ozeane und Meere großes Potenzial haben, darüber waren sich alle einig. Sie bedecken etwa 70% des Planeten, aber bisher sind nur circa 5% des marinen Ökosystems überhaupt erforscht. Denn viele Mikroorganismen besiedeln extreme Lebensräume wie heiße Quellen, arktische Gewässer oder Salzseen am Boden des Mittelmeers. In Forschungskonsortien wie dem EU-Projekt PharmaSea wollen Forscher den Fähigkeiten dieser Mikroorganismen auf den Grund gehen und herausfinden, warum sie es in diesen unwirtlichen Gegenden aushalten. In Zeiten zunehmender Antibiotikaresistenzen bei Keimen rückt die Tiefsee auch als Quelle neuer Medikamente verstärkt in den Fokus von Wissenschaftlern. Auch in Deutschland wird hieran intensiv geforscht, zum Beispiel am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen.

Wie lassen sich Mikroben aus unwirtlichen Lebensräumen kultivieren?

Im MaCuMBA-Projekt wiederum geht es den Wissenschaftlern vor allem darum, die technischen Methoden zu verfeinern, mit denen sich die Mikroben im Labor kultivieren und in einem nächsten Schritt biotechnologisch nutzen lassen. Auf der Konferenz wurde in verschiedensten Sessions und Panels darüber diskutiert, welche Modelle und Lösungen es bereits gibt und wo noch Hürden zu überwinden sind. Auch rechtliche Aspekte zur Nutzung von Biodiversität als Ressource wurden angesprochen – wie sie beispielsweise im Rahmen des . In diesem Protokoll sind Regeln über den „Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus ihrer Nutzung ergeben“ definiert. Es soll verhindern, dass Länder nicht leer ausgehen, die zwar besonders arten- und ressourcenreich sind, aber nicht über das Wissen und die Kapazitäten verfügen, die Vielfalt zu erforschen und auch wirtschaftlich zu erschließen. Nachdem die EU das Protokoll 2014 unterzeichnet hat, ist es seit Anfang Juli 2016 auch in Deutschland in Kraft getreten.

Nagoya-Protokoll kontovers diskutiert

Auf der MaCuMBA-Konferenz wurde das Übereinkommen kontrovers diskutiert. Jörg Overmann vom Leibniz-Institut DSMZ (Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen) befürchtet, dass „die Vereinbarung die internationale Forschung trotz der guten Intention definitiv erschweren wird“. Lene Lange von der Technischen Universität Dänemark (DTU) begrüßte hingegen das Protokoll uneingeschränkt: „Können wir uns nicht darauf einigen, dass es einfach fairer ist, wenn auch die Herkunftsländer profitieren?“ Marcel Jaspers, Koordinator des EU-Forschungsverbunds PharmaSea und Professor an der schottischen University of Aberdeen, betonte indes, „dass die konkreten Auswirkungen des Protokolls auf die Wissenschaftslandschaft noch nicht klar abzusehen sind“. In einem waren sich die Wissenschaftler einig: das Nagoya-Protokoll wird umgesetzt und die Meeresforscher müssen sich darauf einstellen.

Ocean Sampling Day 2016

Wie sich genetische Informationen aus Meereswasser extrahieren lassen, das ließ sich Mitte Juni beim Ocean Sampling Day ausprobieren. Im Jahr 2014 hatten Bremer Mikrobiologen vom Max-Planck-Institut diese Veranstaltung ins Leben gerufen, um darüber Auskunft zu geben, welche Mikroben eigentlich im Meer leben und wie sich ihre Zusammensetzung über die Zeit ändert. Auch in diesem Jahr war es am 21. Juni wieder soweit: rund 1.000 Testkits konnten von jedem Interessierten geordert werden, sie kamen in ganz Deutschland zum Einsatz. Sobald die Proben wieder in Bremen sind, sollen sie aufbereitet und analysiert werden.

Auf der Erde beeindruckten sie schon als Überlebenskünstler. Nun sind Blaualge Nostoc sp. und Grünalge Sphaerocystis sp. von ihrer Expedition ins All ans Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Potsdam-Golm zurückgekehrt. Fast zwei Jahren waren die Winzlinge gemeinsam mit anderen ausgewählten Organismen in entsprechenden Halterungen an der Außenwand der Raumstation ISS durch den Orbit geschwebt. Ob und wie die zähen Lebewesen den Weltall-Trip überstanden haben, wollen die Potsdamer Forscher in den kommenden Monaten untersuchen. Dabei hoffen die Wissenschaftler auf neue Anregungen für Produkte in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie.

Die Reise begann vor knapp zwei Jahren.  Am 23. Juli 2014 kurz vor Mitternacht war eine Sojus-Trägerrakete mit der ungewöhnlichen Fracht vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan abgehoben und hatte kurze Zeit später an die Raumstation ISS angedockt. In speziellen Halterungen an der Außenwand sollten ausgewählte Organismen wie Moose, Flechten, Pilze, Bakterien und Algen die nächsten Monate der unwirklichen Sphäre des Weltalls ausgesetzt werden. Darunter zwei als Überlebenskünstler bekannte Algen aus der CCCryco Biobank des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie in Potsdam-Golm. Thomas Leya vom Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse des Fraunhofer IZI hatte für diese ungewöhnliche Mission die aus der Arktis stammende Blaualge Nostoc sp. sowie Grünalge Sphaerocystis sp. aus Spitzbergen ausgewählt. Am 18. Juni kehrte die ungewöhnliche Reisegruppe mit einer Soyuz-Kapsel auf die Erde zurück.

Überleben im All

Das Experiment fand im Rahmen des vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums DLR unter der Leitung von Jean-Pierre de Vera koordinierten Projekts BIOMEX (Biology and Mars-Experiment) statt und sollte zeigen, ob und wie die Organismen die Raumbedingungen an der ISS überleben. Versuche vor dem Start der Weltallmission gaben Grund zu der Hoffnung, dass die Organismen zäh genug sind, den ungewöhnlichen Bedingungen im erdnahen Orbit standzuhalten.

„Diese Organismen haben sich auf der Erde in ihrem natürlichen Lebensraum den extremen Umweltbedingungen der polaren Gebiete sehr gut angepasst. Dass sie Austrocknung, Hitze bis +60 °C, Kälte bis -25 °C und auch UV-Strahlung in bestimmtem Maße gut überstehen, das wussten wir schon aus Versuchen, die vor der Raummission am DLR in Berlin und Köln in Simulationsversuchen durchgeführt wurden“, erklärt Thomas Leya, der für die Biobank CCCryo zuständig ist.

Erkentnisse für neue Produkte

Die Potsdamer versprechen sich von diesen extremophilen Organismen auch neue Produkte für die Industrie – vor allem für die Kosmetik- und Lebensmittelbranche. In den kommenden Monaten werden Leya und sein Team nun mit verschiedenen Methoden untersuchen, wie Blau- und Grünalge im erdnahen Orbit überlebt und ob und wie sich die Bedingungen gegebenenfalls auf das Genom der Organismen ausgewirkt haben.

Die Natur ist für Forscher seit jeher ein Vorbild, um neue Arzneimittel oder Materialien zu entwickeln. Doch nicht immer sind die wertvollen tierischen oder pflanzlichen Substanzen leicht zu erschließen. Und nicht selten steht die Nutzung auch in Konkurrenz zur Lebensmittelindustrie oder greift ins Ökosystem ein. Ein Team um den Münchner Chemiker Thomas  Brück hat nun eine Methode entwickelt, um bekannte Naturstoffe wie die Omega-3-Fettsäure aber auch neue Arzneimittel  auf nachhaltige Weise biosynthetisch herzustellen. Im Fachjournal PNAS (2016, Online-Veröffentlichung) stellen sie zudem ein Simulationsverfahren vor, mit dem sich komplexe Enzymkaskaden am Computer modulieren lassen.

Ob Fieber, Gliederschmerzen oder Entzündungen -  die Natur hat für fast jedes Leiden ein Heilmittel parat. Die Palette der pflanzlichen und tierischen Wirkstoffe reicht von Vitaminen bis hin zu krebshemmenden Substanzen. Auch als Ratgeber für die Entwicklung neue nachhaltiger Materialien  wie für die Medizin hat sich die Natur längst bewährt. Das Problem: Meist sind die Naturstoffe nur schwer zugänglich oder ihre industrielle Verwendung konkurriert mit der Ernährungswirtschaft oder gefährdet gar den Fortbestand von Arten. Die synthetische Biotechnologie hat das Potenzial mithilfe methodischer Forschungsansätze aus Biochemie, Bioinformatik, Katalyse und Bioverfahrenstechnik diese Naturstoffe auf nachhaltige Weise zu gewinnen. Das hat jetzt ein Forscherteam um den Chemiker Thomas Brück von der Technischen Universität München bewiesen.

Omega-3-Fettsäuren aus Abfällen gewinnen

Brück und seinem Team gelang es erstmals, die Hefe Trichosporon oleaginosus genetisch so zu verändern, dass sie die lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) sowie entzündungshemmend wirkende konjugierte Linolensäuren (CLAs) herstellt. Bis dato wurde diese Hefe für biotechnologische Anwendungen noch nicht genutzt. „Diese Hefe ist etwas Besonderes, da sie auch monomere Zuckerstoffe verwerten kann, die sonst nur sehr schwer abgebaut werden können“, erklärt Brück. Das Besondere: Die Hefe  lässt sich aus Abfällen wie Stroh, Holzspäne, Weizenkleie oder ungenutzte maritime Stoffe wie Krabbenschalen gewinnen und das ohne die Umwelt zu belasten. Unter Stress lagern T. oleaginosus-Zellen Fette als Energiereserve ein. Dabei kann das in Form von Trigylceriden einlagerte Fett aber nur bis zu 70 Prozent des Trockengewichts der Hefe erreichen, weil dabei das Zellwachstum gehemmt wird. Als nächstes wollen die Münchner Forscher die ölbildende Hefe weiter modifizieren, sodass sie auch unter normalen Nährstoffbedingungen die Fette in ausreichender Menge Maß produziert, ohne dabei das Wachstum zu hemmen.

Enzyme wie Hefen sind bekannterweise ein nützlicher Helfer bei der Herstellung von Wirkstoffen. Mithilfe einer neuer von Brück entwickelten Methodik  kann nun erstmals auch aufgezeigt werden, wie bestimmte Enzyme arbeiten und wie dessen Struktur und Funktion zusammenhängen. Wie die Forscher im Fachjournal PNAS berichten, konnten sie mithilfe einer Computersimulation die einzelnen Schritte aufklären, mit denen eine bestimmte Klasse von Enzymen Wirkstoffe herstellt und damit sämtliche Zwischenschritte der an diesem Enzym ablaufenden komplexen Kaskade von Reaktionen korrekt vorherzusagen.

Enzyme am Computer verändern

„Dieses Vorgehen ist sehr vielversprechend, denn auf Basis der Simulationen können wir Enzyme gezielt verändern und die daraufhin entstehenden Produkte vorhersagen“, erklärt Brück. „Wenn wir dann noch verschiedene solcher Enzyme miteinander verschalten, ist es sogar möglich, komplett neue Moleküle zu schaffen, die in der Natur gar nicht vorkommen.“ So identifizierten sie per Computer eine für Diterpenmakrozyklen spezifische Reduktase im Genom des Bakteriums Streptomyces afghaniensis. Die biotechnologische Nutzung dieses Proteins ermöglichte Brück und seinem Team, die Ausbeute des Wirkstoffes im Vergleich zum nativen Produzenten um einen Faktor 43 zu erhöhen. Biotechnologen könnten zukünftig also wie Ingenieure Produktionsschritte am Computer simulieren und so neue Synthesewege für Wirkstoffe schneller erforschen, als es im Labor bisher möglich ist.

Methode mit großem Potenzial

Aufgrund des enormen Potenzials dieser von Brück entwickelten Methoden hat die TU München Anfang im Mai den Lehr- und Forschungsschwerpunkt Das Münchner Forschungsprojekt wurde im Rahmen des Projekt ChiBio von der Europäischen Gemeinschaft sowie den Bundesministerien für Bildung und Forschung (BMBF) sowie für Wirtschaft und der bayrischen Landesregierung unterstützt.

Die äußeren Merkmale einer Pflanze werden besonders von der Zusammensetzung und Aktivität der Proteine geprägt. Diese phänotypischen Merkmale quasi per Regler von außen zu steuern, ist nun einer Nachwuchsforschergruppe vom Leibniz-WissenschaftsCampus Halle gelungen. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichten, nutzten sie dazu temperaturempfindliche Genschalter als Werkzeug.

Proteine sind das Fundament einer jeden Zelle eines lebenden Organismus. Die aus Aminosäuren aufgebauten Moleküle bestimmen je nach Art, Zusammensetzung und Struktur über Form, Aufbau und Funktion der Zellen und sind damit auch für die Ausprägung der phänotypischen Eigenschaften einer Pflanze entscheidend. Nachwuchsforscher am Leibniz-WissenschaftsCampus Halle - Pflanzenbasierte Bioökonomie (WCH) haben in den vergangenen Jahren die molekularen Regulationsmechanismen und biologischen Funktionen dieses Prozesses anhand der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) genauer untersucht.

Proteinmenge per Regler genau steuern

Ein Team um Nico Dissmeyer stieß  dabei auf einen Mechanismus, mit dessen Hilfe erstmals die Aktivität bestimmter Proteine „per Knopfdruck“ reguliert werden kann. „Mit unserer Forschung liefern wir der Synthetischen Biologie einen komplett neuartigen Baustein, mit denen Proteinfunktionen und Enzymaktivitäten "on demand" moduliert werden können. Ein Durchbruch ist meines Erachtens die Möglichkeit, Zellen auf der pflanzlichen Blattoberfläche ganz gezielt auszubilden. Diese wollen wir als zelluläres Gerüst von molekularen Mikrofabriken verwenden“, erklärt Nico Dissmeyer.

Zellfunktionen ein- und ausschalten

Bei dem Werkzeug handelt es sich um ein temperaturempfindliches Protein, das als eine Art „Sensor“ fungiert und in lebenden Pflanzen und Insekten, also mehrzelligen Organismen, die Herstellung anderer Proteine steuert, sodass deren Funktion oder biologische Aktivität innerhalb kürzester Zeit ein- und ausgeschaltet werden kann. Wie das Team in Nature Communications berichtet, kann dieses neue Biotechnologie-Werkzeug gezielt Zellen erzeugen, deren Zielproteinlevel zwischen dem Normalzustand und dem vollkommenen Funktionsverlust rangiert. Durch das Umlegen dieses molekularen Schalters war es beispielsweise möglich einzelne pflanzliche Zell- und Gewebetypen der Ackerschmalwand auszubilden und darüber hinaus Proteinfunktionen in Hefe und Fruchtfliegen zu steuern. Der WissenschaftsCampus Halle hat sich interdisziplinären Forschung zur Bioökonomie verschrieben. 2015 wurde die Einrichtung dafür mit dem Hugo-Junckers-Preis für Forschung und Innovation ausgezeichnet.